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Freie Presse vom 21.12.1999

Trainer des Chemnitzer FC Vater des Erfolges - Wöchentlich Telefonate mit Freund Hans Meyer

Franke: Bei allen Entscheidungen gehört auch etwas Glück dazu

Der Chemnitzer FC wird mit Lob überschüttet. Und das zu Recht. 24 Punkte und Platz fünf nach der Hinrunde in der 2. Fußball-Bundesliga hätte den Himmelblauen kaum einer zugetraut. Einher mit den sportlichen Erfolgen ging kluges Wirtschaften. Vor drei Jahren noch kurz vom den Konkurs stehend, hat sich der Verein mittlerweile auch finanziell gefestigt. Der Saisonetat konnte von 7,5 auf 9,5 Millionen Mark aufgestockt werden. Das Stadion an der Gellertstraße präsentiert sich als ein Schmuckkästchen. Am 22. November gab es beim Spiel gegen den 1. FC Köln die Flutlichtpremiere. Mit Christoph Franke, dem Trainer des Chemnitzer FC und Vater des Erfolges beim Zweitligisten, sprach Stefan Geyler:

Werden Sie zu Weihnachten auch noch an Fußball denken?

Ich werde zu Hause die Weihnachtsfeiertage in aller Ruhe mit der Familie verbringen. Ganz abschalten, das wird sich allerdings kaum vermeiden lassen. Dafür war das Jahr zu turbulent.

An was erinnern Sie sich da besonders gern?

Natürlich an den Erfolg gegen Osnabrück und den Aufstieg in die 2. Liga. Aber auch der Auftaktsieg gegen Mönchengladbach, das 5:0 gegen Greuther Fürth - das alles vergisst man nicht.

Von vielen werden Sie als Vater des CFC-Erfolges bezeichnet. Ihnen selbst scheint das aber nicht so recht zu sein?

Das stimmt. Denn auch beim CFC hat der Erfolg viele Väter. Wir sind ein Team. Wir gewinnen und verlieren gemeinsam. Zudem gehört bei vielen Dingen, die man als Trainer tut, auch etwas Glück dazu. Viele Entscheidungen sind Millimeter-Entscheidungen, wo keiner vorher genau sagen kann, haben sie Erfolg oder nicht.

Woran denken Sie da zum Beispiel?

Welchen Spieler wechsle ich in welcher Situation ein. Bei Peer Kluge war das zum Beispiel so. Den 19-Jährigen habe ich gegen Bochum beim Stand von 0:2 gebracht. Gewiss ein Risiko. Am Ende haben wir 3:3 gespielt, der Junge einen ordentlichen Einstand gegeben und sich ein Erfolgserlebnis verschafft. In Unterhaching haben wir zu früheren Zweitliga-Zeiten Michael Ballack, der damals genau so alt wie Kluge war, von Anfang an eine Chance gegeben. Damals war er noch total überfordert und musste ausgewechselt werden.

Der CFC wird von vielen für seine kluge Einkaufspolitik gelobt. Spielte das Glück dabei auch eine Rolle?

Das ist nicht nur Glück gewesen. Ich will nicht unbescheiden sein, aber ein bisschen Fachverstand von Manager Siegmar Menz und mir war auch dabei.

Krupnikovic und Podunavac haben Sie aber nur in einem Spiel gesehen und dann entschieden?

In beiden Fällen hatten wir noch eine Reihe zusätzlicher Informationen von ihrem Berater Josip Kuze. Wir wussten, sie können nicht nur gut Fußball spielen, sie passen auch menschlich zu uns. Kuze hatte uns damals auch Andrej Panadic vermittelt. Der war ein Juwel.

Sie sind als ein akribischer Arbeiter bekannt. In jedem Spiel bekommt jeder eingesetzte Akteur eine Note. Wer kommt nach der Hinrunde am besten weg?

Da brauche ich nicht lange zu überlegen. Das ist Toni. Torhüter Antonio Ananiev hat durchgängig die besten Leistungen gezeigt.

Hat jemand in der Hinrunde die Höchstnote 10 bekommen?

Nein. 10 bedeutet Weltklasse. So weit sind wir noch nicht.

Und die 9?

Die haben hin und wieder die Trainer bekommen. Aber Spaß beiseite. Die Höchstnote war eine 8. Ich glaube, an Ananiev und Dittgen habe ich sie einmal vergeben.

Wann bekommen die Spieler die Noten zu Gesicht?

Ich werde über den Jahreswechsel alles in Ruhe ausarbeiten und die Liste dann zum Trainingsbeginn Anfang Januar in der Kabine aushängen.

Sie gehören nicht zur Gilde der Poltergeister auf der Trainerbank, wirken eher ruhig und sachlich. Wer ist Ihr Vorbild?

Ich habe immer Alfred Kunze bewundert. Der war damals Trainer von Chemie Leipzig. Während meines Studiums bin ich oft nach Leutzsch und habe gekiebitzt. Gut, dass das niemand groß mitbekommen hat, denn ich war gleichzeitig auch Spieler beim Ortsrivalen 1. FC Lok Leipzig.

Sind Sie in dieser Saison schon so einmal richtig aus der Haut gefahren?

In der Kabine kann ich in der Halbzeitpause schon laut werden. So wie in Nürnberg oder zuletzt auch bei Tennis Borussia. Ich versuche aber weniger zu poltern als vielmehr an der Ehre der Spieler etwas zu kitzeln. In Berlin habe ich ihnen gesagt, sie sollen nicht so viel Ehrfurcht vor den großen Namen haben. Leute wie Rösler, Suchoparek und Kirjakow kochen schließlich auch nur mit Wasser. Das hat anscheinend geholfen und wir hätten fast noch gewonnen.

Viele Jahre waren Sie Trainer-Assistent von Hans Meyer in Chemnitz. Heute ist er als Coach von Borussia Mönchengladbach nicht nur Ihr Freund, sondern auch Ihr Konkurrent. Wie gehen Sie damit um?

Trotz aller Konkurrenz - wir telefonieren wöchentlich miteinander und tauschen uns aus.

Wie hat Hans Meyer die Erfolgsserie seines ehemaligen Vereins aufgenommen?

Er hat sich für uns mitgefreut. Das ist doch klar. Nur als er hörte, dass wir im Dezember einen Tag länger trainieren, wurde er hellhörig und wollte daraufhin sofort seinen Trainingsplan ändern. Schließlich ist er sehr ehrgeizig, und der CFC und Mönchengladbach stehen sich im ersten Spiel der Rückrunde Anfang Februar auf dem Bökelberg gegenüber.

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