Spielbericht

1. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Bayer Leverkusen II
Bayer Leverkusen II
2:3
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Auftakt nach Maß macht Appetit auf mehr

von Frank Neubert

Trotz strömenden Regens in Leverkusen war auf den Gesichtern der Sieger das befreite Lächeln gut zu erkennen: Beim Abklatschen am Gästezaun herzten und scherzten die himmelblauen Kicker und die ca. 150 mitgereisten Fans über den gelungenen Saisonauftakt. Vor allem dank einer starken ersten Halbzeit sicherte sich der CFC im Ulrich-Haberland-Stadion mit einem 3:2 den ersten Dreier der Saison und wurde somit über Nacht zum zwischenzeitlichen Tabellenführer der Regionalliga Nord.

Ein Blick in die Geschichtsbücher verriet vor dem Spiel, daß CFC-Coach Demuth von 1979 bis 1983 bei Bayer kickte und für die Werkself als Verteidiger 6 Tore erzielte. Auf der Gegenseite gab Ulf Kirsten als Trainer von Lev II sein Debüt, was bei den himmelblauen Fans unliebsame Erinnerungen an den Erzrivalen Dynamo aus Dresden hervorrief. Dementsprechend mußte sich der Bayer-Coach auch ein paar Sprüche gefallen lassen. Einstecken mußte auch MDR-Reporter Achim Schröter, welcher sich vor dem Gästeblock aufgebaut hatte und dabei die „Beliebtheit“ des Heimatsenders zu spüren bekam. Positiv sei angemerkt, daß im Gegensatz zum letzten CFC-Gastspiel die Ordnertruppe sehr entspannt agierte und sogar beim Aufhängen der Chemnitzer Zaunfahnen mithalf.

Eitel Sonnenschein zur HalbzeitNachdem der neue Kapitän der Himmelblauen, Steffen Süßner, seine Truppe aufs Feld geführt hatte, genehmigten sich beide Teams eine Viertelstunde des Kennenlernens. Der Club agierte mit zwei Stürmern und einem offensiven Mittelfeld, in dem vor allem Görke und Adamu zu gefallen wussten. Begleitet wurde die Partie von vielen kleinen Nickligkeiten, die FIFA-Schieri Meyer nie richtig in den Griff bekam. Bei hochsommerlichen Temperaturen kam die Partie nach der Schnupperphase voll in Fahrt. Bei einem Freistoß von Stark schraubt sich Mayer im Strafraum in die Luft und köpft das Leder zum umjubelten 1:0 in die Maschen. Bayer antwortete zwar umgehend mit einem Lattentreffer, geriet aber in der Folgezeit immer mehr unter die himmelblauen Räder. Kurze Zeit später hätten Ensrud und Salonen nach einem Einwurf-Torpedo von Görke, welche für ständige Gefahr sorgten, die Führung schon ausbauen können. Selbst die gelb-rote Karte für Salonen, der nach seinem zweiten Foul zum Opfer der plötzlich ausbrechenden Kartenwut von Schieri Meyer wurde, konnte den Club nicht stoppen. Ensrud köpfte nach Flanke von Stark an die Latte, und Adamu jagte das Leder im Nachschuß über das Gebälk. Der nächste Zungenschnalzer kam von Ensrud, der einen Freistoß aus der eigenen (!) Hälfte als Heber über 50m abschickte, den Keeper Adler in letzter Not über die Latte lenkte. Vier Minuten später lag die Kugel endlich zum zweiten Mal im Netz, jedoch fand der Linienrichter keinen Gefallen an Mayers Treffer und entschied - zweifelhaft - auf Abseits. Auch dies brachte den Club nicht aus dem Konzept, und so wurde kurz vor der Halbzeit das Spielgerät von Adamu nach Kopfballverlängerung von Berger am langen Pfosten zum dritten Mal im Tor der Leverkusener versenkt. Mit einem hochverdienten 2:0 für Chemnitz ging es zum Pausentee.

Weltuntergang in LeverkusenDie zweite Hälfte der Partie begann mit dem Aufziehen von bedrohlich dunklen Wolken, welche alsbald ihre Schleusen öffnen sollten. Das drohende Unheil entlud sich aber vorerst im Strafraum des CFC, als kurz nach Wiederanpfiff der eingewechselte Reichwein eine von Ensrud unglücklich abgefälschte Flanke am langen Pfosten erwischte und dem herausstürzenden Süssner keine Chance ließ. Nur noch 1:2 und bange Gesichter in der himmelblauen Kurve. Im Gegensatz zum Himmel hielt aber die Chemnitzer Abwehr, wo vor allem der junge Becker und der engagierte Göhlert glänzen konnten. Dann ging plötzlich die Welt über Leverkusen unter und die Mehrzahl der offiziellen 850 (?) Zuschauer suchte das Weite. Petrus überschüttete den Rasen und die Ränge im Überfluss mit kühlem Nass, was die Reisenden aus Karl-Chemnitz-Stadt veranlasste, neben spitzen Bemerkungen über den sauren Regen in der Chemiestadt, eine oberkörperfreie Polonaise im Gästeblock zu veranstalten. Keeper Süssner lief auf dem Rasen zu Bestform auf, als er mit einer Glanzparade im 1:1 klärte und auch sonst höchst wachsam aus dem Tor eilte, wenn die Bayer-Bubis schnell und direkt in die Spitze spielten. Der Club, mit einem Mann weniger auf dem Feld, verlegte sich aufs Kontern. Eine Viertelstunde vor Ultimo war man damit erfolgreich, als Becker über die Mittellinie vorstieß und den Ball in den gegnerischen Strafraum schlug, was von Schlitzohr Mayer geahnt und blitzsauber zum 3:1 genutzt wurde. Der Gästeblock hüpfte und jaulte vor Freude, und der Regen wurde zur uninteressanten Randerscheinung. Die Leverkusener Spalt-Tablette hatte sich im himmelblauen Glas aufgelöst und Demuth nahm den zweifachen Torschützen aus der Partie. Kurz vor Schluß kam Bayer II noch zum Anschlußtreffer, als Röttger aus 40 Metern abzog und dabei Süssner, der zu weit vor seinem Kasten stand, mit einem sehenswerten Heber überraschte. In der Pressekonferenz nahm Demuth den Treffer auf seine Kappe, da er "Süsse" angewiesen hätte, weit aufzurücken, um direkte Zuspiele abzufangen. Die verbleibende Nachspielzeit brachte der Club zum Erstaunen der Althaken zitterfrei über die Bühne, und konnte sich nach 93 Spielminuten als der verdiente Sieger feiern lassen.

Fazit: Der CFC hat einen astreinen Saisonstart hingelegt, der ganz klar Appetit auf mehr macht. Die vielen neuen Namen in der Mannschaft bergen das spielerische Potential, in dieser Saison eine bedeutend bessere Rolle spielen zu können, als in den letzten 3 Jahren. Von der 15. bis zur 45. Minute hat der Club eine Leistung gezeigt, die es vielleicht zuletzt in der 99‘er Saison gegeben hat. Es bleibt die Frage, wieviel es wert ist, einen Aufsteiger auf eigenen Platz mit 10 Mann zu dominieren und zu besiegen. Schön wäre es, wenn der Club diese Frage am Mittwoch gegen die Hertha-Bubis mit einem Dreier beantworten und seine Fans weiterhin derart positiv überraschen könnte.


Wertung: 2,0

Beste Himmelblaue: Göhlert, Becker, Ensrud, Görke, Mayer

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Pressestimmen

Freie Presse
Torjäger Mayer für den Chemnitzer FC bereits Gold wert [..] Die Gäste, die mit sechs Neuzugängen - darunter der erst am Vortag verpflichtete Frank Berger - begannen, setzten von Beginn an die Akzente.

Freie Presse
Demuth: Jetzt nachlegen! [..] Gegen die Mannschaft des Trainerdebütanten Ulf Kirsten mussten sich die Gäste aber erst einmal finden. Und das dauerte rund 20 Minuten, ehe Frank Mayer zum ersten Mal seinem Ruf als Torjäger gerecht wurde. [..] Besonders gefährlich war der CFC nach Standards. Starks Freistöße und Einwürfe von Görke, die wie Flanken vor das gegnerische Tor kamen, machten den Bayer-Verteidigern das Leben schwer. "Die ersten zwei Tore fielen durch Standards. Das haben wir im Training geübt. Danach haben wir uns das Leben selber schwer gemacht", analysierte der CFC-Coach. [..]

Dresdner Neueste Nachrichten
Himmelblaue packen ersten Dreier [..] Trotz Unterzahl sackten die Himmelblauen souverän den ersten Dreier ein, auch wenn Röttger kurz vor ultimo noch der Anschluss gelang.

1. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Freitag, 29. Juli 2005, 19:30 Uhr
Haberland-Stadion, Leverkusen
Zuschauer: 850
Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf)
Bayer Leverkusen II
T Adler
A CannataGelbe Karte (46. Reichwein)
A HergesellGelbe Karte
A SchultensGelbe Karte
A CozzaGelbe Karte
A Hübener
M StudentGelbe Karte
M Röttger
M Bendowski
M de WittGelbe Karte (78. Heber)
S Schnitzler (76. Döpper)

Trainer: Kirsten
Chemnitzer FC
T Süssner
A Göhlert
A Ahlf
A Ensrud
A BeckerGelbe Karte
M Adamu (85. Vogel)
M GörkeGelbe Karte
M Berger
M StarkGelbe Karte
S SalonenGelbrote Karte
S Mayer (76. Rolleder)

Trainer: Demuth
Tore
0:1 Mayer (19.)
0:2 Adamu (44.)
1:2 Reichwein (50.)
1:3 Mayer (75.)
2:3 Röttger (90.)

Besondere Vorkommnisse:
Gelb-Rote Karte für Salonen (34.)