Es war exakt 15:19 Uhr als auf der altehrwürdigen Fiwi alle Dämme brachen. Die Aufforderung von Olaf Kadner doch noch 2 Minuten zu warten, bis sich Schiri und Bullen in die Kabine begeben hatten, ging unter in einen geradezu orgiastischen
Jubel. Binnen weniger Sekunden füllte sich das heilige Grün, stürmten von allen
Seiten die himmelblauen Fans auf den Rasen. Es war endlich geschafft, der
Chemnitzer Fußballclub in die dritte Bundesliga aufgestiegen.
So begann einst mein
Spielbericht zum denkwürdigen Drittliga-Aufstieg anno 2011. Er mutet an wie aus einer längst vergangenen Zeit. Die alte Fiwi gibt's nicht mehr. Doch auch vieles was diesen Verein so lieben- und lebenswert gemacht hat, ist nicht mehr da. Zerstört von einer weltfremden, egozentrischen und ignoranten Machtpolitik des Insolvenzverwalters.
Was für ein Kontrast zu 2011 war nun dieser Samstagnachmittag am 4. Mai 2019. Wieder hat der CFC den Aufstieg in die dritte Liga geschafft. Diesmal bereits am drittletzten
Spieltag. Ein 1:1 gegen den Zipsendorfer FC Meuselwitz reichte, um die
Konkurrenz, allen voran den Berliner AK, auf die Plätze zu verweisen. Die
Mannschaft um Kapitän Dennis Grote hatte Großartiges geleistet, die Liga
dominiert, eine kleine Schwächephase souverän gemeistert und zudem noch das
Pokalfinale nach einem dramatischen Spiel im Halbfinale gegen die Leipziger
Lokmannschaft erreicht.
Die Umstände vor diesem Spiel waren Besondere. Der NOFV hatte ausgerechnet dieses Spiel für seinen Bestrafungsaktion wegen der Trauerzeremonie am 9.3. ausgesucht und die komplette Südtribüne gesperrt. Kollektivstrafen gibt's nicht mehr? Nicht beim Nordostdeutschen Fussballverband.
Und damit ja keiner von aktiven Fans auf die Idee kommt, nun in anderen Bereichen des Stadions Stimmung zu machen oder "Flagge zu zeigen" wurden vom IV Transpis und Blockfahnen auf der Gegengerade verboten. Der Fanstand auf dem Stadionvorplatz, wo immer das subversive 1143 auslag, musste gleich mit dran glauben.
In Verkennung der allgemeinen Stimmungslage wurde zudem vorsorglich vor einem Platzsturm gewarnt.
Und so waren nur 2.860 Zuschauer im Stadion. Minusrekord am Tag der Meisterschaft! Einen Minusrekord gab es folgerichtig auch in Sachen Stimmung. Ein paar von den Ultras hatten sich im Block 1 versammelt, stimmten hin und wieder einen Gesang an oder riefen gegen Siemon & Co.
Das wiederum wurde von anderen mit Pfiffen quittiert und es kam zu lautstarken Wortgefechten zwischen Siemon-Befürwortern und -Gegnern. Die Anhängerschaft ist zutiefst gespalten. Zwischen denen, die die Dinge in erster Linie aufgrund des sportlichen Erfolges im Lot sehen.
Und denen, die die Machenschaften des IV, das Ausbooten langjähriger treuer Mitarbeiter, das Kaltstellen der Vereinsgremien, die Ignoranz gegenüber den Mitgliedern und das Bekämpfen der aktiven Fans nicht hinnehmen wollen.
Ballsport gab es auch. In einer höhepunktarmen ersten Hälfte hatte Tobias Müller die große Chance den Club in Führung zu bringen. In der 32. Minute zielte er knapp neben das Tor. Torjäger Daniel Frahn schliesslich schoß den CFC in der 54. Minute
nach schöner Vorarbeit von Dennis Grote in Front. Die Zipsendorfer, bei denen
mit Stenzel, Le Beau und Dartsch drei Ehemalige in der Startelf standen,
antworten nur 5 Minuten später mit einem satten Schuß von Rudolph von der
Strafraumgrenze zum Ausgleich. Beide Mannschaften hätten anschliessend gewinnen
können. Mroß zeigte in der 81. Minute gegen den eingewechselten Trübenbach sein
Können und Velkov köpfte kurz vor Schluss nur an den Pfosten.
Dann war Feierabend an diesem tristen, naßkalten, Samstagnachmittag. Kirmesmusik wurde eingespielt und Frau Huhn feierte den Regionalliga-Meister. Auf der Anzeigetafel, die bald in Auerbach stehen wird, erschien ein entsprechendes
Jubel-Bild. Die Spieler zogen sich die Meister-T-Shirts an und applaudierten in
Richtung leere Süd-Tribüne. Eine feine Geste! Anschliessend zogen die Spieler
an der Gegengerade vorbei und vor den Ultras gab's noch ne kleine Uffta.
Das war er nun, der entscheidende Tag der Meisterschaft. Der eigentlich ein absoluter Höhepunkt sein sollte. Für den Autor, der schön über 30 Jahren zu den Himmelblauen geht, war es hingegen die mit Abstand emotionsloseste Meisterschaft aller Zeiten. Früher war alles besser? Manchmal schon.
"Wir hätten gerne nochmal in diesem schönen Stadion gespielt, aber Chemnitz ist zu gut für diese Liga. Meine Mannschaft hat so gespielt, wie ich das wollte. Wir haben nicht gemauert, wir haben wenig zugelassen, wir wollten Chemnitz feiern lassen aber nicht verlieren. Beides haben wir geschafft."
"Das Spiel spiegelt die gesamte Saison wider. Meine Jungs hätten mehr als die knapp 3.000 Zuschauer verdient gehabt. Wir wollten gewinnen, waren in der ersten Halbzeit aber nicht zielstrebig genug. Nach dem 1:0 haben wir ein paar Schritte zu wenig gemacht. Folgerichtig fällt dann noch der Ausgleich. Aber am Ende haben wir den Spatz in der Hand mitgenommen. Jetzt sind wir einfach nur, dass wir da sind, wo wir sind. Die Jungs sollen einfach nur feiern."