Spielbericht

14. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2004/2005
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:0
1. FC Union Berlin
1. FC Union Berlin

Wie das Eisen geschmolzen wurde...

von Frank Neubert

Selbst hartgesottene CFC-Fans konnte man am Samstag ab 15:45 mit der Frage, wann der Club zuletzt zu Hause gewonnen hatte, ins Grübeln bringen. Einige konnten sich noch erinnern, dass es beim 1:4 gegen Essen (08. Mai 04') das letzte Heimtor zu bewundern gab. Das aber der letzte Heimsieg mit einem 2:0 gegen Wattenscheid (27. März 04') ziemlich genau vor einem halben Jahr (!!) stattgefunden hatte, wussten die wenigsten Treuen aus dem Stegreif. Allein anhand dieser zeitlichen Dimension dürfte klar sein, welche unglaublich großen Wackersteine am Samstag sowohl den Spielern als auch den Fans von den Herzen gefallen sind. Mit dem hochwichtigen 1:0 im Kellerduell gegen den 1.FC Union hat der CFC bewiesen, dass er noch lebt und sich gegen den drohenden Absturz in die Oberliga zur Wehr setzen will.

Die Geburtstagschoreografie der UC99

Kurz vor dem Anpfiff präsentierten die Ultras Chemnitz ihre Geburtstags-Choreografie, welche die gesamte Südkurve in schickes Blau-Weiss tauchte und das 5-jährige Bestehen der aktivsten und facettenreichsten Chemnitzer Fangruppierung zum Thema hatte. Bei bestem Fußballwetter ließ sich der CFC von seinen Fans inspirieren und zeigte von Beginn an, wer Herr im Hause ist. Schon nach 6 Minuten feuerte Pinto den ersten Warnschuß ab, der sein Ziel nur knapp verfehlte. Urgestein Mehlhorn vertrat den gesperrten Karl und ergänzte sich prima mit Ahlf auf dem Posten des letzten Mannes. Der stets einsatzfreudige Ex-Hamburger trug dabei zum ersten Mal - und dies vollkommen zurecht - die Kapitänsbinde der Himmelblauen. In der Anfangsformation des CFC stand auch Neuzugang Okeke, welcher noch vor wenigen Wochen für die "Eisernen" die Stiefel schnürte und in einem Blitztransfer nach Chemnitz gelotst wurde.

Nach einer Viertelstunde kam auf einmal Bewegung in den Gästeblock, der mit ca. 800 Berliner Fans gut gefüllt war. Polizei marschierte im Innenraum auf und "sicherte" die Grenze zum Block 3. Später war zu erfahren, dass zu diesem Zeitpunkt der wohl härteste Polizeieinsatz begonnen hatte, den die Fischerwiese je erlebt hat. Geschätzte 200 Unioner sollen nach Zeugenberichten noch vor dem Tor gestanden und ihren Unmut über den zögerlichen Einlass mit Sprüchen und Drängelei zum Ausdruck gebracht haben. Für die Einsatzkräfte hieß es daraufhin "Knüppel frei" - auch Pfefferspray kam trotz anwesender Frauen und Kinder zum Einsatz. Auch nach dem Spiel beruhigte sich die aufgeheizte Atmosphäre nicht und somit kam es auf dem Weg zum Bahnhof erneut zum Schlagabtausch zwischen Berliner Fans und der aggressiv auftretenden Polizei. Mittlerweile ist bekannt, dass die Vorfälle höchstwahrscheinlich ein gerichtliches Nachspiel haben werden.

Zurück zum Spiel: Der CFC agierte, und Union reagierte. Besonders die Flügelflitzer Meyer und Kanitz rissen viele Lücken in die Berliner Abwehr. Schade nur, dass Meyer zwei sehr gute Einschußmöglichkeiten (13.min / 30.min) nicht zur Führung nutzen konnte. Nach 31 gespielten Minuten zeigte Union den ersten gefährlichen Gegenstoß - und alle CFC-Fans hielten den Atem an: Hauswald war plötzlich auf der linken Seite völlig frei und stürmte allein auf Süssner zu - doch der Chemnitzer Schlußmann konnte mit einer wahren Glanztat seine Mannschaft vor dem Rückstand bewahren. Union blieb kaum Zeit, der vergebenen Großchance nachzutrauern, den schon brannte es auf der Gegenseite durch Fillinger und Pinto wieder im Berliner Strafraum. Dann die zweite Ecke des CFC (38.min): Fillinger schlägt den Ball nach innen - und Torwart Glinker bekommt das Leder nicht richtig zu fassen. In der Mitte steht Lenk goldrichtig und setzt die Kugel aus 5 Metern knallhart in die Maschen! Unbeschreiblicher Jubel im weiten Rund - es war DER Urschrei, der seit Wochen schon raus wollte, aber nicht durfte. Mit der hochverdienten 1:0 - Führung ging es in die Pause.

Der Gästeblock war mächtig 'unter Dampf'...Nach der Pause spielte der CFC nicht mehr ganz so offensiv wie in Halbzeit 1, aber dennoch stets bemüht, möglichst den zweiten Treffer zu markieren. Die Gäste aus Berlin fanden trotz größerer Räume nicht zu ihrem Spiel. In der gezeigten Verfassung wird es der Traditionsclub schwer haben, den freien Fall aus der zweiten Liga in die Oberliga aufzuhalten. Mehr Aufmerksamkeit erzielten die Berliner Fans, welche eine große Rauchsäule über dem Gästeblock emporsteigen ließen. Mit einigen guten Kontermöglichkeiten für den CFC (Fillinger, Meyer) plätscherte das Spiel auf die Schlußminuten zu, als sich Union in einem letzten Kraftakt noch einmal aufraffte, den CFC in Gefahr bringen zu wollen. Mit vereinten Kräften stemmten sich der souveräne Mehlhorn und der das Publikum aufputschende Ahlf gegen die Berliner Angriffe. Genau in dieser brenzligen Phase wird Lenk bedient (88.min) und dieser stürmt allein auf den Union-Keeper zu. Zum Entsetzen der Fans schiebt der junge Stürmer aber den Ball knapp am langen Pfosten vorbei. Nach unendlich langen 3 Minuten Nachspielzeit pfiff der eine durchschnittliche Leistung zeigende Schiedsrichter Fischer endlich in sein Arbeitsgerät und besiegelte somit den ersten CFC-Heimsieg der laufenden Saison.

Siegesfreude pur: Kapitän Ahlf beim Abklatschen am ZaunFazit: Der CFC hat die Nerven behalten und das Kellerderby gegen einen unmittelbar vom Abstieg bedrohten Konkurrenten gewonnen. Lohn dafür ist der drittletzte Tabellenplatz und das für die Moral wichtige tabellarische Vorbeiziehen am Berliner Konkurrenten. Der Aufwärtstrend der letzten Wochen konnte weiter bestätigt werden. Der CFC lebt, und die Chance, bis zur Winterpause den Abstand zu den Nichtabstiegsplätzen auf ein erträgliches Maß reduzieren zu können, erscheint wieder realistisch. Einziges Manko ist und bleibt die Torausbeute der Himmelblauen. Ein Hoffnungsschimmer ist hierbei Neuzugang Okeke, der neben seinen technischen Qualitäten auch einen erstaunlichen Blick für den Nebenmann und die Spielsituation offenbarte. Vielleicht gelingt es dem CFC gerade mit ihm, in Paderborn möglichst einen Punkt zu ergattern, um dann im nächsten "Endspiel" gegen die Bielefelder Amateure den Kopf noch weiter aus der Abstiegsschlinge ziehen zu können.

Wertung: 2,5

Beste Himmelblaue: Okeke, Meyer, Kanitz, Ahlf, Mehlhorn

Pressestimmen

Berliner Zeitung
0:1! Union gibt langsam auf - Schlimme Leistung beim Untergangs-Derby in Chemnitz"
"[..] Mensch, Union - wo wollt ihr was holen, wenn nicht hier (Chemnitz, d.Red.)? Doch danach sah es nie wirklich aus. [..] Dann die 38. Minute, die Eingang in die Chemnitzer Geschichtsbücher finden wird. Nach 11 Stunden und 46 Minuten gibt's im Stadion «An der Gellertstraße» wieder ein Heimtor zu bejubeln: [..] Wer ein Aufbäumen bei Union nach dem Wechsel erwartet hat, sieht sich getäuscht.[..]

DPA
Erster Heimsieg für Chemnitz - 1:0 gegen Union"
"[..]Robin Lenk (38.) brach mit seinem Tor den «Heimbann» des CFC, bei dem der von Union gekommene nigerianische Nationalspieler Chibuike Okeke einen gelungenen Einstand gab.

14. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2004/2005
Samstag, 23. Oktober 2004, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 4.590
Schiedsrichter: Fischer (Hermer)
Chemnitzer FC
T Süssner
A Ahlf
A Mehlhorn
A Gillert
M Meyer
M Göhlert (71. Baumann)
M Okeke (83. Schindler)
M Kanitz
S Pinto (69. Stark)
S Lenk
S Fillinger

Trainer: Barsikow
1. FC Union Berlin
T Glinker
A Bouzid (78. Soltau)
A KochGelbe Karte
A Boden
A Wingerter
M Catic
M Prokoph (65. Muzzicatto)
M Kaiser (65. Taubert)
M Below
S Hauswald
S Persich

Trainer: Voigt
Tore
1:0 Lenk (38.)