Weiter, Weiter, Weiter! Kiel-Dreier gegen Krisenclub veredeln!
von Timo Görner
Es gilt den enorm wichtigen Sieg in Kiel zu vergolden. Im Gegensatz zu den letzten 2 Jahren ist diesmal der CFC der Favorit gegen den im Sinkflug befindlichen 1. FC Magdeburg.
Die aktuelle Saison unseres Gegners
Nach 2 Jahren als Mitfavorit musste der "ehemalige FC Bayern der Regionalliga Nord“ die Ansprüche zurückschrauben. Mit 19 Zu- und 18 Abgängen wurde die Mannschaft fast vollkommen neu zusammengestellt, ohne die Qualität der Neuen wie in den letzten 2 Jahren. Nach Spieltag 4 schien das Konzept aber zunächst gut zu passen: 3 Siegen + 1 Remis = Tabellenführung. Der FCM wilderte in Norddeutschland, siegte in Lübeck (2:0) und Wilhelmshaven (3:0). Zu Hause tat man sich wiederum gegen norddeutsche Gemeinschaften (HSV II 1:1/Oberneuland 1:0) schwerer. 10 Zähler waren ein guter Start. So reiste man als Spitzenreiter zur ersten Prüfung nach Leipzig (1:2). Es war der Beginn der Talfahrt mit 4 Niederlagen und dem Absturz von Rang 1 auf Platz 13. Mau waren besonders die Auftritte in Plauen (1:3) und Cottbus (0:2). Die restliche Herbstrunde verlief eher trostlos, abgesehen vom überraschenden Derby-Sieg beim HFC (2:0) in Leipzig. Die eigene Magdeburger Arena hatte ihren Schrecken für Gäste verloren. Historische Dimensionen nahm das 1:6 gegen den CFC an, die höchste Heimniederlage in einem FCM Pflichtspiel. Blamabel war ebenfalls das 1:1 gegen Schlusslicht Türkiyemspor. Der Fast-Zweitligist von 2007 war im Abstiegskampf der 4. Liga angekommen und residiert bis heute dort.
Mager ging es ins Jahr 2011. In den ersten 3 Begegnungen gab es keinen Sieg und einen Fehlstart beim HSV II (0:2). Doch es schlossen sich ein deutlicher Lichtblick mit. Achtungszeichen beim Heimsieg gegen Leipzig (2:1) und im Gastspiel in Wolfsburg (0:0) an. Die Trendwende dachte man und der Optimismus im Umfeld war wiedergeboren. Doch relativ schnell verzog der sich auch wieder. Gegen Lübeck und Plauen (je 0:2) kassierte man Schlappe 5 und 6 auf eigenem Rasen. Das war das Aus für Ruud Kaiser. Bei Hertha II unter dem neuen Coach Wolfgang Sandhowe ging es weiter abwärts (0:2). Auch der erneute Lichtblick in Kiel (1:0), erhellte nicht. Am vergangenen Wochenende triumphierte Erzfeind Halle in Magdeburg verdient mit 3:1. Die Lage ist weiter brenzlig, der Tabellennachbar nach oben, Wilhelmshaven liegt 6 Punkte vorn – Havelse und Braunschweig II (1 Spiel mehr) als direkte Konkurrenten nur 3 zurück.
Die Heimschwäche erschreckt. Nur Oberneuland und Türkiyemspor sind schlechter. Eingedenk Halle wurde 7x verloren, nur 3 Spiele siegreich gestaltet - 13:23 Tore verbucht. Auswärts sieht es etwas besser aus, aber auch hier steht man bei 4-4-6 in den "roten Zahlen". Auf Reisen präsentiert man sich 2011 bislang gar nicht mal so schlecht, von 5 Begegnungen wurde nur 1 verloren. Dazu in Wolfsburg und Kiel ordentliche Ergebnisse erreicht, welche den FCM derzeit über dem Strich halten. Zudem sprechen 14:16 Tore für eine stabile Defensive. Insgesamt bedeuten 27 erzielte Tore Abstiegskampf, 39 Gegentore hingegen solides Mittelfeld.
Im Landespokal ist man nicht mehr dabei, beim HFC wurde n. V. mit 0:1 im Viertelfinale verloren.
Delegierungen seit dem Hinspiel
3 Akteure wurden in der Winterpause verpflichtet. Für die Abwehr und das defensive Mittelfeld kam Kosta Rodrigues (31) vom Drittligaabsteiger Wuppertal, zuvor von 2003 bis 2009 bei Eintracht Braunschweig in Liga 2 und 3 am Ball. Im Angriff kehrte Daniel Ujazdowski (19) nach nur einem halben Jahr aus Cottbus zurück. Bei Dynamo Dresden nach Querelen ausgemustert, heuerte mit Shergo Biran (32) ein weiterer erfahrener Spieler an. Vor den Dresdnern kickte Biran in Babelsberg und bei Union Berlin, hatte bei den "Eisernen" mit 11 Toren 2008/2009 maßgeblichem Anteil am Zweitligaaufstieg. Rodrigues und Biran wurden nicht zuletzt aufgrund ihrer Erfahrung geholt.
Der Trainer
Wolfgang Sandhowe (57) wurde einen Tag nach der Entlassung von Ruud Kaiser am 18.03.2011 als Trainer präsentiert. Bis dahin Coach der U23 de FCM in der Oberliga Nordost Süd kam er damit vom "Regen in die Traufe" - sprich wieder Abstiegskampf. Er hat in seiner Trainerlaufbahn bereits viele Stationen absolviert, 1986 begann es als Trainer des VfL Bochum II. Neben Co-Trainer Engagements bei Galatasary Istanbul und in Nürnberg hatte er u. a. bei Babelsberg 03, Eintracht Braunschweig, Rot-Weiß Ahlen das Sagen. Juli 2010 der Wechsel vom 1. FC Lok Stendal zur U23 des FCM.
Die Mannschaft
Matthias Tischer (25) ist weiter die klare Nr. 1 im Tor, stand zuletzt 64x um Punkte ohne Unterbrechung im Kasten. In der Abwehr etablierte sich unser Ex-Kapitän Tobias Becker (24). Dazu kommen Daniel Halke (24), Stephan Neumann (29) sowie Sebastian Sumelka (22). Sumelka wurde aber von Sandhowe in die II „verbannt“, Philip Saalbach (22) rückte zuletzt in die Anfangsformationen. Christof Köhne (22) wurde aus der II. zuletzt auch für die Stammelf berufen. "Becks" agiert zuweilen wie beim CFC auch im defensiven Mittelfeld. Eine Erwähnung r verdient zudem Tobias Friebertshäuser (23), der nach "Rot" im Halle-Spiel gesperrt ist. Neben den "Pendlern" "Becks" und Neuzugang Kosta Rodrigues spielt der Holländer Marvin Wijks (26) eine Rolle. Insgesamt ist das Mittelfeld eine "Baustelle" ohne ganz feste Strukturen. Es verdient aufgelistet zu werden, haben Manuel Stiefel (26), Moritz Instenberg (21), "Joker" Maik Georgi (24) – 13x eingewechselt. Tobias Scharlau (23) wurde in den letzten Wochen aufgeboten. Kapitän Daniel Bauer (28) fiel wochenlang lädiert aus, könnte am Samstag wieder auflaufen. Der Substanzverlust durch die Abgänge wird im Angriff deutlich sichtbar. Fuchs und Vujanovic erzielten 2009/2010 zusammen 31 Tore. Denis Wolf (27/6) und Marko Verkic (21/4) mit 10 können da nicht mithalten. Der große Hoffnungsträger Shergo Biran (32) fiel bislang eher durch Undiszipliniertheiten auf. Beim Pokalspiel in Halle flog er 5 Minuten nach seiner Einwechslung wegen Tätlichkeit vom Platz. Beim Punktspiel am Samstag hätte er nach dem Einsteigen gegen seinen Gegenspieler in Halbzeit 1 eigentlich auch "Rot" sehen müssen. Eine Verstärkung ist er bislang nicht. Rückkehrer Daniel Ujazdowski (19) bleibt Ergänzungskader. Trotz aller deutlichen Probleme und Defizite, die am Samstag gegen Halle deutlich wurden, sollte wenigstens der Klassenerhalt zu schaffen sein.
Gewinner der Saison
Christof Köhne (22) als interner Neuzugang aus der U23 schaffte ab Mitte der Hinrunde den Sprung in den Stammkader.
Die Einkaufsbilanz
Der Umbruch ist enorm, 19 wurden geholt. 10 konnten sich fast durchgängig oder über weite Strecken der Saison als Stammspieler durchsetzen, u. a. "Becks". Klingt nicht schlecht, wird aber relativiert im Angriff. Hier konnten die Abgänge von Fuchs und Vujanovic nicht kompensiert werden. Eddy Vorm (21) war mit 1 Tor ein "Flop", hat den FCM auch wieder verlassen. Ujazdowski war dies nicht zuzutrauen. Eren Sen (26) als Offensiv-Allrounder war dies eher angedacht, konnte dies aber nicht bestätigen und ist auch schon wieder weg. Positiv überrascht hat sicherlich Köhne. Generell müssen die Verantwortlichen konstatieren, dass der Substanzverlust durch die zahlreichen Abgänge guter Spieler wie Fuchs, Vujanovic, Watzka, Rosin, Bankert, Racanel, Tüting nur teilweise aufgefangen werden konnte. Dass Qualität abgegeben wurde, zeigt sich daran, welch gute Rolle diese Akteure bei den neuen Vereinen spielen. Bankert, Tüting beim CFC, Fuchs in Hannover, Vujanovic in Rostock, Rosin in Leipzig. Kein Vorwurf an die Macher, die Aufgabe des Neuaufbaus war mit limitierten Mitteln zu schwierig. Fraglich bleibt aber ob die Trainerwahl mit Ruud Kaiser dafür nicht eben glücklich war. Kaiser holte viel Masse, aber zuwenig Klasse.
Prognose
Wolfgang Sandhowe ist felsenfest überzeugt, dass man nicht absteigt. Mitentscheidend werden die beiden Heimspiele gegen Havelse und Braunschweig sein. Hier müssen 6 Punkte her, auch beim Türkiyemspor Gastspiel muss gewonnen werden. Schafft man dieses, sollte man drin bleiben, wenn nicht wird es ganz eng. Dagegen spricht allerdings der Fakt, dass der FCM in solch entscheidenden Spielzeiten bislang immer versagt hat. Dennoch tippe ich mal auf den Klassenverbleib.
Das Umfeld
Quo Vadis, FCM? Der Traditionsverein mit seinem nach wie vor zahlenmäßig starken und treuem Anhang steht knapp 4 Jahre nach dem Fast-Aufstieg in die 2. Bundesliga am Abgrund. Nicht auszudenken, welche Folgen der Abstieg in die Oberliga hätte. Wirtschaftlich steht man zumindest nach außen einigermaßen stabil da, sportlich vor einem Scherbenhaufen. Mitte November 2010 trat der viel gescholtene Präsident Volker Rehboldt mit seinem Vorstand nicht unerwartet zurück. Der sportliche Niedergang der letzten 3 Jahre wurde maßgeblich ihm angelastet. Mit Heyne, Linz, Baumgart und Kaiser wurden 4 Trainer verschlissen. Finanziell konnte er einen geordneten 1. FCM übergeben, dies wird auch von seinen Kritikern anerkannt. Ende Februar 2011 konnte Rehbodt seine kommissarische Tätigkeit dann auch beenden. Mit Peter Fechner (56) - Geschäftsführer der Stadion-Baukonzessionsgesellschaft, der Weißen Flotte Magdeburg und des Flughafens – übernahm eine bekannte lokale Größe das schwierige Amt. Er und sein Team konnten dann Ende März, zumindest was die Lizenz für 2011/2012 anbetrifft, Entwarnung geben. Die sollte kein Problem sein, man plant mit 2,5 Mio. EUR. Kalkuliert wird mit 4.500 Zuschauern.
Bislang begeisterten sich 4.695 im Schnitt. Vor 2 Jahren waren es noch 8.500, in der Vorsaison 5.500. Zum Derby gegen Halle gab es noch mal einen "Zahltag" mit bemerkenswerten 9.500 Besuchern. Den CFC wollten 7.000 erleben. Nur noch etwas mehr als 3.000 zuletzt gegen Plauen und Cottbus II sprechen für die deutliche Unzufriedenheit im Umfeld. Den Tiefpunkt der Begeisterung gab es mit 2.900 gegen Türkiyemspor. Viel mehr kann man auch in Magdeburg bei Abstiegskampf in Liga 4 nicht erwarten. Die 3. Liga jedenfalls scheint derzeit in ganz weiter Ferne zu sein, speziell wenn die unsinnige Regionalliga-Reform greifen wird.
