Freie Presse vom 19.01.2002
Interview der Woche mit CFC-Vorstandschef Bernd Leichthammer - 41 -jähriger Rechtsanwalt schlägt neue Wege bei Sponsorensuche ein
Nichtaufstieg bedeutet: Club muss abspecken
Zur Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC im vergangenen Monat wurde eine neue Vereinsstruktur beschlossen. So heißt das Präsidium künftig Vorstand. Neuer Chef dieses Vorstandes und zuständig für regionale Zusammenarbeit ist Bernd Leichthammer. Der 41-jährige Rechtsanwalt aus Frankfurt/M. hat Rechtswissenschaften in Freiburg bzw. München studiert, in der bayrischen Landeshauptstadt sein 1. und II. Staatsexamen abgelegt und später die Akademie für Wirtschaftsrecht in Leipzig, Halle und Chemnitz geleitet. Sportlich gesehen ist Leichthammer auch kein unbeschriebenes Blatt: Er hat Fußball, Hockey, Tennis und sogar Rugby gespielt. Im Chemnitzer Sport wurde er Mitte der 90er Jahre durch sein Eishockey-Engagement als Geschäftsführer der ESG Sachsen GmbH ,,Die Füchse" bekannt. Gut einen Monat nach seiner Ernennung zum CFC-Vorstandschef führte unser Redakteur Mario Schmidt mit Bernd Leichthammer das folgende Gespräch.
Freie Presse: Herr Leichthammer, was machen Sie am 18. Mai2002?
Bernd Leichthammer: An dem Tag haben wir unser letztes Saisonspiel zu Hause gegen Uerdingen. Danach feiere ich hoffentlich den Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Freie Presse: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es mit der Rückkehr in den bezahlten Fuß ball klappt?
Leichthammer: Bei meinem Einstieg im Dezember hatte ich noch die These vertreten: Langsam Jungs, immer schön die Bälle flach halten. Wir geben uns zwei Jahre Zeit. Inzwischen bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass wir über sehr gute Voraussetzungen für den sofortigen Wiederaufstieg verfügen, die nächstes Jahr so nicht mehr gegeben sind. Mit Blick auf die eingleisige dritte Liga werden sich einige Vereine dann noch mal verstärken.
Freie Presse: Bekommt der CFC ernsthafte (finanzielle) Probleme, wenn er weiter Regionalliga spielen muss?
Leichthammer: Die Situation ist derzeit ja schon nicht gerade entspannt. Den Spielbetrieb in der Regionalliga auf Dauer zu finanzieren, ist nicht möglich. Wenn wir dieses Jahr nicht aufsteigen, müssen wir abspecken, deutlich kleinere Brötchen backen - auch auf die Gefahr hin, in der kommenden Saison nur um die Qualifikation für die neue dritte Liga zu spielen.
Freie Presse: Was meinen Sie mit abspecken konkret?
Leichthammer: Durch den Abstieg im letzten Jahr hat der CFC einen Sympathieverlust erlitten, Sponsoren- und Fernsehgelder eingebüßt. Andererseits leben wir in manchen Bereichen noch auf Zweitliganiveau. Der Verein verursacht zu viele Kosten - wo genau, analysieren wir gerade.
Freie Presse: Als Vorstandsvorsitzender für regionale Zusammenarbeit sind Sie angetreten, um neue Förderer für den Verein zu gewinnen. Wie gehen Sie dabei vor?
Leichthammer: Ich suche Kontakte zu Geldgebern, die mittelfristig einen höheren Betrag investieren. Dabei geht es nicht um das klassische Sponsoring, wonach ein Unternehmen als Gegenleistung eine Werbetafel im Stadion erhält, sondern um Geldrückfluss. Das heißt: Wir müssen weiterhin Spieler aus dem eigenen Nachwuchs heranführen oder neue preisgünstig verpflichten, um sie später teuer zu verkaufen. Wenn eine Firma in den Verein investiert, wird sie dann an diesen Transfers beteiligt.
Freie Presse: Und dieses Konzept kommt an?
Leichthammer: Es gibt schon erste positive Reaktionen. Einige Unternehmen sagen: Für Jugendspieler mache ich was, aber nicht für über bezahlte Profis.
Freie Presse: Namen können Sie verständlicherweise nicht nennen, aber an welche Art von Unternehmen treten Sie zwecks Unterstützung heran?
Leichthammer: Bisher liegt die Konzentration auf Partnern, die keine Einzelfirma darstellen, sondern Beteiligungsunternehmen, die eine Vielzahl weiterer Ansprechpartner haben.
Freie Presse: Unmittelbar nach Ihrem Amtsantritt hatten sie betont, als "Neuer" bessere Chancen zu habe? Sponsoren für den Club zu finden, weil sie unvoreingenommen und nicht als "Vereinsmeierer" auftreten...
Leichthammer: Dazu stehe ich hundertprozentig. Ich bin CFC-Mitglied - das muss ich als Vorstandschef ja auch sein. Aber eigentlich stelle ich mich den Unternehmen als objektiver Manager vor, der den Leuten erklärt: Hier liegt die Chance, hier liegt das Risiko - und der nicht alles in himmelblauen Farben darstellt. Und wenn jemand wegen der Vergangenheit vergrätzt ist, kann ich mit Recht behaupten, nichts dafür zu können. Ich erkläre mein Konzept. Und danach sollen die Unternehmensvertreter entscheiden, ob sie mir vertrauen.
Freie Presse: Sie sind seit knapp sechs Wochen im Amt. Welchen Eindruck konnten Sie bisher von ihren Mitstreitern im Vorstand und Aufsichtsrat sowie von den Angestellten des Vereins gewinnen?
Leichthammer: Einen durchweg sehr guten. Ich habe schnell Kontakt zu Cheftrainer Matthias Schulz gesucht, den ich für einen sehr guten Mann halte. Analoges trifft auf die Mannschaft zu. Meine Vorstandskollegen beeindrucken mich mit ihrer tollen Arbeit. Außerdem hat mich überzeugt, dass der Aufsichtsrat die Ziele des Vorstandes zu unterstützen gewillt ist. Auch die Mitarbeiter der Geschäftsstelle leisten prima Arbeit. Das Klima im Verein stimmt. Im Rahmen der Möglichkeiten wird wirklich professionell gearbeitet.
Freie Presse: Ihr Betätigungsfeld als Rechtsanwalt reicht von Chemnitz über Frankfurt bis München. Wie wollen Sie Ihren Beruf mit dem Ehrenamt im Fußball unter einen Hut kriegen?
Leichthammer: Das schaffe ich schon, denn in meinem Geschäftsbereich habe ich es mit sehr hilfsbereiten Partnern zu tun. Für die Zeit von Ende Februar bis Anfang April ist geklärt, dass ich mich vorrangig auf den CFC konzentrieren kann. Und meine Familie steht auch dahinter. Ich habe vier Söhne. Der Jüngste ist noch zu klein, die anderen drei sind alle fußballbegeistert. Die bringen Mutti schon bei, dass sich Vati auf dem Gebiet engagiert.
Freie Presse: Werfen wir mal einen Blick in die Zukunft. Wie stellt sich der Vorstandschef den CFC in fünf sechs Jahren vor?
Leichthammer: Das muss man zweigeteilt sehen. Sollte uns der Aufstieg 2002 gelingen, sehe ich den Verein in fünf Jahren in einer gefestigten Zweitligaposition - sagen wir im oberen Mittelfeld. Steigen wir dieses Jahr nicht auf, müssen wir wie bereits erwähnt abspecken und zusehen, die eingleisige Regionalliga zu erreichen.
Freie Presse: Sie waren in den 9oer Jahren zeitweiliger Geschäftsführer der ESG Sachsen. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Eishockeyzeiten?
Leichthammer: Die DEL in Chemnitz und Weißwasser war kein totgeborenes Kind. Alles krankte damals daran, dass die Lizenzierungsvoraussetzungen in kurzer Zeit erfüllt werden mussten. So hatten wir nur sechs Wochen Zeit, um 1,5 Millionen Mark zusammenzutragen. 650.000 haben wir geschafft - das war schon ein Riesenerfolg, hat aber leider nicht gereicht.
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