Das CFC-Pressearchiv


Neues Deutschland vom 28.02.2001

Beim sächsischen Fußball-Club hat man sich mit dem Abstieg abgefunden

"... die Punkte geben wir gerne"

Dirk Karkuth ist der Dritte in dieser Saison. Seit Dezember betreut der 38-jährige aus Gelsenkirchen den Chemnitzer FC. Zwar steht der Club immer noch mit neun Punkten Abstand zum 17. abgeschlagen in der Zweitligatabelle da, aber Karkuth bleibt ruhig. Er plant für die Regionalliga und dabei vergleicht er gerne.

Im vergangenen Jahr hatte er zwar das in Mainz geschafft, was man in Chemnitz ein bischen von ihm erhoffte: einen sicheren Absteiger zu retten. Von den letzten sechs Spielen gewann er fünf. "Aber das ist hier unrealistisch. Mit der Regionalligaplanung haben wir schon im Dezember angefangen, als ich hier ankam. Alles andere wäre ja auch fahrlässig."

Wiederaufstieg? "Das kann man so einfach ja nicht sagen", er vergleicht wieder: "Als ich Trainer in bei Rot-Weiß Essen war, da habe ich für Neuverpflichtungen gerade mal 180.000 Mark ausgegeben, und wir haben oben mitgespielt. Das kann man also einfach nicht planen." Karkuth führte RWE ins Pokalfinale 1994.

Auch der Osten ist ihm halbwegs vertraut. Als Stahl Eisenhüttenstadt 1991/92 in der 2. Liga kickte, war Karkuth 1991/92 als 29-Jähriger Co-Trainer von Eckhard Düwiger. Danach wurde er Cheftrainer des schottischen Zweitligisten FC St. Johnstone, den er prompt in die erste Liga führte.

Jetzt bleibt er erstmal in Chemnitz. Bei der Mannschaft kommt Karkuth bislang gut an, bei den Fans auch. "Ein erster löblicher Schritt zum Aufreißen schon verkrusteter Strukturen", heißt es auf der Fan-Page des CFC im Internet zur Karkuth-Verpflichtung. Mit "verkrusteten Strukturen" ist gemeint, dass der Club mit einem Konzept versucht hatte, wie es die lokale "Freie Presse" beschreibt, nämlich den "aussortierten Spielern eine Vertragserfüllung zu gewährleisten (Trainigsmöglichkeit und Grundgehalt)". Das Blatt sieht darin einen Grund für den Niedergang des großen Clubs, der keine großen Namen verpflichtet hatte, aber auch nicht auf heimische Talente, die der Chemnitzer Fußball immer hervorgebracht hatte - zuletzt Michael Ballack, der jetzt in Leverkusen spielt und Nationalspieler wurde - vertraut.

"Wir haben als erstes den Kader bereinigt" sagt Karkuth. Spieler, die keinen Stammplatz haben, wurden verliehen oder verkauft. Das bringt Ruhe in die Mannschaft und Geld in die Vereinskasse. "Und wir haben ein Scouting-System entwickelt", erzählt Karkuth weiter. Er hat hier viele Möglichkeiten. "Es hieß hier von vornherein: Bauen Sie uns eine neue Mannschaft auf, auch wenn absteigen. Wir wollen keinen, der hier viel Wind macht und dann wieder verschwindet. Wenn der Klassenerhalt nicht gelingt, wollen wir einen Neuaufbau mit Ihnen."

Der Klassenerhalt kann nicht mehr gelingen. Das wissen mittlerweile alle und niemand gibt Karkuth die Schuld. Auch die Vorgänger werden geschont. Es hat in dieser Saison nichts gepasst in Chemnitz. Im Vorstand und im Aufsichtsrat gab es Querelen. Der Ex-Manager hatte versucht, die Mannschaft im Vereins-Machtkampf auf seine Seite zu ziehen. Der Präsident trat neulich zurück und der neue, Lutz Waszik, macht den Manager-Job gleich mit.

Die Fans verkünden, dass sich ihr Chemnitzer FC auf der "Abschiedstournee" von der 2. Liga befindet. Noch zwölf Tournee-Daten sind zu vermelden. Ins Internet haben Fans eine neue CFC-Hymne gestellt: "Laterne, Laterne". Sie lautet: "Wir gehen mit der roten Laterne / denn der Club verliert auswärts wie hier / die Punkte geben wir gerne / wir haben keine Verwendung dafür".

Dirk Karkuth hat sich neulich mit Fans getroffen. "Da waren viele Ältere und auch einige sehr junge, da hab' ich deutlich gespürt: Auch wenn wir absteigen, aber endlich mal ein Sieg, das wäre wichtig. Das brauchen die."

Zum Schluss sagte Karkuth auch: "Chemnitz hat ja eine große Fußball-Tradition, die waren 1967 deutscher Meister und haben Deutschland in Europa vertreten." Ob er mit so einem Satz im Ruhrgebiet, wo er herkommt, noch verstanden würde? "Ach im Ruhrgebiet, da wurde 1967 in Gelsenkirchen der STV Horst-Emscher deutscher Amateurmeister. Da war ich als Fünfjähriger beim Empfang." Dirk Karkuth vergleicht halt gerne.

Martin Krauß

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