MV: Großen Mut bewiesen, aber an GmbH-Vertreter gescheitert

19.08.2019, 23:55 Uhr | 4435 Aufrufe
Am Montagabend war es soweit. Die unter großen Mühen erkämpfte Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC e.V. stand an. Insolvenzverwalter Siemon hatte die Finanzierung verweigert und sogar versucht die MV gerichtlich verbieten zu lassen. Allen Widrigkeiten zum Trotz hatte der Notvorstand um Andreas Georgi die Durchführung der Mitgliederversammlung durchgesetzt.

Vor der MV: Mario Lengtat, Jürgen Rotter, Andreas Georgi, Annette Neuerburg und Uwe BauchKnapp 700 Mitglieder finden sich in der Messehalle in Chemnitz ein. Deshalb beginnt die Veranstaltung 20 Minuten später. Die Versammlung wird von Ex-Ehrenrat Mario Lengtat und dem aktuellen Ehrenrats-Vorsitzendenden Jürgen Rotter geleitet.

Der erste wichtige Tagesordnungspunkt ist Punkt 7 "Die Mitgliederversammlung beschließt die Fortführung des Amateur - und Nachwuchsbereiches einschließlich des Nachwuchsleistungszentrums im insolvenzfreien Bereich des Chemnitzer FC e.V." den Vorstandschef Andreas Georgi vorstellt. Zur Finanzierung sagt Georgi, dass aktuell ein Minus von 80.000 € bestünde, dies aber u.a. mit den zweckgebunden Mitteln der Mitglieder ausgeglichen werden könnte.
Die Mitgliederversammlung fasst den Beschluss mit klarer Mehrheit.

Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrates durch Uwe Bauch

Danach tritt Uwe Bauch ans Mikrofon. Der ehemalige Aufsichtsrats-Chef soll den Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2017/18 geben. Doch zunächst gratuliert er der Vereinsikone Jürgen Bähringer, die an diesem Tag ihren 69. Geburtstag feiert. Da der Insolvenzverwalter Herr über sämtliche Geschäftszahlen ist, könne er nicht über diese berichten und so führt Uwe Bauch chronologisch durch seine Amtszeit.

Schon zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2016 wäre der Zustand des Vereins so schlecht gewesen, dass es vielleicht damals schon sinnvoll gewesen wäre, Insolvenz anzumelden.
Ex AR-Chef Uwe Bauch bei seinem Rechenschaftsbericht Großen Applaus gibt es, als Uwe Bauch den ehemaligen Mitarbeitern des Vereins dankt. Bekanntlich ist die Liste der Ehrenamtler und Angestellten des Vereins, die teils Jahrzehnte für den Club tätig waren und ihn verlassen mussten oder selber gingen, lang.
Die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ab Januar 2018 bis zur Insolvenz bezeichnete er als sehr angenehm und konstruktiv. Gemeinsam hätte man vieles versucht, wäre neue Wege bei der Mitgliedergewinnung, Sponsorenbetreuung gegangen und hat auch neue Verträge beim Catering ausgehandelt.
Den Insolvenzverwalter habe man immer unterstützt, umso überraschender kam für ihn die Aufforderung von Siemon, dass der Aufsichtsrat zurücktreten solle. Um den Verein nicht im Stich zu lassen wäre man dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Dann spricht Bauch auch über die Hausverbote für Ihn und Andreas Georgi, die ganz plötzlich kamen. Trotzdem hätte man weitergemacht, um den Verein nicht im Stich zu lassen. Uwe Bauch dankt explizit Andreas Georgi und seiner Frau: "Es ist schon der Hammer, was du geleistet hast und ertragen musstest. Das alles hast du nur für den Verein getan. Für niemanden sonst."
Bauch beendet seine Rede mit den Worten: "Es wurde eine große Chance verpasst, alle mitzunehmen." Grosser Applaus für den ehemaligen Aufsichtsratschef, der sich mit einer tollen Rede verabschiedet hat. Kein Vergleich zur letzten MV, was Bauch mit leichter Selbstironie und -kritik im Laufe der Rede auch nochmal explizit betont.

Bericht des Vorstands

Das Nachwuchleistungszentrum ist jetzt im insolvenzfreien BereichNächster Tagesordnungspunkt ist der Bericht des Vorstands. Hier spricht zunächst Annette Neuerburg und erklärt den Mitgliedern die Insolvenz und die Zuständigkeiten. Es gibt einen insolvenzfreien Bereich, in dem der IV eben nicht das sagen hat. Zu dem gehört mittlerweile auch das Nachwuchsleistungszentrum. Die Gründung der GmbH bezeichnet sie als Schritt in die richtige Richtung. Was fehlt ist ein Sanierungsplan für den Verein. Weiterhin betont Neuerburg, dass es nicht so einfach ist, den Verein aus dem Vereinsregister zu löschen, wie es der Insolvenzverwalter glauben machen mag.

Dann ist Andreas Georgi an der Reihe. Im ersten Teil beantwortet er Fragen, die ihm immer wieder gestellt wurden und räumt Gerüchte aus. Beispielsweise
  • Warum haben die Parteien (Gremien / Insolvenzverwalter) nicht mehr miteinander geredet?
    Antwort: Es war schlicht nicht möglich und von Seiten des IV nicht gewünscht. Es wurde von Seiten des IV sogar versucht Gespräche zwischen den Gremien und anderer Beteiligter zu unterbinden.
  • Haben die Gremien die Bestellung von Thomas Sobotzik abgelehnt?
    Antwort: Nein. Es wurden nur Bedenken geäußert.
  • War die Eskalation mit dem Insolvenzverwalter zu verhindern?
    Antwort: Wir haben nichts anderes getan, als nicht zurückzutreten. Die Gremien braucht man aber um den Verein im Insolvenzverfahren zu vertreten und für die Aufgaben im insolvenzfreien Bereich. Der Insolvenzverwalter hätte die Rechte der Mitglieder respektieren sollen.
  • Wurde bei der Gläubigerversammlung gegen die Fortführung des Vereins gestimmt?
    Antwort: Nein. Das ist auch aus dem Protokoll der Gläubigerversammlung sichtbar. Der Beschluss zur Fortführung des Vereins war einstimmig.
Wurde mit stehenden Ovationen verabschiedet: Präsident Andreas GeorgiDen zweiten Teil seines Berichtes nennt Andreas Georgi "Bestandsaufnahme und Ausblick". Hier betont der Präsident nochmal wie wichtig ein funktionierender Vorstand war. Ohne den hätte man das Nachwuchsleistungszentrum nicht retten können. Er spricht darüber, dass es offensichtlich Pläne gab, den Verein abzuwickeln und dass er hofft, dass die Gesellschafter der GmbH daran nicht beteiligt sind. Das Insolvenzverfahren soll den Verein sanieren und ihn nicht zerstören. Die Methoden des Insolvenzverwalters Klaus Siemon kritisiert er scharf - immer wieder habe es Bedrohungen, Diffamierungen oder Ausgrenzungen gegeben.
Andreas Georgi betont, wie wichtig es ist, die Mitglieder des Vereins mitzunehmen. Zum Schluss legt Andreas Georgi sein Amt nieder.
Der Saal erhebt sich - stehende Ovationen und minutenlanger Beifall für den scheidenden Präsidenten. Nur die Aufsichtsratskandidaten, bis auf Norman Löster, bleiben demonstrativ sitzen.

Diskussion zu den Berichten

Udo Pfeifer als Vertreter der GmbH-Investoren spricht Nach einer Pause beginnt die Diskussion zu den Berichten. Dabei gibt es u.a. die Frage ob der Insolvenzverwalter noch Zugriff auf das Nachwuchsleistungszentrum hat. Das hat er eigentlich nicht mehr, da er das NLZ aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, trotzdem würde Siemon versuchen auf das eigens eingerichtete Konto des NLZ zuzugreifen!
Auch Investor Udo Pfeifer, dessen Frau für den Aufsichtsrat kandidiert, kommt zu Wort und spricht darüber, dass ihn das Konzept von Siemon und Sobotzik überzeugt hätte. Frau Neuerburg erwidert, dass bis heute kein Konzept für die Sanierung des Vereins kenne. Zudem bezeichnet Pfeifer die Folgen der Traumerminute 9.3. als "wirtschaftlichen Totalschaden".Die Aussagen von Pfeifer erhalten einige Unmutsbekundungen der Mitglieder. Von Achim Müller bekommt Udo Pfeifer jedoch Schützenhilfe: "Pfeifer hätte auch in schweren Zeiten zum Verein gestanden".

Ein anderes Mitglied fordert die Mitglieder auf, die Listenwahl durchfallen zu lassen um eine Einzelwahl zu ermöglichen.

Entlastung der Gremien

Nächster Tagesordnungspunkt ist die Entlastung der Gremien. Da wechselte die Besetzung häufig, daher wird in zeitliche Etappen entschieden:

Vorstand für das Geschäftsjahr 2016/17 - nicht entlastet
  • Vorstand seit 12/2015, also zu Beginn 16/17: Dr. Mathias Hänel (Vorsitzender), Thomas Steger, Eberhard Wiosna, Olaf Schoch, Rico Weiße
  • Neubestellung am 23.01.17: Dr. Mathias Hänel, Herbert Marquard, Dr. Dirk Kall
  • ab 02.03.2017: Dr. Mathias Hänel, Stefan Bohne, Herbert Marquardt
  • ab 10.05.17: Dr. Mathias Hänel, Stefan Bohne, Steffen Ziffert

Vorstand für das Geschäftsjahr 2017/18 (Juli bis Dezember 17) - nicht entlastet
  • ab 10.05.17: Dr. Mathias Hänel, Stefan Bohne, Steffen Ziffert
  • ab 11.07.17: Dr. Mathias Hänel, Stefan Bohne, Steffen Ziffert, Nico Beltrame
  • ab 30.11.17: Ziffert, Beltrame – beschlussunfähig
Vorstand für das Geschäftsjahr 2017/18 (Januar bis Juni 18) - entlastet
  • - ab 17.01.18: Thomas Uhlig, Andreas Georgi, Steffen Ziffert
Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2017/18 (Juli bis November 17) - entlastet
  • Dr. Eberhard Alles, Dirk Balster, Uwe Bauch, Simone Kalew, Gunther Kermer, Erwin Trageser, Lutz Wienhold
  • Rücktritte: Trageser am 10.05.17, Balster und Kalew und Kalew am 15.11.2017
Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2017/18 (Dezember 17 bis Juni 18) - entlastet
  • verblieben Dr. Eberhard Alles, Uwe Bauch, Gunther Kermer, Lutz Wienhold
  • Nachwahl am 11.12.17 Nachwahl Helmut Brunhuber, Norman Löster, Thomas Uhlig (am 17.01.2018 Wechsel in Vorstand)
Die von Dr. Mathias Hänel geführten Vorstände wurden somit nicht entlastet.

Satzungsänderung zur Beitragspflicht während der Insolvenz

Im nächsten Tagesordnungspunkt geht es um die Satzungsänderung zur Beitragspflicht während der Insolvenz. Dieser Punkt wurde von Mario Lengtat eingebracht und wird auch von diesem vorgestellt. Man hofft dadurch auf eine Mehreinnahme von 200.000 Euro. Das Geld soll zweckgebunden für das Nachwuchsleistungszentrum verwendet werden. Für das aktuelle Geschäftsjahr soll es eine Sonderumlage geben, bisher freiwillig gezahlte Beiträge werden angerechnet. Wer mit der Regelung nicht einverstanden ist, hat ein Sonderkündigungsrecht. Nach einigen Rückfragen kommt es zur Abstimmung. Es gibt nur 6 Gegenstimmen, damit ist die Satzung in dem Punkt geändert.
Sobald die Regelung aktiv wird, soll Sie auf Vereinhomepage und im Vereinsjournal verkündet werden.

Die Wahl des Aufsichtsrates

Es ist schon 22 Uhr, die Sitzung läuft schon über 3 Stunden, da kommt es zum wichtigsten Punkt des Abends - der Aufsichtsratswahl. Die Kandidaten: Kathrin Jost, Annette Neuerburg, Doreen Pfeifer, Tino Kermer, Norman Löster, Knut Müller und Olaf Pönisch stellen sich einzeln vor.
Doreen Pfeifer spricht sich für die 50+1 Regel und den Erhalt des Nachwuchsleistungszentrum im e.V. aus. Tino Kermer spricht u.a. davon, dass er schon viele Jahre Anhänger des Vereins ist. Knut Müller spielt auf seine Vorstellung im 1143 an und meint, dass er alles andere als leicht zu beinflussen sei. Olaf Pönisch schliesslich sagt, dass er nach dem 9.3. in einer "jetzt erst recht"-Stimmung dazu gekommen ist. Er plant einen Stammtisch um die Fans besser mitzunehmen.

Er liess die Aufsichtsrats-Wahl in letzter Sekunde platzen: Olaf Pönisch Zunächst erfolgt die Wahl als Liste. Und da die Überraschung - eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder ist tatsächlich dagegen! Da im ersten Versuch mehr Stimmen in Summe als stimmberechtigte Mitglieder da sind, gezählt wurden kommt es zu einem zweiten Versuch. Das Ergebnis: nur 237 Mitglieder sind für die Liste, satte 343 dagegen. Das ist deutlich! Die Mitglieder wollen die unter Einflussnahme und Drohungen des Insolvenzverwalter zustande gekommene Liste nicht, sondern eine Einzelwahl.

Diese beginnt und es kommt zu folgenden Ergebnissen.
  • Kathrin Jost - nicht gewählt (187:367)
  • Annette Neuerburg - gewählt (480:11)
  • Doreen Pfeifer - nicht gewählt (215:326)
  • Tino Kermer - gewählt (309:206)
  • Norman Löster - gewählt (502:3)
  • Knut Müller - gewählt (407:106)
Somit waren vier Kandidaten gewählt. Der Aufsichtsrat braucht aber mindestens fünf Personen. Da tritt Olaf Pönisch, letzter Kandidat, ans Mikrofon - er zieht seine Kandidatur zurück, er hätte nur für die Listenwahl zur Verfügung gestanden. Der Wahlleiter verkündet das Desaster: es sind nur 4 gewählte Aufsichtsräte, da es 5 hätten sein müssen, ist die Wahl gescheitert. Tumulte und hitzige Wortgefechte im Saal. Der Vorwurf, dass es sich um ein abgekartes Spiel der GmbH-Vertreter handle, macht die Runde.

Wahl zum Ehrenrat

Danach ist die Wahl zum Ehrenrat. Die Kandidaten stellen sich vor. Viele Mitglieder haben da den Saal bereits verlassen. Die Wahl von Uwe Heß, Eberhard Langer, Mario Lengtat, Frank Sorge, Wolfgang Meyer, Jürgen Rotter und Jürgen Sager geht mit der breiten Mehrheit von 484 Stimmen durch. Danach konstituiert sich der neue Ehrenrat - mit Mario Lengtat und Jürgen Rotter gibt es eine Doppelspitze. Sie haben jetzt die undankbare Aufgabe neue Kandidaten für den Aufsichtsrat zu finden.

Die Mitglieder bewegt etwas anderes. Warum hat Olaf Pönisch seine Kandidatur in letzter Sekunde zurückgezogen und damit die Bildung eines Aufsichtsrates platzen lassen? Eine hitzige Diskussion entsteht, der Unternehmer sagt u.a. "ihr habt falsch gewählt". Ein seltsames Demokratieverständnis…

Kurz vor Mitternacht, nach über 5 Stunden, war dann eine wieder mal denkwürdige Mitgliederversammlung vorbei. Wie es mit dem CFC weitergeht ist nach der gescheiterten Aufsichtsratswahl weiterhin offen…

Surftipp:
» Sieg oder Spielabbruch - der Kommentar zur Mitgliederversammlung

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