Spielbericht

13. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:3
SSV Reutlingen
SSV Reutlingen

Spiel Nummer 1 der CFC-Abschiedstour

von Frank Neubert

Die diesjährigen Heimauftritte des CFC waren nicht gerade der erhebende Anlass, die Fischerwiese zu einem Heimspiel aufzusuchen. Das hatte schon mehr mit nibelungenhafter Treue und dem unverhofften Punktgewinn in Mannheim zu tun. Eine Vorfreude auf den Rückkehrer Olaf Renn und der erste Auftritt des hochgelobten Samir Muratovic weckten ebenfalls die Begierde auf Neuigkeiten. Entgegen der Wetterprognose ließ sich sogar die Sonne erblicken und der Himmel erstrahlte in bestem Himmelblau. Soweit, so gut.

Das Spiel beginnt und die Chemnitzer sind sofort am Drücker. Podunavac tankt sich auf der rechten Seite nach vorne und dringt in den Strafraum ein, kommt zu Fall, der Schieri pfeift und es gibt wieder einmal Elfmeter für den CFC. Krupnikovic legt sich die Kugel zurecht und versenkt sicher rechts oben im Reutlinger Gehäuse. Na prima, ein echter Traumstart, 1:0 nach nur 2 Spielminuten.
Wer nun aber gedacht hatte, das die Himmelblauen dadurch etwas sicherer in ihren Aktionen würden, sah sich wieder einmal bitter enttäuscht. Es scheint zum Standard zu werden, daß nach der obligatorischen CFC-Führung erstmal der Gegner werkeln darf. So auch in diesem Match. Reutlingen nun als spielbestimmende Mannschaft, Djappa deutet seine Gefährlichkeit an und zieht am Elfmeterpunkt ab, Süssner hält. In der 7. Minute erneuter Angriff des SSV, Aduobe mit Flachschuss aus dem Hinterhalt - Tor - der verdiente Ausgleich zum 1:1 war gefallen.
Das der CFC in dieser Phase des Gegentores nur mit 9 Mann spielte, weil Krupnikovic gerade behandelt und etwas später gegen Renn ausgewechselt wurde, spielte keine Rolle. Zehn Minuten später prallte auch Holetschek mit einem Gegner unglücklich zusammen und wurde gegen Tetzner ausgetauscht. Pech für den CFC, aber alles keine Entschuldigung für die unglaublich miserable Vorstellung des Heimteams. Die lust- und ideenlose zweite Halbzeit gegen Ahlen, wo man eine 2:0-Führung verspielte, fand ihre reibungslose unwürdige Fortsetzung. Keinerlei erkennbare Gegenwehr des Tabellenletzten. Reutlingen machte das Spiel und es war nur eine Frage der Zeit, wann das nächste Tor für die Gäste fallen würde. In der 25. Minute war es dann soweit, Lapaczinski tanzt auf der linken Seite die CFC-Abwehr aus und schlenzt den Ball ins rechte Toreck - 1:2 - ein wunderschönes Tor.

Ein Lob sei an dieser Stelle den Fans gezollt, welche sogar sporadisch anfeuerten bzw. den Kick mit versteinerter Mine ertrugen. Vielleicht war es aber auch das blanke Entsetzen, was sprachlos machte. Die Chemnitzer waren spielerisch, taktisch, kämpferisch und läuferisch unterlegen. Selbst bei zu Gute halten der flatternden Nerven kann man das Wort 'Arbeitsverweigerung' ohne rot zu werden in den Mund nehmen. Reutlingen vor der Pause noch mit guten Chancen (Becker 37.min), das Ergebniss auf 1:3 oder gar 1:4 zu erhöhen. Der erlösende Pausenpfiff war dann auch endgültig Signal für die zahlenden Fans, die Herren Kicker mit gellenden Pfiffen in die Kabine zu verabschieden.

In der Halbzeitpause waren wenigstens die Cheerleaders gut drauf, welche sich von den etwas früh wieder auflaufenden Mannschaften nicht beeindrucken ließen und erst nach deutlichen Handbewegungen des Eisblocks 'Schieri' tänzelnd den Rasen verließen.

Der CFC brachte Skela für den Totalausfall Oswald, über dessen linke Seite gar nichts gelaufen war. Skela zerrte nun zumindest an den Ketten und auch die anderen Statisten fingen an, sich vermehrt zu bewegen. Die Himmelblauen konnten das Spiel nun zumindest als gleichwertiger Gegner offenhalten. Reutlingen gefiel sich aber in dem defensiveren Part und hoffte wohl auf die Künste des Primus der Torschützenliste, Olivier Djappa.
Die Chemnitzer gingen jetzt einfach beherzter in die Zweikämpfe, hatten nun auch den Blick für den freistehenden Nebenmann und erspielten sich nach und nach ein kleines Übergewicht. In dieser Phase zeigte auch Rückkehrer Renn, wie wichtig er für das CFC-Spiel sein kann. Ganz im Gegensatz zum hochgelobten Muratovic, der wie sein Sturmpartner Awdic völlig blass blieb.
Die für jede gelungene Aktion dankbaren 6200 Zuschauer rafften sich sogar zu einem stadionweiten 'Chemnitz-Chemnitz' auf, und die Fankurve supportete entsprechend. Chemnitz nun mit Chancen zum Ausgleich. In der 60.min großes Durcheinander im Reutlinger Strafraum - Renn schießt aus 8m an die Querlatte, Podunavac' Nachschuss bleibt hängen, der Ball kommt zu Skela und wird von ihm an den rechten Pfosten geknallt. Bitter für die Himmelblauen, aber als Tabellenletzter hat man eben wirklich kein Glück (5 DM). Und gleich noch eine Phrase: Wer solche Chancen nicht nutzt, wird dafür zumeist bestraft. Der CFC nach diesen 20 stürmischen Minuten wieder etwas zurückhaltender, so daß erneut Reutlingen besser ins Spiel fand und mit spielerisch sehenswerten Zügen immer wieder Djappa oder Lexa in Szene setzte. In der 79. Minute dann auch der endgültige himmelblaue K.O. - Djappa tanzt mit einer feinen Einzelleistung 3 Chemnitzer Abwehrstatisten aus und vollendet in die lange rechte Ecke. Der Sieg für den SSV war perfekt und letztendlich hochverdient.
Über die restlichen 10 Minuten des Spiels breiten wir lieber den Mantel des Schweigens, die Einen hatten genug und die Anderen konnten und wollten nun nicht mehr. Die Fans nun auch mit deutlichen Unmutsäusserungen "Wir ham die Schnauze voll" und sogar "Kuze raus" - der Schlusspfiff beendete das wiederholte Drama auf der Freilichtbühne Fischertheater.

Pikant dann auch der Abgang der Mannschaft, von der nur der gebürtige und aufgewachsene Chemnitzer Peer Kluge zu den Fans abklatschen ging, allen anderen zogen die Kabine vor.
Fazit: Der CFC hat erneut in einem Heimspiel eine grottenschlechte Leistung gezeigt, die Meinung der Fans, das die Truppe sich schon aufgegeben hat, ist absolut nachvollziehbar. Nach dem völlig unzureichenden Remis im letzten Heimspiel nun wieder kein Punktgewinn - der CFC ist sowohl vom Tabellenstand als auch der Einstellung auf dem Platz auf Abschiedstour, und dies war das Spiel 1 von noch 22 folgenden Auftritten.

Wertung: 6 (Einfach nur grausam)

Beste Himmelblaue: keiner, kollektives Versagen

Pressestimmen

Kicker
Die Elf von Trainer Kuze befindet sich auf dem besten Weg in Richtung Regionalliga, nachdem es auch gegen Reutlingen nicht zum zweiten Heimsieg reichte. Der Abstand zum ersten Nichtabstiegsplatz bleibt mit fünf Punkten zwar unverändert, doch besteht auf Grund der gebotenen Leistung nur wenig Hoffnung auf Besserung. [..] Besonders das Ausscheiden seines Regisseurs Krupnikovic schmerzte Kuze: "Mit ihm ging nicht nur die Ordnung verloren, es war auch niemand mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen. Jeder hat sich nur versteckt."

13. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Sonntag, 19. November 2000, 15:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 6.224
Schiedsrichter: Jansen (Essen)
Chemnitzer FC
T Süssner
A Franke
A Babunski
A Mehlhorn
M Podunavac
M Kluge
M Holetschek (17. TetznerGelbe Karte)
M Oswald (46. Skela)
M Krupnikovic (8. Renn)
S Avdic
S Muratovic

Trainer: Kuze
SSV Reutlingen
T Hermanutz
A Malchow
A LapaczinskiGelbe Karte (57. Hofacker)
A TraubGelbe Karte
M Agu
M Aduobe
M Becker
M Dressler
M Lexa
M Hoffmann (60. Wildmann)
S Djappa (84. Frommer)

Trainer: Veh
Tore
1:0 Krupnikovic (1./Foulelfer)
1:1 Aduobe (7.)
1:2 Lapaczinski (25.)
1:3 Djappa (79.)