Quo vadis, CFC?

05.04.2000 von Pierre Schönfeld (Charlie S.)
Die Mahner sollten Recht behalten. Nach der überragenden Hinrunde mit Tabellenplatz 6 sahen die kühnsten Optimisten die Himmelblauen schon als Zünglein an der Waage beim Kampf um den Zweitligaaufstieg. Doch nach nur 4 mageren Pünktchen in den bisherigen 7 Spielen der Rückrunde hat sich das Bild grundlegend gewandelt: der CFC droht im Abstiegsstrudel zu versinken. Platz 14 ist heute bittere Realität und daß die Himmelblauen nicht auf einem Abstiegsplatz stehen, haben sie nur dem noch schlechteren Abschneiden der Konkurrenz zu verdanken. Sofort werden bei den meisten CFC-Fans Erinnerungen an die Abstiegssaison 1995/96 wach. Vergleicht man die damalige Saison mit der aktuellen lassen sich durchaus Parallelen erkennen. Damals wie heute stand der CFC nach der Hinrunde auf Platz 6. Aus den ersten 7 Spielen der Rückrunde wurden nur 4 Punkte geholt. Und um auf das vergangene Wochenende zurückzukommen - auch 1996 mußte der CFC zu Hannover 96 und verlor dort gleichfalls mit 2 Toren Unterschied. Ein schlechtes Omen? Vielleicht. Sicher ist nur eins, bis zum Nichtabstieg ist es für die Himmelblauen noch ein weiter und beschwerlicher Weg - auf den sie aber erst einmal wieder zurückfinden müssen. Denn im Moment laufen die Männer von Christoph Franke mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Dritte Liga.

Doch was sind die Gründe für das katastrophale Auftreten des CFC in den bisherigen Spielen der Rückrunde? Die meiner Meinung nach wichtigsten Ursachen habe ich im folgenden aufgeführt.

Fehlendes Selbstvertrauen. Die Pleiten in der Rückrunde haben den Himmelblauen jegliches Selbstbewußtsein genommen. Vor allem auwärts tritt die Mannschaft total verunsichert auf. Sobald der Gegner Druck ausübt, ist es um die Franke-Elf geschehen und es gelingt kaum noch ein konstruktiver Spielzug. Mit Ausnahme der letzten 20 Minuten gegen Hannover galt für den CFC in allen vier Auswärtsbegegnungen die Aussage eines DSF-Reporters, welcher das Auftreten der Himmelblauen mit "Chemnitz fand nicht statt" umschrieb. Lief auswärts gar nichts zusammen, so stimmte in den Heimspielen zumindest das kämpferische Element. Gegen Köln konnte so das Spiel noch rumgerissen und gegen Mannheim 75 Minuten lang mit einem Mann weniger das Remis gehalten werden. Auch gegen Cottbus wäre ein Unentschieden das gerechtere Resultat gewesen.

Ausfall von Leistungsträgern. Ervin Skela und Nebosja Krupnikovic, in der Hinrunde noch überragend und hochgelobt, sind seit Beginn der Rückrunde ein Totalausfall. Gerade die Ideen und Kreativität der beiden Mittelfeldspieler benötigt das Spiel des CFC dringend. Die Folge: das Mittelfeld wird meist vom Gegner beherrscht, so daß die Himmelblauen versuchen mit langen Bällen in die Spitze zum Erfolg zu kommen. Doch dieses Rezept wird vom Gegner meist schnell durchschaut und erweist sich somit als wirkungslos. Marco Dittgen steht im Angriff auf verlorenen Posten. Kommt er doch mal an den Ball, stehen ihm mehrere Gegenspieler auf den Füßen. Unterstützung von seinen Mitspielern erhält er nur selten. In den letzten Spielen fehlte dem Saarländer bei seinen wenigen Chancen zudem das Schußglück.
Ein weiteres Manko ist das Fehlverhalten in der Abwehr. Ob Laude, Mehlo oder Hightower "Weber" - ihre Fehlerquote ist einfach zu hoch. Gerät die Abwehr unter Druck bricht das große Durcheinander aus. Kein Vergleich mehr zur letzten Regionalligasaison, als die Hintermannschaft des CFC noch den Garant für den Erfolg darstellte. Hier scheint ein Generationswechsel dringend nötig zu sein.

Fehlender Kampfgeist. Die kämpferische Einstellung wurde v.a. in den Auswärtsspielen vermißt. Da ergab man sich zu schnell in sein Schicksal und verlor erschreckend viele Zweikämpfe. Es geht nur über den Kampf zum Spiel - eine Floskel, die mich beim DSF sicherlich 5 Mark kosten würde. Aber so ist es nun einmal. Und wenn das die Spieler nicht in ihren Kopf bekommen, dann wird der CFC auf fremden Plätzen weiterhin nur Punktelieferant sein. Und da sollten sich die Verantwortlichen wirklich einmal fragen, ob es nicht besser wäre, die Reisekosten zu sparen und die Punkte gleich mit der Post zu schicken.

Falsche Taktik. Hintenreinstellen, Gegner anrennen lassen und dann schauen, ob vielleicht mal nach was vorne geht. So hat es der CFC in allen Auswärtsspielen versucht und jedesmal ging es gründlich daneben. Das Heft selber in die Hand nehmen, gegenzuhalten und versuchen das Spiel zu machen, das brachten die Jungs von Christoph Franke nicht auf die Reihe. So kann man auswärts nicht bestehen.

Keine Führungspersönlichkeit. Wo ist der Spieler, welcher die Mannschaft mitreißen und ihr den Weg weisen kann? Im Moment sehe ich da keinen. Spieler, die diese Rolle ausfüllen könnten, wie Mehlo, König oder Bittermann sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Vielleicht könnte Karsten Oswald in diese Rolle hineinwachsen. Zumindest ließ sein Auftritt gegen Cottbus stark hoffen.

Die Lichtblicke. Auch wenn es in der jetzigen Situation wenige sind, so gibt es doch einige Punkte, welche die Hoffnung erhalten, daß uns nicht das gleiche Schicksal wie 1996 ereilt. Da ist zum einen Peer Kluge. Der 19-jährige Youngster ist eine große Bereicherung für das CFC-Spiel. Einsatzfreudig, quicklebendig und mit dem Mut, den Abschluß zu suchen - so ist Kluge mehr als eine Alternative zu Skela. Die fehlende körperliche Robustheit wird sich das Mittelfeldtalent noch zulegen. Ein weiterer Lichtblick ist der bereits genannte Karsten Oswald. Gegen Cottbus nach seiner Verletzung endlich wieder dabei, war er der einzige, der sich etwas zutraute. Man konnte förmlich spüren, mit welcher Leidenschaft er nach dem Ausgleich der Lausitzer noch um den Sieg kämpfte. Typen wie Oswald hat der CFC dringend nötig. Daß der CFC sich auf seinen zweiten Mann im Tor verlassen kann, zeigte Steffen Süßner. Gegen Cottbus und Hannover vertrat Süßner den verletzten Ananiev und war jeweils der beste Mann der Himmelblauen. Auch wenn er den Kasten nach der Rückkehr von Ananiev wieder räumen müssen wird - es ist gut zu wissen, daß der CFC, v.a. wegen der Verletzungsanfälligkeit des Bulgaren, einen weiteren starken Keeper in der Hinterhand hat.
Was außerdem Mut macht, ist die gute Ausgangsposition des CFC im Abstiegskampf. Trotz der Niederlagenserie haben die Himmelblauen noch drei Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz, zudem kann im Nachholespiel gegen Nürnberg der Abstand ausgebaut werden. Mit dem Karlsruher SC, den Stuttgarter Kickers sowie dem FC St. Pauli empfängt der CFC alle direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg auf heimischen Rasen.

Das Abschneiden der Mannen von Christoph Franke auf der Fischerwiese wird somit entscheidend für den Klassenerhalt sein. Und da sollte die Führungsetage des CFC Weitsicht beweisen und alles dafür tun, daß das Stadion gefüllt wird. Mein Tip an die Verantwortlichen des CFC: Senkt die Stehplatzpreise, damit sich mehr Fans einen Stadionbesuch leisten können. Die Himmelblauen brauchen jetzt jegliche Unterstützung. Und belohnt die Auswärtsfahrer, welche bisher trotz der immer wiederkehrenden Enttäuschungen ihre Lieblinge unterstützt haben. Sie haben es wirklich verdient!

Am Sonntag steigt nun das erste von zehn Endspielen für den Chemnitzer FC. Zu Gast ist der Karlsruher SC. Die Badener, vor einigen Jahren noch gefeiert wegen ihrer überragenden Auftritte im Europapokal, stehen vor einem Scherbenhaufen und zieren das Ende der Zweitligatabelle. Das Spiel gegen den KSC kann für den CFC schon richtungsweisend sein. Mit einem Sieg könnte der negative Trend der letzten Spiele gestoppt und der KSC endgültig in Richtung Dritte Liga geschickt werden. Eine Niederlage wäre abgesehen von den verlorenen Punkten auch für die Moral verheerend. Denn wenn der CFC schon gegen den Tabellenletzten nicht in der Lage ist, zu gewinnen, gegen wen soll es dann klappen? Darum kann es Sonntag nur eins für die Truppe um Kapitän Bittermann geben: 90 Minuten bedingungsloser Einsatz und Kampf. Und sich endlich mal wieder als Einheit zeigen, bei der jeder Spieler bereit ist, für den anderen zu laufen. Und auch die Fans sollten Gespür für die besondere Situation beweisen und nicht schon beim zweiten oder dritten Fehlpaß pfeifen, sondern supporten was das Zeug hält. Damit man später einmal sagen kann: "Damals gegen den KSC, das war der Wendepunkt - und ich habe mitgeholfen".

Man sieht sich im Stadion.