Bin beim Club
Der Chemnitzer FC und seine Fans
Paperback - 280 Seiten
Verlag: Books On Demand GmbH Norderstedt
Erscheinungsdatum: 2007
ISBN: 978-3-8370-0039-9
Preis: 22.90 Euro
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Rezension:
Bin beim Club - Die Geschichte der Chemnitzer Fanszene vom FCK bis zum heutigen CFC
Mit seinem Erstlingswerk setzt Autor Norman Schirmer den Fans des himmelblauen Traditionsvereins ein zeitloses literarisches Denkmal. Der chronologische Anpfiff der intensiven Beschreibung des Werdegangs der Chemnitzer Fanszene liegt im Jahr 1965, als die Gründung des FC Karl-Marx-Stadt erfolgte. Der rote, pardon, himmelblaue Faden des Buches orientiert sich stets am sportlichen Werdegang des Clubs, der durch seine mäßigen Erfolge seine eigenen Fans sowohl früher als auch heute nicht gerade verwöhnt. Der literarische Abpfiff erfolgt mit Ende der Saison 2006/07, als der Chemnitzer FC - wie könnte es anders sein - knapp am Wiederaufstieg in die Regionalliga scheiterte. Weshalb es trotzdem unter den treuen Fans an jedem Wochenende heißt "Bin beim Club", wie sie diese schwierige Liebesbeziehung seit FCK-Zeiten gestalten und mit all ihren Facetten beim heutigen CFC ausleben - davon wird auf den 280 Seiten dieses Buches erzählt.
Erinnerungen von Fan-Veteranen des FCK bilden den Einstieg in die Entwicklung der Fanszene. Von langen Fahrten mit der Deutschen Reichsbahn ist die Rede, von Städten und Stadien, wo man auf seinen, meistens von Oma oder Muttern gestrickten, himmelblauen Schal und die eigene Nase sehr gut aufpassen mußte, und wo man aufgrund eigener zahlenmäßiger Überlegenheit auswärts frech und frei auftrumpfen konnte. Alte Fanclubnamen wie "Basica", "Pappelhain" und "Unkraut" finden sich in den geschichtsträchtigen Zeilen wieder. Der selbst seit 20 Jahren nach Chemnitz zum Fußball fahrende Autor stellt auch einen interessanten Bezug zur gesellschaftlichen Situation in der DDR her und zeigt anhand des Beispieles BFC Dynamo auf, daß die Stadien damals auch Ventil für den Unmut gegenüber dem politischen System waren.
Ein ganz besonderes Highlight stellt das Kapitel "...steht diesbezüglich unter operativer Kontrolle" dar. Hier erfährt der Leser anhand von aufwändig recherchierten Unterlagen sachlich fundiert, wie die Stasi versuchte, die Fanszene des FCK kontrollieren, zu überwachen und "negativ-dekadente" Umtriebe zu verhindern. Einen echten Schmunzler bietet das Kapitel an jener Stelle, wo beschrieben wird, wie das System sogar gegen sich selbst arbeitete, als ein Karl-Marx-Städter Major der Staatssicherheit aufgrund abfälliger Äußerungen gegenüber dem BFC seines Postens enthoben wurde.
Die Lektüre bietet neben vielen Berichten von Zeitzeugen auch umfangreiches Bildmaterial, welches die 40-jährige Geschichte des Vereins und seiner Fanszene bunt unterstreicht. Aussagen von Trainer-Ikonen wie Heinz Werner und Hans Meyer, aber auch von himmelblauen Urgesteinen wie Joachim Müller und Ulf Mehlhorn runden das Bild zur Vereinsgeschichte bis in die heutige Zeit ab. EC-Spiele, Wendezeit, Ab- und Wiederaufstieg - all dies prägte Verein und Fans. Sehr umfangreich geht der Autor auf die in den späten 90er Jahren angesiedelte Entstehungsgeschichte der Chemnitzer Ultras ein, in deren Kreise er bis heute involviert ist und somit aus erster Hand berichten kann. In einem umfangreichen Interview mit zwei Vertretern der Ultras kann sich der Leser ein umfassendes Bild über die heutigen Matadore der CFC-Szene und deren Leitmotive machen.
Bemerkenswert ist, daß bei der Entwicklungsgeschichte der Fanszene völlig ungeschönt auch über die dunkleren Seiten des himmelblauen Umfeldes berichtet wird. Der eher zartbesaitete Leser wird bei Vorkommnissen wie zum Aufstiegsspiel des CFC in Osnabrück oder bei Auswärtsspielen in Dresden, wo die Chemnitzer Hools tatkräftig in Erscheinung traten, vielleicht tief schlucken. Man sollte aber anerkennen, daß der Autor in der Gesamtheit nur das beschreibt, was er oder andere Fans rund um die Stadien an den Spieltagen erlebt haben. Der Facettenreichtum des Fußballs schließt diese Geschehnisse mit ein. Und spätestens im Kapitel "In die Mütze gebissen", wo es um die ewige Rivalität zu Wismut Aue geht, wird bei dem Satz "Der Gegner ist allein dazu da, als solch einer gesehen zu werden" vielleicht verständlich, weshalb "der Club" für viele himmelblaue Fans nicht nur die schönste Nebensache der Welt, sondern der wichtigste Bestandteil ihres Lebens ist.
Bewertung:
Lesenswert: Einhundert Prozent!
Kauftipp: Muss man haben!
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