10. Spieltag der Regionalliga Nord
Himmelblauer Siegeszug überrollt harmlose Wattenscheider
Chemnitzer FC gg. SG Wattenscheid 09 5:0 (2:0)
Austragungsort: Fischerwiese, Chemnitz
Datum und Zeit: Samstag, den 29.09.2001 um 14.00 Uhr
Aufstellungen:
Chemnitzer FC: Hiemann - Göhlert - Bittermann, Ratkowski, Schmidt - Podszus, Tchipev, Fröhlich, Mehlhorn, - Meissner (80. Meyer), Krieg | Trainer: Schulz
SG Wattenscheid 09: Renno - Teichmann, Baumann, Grauer, Sobiech - Nolden (68. Przybilla), Stuckmann (56. Katriniok), Matlik (46. Iyodo), Hamit Altintop - Lintjens, Halil Altintop | Trainer: Bongarts
Schiri: Frank (Hannover)
Zuschauer: 3.690
Gelbe Karten: Meissner, Ratkowski, Krieg - Halil Altintop, Grauer, Lintjens
Torfolge:
1:0 Mehlhorn (27.)
2:0 Meissner (33.)
3:0 Tchipev (47.)
4:0 Meissner (56.)
5:0 Mehlhorn (77.)
Zum Spiel:
Nach dem spektakulären Auswärtssieg in Aue wartete man in Chemnitz gespannt, ob der CFC seinen guten Lauf gegen Wattenscheid 09 fortsetzen konnte. Breite Schultern und gesundes Selbstvertrauen waren allemal getankt worden, die Frage war eher, ob die Jungs nicht schon leichtfertig agieren würden. Aber für solche Fälle hat man ja den frischgebackenen Fußballlehrer Schulz, der am Samstag vormittag in Köln die letzte Prüfung absolvierte.
Der CFC bot dieselbe Mannschaft wie gegen Braunschweig und Aue auf - logische Folge der kleinen Siegesserie. Auch Petrus zeigte sich einsichtig und behielt seine wäßrigen Argumente an diesem Tage für sich. Trotz dieser guten Voraussetzungen fanden sich leider nur 3.700 Zuschauer ein, schade eigentlich, die Jungs hätten gerade nach dem Derbysieg mehr Fans verdient gehabt. Aus Wattenscheid, welches gegen Lübeck und Uerdingen immerhin 4 Punkte holte, hatten sich knapp 50 Leutz auf die Walz gemacht, die den Gästesektor trotz diverser Fähnchen doch sehr übersichtlich gestalteten.
Mit dem Einlaufen der Mannschaften präsentierte die Südkurve eine prima Intro, die als Anspielung auf das letztwöchentliche Begrüßungstransparent der Aue-Fans (Ganz Aue lacht - Willkommen im Schacht) eine gekonnte Retourkutsche darstellte. Auf 5-6 kleinen Transpis standen Worte wie "Hihi", "Grins", "Gröl", und unten prangte ein langes Banner mit den Worten "Ganz Chemnitz lacht - 3:0 im Schacht". Fein gemacht. Vor dem Spiel gab es übrigens T-Shirts mit dem Aufdruck "A**-CFC 0:3 - Ich war dabei" zu kaufen ;o)...
Mit dem Anpfiff sahen die Fans erstmal ein verteiltes Spiel. Beide Teams beackerten das Mittelfeld und störten sich eher gegenseitig, als das konstruktive Aktionen zu sehen waren. Lediglich Krieg stürmte gleich wie die Feuerwehr los und hätte beinahe eine Rückgabe der Wattenscheider erwischt. Nach einer Viertelstunde kommt Lintjens vor dem CFC-Strafraum frei zum Schuß, doch zum Glück fliegt die Kugel am rechten Toreck vorbei. Auf der anderen Seite köpft wiederum Meissner nach einer Ecke knapp am Tor von Renno vorbei.
In dieser ersten, kampfbetonten Phase des Spiels fielen die Wattenscheider durch so manche Falleinlage auf, die oftmals noch mit Wehgeschrei des Fallenden begleitet wurde. Erst ließ sich der Schieri dadurch beeindrucken und pfiff zum Unmut des Publikums oftmals Freistoß für Wattenscheid. Nachdem aber das versammelte himmelblaue Auditorium dazu überging, jeden Zweikampf der 09'er mit lauten Au-Au-Rufen zu begleiten, legte der Schieri die Scheuklappen ab und ließ nun sogar weiterlaufen, wenn ein echtes Foul vorlag. Dritte Liga, drittklassige...ach...lassen wir das.
Der CFC ließ sich nun geschickt etwas weiter zurückfallen, um den Gegner ein bißchen zu locken. Dies konnte man sich durchaus leisten, da Göhlert wieder einen souveränen Libero spielte, Schmidt seine Seite zunagelte und Bittermann dem ehemaligen CFC'er Sobiech kein Durchkommen gestattete. Diese Art "hängende Offensive" erinnerte ein bißchen an die alte, erfolgreiche CFC-Heimtaktik unter Franke. Und prompt sollte man dafür belohnt werden - Tchipi und Fröhlich werkeln im Mittelfeld, der Ball kommt auf die linke Seite zu Mehlhorn, welcher unvermittelt abzieht. Zur Überraschung für Freund und Feind schlägt das Geschoß im kurzen Winkel des Wattenscheider Tores ein - 1:0 für den CFC in der 27. Minute. Und ehe sich die verdutzten Gäste wieder aufrappeln konnten, wuschen die Chemnitzer scharf nach. Fröhlich war auf der rechten Außenbahn gefoult worden und Mehlhorn zirkelt den fälligen Freistoß in den Strafraum. Dort erfreut sich Meissner klarer Luftüberlegenheit und nutzt dies zu einem scharfen Kopfball Richtung Kasten - der Keeper bekommt das Leder nicht unter Kontrolle und Meissner erzielt im Nachsetzen per Flachschuß das 2:0 für die himmelblauen Farben.
Auf den Rängen natürlich ausgelassene Freude über den feinen Doppelschlag, der Wattenscheid bis ins Mark traf. Man wollte aus Chemnitz unbedingt Punkte mitnehmen, und nun dies - bis zur Pause lief beim Ex-Bundesligisten gar nichts mehr zusammen. Auch der CFC ließ es nun etwas gemütlicher angehen und sonnte sich erstmal im warmen Gefühlsbad einer sicheren Führung. Aus der Südkurve meldete sich nun auch der ambitionierte himmelblaue Gesangsverein, welcher in den ersten Minuten des Spiels wohl noch die Noten suchte. Der Schieri bat dann pünktlich zum verdienten Pausentee, dem die CFC-Spieler unter respektablen Beifall des Publikums entgegentrabten.
In der Pause sorgte mal wieder Olaf Kadner für Heiterkeit, indem er das Zwischenresultat aus Dresden mit dem Wortspiel "Dresdner SC gegen Erzgebirge 03 Aue" garnierte. Achja, das letzte Wochenende wirkte in seiner perfekten Einmaligkeit eben bei allen noch nach.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Paukenschlag der Heimelf. Kaum das alle Spieler ihre zugewiesenen Grasnarben wiedergefunden hatten, schaltet Tchipev im Mittelfeld den Turbo ein und fabriziert mit Krieg einen mustergültigen Doppelpaß. Der Ball kommt von Krieg genau auf die Lücke in der Abwehr, durch welche Tchipev wieder auftaucht, dieser hält sofort drauf und das Ledergeschoß zappelt im Dreiangel des Gästetores. Wow, was für eine feine Aktion - Riesenjubel auf den Rängen - und was für ein herber Schlag für die 09'er, welche 2 Minuten nach der Pause alle Resthoffnungen begraben mußten.
Vorfreude auf einen Kantersieg kam auf, denn der CFC hatte längst noch nicht genug und spielte sich munter weitere Chancen heraus. Podzus kommt herangestürmt und knallt aus 20m einfach mal drauf - leider vorbei. In der 56. Minute war es dann wieder soweit - das Betteln der desolaten Wattenscheider Abwehr wurde erhört und Meissner vollendet mit einem Flachschuß nach Zuspiel von Podzus überlegt in die lange Ecke des Wattenscheider Kastens. Unter den Fans brach nun langsam der himmelblaue Wahnsinn aus - 4:0 und fast noch eine halbe Stunde zu spielen. Erinnerungen an das Spiel gegen Fürth (1999, 5:0) kamen auf.
Wattenscheid klappte nun wie ein Taschenmesser zusammen und ergab sich in sein Schicksal. Fairerweise muß man aber anerkennen, daß selbst nach dem vierten Gegentor immer noch Offensivbemühungen für den Ehrentreffer vorhanden waren und sich nicht einfach zur Schadensbegrenzung hinten rein gestellt wurde. Die SG-Fans hatten nun auch die Schnauze voll und äußerten ihren Unmut über die Gurkenvorstellung ihrer Aufstiegsanwärter. Ein paar Spaßvögel trugen es mit Galgenhumor und skandierten aus dem Gästeblock ein trotziges "Auswärtssieg-Auswärtssieg". Fein, kennt man selbst zur Genüge.
In der 71. Minute dann die einzige und beste Gästechance des Spieles, als aus 25m ein Fernschuß Richtung Dreiangel schwebt, doch Hiemann kriegt irgendwie noch den Nagel des Mittelfingers dazwischen, so daß die Wattenscheider nicht mal einen Trostpreis mitnehmen durften. Und der CFC war heute unerbittlich - Ratkowski wirbelte im Mittelfeld jedem Ball hinterher und Fröhlich konnte sich über die Außen noch besser in Szene setzen. Eine Viertelstunde vor Schluß zieht Fröhlich nach innen und wird kurz vor dem Strafraum gelegt - Freistoß. Hammermann Uuuulf Mehlhorn tritt an, der Schuß geht flach durch die Mauer und wird erst hinter der Linie von Renno aus den Maschen gefischt. Mehlos zweites Tor an diesem Tag und das 5:0 für die Himmelblauen. Freudentaumel bei Spielern und Fans - das Unternehmen "Kredit bei Fans" live und in Farbe in Aktion. Laola-Wellen schwappten durch die Fischerwiese. Die Südkurve in bester Stimmung (Rauch on Air ;-)) und Gesangsstunde bei den Clubsurfern in Block 3. Wertvolle Parolen wie "Nur noch 4!", "Wieso?", "Na wegen 09..." gingen um.
Die letzte Viertelstunde ging für Wattenscheid ohne weitere Tore vorbei, obwohl Krieg und der eingewechselte Sebastian Meyer noch ein paar gute Szenen hatten. Letztlich konnte die SG zufrieden sein, nur 5 Buden bekommen zu haben. Der Schlußpfiff wurde gebührend bejubelt und mit den Jungs am Zaun der höchste Heimsieg seit dem Spiel gegen Fürth abgeklatscht. Freude pur bei Fans und Mannschaft, welche nun noch mehr Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben getankt haben dürften. Die letzte Saison und der miserable Start sind nun schon beinahe verziehen.
Fazit: Die Bilanz der letzten 3 Spiele ist beeindruckend - 9 Punkte, 10 Tore - besser geht es nicht. Und darunter Siege gegen die Aufstiegskandidaten Braunschweig und Wattenscheid. Der Club hat gezeigt, das er sehr wohl das Niveau der Liga mitbestimmen kann. Die Frage aller Fragen wird dabei sein, inwieweit das im Sommer neuformierte Team von der jetzigen Erfolgswelle zehren kann und wie gefestigt sich die Truppe bei einem Rückstand oder einer Niederlage zeigt. Nächsten Sonntag wartet mit den Leverkusener Amateuren ein harter und unbequemer Prüfstein auf den CFC - und schon hier kann die Truppe zeigen, wohin der Weg dieses Jahr führen könnte. Oben mitschwimmen oder im Mittelfeld versumpfen - hoffen wir auf das Erste, bangen vor dem Zweiten und zittern vor der unerwähnten dritten Möglichkeit...
Bericht: Frank Neubert
CFC-Spielwertung: 2+
Beste Spieler beim CFC: Meissner, Ratkowski, Fröhlich, Tchipev, Schmidt, Mehlhorn