Spielbericht

18. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2001/2002
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:0
Fortuna Düsseldorf
Fortuna Düsseldorf

Mit Müh und Not dem Auswärtsschreck 3 Punkte abgerungen

von Frank Neubert

Jaja, die Düsseldorfer - Partnerstadt und Auswärtsschreck in Einem. Die Rheinstädter konnten vor dem Spiel immerhin auf eine Bilanz von nur 2 verlorenen Auswärtspartien verweisen. Na immerhin, denn zu Hause stellt man keine Macht dar - und dies durfte sogar der CFC auskosten, als man am ersten Spieltag 4:0 auswärts gewann. Erster Spieltag!? Ach ja, weil nächsten Sommer die WM (dank CFC-Ballack sind wir ja nun auch dabei *g*) stattfindet, gab es gegen die Düsseldorfer den Rückrundenstart in die RL gratis dazu.
Das Wetter war wie immer unfreundlich, ein Ärgernis, welches der momentan huldvoll gestimmte Fussballgott dem ollen Wettergott am Stammtisch langsam einmal unter die Nase reiben könnte. Trotzdem versammelten sich auf der Fischerwiese stolze 4700 schnee- und wetterfeste Besucher. Unter ihnen ca. 100 Fans im Gästeblock, von denen wiederum ca. 20 Mann aufgrund einer Fanfreundschaft aus den lilanen Bergen kamen.
Beim CFC hatte sich im Laufe der Woche noch ein bösartiger Grippevirus eingeschlichen, so daß die Stammkräfte Ratkowski und Meissner durch Hauptmann und Rolleder ersetzt werden mußten. Für den gelb-rot gesperrten Schmidt rückte Franke ins Team. Es stand also so ziemlich das letzte Aufgebot auf dem Platz, was Trainer Schulz überhaupt noch aufbieten konnte.

Der Mann in schwarz-gelb, Herr Czech aus Hennef, welches "nur" verdächtige 50km neben Düsseldorf liegt, pfiff die Partie pünktlich an. Er erwischte einen seiner schlechteren Tage, aber dazu später mehr. Beide Mannschaften versuchten von Beginn an, offensiv nach vorn zu spielen und das Spiel an sich zu reißen. Das erste Achtungszeichen kam von den Fortunen, bei denen sich Oldie Weidemann (37 Lenze!) während des gesamten Spiels als bester Akteur erweisen sollte. Schon in der 2.Minute trat er einen gefährlichen Freistoss in den CFC-Strafraum, bei dem zum Glück Kondev ungeschickt über den Ball säbelt. Aber auch auch auf der anderen Seite war Weidemann sofort im Mittelpunkt - einen Sturmlauf von Fröhlich kann der Routinier nur mit einem Foul bremsen, Freistoß für den CFC. Der Ball wird in den Strafraum getreten und viel zu kurz abgewehrt. Das Streitobjekt kullert zur Strafraumgrenze, wo Uhhhlf Mehlhorn lauert und seinen gefürchteten Linkshammer auspackt - rumms - und schon schlägt die Kugel zum 1:0 für die Himmelblauen im Tor der Fortuna ein! Ein Wahnsinnsauftakt, wunderschöne Erinnerungen an das 4:0 im Hinspiel wurden wach!
Im Glücksgefühl der frühen Führung versuchte der CFC natürlich sofort, scharf nachzuwaschen. Nach 10 Minuten lag auf einmal Krieg quer in der Düsseldorfer Strafraumluft, nicht unbedingt torgefährlich, aber der artistische Touch eines abgefärbten Harry-Potter-Zaubers war nicht zu verkennen ;-). Aber der CFC konnte auch gefährlich sein, in der Folgezeit ergaben sich 2 gute Chancen für Youngster Rolleder, der verständlicherweise noch lernen muß, beim Torschuß auch die entsprechende Routine zu entwickeln.
Aber auch die Gäste aus der Chemnitzer Partnerstadt bewiesen, das sie richtig guten Fussball spielen konnten. Weidemann spielte sich mit drei (!) Doppelpässen bis in den himmelblauen Strafraum durch, wo er nach 2-3 weiteren Schritten den Ball am langen Pfosten vorbeischoß. Insgesamt bot die erste Halbzeit ein kurzweiliges Spiel, wo beiden Seiten ein gesunder Zug zum Tor attestiert werden konnte. Es war kein hochklassiges Spiel, Kampf und Spannung überwogen allemal, aber es war trotzdem kurzweilig anzusehen. Einzig Schieri Czech gab eine schlechte Figur ab, da er wirklich, aber auch wirklich jeden Faller der Düsseldorfer mit einem Freistoß ahndete. Wahrscheinlich hatte ihm einer das Märchen vom achso blutrünstigen CFC-Hauptmannn erzählt, der den armen Weidemann im Hinspiel angeblich hat über die Klinge springen lassen. Das Treiben des Unparteiischen lief zum Zorn der Einheimischen ausnahmslos unter "Artenschutz für Düsseldorfer". Kurz vor der Pause ließ Mehlhorn noch einen zweiten Linksknaller steigen, bei welchen dem Keeper besser auf der Hut war. Dann ging es zum Pausentee und die Fischerwiese zollte den himmelblauen Kämpfern huldvollen Beifall.

Die zweite Halbzeit begann mit guten Chancen für den CFC zur Resultatserhöhung. Göhlert fängt einen Angriff der Fortunen ab und schlägt den Ball kurz vor Weidemann brachial nach vorn - auf einmal steht Krieg fast allein vor dem Gästetor, doch dem Routinier gelingt nur ein halbes Schüßchen. Schade, daß hätte das 2:0 sein können. Nur kurze Zeit später spielt Rolleder aus dem Mittelfeld den völlig freien Walther an, der sofort losstiefelt und von links in den Strafraum eindringt. Anstatt aber selbst zu schießen, will Super-Ingo alles perfekt machen und schiebt die Kugel noch einmal auf Krieg, leider zu straff, so daß der Ex-EC-Held zu weit abgetrieben wird.
Wer derart sündigt, braucht sich normalerweise über die gerechte Strafe nicht zu wundern. Und diese kam prompt in der 63. Minute - halbrechts Freistoß für Düsseldorf, und das Leder segelt über Freund und Feind und Hieman (!?) hinweg ins himmelblaue Tor. Klatsch, da war das 1:1!! Oder doch nicht?? Oh Mann, der gute Onkel an der Linie hatte gewunken und der Schieri hatte es sogar gesehen. Entscheidung: Kein Tor, weil aus Sicht des Linienrichters der Fortune Zedi den Ball während seines Fluges mit der Hand berührt haben soll. Die Hand Gottes in Karl-Marx-Stadt!? Wir hüllen lieber den Mantel des Schweigens über die endgültige Aufklärung und konstatieren still eine Art ausgleichende Gerechtigkeit für die permanente Freistoßpfeiferei.
Die Fans sangen sich jetzt mit Anti-Aue-Liedgut warm, welches aufgrund lilaner Gestalten im Gästeblock aus der Reserve gekramt wurde. Aber auch die Düsseldorfer bekamen ihr Fett mit "Absteiger-Absteiger" und "Ohne Leipzig wärt ihr gar nicht hier" weg. Der Zaun im Block 3 freute sich über weibliche Bekanntschaft in Form des Plakates der "Ultra-Girlz", und der einfache Zuschauer genoß den Augenblick, auch in der zweiten Halbzeit noch warmen Glühwein in Empfang nehmen zu dürfen.
Auf dem Rasen nahm immer mehr die Fortuna das Heft in die Hand und der CFC verließ sich auf sein Konter-(Un)-Geschick. Zwingende Chancen wurden jetzt kaum noch herausgespielt, Gevatter Zufall gewann immer mehr die Oberhand. Bei Düsseldorf setzen immer noch Weidemann und Kondev die Akzente. Dann doch mal wieder ein himmelblauer Konter, Franke paßt sauber auf Rolleder, und doch pfeift der Schieri Abseits. Bei dieser Fehlentscheidung tobte neben Trainer Schulz und dem Doc sogar der äußerst gesetzte Ananiew an der Seitenlinie herum, ein Beleg für den gepfiffenen Irrsinn.
Der CFC versackte in den letzten 10 Minuten immer mehr und rettete sich von Minute zu Minute über die Zeit. Dann geschah etwas nahezu Unfassbares - der als Meckerbereich verrufene Block 3 raffte sich auf, das Team mit "Chemnitz-Chemnitz"-Rufen zu unterstützen, und das ganze Stadion stimmte mit ein. Ein wahrhaft historisches Ereignis. Trainer Schulz nahm 5 Minuten vor Schluß den völlig ausgepumpten Rolleder vom Platz und ließ den grippekranken Meissner noch ein paar Düsseldorfer anstecken ;-).
Dann kam die 90. Minute und wie schon gegen Lübeck bekamen die himmelblauen Fans mit einem Hieb 50 graue Haare mehr. Vucic bediente mit einem langen steilen Paß über 40m den startenden Kondev, zwei CFC-Abwehrspieler grätschen vorbei und plötzlich steht der Fortune mutter- und vaterseelenallein vor Hiemann. Die Hand schon vor dem Gesicht, sah der geneigte CFC-Fan zwischen den Fingern hindurch, wie die Kugel unbegreiflicherweise ans Außennetz klatschte. Puh, das war nicht nur Schwein, das war schon Meersau ;o)...
Nach 92 Minuten pfiff der Schieri ab und der Jubel auf dem Rasen und auf den Rängen nahm seinen Lauf. Der Mannschaft merkte man dabei unbedingt an, daß sie sich wirklich sehr freute, ein Kreis wurde gebildet und hüpfenderweise ein kleiner Siegestanz aufgeführt. Es stimmt in der Truppe, und das kann alle Himmelblauen nur grenzenlos optimistisch stimmen.

Fazit: Der CFC hat das dritte Heimspiel in Folge mit 1:0 gewonnen. Knapper geht es nicht mehr. Andererseits kann man keineswegs von unverdienten Siegen sprechen. Es scheint sich die neue himmelblaue Qualität herauszukristallisieren, daß man einen knappen Vorsprung auch einmal "halten" kann. Voriges Jahr wäre dies völlig undenkbar gewesen. Natürlich haben die Jungs dabei auch Glück gehabt, aber hat man dieses scheinbare Glück nicht immer, wenn man in der Tabelle weit vorn steht!? Aus dieser nach wie vor anhaltenden Symbiose zwischen Können, Tüchtigkeit und Glück entwickelt sich immer mehr auch das Selbstvertrauen, welches Rückschläge wie Uerdingen sofort vergessen macht. Sollte der CFC aus den noch ausstehenden zwei Partien tatsächlich als Sieger hervorgehen, darf in der Winterpause über ein präzisiertes Saisonziel fleissig und berechtigt diskutiert werden.

Wertung: 3,5

Beste Himmelblaue: Göhlert, Bittermann

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Pressestimmen

Freie Presse
CFC verdient sich das Glück des Tüchtigen - Da wäre die enorme Kampfkraft zu nennen, die auch unter einigen Umstellungen nicht litt. [..] besonders Rolleder, aber auch Rainer Krieg (47.) und Ingo Walther (65.) sündigten bei Kontern sträflich, bestraft wurden sie dafür nicht.

Freie Presse - Lokalsport
Chemnitz: Nervenkostüm erneut arg strapaziert - Die Zahl der grauhaarigen CFC-Anhänger wird in dieser Saison steigen, wenn das so weitergeht. [..]

Neue Ruhr Zeitung
Cupr: Um ein klares Tor betrogen - Wobei die Düsseldorfer [..] das Spiel in Chemnitz sogar hätten gewinnen können. Aber auch 0:4 verlieren.

Kicker-Online
Mehlhorn mit goldenem Tor - [..] CFC-Trainer Schulz musste umbauen: Neben dem gesperrten Schmidt fielen auch Ratkowski und Podszus aus, Meissner (Magen-Darm-Grippe) saß nur auf der Bank. Dennoch besaßen die Gastgeber nach Mehlhorns Tor weitere gute Möglichkeiten. Die Düsseldorfer, im Mittelfeld sehr kompakt, versteckten sich nicht und wurden nach dem Wechsel stärker. Zwei Mal konnten sie die ansonsten starke Defensiv-Abteilung des CFC überlisten. Das erste Mal lag der Ball im Netz, doch das Tor wurde wegen Handspiels nicht gegeben. Kurz vor Ultimo vergab Kondev die Chance zum Ausgleich.

18. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2001/2002
Samstag, 24. November 2001, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 4.685
Schiedsrichter: Czech (Hennef)
Chemnitzer FC
T Hiemann
A Göhlert
A Franke
A Bittermann
A MehlhornGelbe Karte
M Walther
M Hauptmann
M TchipevGelbe Karte
M Fröhlich
S RollederGelbe Karte (87. Meissner)
S Krieg

Trainer: Schulz
Fortuna Düsseldorf
T Prostka
A JörresGelbe Karte
A Sesterhenn
A ZediGelbe Karte
M Michels
M Breda
M Mollenhauer (46. Dzafic)
M Weidemann
M VucicGelbe Karte
M Hopp (46. Cupr)
S Kondev

Trainer: Kamp
Tore
1:0 Mehlhorn (6.)