Thüringische Landeszeitung vom 25.07.2000
Ende des eisigen Schweigens
"Ihr Reporter seid oft sehr schnell", meint der
frühere Jenaer Olaf Holetschek in Anspielung auf Pressemeldungen vor Tagen,
nach denen der Erstligaprofi des FC Hansa Rostock schon beim Zweitligisten
Chemnitzer FC unterschrieben haben sollte. Einig sind sich freilich beide Seiten
doch geworden, "aber das erst gestern", wie der 32-Jährige, der heute noch einen
Gesundheitstest bestehen muss, zugibt.
Vor zwei Jahren erst ging Holetschek nach dem Jenaer Zweitligaabstieg das
Abenteuer Bundesliga an. Jetzt, wo er es beim FC Hansa vorzeitig beendete,
könnte man meinen, es sei ein großes Missverständnis gewesen. "Das war es
aber nicht, denn ich habe in Rostock eine tolle Zeit erlebt, dort viele Freunde
gefunden", sagt er. Und dennoch gibt er zu: "Der Abschied, vor allem die Art und
Weise wie er zustande kam, der tat sehr weh."
Die vergangenen vier Monate, in denen Hansa-Trainer Andreas Zachhuber den
Thüringer nach einem verlorenen Spiel bei 1860 München mit eisigem Schweigen
bestrafte, kann Holetschek nicht vergessen: "Seit diesem Spiel hat der Trainer nur
dann mit mir gesprochen, wenn ich ihn um ein klärendes Wort gebeten hatte.
Doch trotzdem weiß ich bis heute nicht wieso, weshalb und warum ich für ihn
plötzlich Luft war. Ich hatte auf ein ehrliches Wort von ihm gehofft. Doch das kam
nicht. Ich bin enttäuscht."
Verständlich, zumal die Hanseaten noch Wochen vor der Partie in München den
Vertrag mit dem Thüringer um zwei weitere Jahre bis 2002 verlängert hatten.
"Damals hatte man mir versichert, dass der Verein weiter fest mit mir plant.
Wenig später drehte sich dann aber alles um 180 Grad ins Gegenteil für mich."
Statt Perspektive sah Olaf Holetschek fortan seine sportlichen Felle an der Küste
davon schwimmen. Ein Wechsel bestimmte erstmals seine Gedanken. Doch der
Abschied aus Rostock ist für Holetschek keine Flucht vor der fehlenden
Stammplatzgarantie. "Ich bin aber nicht der Typ, der seinen Vertrag auf der
Tribüne absitzen will", meint er. Bei der Hansa-Führung ist der Jenaer dann nach
der Sommerpause selbst in die Offensive gegangen - und bekam die Freigabe. Ein
paar lockere Angebote, gibt er zu, habe es zwar auch aus der 1. Liga für ihn
gegeben, "doch in den Gesprächen habe ich immer nur gehört, dass man
Interesse hätte". Konkret wurde es dabei aber nie.
Ein Wechsel zurück nach Jena, wohin seine Frau und Sohnemann Florian schon
vor Wochen gezogen sind, stand für den Defensiv-Allrounder nie zur Debatte. "Ein
Reporter", sagt Holetschek, "hat das mal behauptet, nur weil ich ihm erzählt
hatte, dass meine Familie zurück zieht. Doch ich bin nicht so arrogant, und bringe
mich beim FC Carl Zeiss von selbst ins Gespräch. Ich würde niemals Stoff für
Spekulationen geben, oder Unruhe in den Verein bringen. Meine Lebensmaxime
heißt, mich ordentlich zu verhalten."
Dass jetzt der Chemnitzer FC auf ihn zugegangen ist, das hat den Vollblutprofi
gefreut - und das nicht nur, weil Chemnitz fast einen Katzensprung von Jena
entfernt liegt. Das Team von Trainer Christoph Franke hat händeringend nach
einem spielenden Libero gesucht, diese Position soll Holetschek künftig
einnehmen. Für zwei Jahre hat er dort gestern einen Vertrag unterschrieben, der
aber nur für die 2. Bundesliga gilt. "Chemnitz hat sich mit einigen Leuten
verstärkt. Doch ich gehe davon aus, dass es für den Verein von Anfang an um den
Kampf gegen den Abstieg geht. Alles andere wäre eine echte Überraschung", hat
Olaf Holetschek jetzt keine sportlichen Flausen im Kopf
Thomas Czekella
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