Das CFC-Pressearchiv


Die Welt vom 16.02.2001

Zweitligist Chemnitzer FC bleiben wohl nur die schönen Erinnerungen

Ein weiterer Ost-Klub gibt sich auf

Berlin -Die Hoffnung war schon vor dem Spiel in Saarbrücken auf ein Minimum geschwunden, danach war sie mit bloßem Auge erst recht nicht mehr zu erkennen. Rechnerische Chancen mögen noch bestehen, doch nach dem 1:4 am Mittwoch plant der Chemnitzer FC nicht mehr mit der zweiten Fußball-Bundesliga. Und so kickt der Verein, der im Herbst 1989 bei Juventus Turin um den Einzug ins Viertelfinale des Uefa-Pokals kickte, nächstes Jahr wieder gegen die Gegner aus der alten DDR-Oberliga.

Peinlich, dass dies schon Mitte Februar unabwendbar erscheint. Seit dem 9. Spieltag sieglos, findet sich der Klub mit zehn Punkten Rückstand ans rettende Ufer auf dem 18. Platz wieder. "Machen wir uns nichts vor, wir haben nur noch theoretische Chancen, die Klasse zu halten", sagt Dirk Karkuth, bereits der dritte Trainer der Saison. Dennoch will er bleiben, definitiv, um die Mannschaft neu aufzubauen. Das dürfte ihm allerdings schwer fallen. Gerade für die finanzschwachen Vereine der zweiten Liga ist ein Abstieg lebensbedrohlich. 5,2 Millionen Mark aus Fernsehgeldern, die beim CFC mehr als die Hälfte des Etats decken, fallen weg. Nächstes Jahr muss der Verein mit weniger Geld auskommen, 640 000 Mark verteilte der DFB diese Saison pro Regionalligaklub. "Zu wenig, um die Mannschaft halten zu können", realisiert Lutz Waszik, Präsident des Fußballklubs, die bittere Wirklichkeit. So werden sie sich von vielen Spielern trennen müssen.

Und auch wenn der Hauptsponsor "envia" wohl weiterhin den Verein für sich werben lassen wird, sein Engagement (bisher 500.000 Mark) schraubt er nach Angaben des Vorstandssprechers der RWE-Tochter, Karl-Heinz Klawunn, zurück.

Mit dem Chemnitzer FC verschwindet wieder ein Ostverein in den Hinterhöfen des deutschen Fußballs. Gerade jetzt, wo Dynamo Dresden, der VfB Leipzig und der 1. FC Magdeburg in die Viertklassigkeit gesunken sind. Für den Präsidenten des Sächsischen Fußballverbandes, Klaus Reichenbach, ist der Abstieg des CFC "eine Katastrophe für Sachsen und den Fußball im Osten der Republik. Wir brauchen Vereine in der ersten und zweiten Bundesliga, damit sich die jungen Spieler mit diesen Vereinen identifizieren können. So laufen sie uns scharenweise weg."

Fatal, denn der Nachwuchs ist das einzige Kapital vieler kleiner Vereine. Die Region hat diesen Nachwuchs, davon zeugen die Nationalspieler Michael Ballack (Leverkusen) oder Heiko Gerber (Stuttgart), die in der ehemaligen Kinder- und Jugendsportschule "Emil Wallner" ausgebildet wurden. Doch anstatt auf den Nachwuchs zu bauen, hatte der CFC im Juni ein Rumpelfußballerheer aus Osteuropäern und gealterten Bundesligaspielern zusammengehortet, was dem Manager Sigmar Menz schließlich das Amt kostete. "Es fehlte die Einheit auf dem Platz, wir konnten nur schlecht miteinander reden", versucht Mittelfeldspieler Olaf Holetschek die verkorkste Hinserie zu erklären.

Nur die Fans der "Himmelblauen" lassen sich offenbar nicht vertreiben Auf einer Fan-Homepage steht: "Egal, was ihr uns antut, ihr kriegt uns nicht los."

Martin Henkel

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