Weshalb es für Samstach gut aussieht...

Zum Spiel Rot-Weiß Essen - Chemnitzer FC (3:2)
12.04.2002 von Ritter Runkel
Liebe Freunde des Schienenersatzverkehrs,

zunächst muß ich mal schnell eine kleine Entschuldigung loswerden, denn schon wieder ist es reichlich spät mit der Optimismus-Kolumne aus meiner Tastatur. Aber es ging nun mal nicht eher. Ihr müßt Euch das so vorstellen: vorgestern schaue ich vergnügt zu, wie Zinedine Zidane den Ball behandelt - wer da nicht mehr an die Existenz außerirdischen Lebens glaubt, ist selber schuld: dieser Magier ist einfach nicht von diesem Planeten. Dann rege ich mich ein bißchen auf, weil die spanischen Zuschauer offenbar gemäßigte Fundamental-Islamisten sind, bei denen arrogante Ar***löcher zwar nicht gleich gesteinigt, aber immerhin noch gefeuerzeugt werden. Schade, denn die Quittung hatte Mr. Stinkefinger eigentlich auf dem Platz bereits bekommen. War nicht nötig. Und der Schiedsrichter war auch vom Grauen Star befallen... irgendwie. Dann aber, und jetzt komme ich zum entscheidenden Punkt, sah ich Uli Hoeneß - genauer gesagt dessen Gesichtsausdruck. Und das war mir dann doch ein innerer Vorbeimarsch allererster Kategorie. Mein schadenfrohes Lachen hielt bis heute morgen an. Langsam hat es sich gelegt, denn heute fiel mir siedend heiß ein, daß ich den "Glubberern" (© by Günther Koch) am Wochenende mal die Daumen drücken sollte. Ich bin vielleicht erschrocken... Aber hoffentlich gewinnen sie das Derby gegen die Jungs von der Opel-Gang...

Zurück nun zum weltweit wichtigsten Verein. Wenn man sich folgende Statistik zu Gemüte führt, mag man anschließend einer gepflegten Depression frönen und sich die Schlaftabletten schon mal zurechtlegen. Oder was meint Ihr dazu...

17.04.1955: SC Einheit Dresden vs BSG Chemie Karl-Marx-Stadt 1:0

15.04.1956: SC Turbine Erfurt vs SC Motor Karl-Marx-Stadt 0:1

11.04.1966: 1.FC Magdeburg vs FC Karl-Marx-Stadt 2:1

11.04.1970: BSG Chemie Leipzig vs FC Karl-Marx-Stadt 1:1

15.04.1972: FC Carl Heinz Jena vs FC Karl-Marx-Stadt 4:1

12.04.1975: FC Hansa Rostock vs FC Karl-Marx-Stadt 1:0

17.04.1976: SG Dynamo Dresden vs FC Karl-Marx-Stadt 3:0

12.04.1978: BSG Wismut A** vs FC Karl-Marx-Stadt 1:0

12.04.1980: 1.FC Union Berlin vs FC Karl-Marx-Stadt 2:1

15.04.1981: Berliner FC Dynamo vs FC Karl-Marx-Stadt 5:0

10.04.1982: FC Rot-Weiß Erfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 2:2

09.04.1983: SG Dynamo Dresden vs FC Karl-Marx-Stadt 3:1

14.04.1984: FC Rückwärts Frankfurt vs FC Karl-Marx-Stadt 4:1

13.04.1985: FC Hansa Rostock vs FC Karl-Marx-Stadt 4:2

16.04.1986: FC Carl Heinz Jena vs FC Karl-Marx-Stadt 2:0

11.04.1987: 1.FC Union Berlin vs FC Karl-Marx-Stadt 4:2

15.04.1989: Hallescher FC Chemie vs FC Karl-Marx-Stadt 1:1

17.04.1994: SV Meppen 1912 vs Chemnitzer FC 2:1

09.04.1995: 1.FSV Mainz 05 vs Chemnitzer FC 2:5

12.04.1997: FC Hertha 03 Zehlendorf vs Chemnitzer FC 1:4

10.04.1999: FC Berlin vs Chemnitzer FC 0:2

14.04.2000: TSV Alemannia Aachen vs Chemnitzer FC 0:1

Natürlich lassen sich dazu wieder wesentliche Punkte finden, die die Statistik nachhaltig beeinflussen bzw. etwas Licht auf das Zustandekommen des einen oder auch des anderen Ergebnisses werfen.

Wir streichen also wie gehabt zunächst Spiele gegen den BFC und Rückwärts Frankfurt. Dann bleiben 20 Spiele, von denen 5 gewonnen wurden, 12 verloren gingen und dreimal kein Sieger ermittelt werden konnte.

Das Spiel gegen Einheit Dresden 1955 war das letzte Auswärtsspiel der Saison. Die Chemnitzer Chemiker hatten mit dem Abstieg nichts mehr zu tun, nach oben ging auch nichts - da mag die Motivation etwas im Keller gewesen sein, oder man war ob des erreichten Saisonziels (Klassenerhalt, man war ja Aufsteiger) bereits in Partylaune. Vielleicht gab's auch kein Zigarettenpapier mehr, weshalb die Mannschaft ihre Lebensmittelmarken verraucht hatte und nun Kohldampf schob - wer weiß das heute schon noch so genau...

1966 bereitete sich der FCK schon seelisch und moralisch darauf vor, in der darauffolgenden Saison die Meisterschaft zu gewinnen. Das war natürlich auch den Magdeburgern nicht verborgen geblieben, weshalb sie sich in diesem Spiel verausgabten, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Zwar gewannen sie das Match, waren aber am Ende körperlich derart am Boden, daß sie in den verbleibenden vier Spielen der Saison kein Bein mehr auf die Erde bekamen und am Ende der Saison abstiegen. Damit hatte der FCK einen ernsthaften Meisterschaftsanwärter weniger zu fürchten. Sowas nennt man "psychologische Beeinflussung des sportlichen Gegners". Very clever indeed!

1975 verlor der FCK absichtlich bei den Hanseaten, denn das erhielt den Rostockern gute Chancen im Kampf gegen den Abstieg, den man gegen die verstrahlten Veilchen ausfechten mußte. Während A** aber das letzte Spiel gegen Erfurt mit Ach und Krach gewann, kamen die Rostocker beim schon feststehenden Absteiger Vorwärts Stralsund nicht über ein 1:1 hinaus und stiegen am Ende mit einem Punkt Rückstand auf Aue, die gegenüber Rostock das wesentlich miesere Torverhältnis hatten, ab. Der FCK hatte also alles richtig gemacht, um den verhaßten Rivalen dorthin zu verbringen, wo er hingehörte, aber die Hanseaten stellten sich selbst ein Bein. Sei's drum.

Niederlagen bei Dynamo Dresden werde ich an dieser Stelle nicht verteidigen, geraderücken oder sonstwie schönreden. Alle Punkte dort zu lassen und nach Möglichkeit hoch zu verlieren, schien beim FCK sozialistischer Prägung zum guten Ton zu gehören. Nur so läßt sich erklären, weshalb einem kleine Besonderheiten aus diesen Spielen ein Leben lang im Gedächtnis verbleiben. Zum Beispiel wird sich jedeR der Älteren hier lebhaft daran erinnern, daß das FCK-Tor bei der 1:2-Niederlage 1985 (oder war es doch 1983 - ich bin nicht sicher...) durch Jürgen Bähringer aus der sagenhaften Entfernung von 42 Metern per Flachschuß (!!!) erzielt wurde. Das DDR-Fernsehen hatte anhand der Fernsehbilder extra nachgemessen. Der Jakubowski hat vielleicht dumm geguckt... aber am Ende gewonnen. Oder wer kann denn nicht die Torfolge beim 4:3-Sieg am 27.8.1988 aufsagen? In diesem Spiel ging der Stern Ulf Mehlhorns auf, der gleich zweimal in nahezu unglaubleicher Art und Weise einlochte. Dazu noch ein Kopfball vom Stolper-Hans und ein direkt verwandelter Steinmann-Freistoß kurz vor der Pause. Damals malte ich mir lebhaft aus, wie man wohl in den anderen Oberliga-Stadien auf die Verkündung des Halbzeitresultats aus Dresden reagieren würde: "Dynamo Dresden gegen Eff Zeh Karl-Marx-Stadt Eins zu Vier" (anschließend die Zuschauer: "murmelmurmelungläubigmurmel"). Bis heute bin ich der festen Überzeugung, daß sämtliche ZuschauerInnen in den anderen Stadion von der Gewißheit beschlichen wurden, daß sie AnhängerInnen des falschen Vereins waren - wie auch immer der geheißen haben möge... Da bei der Vorstellung der Clubsurfer-Mitglieder immer nach den Highlights des bisherigen Fandaseins gefragt wird, verkünde ich hiermit ungefragt, daß dieses 4:3 in Dresden mein persönliches ewiges Highlight der Clubhistorie ist. Weil der FCK die Dynamiker (mit Sammer und Kirsten - beide waren Torschützen) schwindlig gespielt hat und nicht etwa glücklich, sondern hochverdient gewonnen hat. ~schwelg~

Zurück zum Thema. Ohne ein einziges Ergebnis auch nur zu streichen, geschweige denn umzuinterpretieren, werde ich nun auf einfache Art und Weise herleiten, weshalb es für Samstach nachgerade optimal, um nicht zu sagen optimalst aussieht.

Zunächst mal die Bilanz, wenn wir in Liga eins gespielt haben: 15 Spiele gehen ein in die Wertung: einem Sieg stehen 3 Unentschieden und satte 11 Niederlagen gegenüber. Wären wir also heute in der 1. Bundesliga und hätte am Samstag ein Auswärtsspiel, stünden die Chancen auf einen Sieg ziemlich bescheiden, nämlich bei gerade mal 7% (Remis: 20%, Pleite: 73%).

Wenn wir uns "Zweitligist" nannten, spielten wir 3 mal, davon 2 mal siegreich und einmal mistig. Wären wir nun also noch in der 2. Bundesliga und hätten am Samstag ein Auswärtsspiel, stünden die Chancen auf einen Sieg bei vielversprechenden 67%, während die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage immerhin noch bei 33% läge.

Soviel zu Hätte, Wenn und Wäre. Da wir in der dritten Liga spielen, schnappen wir uns die im Rahmen dieser Wettkampfserie erreichten Resultate: 2 Spiele, 2 Siege, 6:1 Tore. Die Wahrscheinlichkeit eines Sieges an der Essener Hafenstraße liegt bei genau 100%. Ergebnis also: 3:1 für Himmelblau. Torfolge: 0:1 Meissner (34', Konter), 0:2 Fröhlich (61', direkter Freistoß), 1:2 Weber (77', Kopfball nach Ecke), 1:3 Ersin (90', Konter). Dazu zwei nicht gegebene reguläre Treffer für die Essener, überhaupt eine miserable Schiedsrichterleistung und ungefähr 400 gelbe Karten. Naja, oder so ähnlich. Ein 3:1-Erfolg klingt mir nach viel Optimismus und Tagträumerei, aber die Statistik lügt nun mal nicht, und wenn doch, dann sag ich es Euch am Montag ~breitgrins~.

So, mal sehen, ob ich auf irgendeiner schönen Website nochmal dieses Uli-Hoeneß-Gesicht finde...

Ritter Runkel.

Träger der Timur-und-sein-Trupp-Medaille in Himmelblau