Spielbericht

33. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:0
Arminia Bielefeld
Arminia Bielefeld

Verdienter Heimsieg wurde wie Klassenerhalt gefeiert

von Frank Neubert

Tja, da war es nun, das letzte Heimspiel nach 2 Jahren Zweitligazugehörigkeit. Für jeden Fan mit himmelblauen Blut eine Pflichtveranstaltung auf der Goodbye-Tour des CFC. Zum letzten Mal der Hauch des großen Fußballs auf der Fischerwiese - ein leises "Tschüss" und schöne Erinnerungen an Köln, Nürnberg und Gladbach. Taschentücher wurden nicht benötigt, da der Abstieg im Prinzip seit der Winterpause feststand. Nach der lustlosen Heimvorstellung gegen die Stuttgarter Kickers hatten sich die Spieler nochmal gestrafft und wenigstens einen Punkt aus Duisburg entführt. Sollte vielleicht doch der seit Herbst (!!!) ersehnte Dreier in einem letzten Kraftakt ergattert werden !? Manche Hoffnungen sterben ja nie. Allerdings benötigte auch die Arminia dringend einen Punkt, um endgültig das Abstiegsgespenst zu verjagen.

3400 Zuschauer, davon rund 300 Gästefans hatten sich bei bestem Wetter im Tempel an der Gellertstraße eingefunden. Vor dem Anpfiff wurden erstmal Nettigkeiten ausgetauscht. Die Chemnitzer Urgesteine Thomas Laudeley und Sven Köhler wurden offiziell und unter großen Beifall verabschiedet. 16 Jahre im Verein und zusammen 822 Pflichtspiele sprechen eine deutliche Sprache. Köhler wird ab dem Sommer zu Franke's Dynamo Dresden gehen und Laudeley der zweiten Mannschaft zur Verfügung stehen.
Andere Nettigkeiten wurden in Form von Plakaten ausgetauscht. Beim Einlaufen hatte das CFC-Team ein Plakat mitgebracht, auf welchem "Danke für Eure Treue" stand. Durch einen gekonnten Linksschwenk mit hochgehaltenen Transpi bedankte sich das Team bei allen Zuschauern. Von der Gegengeraden grüßte eine 7m-Bahn in Richtung Trainer. Dem frischgebackenen Vater wurde mit "Dirk + Silvia: Herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs" gratuliert. Dirk bedankte sich dafür sogar während der offiziellen Pressekonferenz nach dem Spiel.
Und noch ein Plakat war zu lesen - der Block 4 zeigte mit "Keine Ultras - keine Stimmung" dem Verein für seine Anti-Ultra-Ankündigung aus dem vorletzten Heimspiel die gelbe Karte.

Dann rollte der Ball und der CFC übernahm zur Freude der Fans erst einmal die Initiative auf dem Platz. Es war sofort zu spüren, das heute ein Wille im Team war und die Himmelblauen nix zu verschenken gedachten. Im Mittelfeld erkämpfen sich die Gastgeber ein Übergewicht und setzen der Arminia kräftig zu. Erste Chancen ergaben sich durch zwei Freistöße, die aber von Mehlhorn deutlich neben das Tor gesetzt wurden - es ist einfach nicht seine Saison.
Der CFC spielte munter weiter und wieder einmal stellte sich die Frage, wer denn hier der todsichere Absteiger ist, und wer letztes Jahr noch gegen die Bayern randurfte. Die Südkurve war in guter Stimmung und feierte den Trainer mehrmals mit "Dirk Karkuth"-Rufen.
Dann stürmt Oswald auf den Arminen-Strafraum zu und wird hinterrücks von den Beinen geholt. Der Schieri schien seine gelbe Karte verbummelt zu haben, aber wenigstens Freistoß gab es. Tetzner führt aus - und trifft leider nur die Querlatte. 10 Minuten später wieder eine dicke Chance - der Ball kommt in den Strafraum geflogen, wo Oswald halblinks zum Tor steht. Er nimmt die Kugel direkt an und haut volley auf den Kasten der Arminen. Nur mit Mühe kann Keeper Hain gerade noch zur Ecke fausten.
Überhaupt Oswald und Tetzner - seit sie in Vertragsverhandlungen mit dem CFC und anderen Vereinen stehen, scheinen die Beiden ihre alten Tugenden wieder zu entdecken. Lauffreudig, kampfstark, auch technisch gut - in dieser Form richtig wertvoll. Nur - warum passiert dies erst jetzt (!?) - diese Frage ist ketzerisch und berechtigt zugleich.
Die Fans zeigten sich vom himmelblauen Angriffsfußball beeindruckt und schafften nach paar Anläufen sogar eine Welle, welche sich dreimal durch die Fischerwiese schleppte. Gästekurve und Tribüne fungierten wie immer als Wellenbrecher. Überhaupt war im Gästeblock nix los, da der Sonderzug aus Bielefeld noch nicht eingetroffen war. Tja, die tolle Bahn halt.
Nach einer halben Stunde kamen nun auch die Ostwestfalen besser ins Spiel und erarbeiteten sich erste gute Chancen. Einen Freistoß von Weissenberger erwischt Klitzpera mit dem Kopf und von da fliegt der Ball an die Latte des CFC-Tores. Glück gehabt. Doch damit nicht genug, nach einer Flanke von links kommt Wichniarek zum Kopfball - und, seltene Szene - er trifft Jendrossek auf der Linie ebenfalls am Kopf. Kein Tor und nochmal richtig Dusel für den CFC.
Nun trudelten vermehrt Bielefelder im Gästeblock ein, scheinbar hatte die Bahn das ICE-freie Chemnitz doch noch gefunden. Ein schönes buntes Plakat kündete von der Ö-la-Palöma-Tour der Arminen nach Sachsen. Naja, immerhin kamen sie gerade rechtzeitig, um einen Konter der Sachsen zu bestaunen. Tetzner wird kurz nach der Mittellinie von links bedient und läßt seinen Gegenspieler einfach stehen. Der herauseilende Hain wirft sich ihm entgegen - Tetze läßt sich nicht beirren und schiebt die Kugel unter dem Torwart vorbei in Richtung Netz. Zwei Sekunden später steht es 1:0 für den CFC - unbeschreiblicher Jubel unter den himmelblauen Fans, die so selten gewordenen Glücksgefühle brachen jetzt frei heraus. Mit dem Tor ging es in die Halbzeit - eine jederzeit verdiente Führung, auch wenn zwischen dem erkennbaren Bemühen einige Passagen Sommerfußball versteckt waren.

Kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit kam dann die nächste Plakataktion. In der Südkurve wurde ein Banner "Tampons sind Scheiße - Always Ultra" hochgehalten. Auch hier dicke gelbe Karte für den Verein und den DFB, seine ultrafeindlichen Bemühungen mal zu überdenken.
Den besseren Start in die zweite Hälfte erwischte der Erstligaabsteiger, welcher sich wohl der Blamage einer Niederlage nun bewusst war und etwas engagierter zu Werke ging. Aber die CFC-Abwehr stand erst einmal, so das sich das Spiel im Mittelfeld konzentrierte.
Die Bielefelder Fans waren nun vollzählig in ihrem Gästekäfig versammelt und zum Unmut der himmelblauen Anhänger knüpften ein paar Gestalten auch 3 Auefahnen auf. Sofort kochte Derbystimmung hoch und die gesamte Südkurve probte sich schon einmal an bewährten Liedgut gegen die Lössnitztaler. Später gab es dann noch 2 nette Ufftas vom gesamten himmelblauen Fanblock.
Auf dem Rasen hatten sich die Arminen mittlerweile ein Übergewicht erspielt, und so ab der 60. Minute nahm sich die CFC-Abwehr noch zudem eine Auszeit. Die Gäste bauten jetzt Dauerdruck auf und die Chemnitzer brachten es einfach nicht fertig, den Ball rauszuschlagen bzw. einigermaßen sinnvoll nach vorne zu spielen. Die Großchancen ließen nicht lange auf sich warten. Zunächst taucht Porcello nach einem steilen Zuspiel allein vor Ananiew auf - ein straffer Flachschuss - doch Toni bekommt den Körper dazwischen und kann die 100prozentige mit Glück vereiteln. Kurz darauf wurde es noch verrückter - Mehlhorn vertändelt im Torraum (!!) die Kugel und das Schlitzohr Labbadia bemächtigt sich ihrer. Zwei fixe Drehungen und er steht unmittelbar vor Ananiew und dem großen weiten Tor. Ein Schuß gegen die Laufrichtung des Keepers - und trotzdem kein Tor. Wie der CFC-Keeper diesen Schuss noch halten konnte, wird auf ewig ein Rätsel bleiben. Danke Toni.
Trainer Karkuth ließ wechseln, für Sobiech und Tetzner kamen Göhlert und Podzus. Die Auswechslung machte Sinn, denn fortan hielt der CFC im Mittelfeld wieder besser dagegen und erreichte wieder ein ausgeglichenes Spiel. Jetzt wurde auf Konter gelauert, um den Sack endgültig zuzumachen. So langsam kam auch eine verlorengeglaubte Vorfreude auf einen Heimsieg auf.
Mit ablaufender Spielzeit verließ der Gästekeeper nervös seinen Kasten und spielte letzter Mann. Als der Ball in Höhe der Mittellinie auftaucht, gibt es einen Dreikampf zwischen dem Torwart, einen Bielefelder Abwehrspieler und Podzus. Und der Himmelblaue erwischt die Kugel !! Podzus sendet sofort eine wunderschöne Bogenlampe über 40m ab - die Richtung passt super - aber 3m vor der Linie springt der Ball auf und hüpft über die Querlatte ins Aus. Schade, es wäre ein Traumtor geworden.
Fünf Minuten vor Spielende erwies Karkuth dem scheidenden Köhler eine letzte Ehre und wechselte ihn gegen den völlig blassen Kujat aus. Mit dem Blick auf die Uhr bereitete sich das Stadion auf den Endzeitjubel zum Schlußpfiff vor. Feierstimmung kam auf. Renn schoß noch einmal aus größerer Distanz auf das Tor der Arminen - und dann war Schluß!!!
Unbeschreibliche Jubelszenen auf dem Rasen und den Rängen - der ganze aufgestaute Frust entlud sich in einer kollektiven Jubelorgie. Als Neutraler hätte man meinen können, der CFC wäre gerade in die erste Liga aufgestiegen.
Der Trainer kam über den Rasen gelaufen und startete seine Dankeschöntour an die treuen Fans. Nachdem sich die Spieler wieder entknäult hatten, kamen sie ihren Trainer auf der Abklatschtour durch die Südkurve entgegen. Und aus den Lautsprechern klang: "So sehen Sieger aus"...

Der CFC kann noch siegen. Der erste Pflichtspielsieg des Jahres 2001, der erste Sieg unter Trainer Karkuth und der erste Dreier der Rückrunde war geschafft. Allein an dieser Aufzählung kann man erahnen, unter welchen Druck der Verein in der Öffentlichkeit gestanden hat. Mit dem Sieg wird die miserable Saison zwar nicht beschönigt, aber zumindest kehrt erst einmal Ruhe im Umfeld ein. Genau damit begann letzten Sommer das Übel des Abstieges.
Nun gilt es, im letzten Spiel bei Mönchengladbach den Kopf oben zu behalten und die Saison anständig zu Ende zu bringen. Mit diesem letzten Schwung sollte der Verein in der Lage sein, über die Sommerpause hinweg wieder an sich selbst zu glauben und im neuen Spieljahr die Gellertstraße wieder zu dem zu machen, was sie einmal war - eine himmelblaue Festung.

Wertung: 2,0

Beste Himmelblaue: Ananiev, Tetzner, Oswald

33. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Sonntag, 13. Mai 2001, 15:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 3.380
Schiedsrichter: Stark (Ergolding)
Chemnitzer FC
T Ananiev
A Holetschek
A Bittermann
A Mehlhorn
M Renn
M Kluge
M Sobiech (68. Göhlert)
M Oswald
M Jendrossek
S Tetzner (68. Podszus)
S KujatGelbe Karte (85. Köhler)

Trainer: Karkuth
Arminia Bielefeld
T Hain
A ReinhardtGelbe Karte
A Hofschneider
A Borges
M Sternkopf (71. Wück)
M Porcello
M KlitzperaGelbe Karte
M Dammeier (80. Flock)
M Weissenberger (71. Diabang)
S Labbadia
S Wichniarek

Trainer: Möhlmann
Tore
1:0 Tetzner (45.)