Welt vom 25.05.2000
Chemnitz-Manager Menz: "Das ist ein bisschen Betrug" - Berliner Profis können bei Abstieg Verein verlassen
Schiebungsvorwürfe im Abstiegskampf der zweiten Liga
Der Abstiegskampf in der zweiten Fußball-Bundesliga geht
Freitag in die letzte Runde. Betroffen sind noch vier Mannschaften,
die auch um mindestens sechs Millionen Mark kämpfen. Diese
Summe macht den Unterschied aus zwischen Liga zwei und der
neuen zweigeteilten Regionalliga, in der jeder Verein nur 650 000
Mark an Fernsehgeldern erhält. Aber geht es im Vierkampf mit
Tennis Borussia Berlin, dem Chemnitzer FC, dem FC St. Pauli und
Kickers Stuttgart mit rechten Dingen zu? Der Manager des
Chemnitzer FC, Sigmar Menz, erhebt schwere Vorwürfe gegen
Stuttgart. Menz: "Es ist schon kurios, wie die Kickers ihre
Heimspiele gegen Fortuna Köln und Hannover 96 gewonnen haben.
Meiner Meinung nach wird da nachgeholfen, das ist schon ein
bisschen Betrug." Er meint die Partie vom 30. April, als drei Kölner
vom Platz gestellt worden waren und der 2:1-Sieg durch einen
Elfmeter in der letzten Minute gesichert wurde. Ferner meinte er
den Elfmeter gegen Hannover 96 am Sonntag, als Hannovers Linke
den Ball im eigenen Strafraum in die Hand nahm, weil er glaubte,
einen Pfiff gehört zu haben.
Bei den Kickers ist die Empörung über Menz groß, Manager
Andreas Kleinhansl sagte: "Das ist eine bodenlose
Unverschämtheit. Wer unseren Verein kennt und vor allem unseren
Präsidenten Dünnwald-Metzler, der für Seriösität steht, der weiß,
dass so was unvorstellbar ist." Menz bleibt bei seinem Verdacht
und vermutet ein Komplott gegen die Ost-Vereine. "Wenn Cottbus
aufsteigt, haben sie es nur sich selbst zu verdanken, und wenn wir
drin bleiben, liegt es nur an uns. Uns hilft keiner." Vielleicht ja
doch, denn auch über den punktgleichen Gegner der Chemnitzer,
Tennis Borussia Berlin, gibt es Gerüchte. "Steigt Berlin freiwillig
ab?", titelte die Zeitschrift Sportbild und berief sich auf eine
anonyme Spieleraussage nach der Partie in Mainz. Sie lautet: "Na
ja, wenn wir absteigen, kommt man wenigstens hier weg. Und man
kann noch Handgeld kassieren." Tatsache ist, dass TeBe die
letzten vier Spiele verloren hat und einige Spieler (Ciric, Brinkmann,
Copado, Rösler, Ouakili, Akrapovic) den Verein wegen ihres
Zerwürfnisses mit Trainer Winfried Schäfer verlassen wollen. Bei
Abstieg gelten ihre Verträge nicht mehr. Auf der Sport1-Homepage
wird Ex-Präsident Erhard Rösler zitiert: "Da gibt es Spieler, die
diese wirtschaftliche Überlegung haben."
Aufgrund eindeutiger Äußerungen ist auch der bereits abgestiegene
Karlsruher SC nicht frei vom Verdacht der Mauschelei. Vor dem
Heimspiel gegen Stuttgart sagte KSC-Manager Guido Buchwald,
Ex-Kickers-Profi: "Ich würde mich riesig freuen, sollten es die
Kickers schaffen."
Udo Muras
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