Spielbericht

26. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
FC St. Pauli
FC St. Pauli
3:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Nach gutem Start treu und brav 3 Punkte am Millerntor abgeliefert

von Frank Neubert

Es gab sicherlich einige gute Gründe für den geneigten CFC-Fan, nach Hamburg zu fahren. Alleine der Fußball wäre aber der falsche Anlaß gewesen, trafen doch mit St. Pauli und dem CFC die angriffsstärkste und die abwehrschwächste Mannschaft der Liga aufeinander. So ergab es sich auch, das einige himmelblaue Fans schon ab Freitag in der Hansestadt auftauchten und das dortige Nachtleben mit dem Chemnitzer Niveau vergleichen konnten. Ups, doch fast wie im Fussball ;-).
Sonntags ging es dann in das Stadion am Millerntor und allgemeine Vorfreude auf Spiel und Stadionstimmung machten sich breit. Mitten durch die St.Pauli-Fans führte der Weg zum Gästeblock und kein einziges böses Wort fiel dabei. Erstaunlich, da hüben wie drüben doch einige Vorurteile vorhanden waren. Das Stadion an sich machte nicht den besten Eindruck und die Traversen im Gästeblock erinnerten an die Fischerwiese aus den 70'er Jahren. Im CFC-Fanblock tummelten sich dann immerhin 200 Himmelblaue, zuzüglich einer Handvoll Trittbrettfahrer ohne jedes Fanutensil, die mit ihren Lederjacken und dumpfen Parolen gegen Pauli auch gleich unangenehm auffielen.
Der CFC mußte auf den gesperrten Renn verzichten und im Tor durfte der monatelange Kronprinz Süssner dem wiedergenesenen Altmeister Ananiew den Vortritt lassen.
Kurz vor Spielbeginn wurde sogar die CFC-Hymne "Wir sind die Himmelblauen" abgespielt (Respekt!!), und danach durften die Fans von St. Pauli mit "Never walk alone" eindrucksvoll zeigen, wer die Macht am Millerntor hat.

Das Spiel begann und der CFC spielte erstmal munter mit. Nix mit Anfangsoffensive seitens der Hausherren. Der CFC nahm vor allem im Mittelfeld den Kampf an und erreichte ein ausgeglichenes Spiel. Besser sogar, die Himmelblauen hatten in der ersten Viertelstunde durchaus mehr vom Spiel als die Kiezkicker, welche ja berechtigte Ambitionen für die erste Bundesliga hegen. Folgerichtig dann auch die erste brenzlige Situation des Spieles vor dem Kasten von Weber. Nach einer Ecke (11. Min) legt Tetzner zu Mehlhorn ab, der sofort abzieht, das Tor aber knapp verfehlt.
Die Kicker vom Millerntor fingen sich jetzt aber langsam, immer noch leicht verwundert über den frechen Tabellenletzten. Dann Ecke für St. Pauli - Lotter tritt den Ball herein, der kommt zu Gerber, welcher von rechts auf das CFC-Tor schießt - und Ananiew kann mit einer Glanzparade klären. Das Spiel fand nun hauptsächlich im Mittelfeld statt, wo sich beide Mannschaften gegenseitig auf den Füßen standen und nicht viel Anschauliches zustande brachten. Sobiech organisierte als Libero seine Abwehr ganz gut, Göhlert und Kluge spielten ganz passabel im Mittelfeld und Kujat zeigte sich im Sturm bemüht.
In der schwachen Partie zeigte sich Schiedsrichter Margenberg kleinlich und wohl etwas zu heimfreundlich, so das es in der 27. Minute Freistoß in 20m Entfernung vom CFC-Kasten gab. Rath knallt das Leder in den Strafraum, Tetzner bekommt den Ball noch an den Fuß, und von da springt die Kugel ins himmelblaue Netz. 1:0 für St. Pauli durch abgefälschten Freistoß - na toll. Was aber dann auf der Singing Area der Paulifans abging, lies den Rückstand fast schon wieder verschmerzen. Einfach toll, 4000 derartig hüpfende und singende Menschen zu sehen.
Danach der CFC leidlich bemüht, das Spiel wieder ausgeglichen zu gestalten. Es ging nicht mehr, Pauli hat jetzt den Torriecher entdeckt und ein ums andere Mal stellten nun Meggle und Rath die himmelblaue Abwehr vor große Probleme. So auch wieder in der 44. Minute, als ein Drehschuß von Rath gerade noch von Schmidt zur Ecke geklärt werden kann.
Mit einem letztlich verdienten 1:0 für die Platzherren ging es in die Kabine.

In der Halbzeit hatten dann unerfreuliche Szenen, die oben erwähnten Typen ohne Fanutensilien hatten nichts besseres zu tun, als mit den Würstchenessern auf Pauliseite Streit anzufangen und ein Gerangel zu provozieren. Die Polizei war aber sofort vor Ort und kassierte ein paar Lederjacken ein. Später stellte sich durch Zuhören und Gespräche raus, das hier wohl verkappte Hansa-Fans mit ein paar HSV'ern dachten, sie könnten bei den himmelblauen Auswärtsfahrern Anti-Pauli-Stimmung verbreiten und eine Keilerei anfangen.
Zum Glück gab es auch besonnene CFC-Fans, die sich unter das Paulianer Publikum mischten und für freundliche Gespräche sorgten, sogar Schaltauschs wurden gesehen.

Der CFC brachte nach der Pause Stürmer Podzus für den blassen Jendrossek, allerdings änderte sich am Bild auf dem Platz nicht viel. Pauli blieb weiterhin am Drücker und der CFC suchte immer noch seine gute Verfassung aus den ersten paar Spielminuten.
Doch nachdem die ersten Angriffe der Hamburger nach der Pause überstanden waren, konnte wieder mehr Luft geholt werden. Kujat bekommt den Ball vorgelegt, hat freie Bahn zum Tor - und wird aus dem Abseits (!?) zurückgepfiffen. Dann die 60. Minute - Sobiech kämpft an der Seitenlinie um den Ball - und drückt seinen Gegenspieler dabei zu Boden. Der Schieri pfeift und zum Entsetzen der CFC-Fans zeigt er die gelb-rote Karte. Noch lange stand dann Sobiech unten am CFC-Fanblock und konnte es nicht fassen. Karkuth wechselte sofort Göhlert aus und brachte mit Podunavac einen neuen Libero.
Aber der CFC wurde nun zum Spielball Hamburger Angriffslust. In der 67. Minute war es dann auch soweit. Kluger Pass von Meggle auf Kolinger, der an Ananiew vorbei lässig einschiebt - 2:0 für Pauli und wieder Megafete bei den Fans der Braun-Weissen. Die Chemnitzer hatten nun nichts mehr entgegenzusetzen und bemühten sich leidlich um Schadensbegrenzung. Die wenigen verbliebenen Kurzhaarigen im CFC-Block wurden von den Paulifans lustig verhöhnt: "Zieht euch aus, wenn ihr Deutsche seid". Naja, zumindest hier gab es noch etwas zu lachen.
Dann ein fulminanter Pfostenknaller am himmelblauen Gebälk (77. min). Gerber hatte aus 5m abgezogen. Die Kiezkicker wechselten nochmal ihre Stürmer, für Rath kam der altbekannte Cottbuser Konetzke. Die himmelblauen Ballartisten erspielten sich in der zweiten Halbzeit keine einzige echte Torchance, dafür ging das Scheibenschießen auf Ananiews Kasten munter weiter. In der 87. Minute durften sich dann die mitgereisten CFC-Fans endlich zum dritten Male den Singsang der Paulianer anhören - Konetzke erzielt das verdiente 3:0 für die Elf vom Millerntor. Beinahe darauf sogar das 4:0, aber Ananiew kann den Volleyschuß von Lotter irgendwie zur Ecke klären.
Dann war endlich Schluß, zum Glück, denn das, was St. Pauli in der zweiten Halbzeit mit den designierten himmelblauen Absteiger vollführte, grenzte schon an Leichenfledderei. Ein verdienter Sieg der Platzherren, wobei der CFC bis zum Platzverweis gegen Sobiech zumindest im Mittelfeld noch Gegenwehr entgegenbrachte.

Zum Schluß noch eine Handvoll CFC-Spieler, die zu den Fans abklatschen kamen, darunter Kluge, Mehlhorn und Cotrainer Schulz. Betröppelte Gesichter allerorten, natürlich hatte man gehofft, sich etwas besser verkaufen zu können. Der Abmarsch der Fans erfolgte dann unproblematisch, da die größten Krakeeler aus dem Verkehr gezogen waren und das Häufchen CFC-Allesfahrer doch recht friedliebende Gestalten sind.

Fazit: Der CFC ist nun auch rechnerisch abgestiegen. Aus den verbleibenden 9 Spielen können maximal 27 Punkte geholt werden (da quiekt sogar die Theorie !!) - und mit 37 Punkten ist der Klassenerhalt aussichtslos. Soweit der rechnerische Teil - der praktische Teil sagt, das der Gegenwind für Waszik und Karkuth mit jeder erneuten Niederlage an Schärfe zunimmt. Sollte der CFC weiterhin ohne Tor- und Punkterfolg vor sich hindümpeln, dürfte die Chemnitzer Medienlandschaft noch viel Unruhe anrichten. Für eine geordnete Planung für die Regionalliga scheint es unabdingbar, das die Mannschaft endlich mal wieder ein Erfolgserlebnis zustande bringt, das Präsident und Trainer den Rücken für die Saisonvorbereitungen freihält. Wenigstens das sollte von den Herren Kickern zu erwarten sein.

Wertung: 4,0

Beste Himmelblaue: Ananiev, Kluge, Kujat

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26. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Sonntag, 18. März 2001, 15:00 Uhr
Millerntorstadion, Hamburg
Zuschauer: 16.398
Schiedsrichter: Margenberg (Wermelskirchen)
FC St. Pauli
T Weber
A Stanislawski
A Ahlf
A Basic
M Wehlage (82. Bajramovic)
M Lotter
M KolingerGelbe Karte (74. Trulsen)
M Bürger
M Meggle
S Gerber
S Rath (78. Konetzke)

Trainer: Demuth
Chemnitzer FC
T Ananiev
A SobiechGelbrote Karte
A Schmidt
A MehlhornGelbe Karte
M GöhlertGelbe Karte (64. Podunavac)
M Franke
M Kluge
M OswaldGelbe Karte
M Jendrossek (46. Podszus)
S Kujat
S Tetzner

Trainer: Karkuth
Tore
1:0 Rath (27.)
2:0 Kolinger (66.)
3:0 Konetzke (85.)

Besondere Vorkommnisse:
Gelb-Rote Karte für Sobiech (60.)