Auf Tuchfühlung mit der Oberliga: So spielt ein Absteiger !!
von Frank Neubert
Nach dem hochwichtigen Heimsieg gegen die Dortmunder Amateure hatte der CFC im letzten Auswärtsspiel der Saison erneut Aufschlag zum Matchball. Mit einem Sieg bei der zu 99,9% gesicherten Fortuna aus Düsseldorf hätte sich auch der Club auf das rettende Ufer begeben können. Mit einem Sieg wäre das Ergebnis im hochbrisanten letzten Heimspiel gegen die aufstiegswilligen Lübecker uninteressant geworden. Dies hätte zumindest für den Fall gegolten, dass die plötzlich vom DFB ihrer Lizenz beraubten Uerdinger nicht vor dem Saisonende noch das Insolvenzverfahren eröffnen, und der CFC die 4 gegen Krefeld erkämpften Punkte wieder abgezogen bekommt. Allein wegen diesem drohenden Damoklesschwert hätte der Club jeden der drei Punkte, die in der Chemnitzer Partnerstadt zu vergeben waren, gut gebrauchen können.
Aus der geilsten Stadt der Welt hatte sich ein beschaulicher Haufen auf die gut 550km lange Reise in den Westen begeben. Insgesamt wälzten sich aus den 7 Bussen, der Bummelbahn und dutzenden Autos rund 700 himmelblaue Anhänger am Flinger Broich heraus. Bei derartigen Schicksalsspielen, so erwies es sich auch hier, ist natürlich alles am Start, was die Fanszene hergibt. Soll heissen, dass auf Chemnitzer Seite auch ein paar Leutz am Start waren, die sonst eher selten gesichtet werden. Bei brütenden Temperaturen wurde der Gästeblock geentert, bei dem die Fortunen ob des Andrangs sogar einen zweiten Block für die CFC-Fans geöffnet hatten. Diskussionen gab es noch, ob nun Zaunfahnen erlaubt waren oder nicht - Ergebnis war, dass der Block nur mäßig in himmelblaues Tuch getaucht war.
Auf dem Rasen gaben sich dann die 22 Akteure die Ehre, wobei sich auf dem Grün zumindest eine Seite redlich bemühte, bei Saunatemperaturen so etwas wie Fussball darzubieten. Um es bereits vorweg zu nehmen - selten hat der Schreiber dieser Zeilen einen derart unwilligen, unfähigen und desolaten CFC gesehen, wie in Düsseldorf. Das Wort "Arbeitsverweigerung" drückt nicht annähernd das Geschehen aus, welches sich auf dem Rasen abspielte. Fortuna spielte, als ob es um deren Leben ging, und der Club schaute bedächtig zu. Einzig Süssner, Becker und Kanitz, mit Abstrichen auch Devoli, zeigten Einsatz für die himmelblauen Farben. Während der gesamten ersten Halbzeit erspielte sich der CFC keine einzige Torchance, nein, noch nicht mal einen Eckball konnte man verbuchen. Die Fortunen dagegen erspielten sich 4-5 Hochkaräter, die entweder kläglichst vergeben wurden, durch Süssner gehalten, oder durch die Latte (23.min; tolles Solo von Lambertz) verhindert wurden.
Bedeutend mehr Einsatz zeigten kurz nach Anpfiff die Chemnitzer Fans, welche in der Nähe der Düsseldorfer Gegengerade standen. Bereits vor dem Spiel hatte es dort nette verbale Scharmützel mit den Einheimischen gegeben, welche sich um die allseits beliebte Ossi-Wessi-Problematik und deutsche Geschichte drehten. Wie später im Internet nachzulesen war, standen auf Fortuna-Seite ebenfalls sehr einschlägige Typen im Block. Und so fand man, nachdem noch einige Bierbecher geflogen waren, endlich zueinander, indem von Chemnitzer Seite ein Tor "geöffnet" wurde und man sich freundschaftlich auf die... äh, Schulter klopfen konnte. Nach kurzem Gekeile schritt dann die grüne Fraktion ein und beendete jäh das Treffen der Fans aus der rheinischen und sächsischen Partnerstadt. Dafür rumorte es dann fleissig auf der Haupttribüne weiter, wo sich ca. 30-40 Personen inständig bemühten (u.a. Singsang: "Ihr seid die Hauptstadt von Polen..."), den gegenüberliegenden, ruhigen Teil des Gästeblockes durch Zeichen und Sprüche anzustacheln. Erschreckend dabei vor allem die Vielzahl der Hassgesänge gegenüber Ossis und Ostdeutschland. Am Ende zog die grüne Fraktion auch auf der Fortuna-Tribüne ein.
In der Halbzeit spielte der Stadionsprecher der Fortuna das Lied "Sascha" von den Toten Hosen. Seine Meinung dazu im Düsseldorfer Forum: "Ganz ehrlich, ich habe selten so ein braunes Pack in einer solchen Konzentration gesehen. Ein Polizist fragte mich, ob die Auswahl der Lieder eine Provokation der Karl-Marx-Städter sein sollte und ob das nötig wäre. Daraufhin habe dann Sascha aufgelegt". Aha. Vielleicht sollte sich der Club im Falle des Klassenerhaltes schon einmal nach dem alten Schlager "Wärst du doch in Düsseldorf geblieben..." für das nächste Duell zwischen den Partnerstädten umsehen.
Wer nun gedacht hatte, dass vielleicht in der zweiten Halbzeit der Club den imaginären Schalter finden und endlich umlegen würde, sah sich bitter enttäuscht. Ebenso trost- und hoffnungslos wie in Halbzeit 1 schlichen die Gäste über den Platz. Keine einzige echte Torchance, aber immerhin (!), ein Eckball, der in bewährter Manier - halbhoch getreten - beim Gegner landete. Auf der Gegenseite machten die Fortunen in der 69. Minute endgültig ernst. Ein in Chemnitz nicht ganz Unbekannter namens Marcel Podszus zog vom rechten Strafraumeck unvermittelt ab und liess Süssner dabei keine Chance. Eine hochverdiente Führung für die Hausherren, die diese dann locker über die verbleibende Spielzeit schaukelten. Beim CFC schaltete sich gegen Spielende sogar noch Mehlhorn mit in den Angriff ein, aber es blieb beim Nichts vor dem Tor. Passend zu Tag und Spielverlauf bekam der CFC-Kapitän auch noch seine 5. gelbe Karte verpasst, womit er beim Saisonfinale gegen Lübeck zuschauen muss. Und als ob dies nicht schon genug wäre, holte sich der eingewechselte Kenny Schmidt durch zwei Fouls die Ampelkarte und wird somit ebenfalls gegen Lübeck fehlen.
Gegen Spielende feierten die Fortuna-Fans lautstark den vermeintlichen Absteiger CFC mit "Absteiger,..." und "Schön, euch nie wieder zu sehen". Der Pöbelblock auf der Tribüne ließ noch etwas Rauch aufsteigen und produzierte sich in "Westdeutschland"-Rufen. Just in dem Moment war sich ein Auer Fan nicht zu blöde, seinen Schal in die Höhe zu recken und eine Zaunfahne mit der Aufschrift "Aue" genau jenem Pöbel zu übergeben, der vorher völlig unterbelichtet gegen den Osten gepöpelt hatte. Feine Fanfreundschaft - Hut ab !!
Fazit: Der Club hat in Düsseldorf einen Auftritt hingelegt, der bei jedem Mitfahrer nur einen Gedanken hinterlassen hat: So spielt ein Absteiger! Erste Tränen waren bereits im Block zu sehen. Was völlig abnervt, ist die Einstellung bestimmter Spieler gegenüber Verein und eigenen Job. Mit derartigen Auftritten bettelt der Club förmlich darum, endlich in das Grab Oberliga hinabgestossen zu werden. Was bleibt, ist der Blick auf die Tabelle, wo der Club, dank des Uerdinger Lizenzentzuges, immer noch über dem Strich steht. Am kommenden Wochenende hat das Team (!?) zum allerletzten Mal die Gelegenheit, zu zeigen, dass man gewillt ist, in der RL zu verbleiben. Mit einem einfachen Sieg wäre der CFC gerettet - anders, als im Jahr 1996, als man gegen Lübeck zwar gewann, aber durch die schlechtere Tordifferenz abstieg. Geflucht, gebettelt, und gebetet wurde von Seiten der Fans bereits genug - was bleibt, ist die kleine Hoffnung, dass der Club wenigstens Konstanz in einer Sache zeigt: In seiner Unberechenbarkeit. Mit normalen Empfinden ist ein Sieg gegen Lübeck absoluter Wunschtraum. Aber man kennt ja den Club. Falls nicht, werden am 4.6.05 ab 15:45 erneut viele himmelblaue Tränen in die Chemnitz fliessen. Und Keiner wird schuld sein :-(...
Wertung: Eine glatte himmelblaue "6" !
Beste Himmelblaue: Süssner, Becker, Kanitz
Pressestimmen
Freie PresseDemuth tobt: Das lasse ich mir nicht bieten! [..] Kapitän Ulf Mehlhorn stapfte kommentarlos in die Kabine, Rene Stark rang sichtlich um Worte und Trainer Dietmar Demuth konnte nach dem Schlusspfiff nur noch mit dem Kopf schütteln. Wie ein Absteiger präsentierten sich die "Himmelblauen" am vorletzten Spieltag der Fußball-Regionalliga Nord bei Fortuna Düsseldorf und waren mit dem 0:1 (0:0) noch gut bedient. [..] Auf Chemnitzer Seite konnte keine einzige nennenswerte Möglichkeit verbucht werden. [..] Insgesamt spielte der CFC viel zu defensiv, ohne konstruktiven Spielaufbau und ließ bei allen technischen Mängeln auch jegliche Kampfbereitschaft vermissen.
MDRCFC muss nach Pleite weiter zittern [..] Blattschuss durch Podszus