Spielbericht

20. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
2:1
SV Werder Bremen II
SV Werder Bremen II

Joker Simic ballert den CFC zum Sieg

von Pierre Schönfeld

Wenn man sich beim Club in dieser Saison auf etwas verlassen kann, dann ist es der Umstand dass man im Grunde immer dann am meisten überrascht wird, wenn man es am wenigsten erwarten kann. Das war zu Beginn der Saison so, als die frisch zusammengewürfelte Truppe, nach "Expertenmeinung" Abstiegskandidat Nummer 1, einen Traumstart hinlegte, ebenso wie letzten Spieltag vor der Winterpause als das letzte Aufgebot nach Köln fuhr und drei Punkte einsackte. Auch zum Start der Rückrunde waren die Erfolgsaussichten dem Papier nach eher gering: in der Vorbereitung setzte es in fast allen Testspielen Niederlagen und die Liste der Spieler, die aufgrund von Sperren oder Verletzungen am Sonntag nicht mitwirken durfte war lang. Gegen die Amateure des Bundesligaspitzenreiters, vor diesem Spieltag immerhin Zweiter der RL-Tabelle, rechneten somit nur die unverbesserlichen Optimisten mit einem Erfolg der Heimmannschaft.

Knapp 3.000 Unverwüstliche waren bei arktischen Temperaturen an die Gellertstrasse gepilgert, darunter auch zehn handgezählte Anhänger der Nordlichter zu Spielbeginn. Der Sonderzug aus Bremen hatte wohl Verspätung denn zur Halbzeit erhöhte sich die Zahl der im Gästesektor befindlichen Personen schlagartig auf 17. Die Partie begann mit einem gewaltigen himmelblauen Paukenschlag. Gerade mal drei Minuten waren gespielt, als Wächtler mit letztem Einsatz einen Zivic-Paß von der Grundlinie erlief und nach innen auf Oeiras flankte. Der Neuzugang fackelte nicht lang und drückte das Leder per Kopf über die Linie. Was für ein Einstand für den portugiesischen Torjäger, der in der Vorbereitung noch Ladehemmung hatte!
In der Folge entwickelte sich ein ausgeglichenes Spiel, sowohl die Himmelblauen als auch die Bremer waren bemüht, gepflegt nach vorne zu spielen. Allerdings war das auf dem gefrorenen und daher nur schwer bespielbaren Rasen nicht einfach umzusetzen. Gelegenheit die Führung für den Club auszubauen hatte Meyer, als ihn Werder-Keeper Greil im Strafraum anschoß, der Chemnitzer Angreifer jedoch abgeblockt wurde. Kurz darauf hätte es Elfmeter für die Himmelblauen geben müssen, als Bremens Abwehrspieler Stallbaum eine Meyer-Flanke nur mit der Hand abwehren konnte. Doch die Pfeife von Schiri Schrempershauwe blieb in diesem Moment ebenso stumm wie nach einer gespielten halben Stunde als der zweite Neuzgang des CFC, Ifet Taljevic, im Bremer Strafraum von den Beinen geholt wurde. Daß die Werder-Amateure nicht ganz zu unrecht im oberen Tabellendrittel mitspielen, bewiesen sie in der 31. Minute als sie die Chemnitzer Abwehr mit einem schnellen Spielzug aushebelten und Schierenbeck das Leder in die Maschen setzte. Zum Glück für den CFC blieb die Pfeife diesmal nicht stumm, der Schiri entschied auf Abseits. Die Bremer witterten jetzt Morgenluft und drängten weiter auf den Ausgleich: einen Schuß von Rolfs konnte Süßner nur mit den Fäusten abwehren (40.). Den Schlußpunkt unter die erste Hälfte setzten jedoch erneut die Himmelblauen, Göhlert zielte bei seinem Schuß aus etwa 20 Metern etwas zu hoch (45.).

Joker Simic stachDie zweite Halbzeit begann wie die erste aufgehört hatte, mit einer Chance für den CFC. Youngster Fillinger, der gegen Bremen sein Debüt von Beginn an feiern durfte, schoß von links aufs Tor, allerdings ging der Ball dann doch weit daneben. Bremen antwortete mit einem Schuß des eingewechselten Wnuck, der über das Gehäuse von Süssner ging. Doch das richtige Signal hatte Fillinger mit seiner Aktion zu Beginn der zweiten Hälfte bereits gegeben, denn nach ca. einer Stunde bliesen die Himmelblauen zur Attacke. Die Druckphase des CFC läutete Göhlert mit einem klasse Kopfball nach Taljevic-Freistoß ein, den Greil aber stark parierte (60.). Kurz darauf versuchte es Sascha Gillert mit einem Schuß, der aber höchstens Werders Altmeister Dieter Burdenski in Bedrängnis gebracht hätte - für Greil kein Problem. Dass zwischen Welt- und Kreisklasse manchmal Sekunden liegen können bewies der Werder-Keeper nur kurz darauf. Einen Rückpaß von Paul (schön attackiert von Meyer) will Greil aus dem Strafraum dreschen, schießt dabei aber Oeiras an. Dieser schnappt sich das Leder und schiebt cool ins Tor ein (61.). Allerdings versagte der Schiri dem Treffer die Anerkennung, da die Hand von Oeiras mit im Spiel war. Die letzte Gelegenheit in der Sturm- und Drangphase des CFC hatte Taljevic, der nach Göhlert-Ablage nur um Haaresbreite am Dreiangel vorbeischoß. Es ist eine abgedroschene Phrase, daß man, wenn man seine eigenen Chancen nicht nutzt, meist das Gegentor noch bekommt. Zum Leidwesen der CFC-Fans sollte sich das auch am Sonntag bewahrheiten. 77 Minuten waren gespielt, als CFC-Abwehrspieler Markus Ahlf einen Flankenball der Werderaner an den Fuß bekommt und den eigenen Keeper überwindet. Ausgerechnet Ahlf, der zusammen mit seinem Abwehrkollegen Steffen Karl zu den Besten an diesem Tag zählte. Nach dem Tor herrschte dann kurzzeitig Konfusion in den himmelblauen Abwehrreihen. Acht Minuten vor Spielende hatte Sebastian Meyer die Riesenchance, seine gute Leistung an diesem Tage mit einem Tor zu krönen. Allein auf Greil zulaufend wählte er allerdings die schlechteste aller Möglichkeiten: anstatt das Leder ins Tor zu befördern oder den mitgelaufenen Simic zu bedienen, haute er den Ball weit neben den Kasten. Chance vertan und das Fiwi-Publikum um einige graue Haare reicher. Aber das Spiel war ja noch nicht vorüber. Und da das Spiel an einem Sonntag stattfand war es auch ein Sonntagsschuß, der die Partie entschied. Fünf Minuten waren noch zu spielen, die Himmelblauen im Angriff, als Werders Heidenreich die Kugel per Querschläger von der linken Strafraumlinie auf die andere Seite beförderte. Dort stand der eingewechselte Simic und der nahm seinen ganzen Mut zusammen. Ganz nach dem Motto absoluter Looser oder gefeierter Held, Anzeigetafel oder Dreiangel, Kumpeltod oder Einsiedler, drosch er die Kugel in Direktabnahme auf den Kasten von Greil. Über den Torwart senkte sich der Ball in die Maschen - orgiastischer Jubel auf dem Rasen und auf den Rängen. Den kostbaren Vorsprung verteidigten die Himmelblauen mit Leidenschaft und als der Schiri endlich abfiff kannte der Jubel keine Grenzen. Die Bremer waren besiegt.

Fazit: Es hat Spass gemacht, an diesem Sonntag auf der Fiwi zu sein. Bei eisigen Temperaturen heizten die Spieler den Fans durch ihre leidenschaftliche Spielweise ordentlich ein. Und die Dramaturgie war endlich mal auf der Seite der Himmelblauen, noch in der Hinrunde hätte der CFC so ein Spiel womöglich verloren. Kompliment an den Trainer, der die Truppe auf den Punkt fit bekommen hat, was nach den Ergebnissen der Vorbereitung so nicht zu erwarten war. Kompliment an die Mannschaft, die die vielen Ausfälle weggesteckt und sich als echte Einheit präsentiert hat. Es war ein Sieg der gesamten Mannschaft, die nach dem unglücklichen Ausgleich das Tor regelrecht erzwungen hat, auch wenn zu dem Treffer von Simic auch ein wenig Glück gehörte. Aber auch das muß man sich erst einmal erarbeiten. Ohne näher in die Einzelkritik zu gehen, muß man an diesem Tage zwei Spieler erwähnen, die neben den bereits genannten Karl und Ahlf überdurchschnittliche Leistungen geboten haben: Tino Wächtler und Sebastian Meyer. In der Vergangenheit (zu Recht) oft gescholten, am Sonntag top. Weiter so!

Wertung: 2. Ein Spiel mit Spannung und Leidenschaft und am Ende gewinnt der CFC. So muß es sein.

Beste Himmelblaue: Karl, Ahlf, Meyer

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Pressestimmen

Freie Presse Chemnitz
Aleksandar der Große nimmt den Sonntag wörtlich [..] "Wenn man reinkommt, muss man auch mal was riskieren", schilderte Simic seine Gefühle vor dem Traumtor. [..]

20. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Sonntag, 29. Februar 2004, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 2.725
Schiedsrichter: Schempershauwe (Hildesheim)
Chemnitzer FC
T Süssner
A Karl
A AhlfGelbe Karte
A Gillert
M Wächtler
M Göhlert
M Zivic
M Fillinger
M Taljevic (75. Simic)
S Meyer
S Oeiras

Trainer: Rohde
SV Werder Bremen II
T Greil
A Wilking (51. Wnuck)
A Stallbaum
A Heidenreich
A Paul
M Wittke (66. Canizales)
M Fütterer
M Beckert
M Rolfes
S Kuru
S Schierenbeck

Trainer: Wolter
Tore
1:0 Oeiras (3.)
1:1 Ahlf (77./Eigentor)
2:1 Simic (85.)