Erinnerungen werden wach...
von Timo Görner
...denn vor 19 Jahren trat der CFC auch zum Saisonultimo in einem "Endspiel" um die Meisterschaft der letzten DDR-Oberliga gegen den 1. FC Magdeburg an. Das 1:0 brachte uns zwar leider nicht die Meisterschaft, mit Rang 2 aber die beste Platzierung seit 1967. Diesmal geht es nicht um einen Titel, für beide Mannschaften, aber um den ordentlichen Abschluss einer Spielzeit unter den Erwartungen.
Die aktuelle Saison des Gegners bislang
Klares Ziel des FCM war nach dem knappen Abstieg aus Liga 3 der sofortige Wiederaufstieg. Dass der einstige Europapokalsieger dieses Ziel so relativ deutlich an Plätzen und Punkten verpasste, war so nicht zu erwarten.
Ausschlaggebend für das enttäuschende Abschneiden waren die beiden Schwächephasen jeweils zu Beginn der Herbst- und Frühjahrsrunde. In den ersten 4 Spielen kassierten die Elbestädter 3 Niederlagen, alle gegen die späteren direkten Konkurrenten aus Kiel (0:1/H), Halle (1:2/H) und Babelsberg (0:2/A). Doch bis zur Winterpause wurde der Rückstand fast egalisiert. Nach Spieltag 18 war Magdeburg an der Tabellenspitze dran und verfehlte den Herbstmeistertitel nur um 1 Zähler gegenüber Kiel. Die Heimstärke beeindruckte bei 22 geholten von 30 möglichen Punkten. Nach den beiden Pleiten gegen Kiel und Halle blieb der FCM ohne Niederlage. Lübeck (3:0) und Chemnitz (4:1) wurden klar geschlagen. Optimismus war zu vermerken, die Korrektur des "Betriebsunfalls" war weiterhin möglich.
Der Start ins Jahr 2009 aber misslang. Die ersten 3 Begegnungen brachten keine Siege und wieder keine Dreier gegen die anderen Mannschaften an der Spitze. Solide war der Auftritt in Kiel (1:1), gegen Babelsberg wurde ein Sieg verschenkt (1:1). Das Rückspiel in Halle (0:1) ging gar verloren. Der Rückstand auf die Holsteiner wuchs auf 6 Zähler an und Rang 2 musste an Halle abgegeben werden. Die Erfolglosigkeit sollte sich fortsetzen. Zunächst gelang der erste Sieg der Frühjahrsrunde (HSV II 2:1), dann aber enttäuschte der FCM in den Partien bei Hertha BSC II (0:1) und beim Heimdebakel gegen Wolfsburg II (0:3). Zu diesem Zeitpunkt war der Staffelsieg bei 10 Punkten Rückstand und Platz 4 kaum noch ein Thema. Es war das Ende der Amtszeit von Paul Linz, der durch Steffen Baumgart ersetzt wurde. Die Bilanz seit dem Trainerwechsel ist ordentlich, mehr aber auch nicht. Auswärts blieb Magdeburg verwundbar, kassierte neben dem 4:3 in Plauen und dem 2:0 in Cottbus 3 weitere Pleiten bei Teams, die nicht unbedingt zur "Creme de la Creme" der Staffel gehören (Lübeck/0:1, Rostock /2:4, Türkiyemspor/0:2). Zu Hause versöhnten die Blau-Weißen die Fans gegen Altona (4:1), blamierte sich aber auch gegen Pleiteklub FC Sachsen (0:0) und machte im letzten Heimspiel gegen Oberneuland keine 24 Stunden nach dem Spiel gegen den FC Bayern aus einem 0:3 noch ein 3:3.
Der FCM stellt punktgleich mit Babelsberg die zweitbeste platzbauende Gemeinschaft. Auswärts (6.) ist man mit 7 Siegen und 6 Niederlagen knapp im "grünen Bereich". 49:35 Tore sind gut, aber eben keine Spitzenklasse. Rang 2 wurde 5x erobert, der "Platz an der Sonne" dagegen kein einziges Mal.
Die Saison rettete Magdeburg im Pokal mit dem Finalsieg gegen den HFC (1:0).
Delegierungen seit dem Hinspiel
Für das Mittelfeld kamen in der Winterpause Maik Georgi (21) aus Aue und Daniel Bauer (26) vom finnischen Erstligisten PS Rovaniemi. Bauers Stationen vor dem FCM waren Eintracht Trier und Union Berlin. In Trier spielte er 26x in Liga 2, bei Union 10x in der ehemaligen Regionalliga Nord.
Gewinner der Saison bislang
René Gewelke (19/Abwehr) schaffte den Sprung aus der A-Jugend in die Regionalligamannschaft. Maximilian Watzka (23/Mittelfeld) wurde nach dem Reservistendasein in Offenbach beim FCM wenigstens wieder Stammspieler. Für seine Entwicklung dürfte der „Rückschritt“ in Liga 4 aber richtig gewesen sein.
Der Trainer
Steffen Baumgart (37) wurde am 01.04.2009 und zunächst bis zum Saisonende zum Nachfolger des entlassenen Paul Linz berufen. Vor wenigen Tagen erhielt er aber einen Vertrag bis zum Ende der kommenden Spielzeit. Baumgarts Laufbahn ist bemerkenswert: Er kann auf insgesamt 225 (29 Tore) Spiele in der 1. Bundesliga für Rostock, Wolfsburg und Cottbus sowie 142 (36 Tore) Einsätze in der 2. Bundesliga für Union Berlin und wiederum Cottbus verweisen. Baumgarts letzte Station als Spieler war Oberligist Germania Schöneiche bis Ende März 2009 nachdem er in der Rückrunde 2007/2008 noch mal 13 Spiele für den FCM bestritten hatte. Mit Co-Trainer Frank Windelband (48) und Torwart-Trainer Uli Schulze wird Steffen Baumgart von 2 ehemaligen FCM-Akteuren unterstützt.
Die Mannschaft
Christian Beer (28) konnte seinen Platz im Tor auch in dieser Saison behaupten. Die aktuelle Nr. 2, Matthias Tischer (23) stand bislang 2x im Kasten. In der Abwehr etablierten sich Silvio Bankert (23), Marcel Probst (26), René Gewelke (19) und Routinier Daniel Rosin (29). Verletzungsbedingt kam mit dem Schweden Mats Anders Wejsfelt (28) ein potenzieller Aktivposten nicht so zum Zug wie erwartet.
Eine gute Saison spielen im Mittelfeld der Rumäne Catalin Racanel (32) und der ehemalige Leipziger Maximilian Watzka (23). Racanel zeichnet für 10 Treffer (4 Tore, 6 Vorlagen) verantwortlich. Noch besser schneidet Watzka mit einer "6+8-Kombination“ ab." Stephan Neumann (28) und der albanische Ex-Nationalspieler Mehmet Dragusha (31) konnte sich zumindest zeitweise in die Anfangsformationen bringen. Erwähnenswert ist noch, dass mit Martin Zander (22) ein Akteur aus dem eigenen Nachwuchsbereich in den letzten Spielen für die Startelf berufen wurde und Neuverpflichtung Daniel Bauer (26) derzeit gesetzt ist.
Prunkstück des Magdeburger Kollektivs ist sicherlich der Angriff mit zwei der herausragenden Stürmer der Staffel. Radovan Vujanovic (27) glänzt mit beeindruckende 19 Tore und 6 Vorlagen. Der Tunesier Najeh Braham (32) überwand 10x den gegnerischen Keeper. Christian Reimann (29) kommt derzeit nicht an beiden vorbei; seine Bilanz: 11x Startelf, 16x Reservist, 2 Tore.
Fraglich bleibt, wie der 1. FC Magdeburg in der kommenden Saison aussehen wird. Vujanovic (noch mit Vertrag bis Juli 2010) und Watzka dürften massiv Werbung für sich betrieben haben und zumindest bei mehreren Drittligisten auf dem Wunschzettel stehen. Braham war zeitweise unzufrieden und könnte auch ein Wechselkandidat sein. Nicht auszuschließen sind finanzielle Einschnitte. Offiziell ist davon allerdings noch keine Rede.
Die Einkaufsbilanz
...ist alles in allem recht zufriedenstellend. Von den 14 Neuen konnten sich 8 über große Strecken dieser Saison bzw. komplett als Stammspieler einbringen. Vujanovic ist ein Volltreffer, Racanal und Watzka sind Verstärkungen. Positiv überrascht haben Silvio Bankert (23/Cottbus II) und René Gewelke (19) aus der eigenen U19.
Das Umfeld
Die Stimmung in dieser Saison folgte den Höhe- und Tiefpunkten. Der Pokalsieg am letzten Mittwoch gegen den HFC war Balsam auf die Wunden der Fans nach einer ernüchternden Saison mit einem weiteren Jahr 4. Liga. Mit 8.600 Besuchern im Schnitt hat Magdeburg nach wie vor einen fast schon zweitligareifen Zuspruch. Allerdings beweisen die deutlich unter Schnitt liegenden Zuschauerzahlen in den Heimspielen gegen Wilhelmshaven (5.500) und Altona (4.500) ein gewisses Maß an Unzufriedenheit und Kritik in der Anhängerschaft. Die bemerkenswerten 8.600 gegen den FC Oberneuland im letzten Heimspiel dieser Saison gründen sich wohl zum Teil auf ein "Kombiticket" gebündelt mit dem Freundschaftsspiel des FC Bayern am Tag davor. Statt einer blau-weißen Invasion im Falle eines noch möglichen Aufstieges ist nun mit nicht mehr als ca. 400 bis 500 Magdeburgern auf der Fischerwiese zu rechnen. Das ist ärgerlich für beide Vereine, denn auch dem CFC hätten Zuschauermassen aus dem Umfeld des Traditionsvereins von der Elbe gut getan.
Nach der offensichtlichen Aussichtslosigkeit im Aufstiegskampf ging Vereinspräsident Volker Rehbold auf Konfrontationskurs mit den Spielern und regte finanzielle Einschnitte bei den Personalkosten an. In die aktuelle Saison ging der FCM mit einem Etat von rund 3,5 Mio. EUR und war damit Spitzenreiter der Nordstaffel. Der Wert wird vermutlich auch in der kommenden Spielzeit gehalten werden. Knackpunkt in der Vermarktung des Traditionsvereins ist und bleibt das Stadion, welches nach wie vor keinen Namensgeber mit entsprechender Vergütung hat. Mitte Februar 2009 wurden zudem massive finanzielle Probleme der Betreibergesellschaft bekannt, auch darin begründet, dass es nicht gelang die Arena für andere Veranstaltungen zu vermarkten. Das wäre nicht derart problematisch, wenn der FCM höherklassig spielen würde. Wie in Dresden bürgt auch weiter elbabwärts die Stadt für entsprechende Ereignisse, in diesem Fall 15 Mio. EUR. Doch die Stadt will beim Tragen entsprechender Risiken auch maßgeblich mitbestimmen und übernimmt so zum 01.07.2009 die Betreibung. Der Druck in der neuen Saison wird nicht geringer werden, auf Dauer bzw. 2-3 weitere Jahre wird sich der Europapokalsieger in der Regionalliga mit diesem Niveau nicht halten können.
