Special

14. April 2002

"Whorst Case" für die Regionalliga Nord und die Regionalligisten vs. DFB

Ja der DFB und sein wohl schwierigstes Kind, die Regionalliga. An keiner Spielklasse im deutschen Vereinsfußball zupfte und bastelte der größte Sportfachverband der Welt bzw. seine Führung in den letzten Jahren so oft herum wie an der Dritten Liga, die man auch offiziell zu dem machen will, was es bei bzw. für viele Vereine schon jetzt ist : Die 3. Bundesliga als drittklassige bezahlte Serie des deutschen Fußballs. Erst wurden die einstigen Oberligen als drittklassige Einrichtung der Vereine zugunsten einer 4-gleisigen Regionalliga beseitigt bzw. "nach unten gereicht", vor allem um die Wettbewerbsnachteile der potentiellen neuen Zweitligisten durch die notwendigen Relegationen und damit verbundener Terminknappheit bei Transfers und Sponsorenverpflichtungen ad acta zu legen. Um anschließend aus Gründen von Bevölkerungsanteil und Zahl der organisierten Kicker innerhalb des DFB neue sportlich zweifelhafte Relegationen zu kreieren und somit neuen Frust über Ungleichbehandlung der Nord - und Nordostvereine zu schaffen. Fortsetzend bei der "Reform der Reform" fielen im Nordosten und Norden wieder weitaus mehr Vereine durch das gnadenlose Relegationssieb als im Westen und Süden der Republik. Folge war eine bislang ungeahnte Attraktivität der Oberligen speziell im Süden des Nordostens, wo ein direkter Aufstieg aber wiederum für viele Traditionsvereine nicht möglich ist und ein schleichendes Dahinsiechen einstiger Flagschiffe der Ex-DDR bzw. seines Vereinsfußballs schon begonnen hat.

Der Sieger der Süd-Staffel muss gleich 2 Hürden überspringen, eine knallharte Staffel gewinnen, in der mehrere Vereine mit dem Anspruch und dem wirtschaftlichen Zwang "Aufstieg oder Tod auf Raten !"spielen und sich in der Relegation mit dem Sieger der Nord-Staffel messen. Eine Eingleisigkeit der Oberliga Nordost mit Vorteilen für die Vereine aus dem Süden scheint in weiter Ferne und so droht im Mai der "Whorst Case" für den nordostdeutschen Fußball : Hertha BSC Amateure siegen in der Relegation gegen wen auch immer und steigen in die Regionalliga Nord auf. Eine Mannschaft, die bei Heimspielen in der einstigen BFC-Heimstätte des "Jahn-Sportparks" erst kürzlich wieder 90 Zuschauer zum Punktspiel gegen Altmark Stendal anlockte und auch ansonsten selten mehr als 100 Fans begrüßen kann, Mannschaftsbetreuer, Schiedsrichtergespann wohl auch noch mit eingerechnet. Vor der Tür bleiben Vereine mit einem auch nach Jahren der Tristesse im Niemandsland der Oberliga starken Fanpotential, mag man die jeweiligen Gruppierungen nun ausstehen können oder nicht.

Einzelfall ? Denkste. Blick in die vierte Etage und "man Schreck bekomm". In der Nordost Oberliga Nord wird Hertha BSC Amateure nicht mehr vom Staffelsieg zu hindern sein, zudem der aktuelle Verfolger Tennis Borussia Berlin ohne es seinen Fans so richtig zu verklickern bewusst erst gar keine Lizenz für die Regionalliga beantragt hat. Im Süden sind Amateurmannschaften von Bundesligisten ja nun seit Jahren kein Thema mehr. Schwenk nach Hamburg in die dortige Oberliga HH/Schleswig-Holstein : Dort werden entweder die Amateure des Hamburger SV oder die des FC St. Pauli die dortige Staffel gewinnen. Gegner in der Relegation mit dem Oberliga-Champ Bremen/Niedersachsen. So wie es jetzt aussieht könnte das der "unvergleichliche SV Meppen" werden, im anderen Fall kämen noch die Ex-Regionalligisten aus Nordhorn, Wilhelmshaven und Oldenburg in Betracht. Die HSV-Amateure spielen nun wie der Teufel in der Relegation und steigen in die RL Nord auf oder die Pauli-Amateure. Egal, jedenfalls eine dieser Amateurmannschaften. Oder der SV Meppen bekommt nach der siegreichen Relegation keine Lizenz wie vergangene Saison der SC Göttingen 05, auch denkbar. Dazu sind Wilhelmshaven oder Oldenburg wirtschaftlich auch "Problemfälle". So was ist und war dagegen für die Amateurmannschaften der Erstligisten kein Problem.

Weiter im Text des Teufels an die Wand malen : Krasser noch im tiefen Westen der Bundesrepublik. In der Oberliga Nordrhein vermasselte die U21 von Bayer 04 Leverkusen dem Ex-Zweitligisten Wuppertaler SV in der vergangenen Saison die Rückkehr wenigstens erst mal in die dritte Liga. In dieser Saison könnte es ähnlich ausgehen, diesmal müssen sich die Blau-Roten Kicker von der Wupper mit der Reserve des 1. FC Köln herumplagen und könnten wieder scheitern. Aufsteiger hier : 1. FC Köln Amateure, denn der Verein mit dem Geißbock hat nach meinen Quellen die Lizenz beantragt (vielleicht müssen sie ja dann nächste Saison sowieso gleich wieder runter, weil die I. Mannschaft durchgereicht wird). Im gleichen Bundesland kickt man noch in der Oberliga Westfalen und hier balgen sich gleich 2 Amateurmannschaften um den direkten Regionalliga-Aufstieg, die des FC Schalke 04 und Borussia Dortmund. Ob die anderen 3 noch aussichtsreichen Clubs am Lizenzverfahren teilgenommen haben, entzieht sich jetzt meiner Kenntnis (Eintracht Rheine, Westfalia Herne, VfB/Fichte Bielefeld).

Macht im denkbaren Fall somit : 4 Amateurmannschaften steigen in die Nord-Staffel auf. Hertha BSC Am., Hamburger SV Am., FC Schalke 04 Am., 1. FC Köln Am.. Die Werder-Amas und die der Leverkusener bleiben vermutlich ja drin, damit hätten wir nächste Saison allein in der Nord-Staffel schon 6 Amateurmannschaften von 18 = 1/3. Oder noch schlimmer : In der Süd-Staffel bieten die Amateure aus Kaiserslautern und Stuttgart einen gigantischen Schlussspurt und retten sich doch noch (nur mal angenommen). Aus der Oberliga Hessen fliegen die Amateure von Eintracht Frankfurt/M. in die RL Süd ein, aus der Oberliga Südwest wiederum kommen mit Brachialgewalt als "doppelter Aufstieg" die Amateure des FSV Mainz 05, die mischen dort nämlich auch noch dicke mit. Oberliga Bayern : Huch, hier wird´s ganz grausig, Daumendrücken für den FC Augsburg, weniger sportlich bei mittlerweile 15 Punkten und nur noch 8 Spielen, wohl vor allem wirtschaftlich. Die Augsburger bekommen wieder keine Lizenz wie in der "Relegationssaison 1999/2000" trotz erneuter sportlicher Qualifikation, denn dort drohen dahinter gleich 3 Reserveteams : 1860, Greuther Fürth und die "ARO-Betriebssportgruppe" aus Nürnberg. Macht damit in der Süd-Staffel somit im schlimmsten aller Fälle schon wieder 3 Aufsteiger. Zusammen 5, plus den 6 aus der Nord-Staffel : 11. 11 von 36, fast 1/3. Tolle Aussichten, hieße z. B. für den CFC in der neuen RL-Saison in 6 von 17 Heimspielen (also schon über 1/3) eine Amateurmannschaft als Gegner, die außer den Hardcore-Fans im Grunde keine Sau interessiert und bei bedeutungslosen Spielen die Minusrekorde an Zuschauern toppt. Gegen die Werder-Amateure blieb der Gästeblock jedenfalls ziemlich verwaist, gegen Leverkusen trödelten 4 Supps in der Nordkurve herum, die für das gleichzeitige Prestige-Derby gegen die Kölner Geißböcke keine Tickets mehr bekommen hatten. Und viel mehr als die knapp 2.500 Leutchen wären auch bei besserem Saisonverlauf nicht an die Gellertstraße gekommen. Macht also Mindereinnahmen für den jeweiligen Verein und das 6 mal in einer Saison. Null Problem dagegen für die Reserve-Teams, wo Wirtschaftlichkeit und Gewinnstreben durch die "große Mutter Verein" kein Problem sind.

Angesichts dessen mutet der vorgeschlagene Plan von Leuten wie Holzhäuser für Vereine wie den CFC oder Aue als "Horrorplan" an. Unter dem Deckmäntelchen der "besseren Nachwuchsförderung" sollen alle 18 Amateurmannschaften der Erstligisten für die Regionalliga gesetzt werden, was in meinen Augen auch heißt : "Kein sportlicher Abstieg." Quasi Freundschaftsspiele ohne jegliche Bedeutung für diese Mannschaften mit ständiger personeller Fluktuation und einer enormen Gefahr der Wettbewerbsverzerrung, wie sie z. T. schon jetzt in den sportlichen Berg - und Talfahrten der Teams aus Bremen und Leverkusen zu sehen ist. Dazu soll die Altersbeschränkung für diese Mannschaften auch gleich noch mit fallen. Mit der derzeitigen Struktur der dritten Liga würde das bedeuten, pro Staffel (Nord - und Süd) integriert man 9 plus minus x. Für die Nord-Staffel hieße das konkret : HSV, St. Pauli, Cottbus, Rostock, Hertha BSC, Bremen, Wolfsburg, Schalke, Dortmund und angesichts der Konzentration von Vereinen "aus dem Pott" gleich noch Gladbach, Leverkusen mit ins Boot nehmen. Also schon 11 Amateurteams von 18. Dafür wird wieder eine knallharte Relegation ins Leben gerufen, wo andere Vereine sich entweder wirtschaftlich übernehmen (müssen) oder sportlich abkacken. Dafür setzen sich dann Holzhäusers Plänen nach die Amateurtruppen quasi ins "gemachte Nest", welche z. Z. noch unterklassig spielen.

Erschreckende Vorstellung für mich, der sich zum Kreis derer zählt, die spätestens ab der Oberliga "Sense !" brüllen, was die Amateurmannschaften betrifft. "Deckmäntelchen Nachwuchsförderung" deshalb, weil gerade Holzhäusers Verein Leverkusen lieber die halbe Copacabana leer kauft, als mal ernsthaft Spieler aus seiner U21 einzusetzen. Vereine wie Hertha BSC demonstrieren z. Z., dass es auch mit Einsätzen in der Oberliga machbar ist, junge Spieler schrittweise für die Bundesliga auszubilden (Marx, Lapaczinsky) oder zeigen wenigstens den Willen, ihre Amateurmannschaften zu mehr als "Alibi-Teams" zu machen (Bremen). Allerdings ist das eher die Ausnahme, so ziemlich alle Bundesligisten betreiben eben diese Reserveteams eher als "Strafarbeit" für missliebige Profis der I. Mannschaft.

Mal konkret : Wer von Euch tut sich den CFC an der Gellertstraße gegen die Amateure von Hertha BSC an, d. h. so richtig mit Spaß und Interesse für den Gegner ? Vermutlich die Wenigsten. Dann schon lieber noch Dynamo auf der Fischerwiese. Ich jedenfalls würde dann sogar mein Magengrummeln plus meine Gewissensbisse überwinden und mich notfalls in der Reli in die "Plache-Ruine" stellen, um den Lokisten gleich ob Unsympathen oder nicht zumindestens anwesenheitstechnisch Unterstützung gegen das "größere Übel" zu geben. Dasselbe gilt für Dünnamo, Jena hätte ich schon weniger Probleme und Plauen bekanntlich ja gar keins.

Im jetzigen Zustand jedenfalls würde dieser Plan und z. T. die Regularien jetzt den endgültigen Tod einiger Vereine bedeuten, wo Fanpotential quantitativ und qualitativ, Tradition (jaja, nicht das beste Argument ;)) und Bedeutung für die Regionen in keinem Verhältnis zu den leidigen II. Mannschaften stehen.

Wer wie ich die unterklassigen Ligen recht aufmerksam verfolgt, wird also speziell in den nächsten Tagen Vereinen wie dem FC Augsburg (Oberliga Bayern), SV Meppen oder VfB Oldenburg (Oberliga Bremen/Niedersachsen) in der Relegation gegen die HSV oder St. Pauli-Amateure, Wuppertaler SV (der vermutlich krasseste Fall in der Oberliga Nordrhein) ganz speziell gegen die Amateure des 1. FC Köln die Daumen drücken, nicht zu vergessen im Fall der Fälle dem Nordost Oberliga Süd-Meister den selbigen gegen die Hertha-Amateure.

So jedenfalls nicht, dasselbe gilt für die unseligen und in der Art und Weise einen klaren Konfrontationskurs hervorrufenden Einschnitte in die Personalplanung der Vereine, wiederum unter dem Deckmäntelchen "Bessere Nachwuchsförderung". Wie sagte doch eines der Oppositionsführer der RL Nord : "Jahrelang hat der DFB in Sachen Nachwuchsförderung gepennt, jetzt will man klotzen mit Redigierung, Bevormundung der Vereine." Auch hier gilt : So nicht. Die Regionalliga-Vereine sind primär keine Nachwuchsausbildungsmannschaften, jede Quotierung bei Alter und Herkunft kann nur als ausgesprochener Schwachfug deklariert werden. Der CFC müsste sich demnach für die neue Saison quasi eine fast komplett neue Mannschaft zusammenstellen, das Ganze heckt man zu einem Zeitpunkt aus, wo Personalplanung für die neue Saison bei vielen Vereinen angelaufen sind oder wo diese aufgrund der zumeist noch unklaren sportlichen Situation in noch extremere Zeitnöte geraden dürften als schon bislang. Und was soll mit den Spielern geschehen, die man aufgrund der neuen Regelungen nicht mehr weiterbeschäftigen darf ? Soll der CFC Spieler diese Spieler kündigen und sich in diverse Rechtsstreitigkeiten stürzen (beträfe ja auch die anderen Vereine) ?

Die neuen Pläne und Regelungen jedenfalls sind von "erstklassigen Theoretikern in Elfenbeintürmen" gemacht worden, das mal als Randbemerkung. Die Durchsetzung wären mit Folgen krassester Fehlentwicklungen verbunden.

Der DFB und sein "schwieriges Kind Dritte Liga", fürwahr ein Endlosthema. Auch für mich. ;-)

Timo Görner