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Freie Presse vom 09.02.2000

Elf von CFC-Trainer Franke spielt in Gladbach gegen das Team von CFC-Mitglied Meyer

Wenn der Meisterschüler den Lehrmeister fordert...

"Das kannst Du vergessen." Von der Geschichte des Meisterschülers Christoph Franke, der seinen Lehrmeister herausfordert, will Hans Meyer nichts wissen. Und wie zu gemeinsamen Zeiten beim Chemnitzer FC zwischen 1988 bis 1993 hat auch Meyer als Chefcoach bei Borussia Mönchengladbach von seinem trockenen Humor nichts eingebüßt: "Schau' doch mal den Christoph an. Er hat schon graue Haare, ich nicht. Wie kann er dann mein Schüler sein"? Bis heute sind die Fußballlehrer Freunde geblieben. Mindestens ein Mal pro Jahr treffen sie sich mit ihren Familien, auch als der "harte Hans" in den Niederlanden bei Twente Enschede die heimatlichen Gefilde verlassen hatte. Seit Meyer aber wieder die Verantwortung für einen Zweitligisten in Deutschland trägt, telefonieren sie öfter als sonst. "Wir geben uns schon Mal paar Tipps zu verschiedenen Gegnern", erzählt Franke über das kollegiale Verhältnis zu seinem ehemaligen Vorgesetzten.

Am Freitag wird aber die Männerfreundschaft zwischen beiden Trainern für 90 Minuten ruhen. Dann trifft der Chemnitzer FC zum Rückrundenauftakt auf Borussia Mönchengladbach, auf CFC-Mitglied Hans Meyer - und Meisterschüler Franke auf seinen Lehrmeister? Ein Schmunzeln kann sich auch der CFC-Coach nicht verkneifen: "Ich habe sicher von ihm gelernt, wie man im Profibereich mit Männern arbeitet. Ich kam damals aus dem Nachwuchs, da konnte ich mir in der Menschenführung einiges von ihm abgucken", erläutert Franke.

Während im Jugendbereich eine optimale Ausbildung zu seinen Hauptzielen gehörte, muss Franke nun mit den Gesetzmäßigkeiten im Profifußball leben. Und diese werden in erster Linie vom Erfolg bestimmt. Das wird auch in Gladbach so sein. "Er ist ehrgeizig und ich auch. Jeder will gewinnen", meint der 55-Jährige gewohnt nüchtern. Auch Meyer macht sich nichts vor: "Jeder braucht Punkte. Auch wenn von außen hineingelegt wird, dass wir ein saugutes Verhältnis haben, bin ich mit einem Remis nicht zufrieden."

Hans Meyer erinnert sich gern an die Zeit, als er und sein "Assi" Franke für den Chemnitzer Fußball sportlich das Sagen hatten. Selbst nach seiner Entlassung spürte der Trainerfuchs später keine Genugtuung, als sich mit dem Abstieg in die Regionalliga, dem folgenden wirtschaftlichen Niedergang die "Meyer-Freunde" mehrten und der Beginn des Absturzes immer öfter mit dem Rauswurf des heute 57-Jährigen in Verbindung gebracht wurde.

Doch Meyer hat sich immer loyal verhalten. Als seinen Nachfolger empfahl er damals übrigens Christoph Franke, nicht weil er was gegen Reinhard Häfner hatte, sondern weil er von den Fähigkeiten seines Co-Trainers überzeugt ist. So liegt es Hans Meyer, der mit Carl Zeiss Jena glorreiche Europacup-Zeiten erlebte, am Herzen, auch über seine positiven Erfahrungen mit Christoph Franke zu plaudern. Vor allem die besonnene, sachlich konsequente Art bewertete er schon früher positiv: "Ich hätte manchmal etwas von seiner Gelassenheit und inneren Ruhe gehabt", schildert Meyer, der deutlich macht, dass sich die Arbeitsgemeinschaft schon damals gegenseitig befruchtete. Dabei schätzt er an Franke vor allem dessen Charakter-Eigenschaften: "Christoph hat sich in der CFC-Nachwuchsabteilung nicht verbiegen lassen. Das war zu DDR-Zeiten nicht so einfach."

Im Verständnis für das methodische Vorgehen lagen beide ohnehin immer dicht beieinander. "Training mit dem Ball im Mittelpunkt", so nennt es Meyer. Der ehemalige Abwehrspieler verhehlt nicht, dass er sich zu Beginn seiner Trainerkarriere auch am legendären DDR-Nationalcoach Georg Buschner orientierte. Den glänzenden Rhetoriker hat Meyer schon oft übertroffen. "Ich bin von Haus aus Kommunist", diktierte er beispielsweise zum Amtsantritt vergangenen September den Journalisten am Bökelberg in die Notizblöcke. Dabei ist er von Haus aus vor allem ein sehr guter Psychologe, der weiß, wie man jeden Spieler "anzupacken" hat. "Was du trainierst, ist doch egal. Du musst nur davon überzeugt sein. Das war vor 50 Jahren so und ist in 50 Jahren auch noch so. Als Trainer musst du bei den Spielern unantastbar sein", erläutert Hans Meyer sein Erfolgsrezept. Daran wird auch das Duell der "Unantastbaren" nichts ändern.

Thomas Prenzel

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