Spielbericht

6. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Rot-Weiß Oberhausen
Rot-Weiß Oberhausen
4:1
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Nur mit Galgenhumor zu ertragen - so spielt ein Absteiger!

von Frank Neubert

Als geneigter Fan des Chemnitzer FC registrierte man in den letzten beiden Spielen unter Neutrainer Josip Kuze eine wohltuende Verbesserung der müden himmelblauen Helden. Ausdruck dessen die Miniserie mit 4 Punkten in Folge (man wird bescheiden) und dem Eindruck von aufkommender taktischer und spielerischer Stärke. Neue Besen kehren scheinbar auch beim CFC ganz gut. Grund genug, in Oberhausen auch auf Punkte zu hoffen und sich dies alles Live und in Farbe anzusehen.

Nach 5 Stunden staufreier Fahrt, vorbei an namentlich wertvollen Autobahnabfahrten wie "Dortmund-Asseln" und "Bochum-Altenessen", wurde zur Zeitüberbrückung nochmal eingehend das Orakel 'Braustolzkasten' befragt, dann ging es ab in die Kanalkurve des Niederrheinstadions. 50 - 60 gutgelaunte himmelblaue Fans tummelten sich in der geräumigen Gästekurve. Programme gabs nur am einheimischen Fanshop, also musste man in voller Montur durch fremde Gefilden wandeln, auch mal was Neues.

Nach soviel Lustbarkeiten dann der erste Schock - Krupnikovic und Awdic verletzt und nicht einsatzfähig. Der Spielmacher und ein Stürmer, oje CFC. Also doch nur ein Punkt ?! Kuze ließ Dittgen vorn allein agieren und übertrug Kluge, Holetschek und Skela den Mittelfeldaufbau. Soweit, sogut. Die Ultras hatten 10m lange Bahnen aus hellblauen Plastesäcken geklebt, von denen 4 Stück zu Beginn über den Block gespannt wurden und dem Ganzen eine gute Stimmung verliehen.

Das Spiel begann und der CFC war sofort unter Druck. Und schon nach 5 Minuten war Schluss mit lustig - die Abwehr hatte sich wohl nur auf Angelo Vier konzentriert - auf Obad gab keiner Obacht (nomen est omen!), der durfte sich an Bittermann vorbeischlängeln und zum 1:0 einschiessen. Der Schock saß tief und irgendwie merkte man sofort, das heute kein guter Tag war. Der Club kam überhaupt nicht ins Spiel, kein erkennbares System und allgemeines Fehlpassfestival im Mittelfeld. Oberhausen nutzte dies resolut aus, Angriff über links, Vier zieht ab, Ananiew lenkt die Kugel an den Pfosten und Obad staubt zum 2:0 nach 20min ab. Tolle Wurst !! Ohne pessimistisch zu sein, aber so ziemlich allen Mitgereisten war klar, das war's dann wohl schon.

Und so fing man an, sich selbst zu feiern - eine der langen Bahnen wurde als Kopfschmuck für eine Polonaise benutzt, und so zog ein langer himmelblauer Lindwurm quer durch den Block. An der Bockwurstbude wurde Boxenstop gemacht, noch eine 'Uffta' intoniert und zurückgewandert, selbst das DSF fand die Sache interessanter als das Spiel und hielt die Kamera drauf. Da tauchte vor dem CFC-Block der Morgenpost-Reporter Konetzke auf und wurde mit breiten 'Freie-Presse'-Rufen begrüsst. Und dann war da noch der Berg von Ordner, welcher damit gestraft wurde, mehrere gleichzeitig abgefeuerte Papierrollen vom Spielfeld bergen zu dürfen. Unter anfeuernden 'Räum das weg - räum das weg' bewältigte er schließlich seine Pflicht. Wehmütig musste er mit anschauen, das die nächste Rolle schon in der Luft unterwegs war. Dazu der Singsang: 'Wir ham noch 100 Stück - wir ham noch 100 Stück'. Selbst die mit Kamera angerückte Polizei musste lachen, das Video von denen wird zur Revierweihnachtsfeier sicher gut ankommen.

Achso, ja, Fussball war auch noch - aber da ist fast jedes Wort zu schade, zumindest aus Chemnitzer Sicht. Wer die Gurkenspiele in Karlsruhe und daheim gegen Hannover gesehen hatte und sich sagte 'Schlimmer gehts nimmer', der wurde eines Besseren belehrt, der CFC packte noch eine Schippe drauf. Absolute Konfusion und Verunsicherung allerorten, keinerlei konstruktives Spiel, von Torchancen ganz zu schweigen. Die gegen Ulm noch gut stehende Abwehr ständig überfordert, das im Aufwind befindliche Mittelfeld mit Kluge, Köhler, Skela mit unendlichen Fehlpässen und Ballverlusten, und der Sturm - der fand gar nicht statt. Der Halbzeitpfiff erlöste die himmelblauen Statisten.

Kuze wechselte, Tetzner kam für Oswald - vertretbar, obwohl 11 Auswechslungen gerechter gewesen wären. Der CFC mit dem Versuch von etwas mehr Engagement, ohne aber echte Wirkung zu erzielen oder gar Druck aufzubauen. Kuze hatte angeblich die ganze Woche mit den Jungs Konter geübt - kaum zu glauben. Vielleicht als Alibi dessen dann doch ein Angriff über links, der Ball fällt vor der Oberhausener Abwehr an der Strafraumgrenze Invankovic vor die Füsse, der schiesst - 1:2 aus Chemnitzer Sicht. Doch noch Hoffnung auf einen Punkt ?! Nein, dazu war der CFC heute gegen einen auch nicht gerade übermächtigen Gegner viel zu schwach. Aus der Abwehr wurde der Ball ins Mittelfeld gebracht und dort nach 2 - 3 Stationen zumeist verloren. Falls Tetzner oder Ivankovic sich auf den Seiten doch einmal durchsetzten, wurde die Aktion regelmässig mit einer Flanke in die gegnerische Abwehr abgeschlossen. Sieben Minuten später die Entscheidung, Podunavac hält als letzter Mann Ciuca am Trikot - rote Karte. Der CFC ohne Libero. Kurz darauf Freistoss für RWO, Effetball über die Mauer, Glanzparade von Ananiew - der Nachschuss von Vier fasziniert die CFC-Abwehr - 3:1. Nur 5 Minuten später (70.min) der totale K.O. für die Chemnitzer - Angelo Vier durfte nochmal per Kopf - 4:1. Der Club nun desolat bis auf die Knochen, Einzelkritiken sinnlos, da erstens jeder Spieler einzeln versagte, und somit auch zweitens keine Mannschaft auf dem Platz war. Ein Armutszeugnis in dürftiger Regionalligaform - so spielt ein Absteiger !!!

Die Fans wanden sich mit Grausen ab und feierten wieder selber. Neben dem obligatorischen 'Und schon wieder keine Stimmung RWO' wurden jetzt Aufkleber 'I love Chemnitz' an den Wellenbrechern, dem Zaun und im Örtchen für nachfolgende Fanscharen gut sichtbar angebracht. Von der Tribüne neben dem Gästeblock kamen ab und zu ein paar Schmährufe gegen Chemnitz, was dazu führte, das 10min vor Schluss eine Abordnung Himmelblauer langsam und friedlich zum Besuch aufbrach. Daraus ergab sich dann ein lustiges Wettsingen mit den im Block Verbliebenen, die den Tribünenbesetzern in Heimmanier null Stimmung auf der Tribüne vorwarfen. Wenig später waren alle wieder vereint und hörten den erlösenden Schlusspfiff des Schieris. Nach der katastrophalen Leistung kamen Kujat, Kluge, Holetschek, Bittermann und Tetzner noch in die Kurve, um sich zu bedanken und zu entschuldigen (?) - lähmendes Entsetzen in den Spielergesichtern, traurige Augen. Man konnte gar nicht fragen oder meckern - den Jungs konnte man in ihrer Verfassung bloß noch aufmunternde Worte zurufen.

Tja, CFC, wohin gehst du ?? Die positve Tendenz des Trainerwechsels und des ersten Heimsieges wurde gnadenlos zerstört, und alleine am Fehlen von Krupnikovic und Awdic lag es nicht. Wahrscheinlich ist das Team eben doch bei schnellen Gegentreffern noch so anfällig, das ein kollektives Auseinanderbrechern nicht aufgefangen werden kann. Kuze sprach später von Schadensbegrenzung nach dem 4:1, vielleicht noch das Beste am heutigen Tag, denn seit dem Abstiegskampf 1996 sollten wir die Bedeutung des Torverhältnisses kennen ! Hoffen wir, das diese böse Klatsche eine Eintagsfliege am Kuze-Himmel war, und am Sonntag gegen Mainz am besten mit einem Sieg vergessen gemacht wird. Kuze muss die Mannschaft vor allem im psychologischen Bereich stärken. Ansonsten dürfen wir getrost schon mal nachschauen, wo Wehen und Aalen liegen...

Wertung: 5

Bester Himmelblauer: keiner

Pressestimmen

Kicker
[..] Der CFC blieb viel zu passiv, lediglich der junge Kluge sorgte mit einigen Aktionen für Gefahr in der Offensive.

6. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Sonntag, 24. September 2000, 15:00 Uhr
Niederrheinstadion, Oberhausen
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Schmidt (Stuttgart)
Rot-Weiß Oberhausen
T Adler
A Täuber
A Ciuca
A Quallo
M Lipinski
M Tchipev (61. Hayer)
M Luginger
M RatkowskiGelbe Karte (75. Langeneke)
M Judt (80. Madzar)
S Vier
S Obad

Trainer: Kleppinger
Chemnitzer FC
T Ananiev
A PodunavacRote Karte
A Bittermann
A Mehlhorn
A Oswald (46. Tetzner)
M Holetschek
M Köhler
M Kluge
M Ivankovic (83. Kujat)
S Dittgen (72. Izuagha)
S Skela

Trainer: Kuze
Tore
1:0 Obad (5.)
2:0 Obad (18.)
2:1 Ivankovic (56.)
3:1 Vier (66.)
4:1 Vier (67.)

Besondere Vorkommnisse:
Rote Karte für Podunavac (63.)