Aktion 'Rasen für Erwin'

01.09.2001 von Pierre Schönfeld & Frank Neubert
Die "Clubsurfer" erfüllen letzten Wunsch einer großen Chemnitzer Fußballerlegende

Schussgewaltig: Erwin HelmchenAm Samstag, den 8.9., werden die Himmelblauen in den hohen Norden reisen und beim SV Holstein Kiel antreten. Der Verein von der Ostsee war erst in der vergangenen Saison aus der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen. Für die beiden Vereine ist es das erste Aufeinandertreffen in einem Punktspiel und nach dem verpatzten Saisonauftakt wird es für die Himmelblauen bereits um sehr viel gehen.

Nur die wenigsten unter den Chemnitzer Fußballanhängern werden aber wissen, daß Kiel auch in anderer Beziehung von großer Bedeutung für den Chemnitzer Fußball ist. Denn hier im hohen Norden Deutschlands fand eine große Chemnitzer Fußballerpersönlichkeit seine letzte Ruhe. Die Rede ist von Erwin Helmchen, dem herausragenden Spieler des PSV Chemnitz in den 20er und 30er Jahren. Wer sich ein wenig mit der Geschichte des Chemnitzer Fußballs befaßt, wird unweigerlich auf seinen Namen stoßen. Helmchen war ein Vollblutstürmer, der in seiner ganzen Karriere sagenhafte 2.500 Treffer erzielte. Darunter waren so legendäre Treffer wie die drei Tore beim 5:2 der Polizeisportler gegen den FC Madrid im Jahre 1934.

Über 20 Jahre spielte Erwin in und für Chemnitz, ehe er zunächst nach Lübeck und später nach Kiel ging. Doch tief im Herzen blieb Helmchen mit seiner Fußballerheimat Chemnitz verbunden.
Beleg dafür ist der von ihm überlieferte Wunsch, auf dem Stadiongelände an der Gellertstraße begraben zu werden. Dort wo er seinen Gegnern das Fürchten lehrte und dabei die Massen begeisterte. Doch dieser letzte Wunsch konnte ihm nicht erfüllt werden.

Das Grab von Erwin Helmchen und seiner Frau Erna in KielDer Zufall wollte es, daß sich vor erst kurzer Zeit, und zwar am 8. Juni diesen Jahres, der Todestag von Erwin Helmchen zum 20. mal jährte. Und so stellte sich uns die Frage, ob es nicht doch möglich sei, den letzten Willen dieses bedeutenden Chemnitzer Fußballers zumindest im Ansatz zu erfüllen.

Daraus erwuchs die Idee, etwas von dem, das Helmchen die Welt bedeutete, auf unsere Fahrt nach Kiel mitzunehmen.
Während unseres Aufenthaltes in Kiel werden wir am Grab von Erwin Helmchen eine original Grasnarbe von der Fischerwiese niederlegen.
In Gedenken an einen großen Chemnitzer Fußballer.

» Wenn Ihr Fragen oder Meinungen zu der Aktion "Rasen für Erwin" habt, dann sendet diese bitte an helmchen@cfc-fanpage.de.


Wer war Erwin Helmchen und welche Bedeutung hatte er für den Chemnitzer Fußball?
Im folgenden zeichnen wir ein Porträt des "Stars" vom PSV Chemnitz in den 30ern.


Helmchen in typischer Aktion: Auf Torejagd fuer den PSV ChemnitzErwin Helmchen und sein PSV

In der Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs ist ihm ein Foto gewidmet, dem Chemnitzer Stürmer Erwin Helmchen. Allerdings muß man weit zurückblättern, um den am 10. Mai 1907 in Cottbus geborenen Fussballer zu finden. Oft erinnern sich nur noch die Alten an ihn, wenn er für seinen Polizeisportverein Chemnitz mal wieder ein Spiel entschieden hatte.
1928 zog es den 21-Jährigen von der Lausitz nach Sachsen. Dort wurschtelte gerade der Sportverein der Grünröcke vor sich hin und kam im Duell mit dem großen CBC (Chemnitzer Ballspiel-Club) meist immer einen Schritt zu spät. Das änderte sich zu Beginn der 30iger Jahre. Mit Weggel im Tor und vor allem mit Helmchen im Sturm entwickelte sich der PSV zunächst im regionalen Maßstab zu einem gefürchteten Gegner. Mit der Teilnahme an der Qualifikationsrunde für die Deutsche Meisterschaft 1932 war trotz der 2:3 Niederlage gegen Bayern München auch im nationalen Rahmen der Durchbruch geschafft. Es folgten große Spiele gegen den FC Madrid 1934 (5:2) oder Schalke 04 1935 (2:3), die belegten, dass die Polizisten aus Chemnitz einen guten Fußball spielten. Und immer schoß Erwin Helmchen dabei sein Tor. Seine Begeisterung für den Fußball ging dabei soweit, dass er sich wünschte, nach seinem Tode an der Gellertstraße beigesetzt zu werden.

Über 100 Mal spielte Helmchen in der Stadt- und in der Sachsenauswahl. Bei Otto Nerz oder Sepp Herberger fanden die Stürmerqualitäten des Ausnahmefussballers jedoch kein Gehör. Ein Länderspiel war dem Wahl-Chemnitzer nicht vergönnt.
Trotzdem blieb er immer eine geachtete Sportlerpersönlichkeit mit großer Vorbildwirkung auf seine Kameraden.
Nach dem 2. Weltkrieg und der Auflösung des PSV spielte Erwin Helmchen wiederum an der Gellertstraße bei Chemnitz Nord. 1950 siedelte er nach Lübeck über, wo ihn sein dort beim Arbeitsamt tätiger Bruder bereits erwartete. Die folgenden zwei Jahre spielte und trainierte er beim VfB Lübeck, der damals ebenfalls als Polizeisportverein galt.
Erwins letzter Wunsch: Auf der Fiwi begraben sein1952 zog der inzwischen 45-Jährige in die Landeshauptstadt nach Kiel. Dort arbeitete der Polizist Helmchen nun in der Abteilung Gerätebeschaffung beim Innenministerium Schleswig-Holstein. Dem Fußball sagte er noch lange nicht Lebewohl. Bis 1956 gab er seine Erfahrungen als Trainer des SV Friedrichsort im Norden von Kiel weiter. Nicht nur nebenbei erwähnt, der SVF spielte damals in der Landesliga, der damals höchsten Spielklasse.

Erwin Helmchen wohnte bis zu seinem Tod am 8. Juni 1981 mit seiner Frau Erna in einem roten Siedlungsreihenhaus in Kiel- Elmschenhagen. Dort in der Nähe, wo er ein neues Zuhause fand, wurde er auch begraben.

In seinem Leben als Fußballer schoß er über 2500 Tore.