Spielbericht

21. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Hertha BSC Berlin II
Hertha BSC Berlin II
4:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Die Tracht Prügel auf dem Gabentisch

von Mex

Der Weihnachtsmann ist ein Arsch. Da nützte es auch nichts, dass er gleich zweimal im Gästeblock des Amateurstadions zu Berlin rumschwankte.

Von Beginn an machten die Herthinis klar, wer hier was zu melden hatte und starteten fulminant mit einem Lattenknaller und einer weiteren Hundertprozentigen. Da waren noch keine fünf Minuten gespielt. Von da an rannte der CFC dem Spiel durchweg hinterher. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Oftmals halbherzige Abwehrversuche mit noch halbherzigerem anschließendem Spielaufbau. Aber was rede ich hier von Spielaufbau. Spätestens nach der Mittellinie war Schluss, doch eingedenk der eigenen Souveränität leistete man sich sogar noch riskante Rückgaben. Verkehrte traurige Welt. Hertha schrubbte die Partie mit lässiger Disziplin herunter, ließ den Ball schön laufen und führte den völlig überforderten CFC vor. Ein Trainingsspiel. Unterm Strich konnte Chemnitz froh sein, dass wenigstens der Linienrichter hin und wieder zu unseren Gunsten auf Abseits entschied; was nicht immer astrein war, wenn wir ehrlich sind. Kurz vor dem Halbzeitpfiff kassierte man das längst überfällige 0:1 und ergab sich kampflos mit dem Wiederanpfiff zu Halbzeit 2. Und das gegen eine Hertha, deren eigene Spieler beim Warmlaufplausch untereinander auf die eigene Niederlage wetteten und schon mal den weiteren Tag planten.

Nach der beachtlichen Aufholjagd gegen den Abstiegskonkurrenten aus Leverkusen darf man dem Club heute die Drittklassigkeit endgültig absprechen. Da nützt es auch wenig, wenn eine Handvoll ratloser Spieler nach dem Schlusspfiff im Mittelkreis überlegt, was man falsch gemacht haben könnte. Solche Überlegungen sollten am Vorabend der Partie getätigt werden. Aber wenigstens stellten sich Rolle, Baumi, Ahlf und Mayer den wütenden Fans. Auch wenn sich beiderseits des Zauns mancher Magen umdrehte. Diddi Demuth war ebenfalls zu Eis erstarrt. Regungslos nahm er das Debakel zur Kenntnis. Wer Eins und Eins zusammenzählen kann, weiß was nun kommen wird. Und wohl wird uns dabei nicht sein, denn hier hat nicht nur der Trainer versagt. Die gesamte Geschäfts- und Vereinsführung sollte spätestens jetzt mit der kritischen Hinterfragung des eigenen Schaffens beginnen. Und die Winterpause ist schnell um.

Obwohl sich respektable handgezählte 280 Leute für das Schicksal des Chemnitzer FC erwärmen konnten und gerade in dieser schweren Zeit wirklich jeder gebraucht wird, ist es umso trauriger, dass man auf einen gewissen Teil in Zukunft gut und gerne verzichten kann. Ob Hools, Ultras oder Kutten - sie alle sehen den Sport als Basis. Das Spiel des eigenen Vereins ist der Mittelpunkt. Und sie ziehen ihre Lehren, lernen dazu und kriegen es gebacken, sich zu arrangieren, ohne den Spaß ganz einzubüßen. Doch diese Typen hier haben einfach zuviel Zeit. Das Verhalten dieser Leute im Block hatte in den seltensten Fällen etwas mit dem Spielgeschehen zu tun. Von Support gar nicht zu reden. Stattdessen nur Drecksnigger - und Juden-Berlin - Gegröhle. Geifernder Hass gegen alles, was sich bewegt. Ordner, Polizei, türkischer Balljunge, Wurstverkäuferin oder Hertha-Spieler. Der rotgesperrte Adamu stand im Gästeblock. Wie seine Motivation in der Rückrunde aussehen wird, bleibt angesichts des heutigen Geschehens wohl noch fraglicher. Und dem Spack mit den zwei Extremkanonenschlägen soll mal so ein Teil vor der Larve hochgehen. Es stellt sich die Frage, wie lange sich die Chemnitzer Fanszene das noch gefallen lassen wird. Hört man die Meinungen aus den verschiedenen Lagern, dürfte der kurze Prozess das Mindeste sein, was demnächst anstehen könnte.

Und noch mal verkehrte Welt. Dass angesichts derartiger Vorkommnisse die Polizei nicht weit ist, versteht sich. Dass ihr brutaler Faust-, Knüppel- und Pfeffereinsatz aber dennoch in höchstem Maß neben der Spur war, macht dann aber jede Logik zur Sau. Hatte man den anfänglichen Ungehorsam im Block noch mit schlichter Präsenz und Videoüberwachung relativ leicht in den Griff bekommen, begann man nun selbst zu stänkern. Während sich der Gästeblock langsam leerte, zog man plötzlich eine Kette auf, staute die Leute an und von hinten drückten die Kollegen, denen das nicht schnell genug ging. Und als sich ein schöner Menschenpropf gebildet hatte, prügelte und sprühte man lustig drauf los. Dabei hat es auch mehrere Mädels zum Teil recht schlimm getroffen und der Notarzt musste anrücken. Wären diese Bilder nicht gewesen, man hätte sich glatt der aus Flöha herüberwehenden Meinung anschließen können, der DFB versuche in letzter Zeit, die Gewalt in den Stadien durch schlechten Fußball einzudämmen. Man lässt einfach solange Scheiße spielen, bis die Leute weg bleiben. Aber durch den Polizeieinsatz weiß man, dass doch alles beim Alten ist und man die Niederlage selbst zu verantworten hat. Wäre zu schön gewesen.

Zusammengefasst war der 10. Dezember diesen Jahres in allen Belangen ein Griff ins Klo. Und ich weiß immer noch nicht so richtig, welcher Meinung aus dem Fanvolk ich mich anschließen soll. Vorstand raus? Demuth raus? Mannschaft raus? Müller raus? Titten raus? Richtig verschissen hat's auf jeden Fall der Weihnachtsmann.
Raus!


Wertung: 6

Beste Himmelblaue: Nein, nicht wirklich.

Pressestimmen

Morgenpost am Sonntag
'Demuth raus!' Tun Sie es endlich, Herr Kapp!

Freie Presse
CFC-Fans in Berlin: So spielt ein Absteiger [..] Desolate Leistung bei der 0:4 (0:1)-Niederlage gegen Hertha BSC II - Vorstand berät heute über Trainerfrage [..] Der CFC konnte seine Negativserie auch in Berlin nicht stoppen und verabschiedete sich mit einer klaren Niederlage in die Winterpause. Mehr noch als diese Tatsache war aber vor allem die Art und Weise bedenklich, wie sich die Sachsen in der Hauptstadt präsentierten.

MDR Online
Hertha-Bubis führen den CFC vor [..] Der Chemnitzer FC hat sich bei der Reserve von Hertha BSC wie ein Absteiger präsentiert. Die in allen Belangen unterlegenen Sachsen kassierten eine verdiente 0:4-Niederlage.

21. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Samstag, 10. Dezember 2005, 14:00 Uhr
Olympiapark-Amateurstadion, Berlin
Zuschauer: 566
Schiedsrichter: Willenborg (Friesoythe)
Hertha BSC Berlin II
T Stuhr-Ellegaard
A Lukimya-Mulongoti
A Bieler
A Müller
A Krecidlo
M Hube
M Hoeneß (63. Müller)
M Ebert (63. CovicGelbe Karte)
M Schmidt
S Salihovic
S Dejangah

Trainer: Heine
Chemnitzer FC
T Klömich
A Ahlf
A Göhlert
A Baumann
A BeckerGelbrote Karte
M GörkeGelbe Karte
M Berger
M Jazwinski (66. Homola)
M Wölfel (59. Salonen)
S Mayer
S Rolleder

Trainer: Demuth
Tore
1:0 Salihovic (45.)
2:0 Ebert (53.)
3:0 Hoeneß (54.)
4:0 Dejagah (77.)

Besondere Vorkommnisse:
Gelb-Rot für Becker (83.)