Im Mai 2024 jährt sich zum 90. Male der Geburtstag der heutigen Spielstätte unserer Himmelblauen. Die Eckdaten sind weitgehend bekannt - die Eröffnung erfolgte am 13. Mai 1934 durch den Polizeisportverein Chemnitz, welcher 1945 nach Kriegsende aufgelöst werden musste. Die „Fischerwiese“ wurde zur Heimstätte des FCK, und nach der Wende zu der des CFC. Zwischen 2014 bis 2016 erfolgte ein Neubau während des laufenden Spielbetriebs. Wir möchten in vier Teilen auf die Geschichte dieser für Chemnitz so traditionsreichen Sportstätte zurückblicken.
Teil 1: Wie es zum Bau des Polizeisportplatzes an der Planitzstraße kam
Für die Vorgeschichte müssen wir zurück bis in das Jahr 1899 blicken. Dort überließ die Stadt Chemnitz dem sächsischen Militär an der Planitzstraße (heute: Heinrich-Schütz-Straße) linksseitig ein großes Areal, auf welchem bis 1902 eine Kaserne für das Infanterieregiment Nr. 181 entstand. Erster Kommandant war Oberst von Hausen (merken!). Ab 1905 wurde noch eine angrenzende Kasernenanlage für die Kavallerie errichtet, welche 1908 vom Ulanen-Regiment Nr. 21 bezogen wurde. Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg und dem Versailler Vertrag durfte die junge Weimarer Republik nur ein Berufsheer von 100.000 Mann unterhalten - die Chemnitzer Kasernen standen nun leer. Aber die Stadt wußte sich zu helfen und quartierte auf dem Gelände die Sächsische Landespolizei (ab 1922) und die Finanzbehörden ein.
Die Polizei arrangierte sich mit diesem neuen Standort und betrieb neben ihrem täglichen Dienst auf dem einstigen Kasernengelände vielfältigen Sport (Fussball, Handball, Leichtathletik, Judo). Bereits am 16. August 1920 war der PSV (Polizeisportverein) Chemnitz gegründet worden, der bald sportlich von sich reden machen sollte und als gefährlichster Konkurrent des renommierten Chemnitzer Platzhirsches CBC in hitzigen Stadtderbys dessen Ablösung besorgen wird. Aber noch war es nicht soweit. Die Leibesübungen der „Grünhemden“ fanden auf dem Platz an der Hausenstraße (gemerkt?) statt, welche das Gelände unterhalb der Kasernen zur Planitzwiese abgrenzte. Die Straße gibt es heute nicht mehr, aber sie würde an der heutigen Einfahrt zu AdMedia beginnen. Den damaligen ersten PSV-Sportplatz müsste man etwa hinter dem Terra-Nova-Campus verorten.
Auf diesem Platz an der Hausenstraße begann der Aufstieg des PSV Chemnitz. Im Sommer 1925 stieg man aus der 1b-Klasse in die Gauliga Mittelsachsen auf, wo der CBC als Abo-Meister galt. Zwölf Titel sammelte der Chemnitzer BC von 1905 bis 1929 in dieser (höchsten) Spielklasse ein, aber ab 1930 gab es einen neuen Sieger - den PSV, der drei Titel in Folge holte, bevor diese Spielklasse 1933 aufgelöst und die Gauliga Sachsen als neues Format etabliert wurde. In dieser Zeit gelang dem PSV auch etwas, was dem CBC nie vergönnt war. Im Endspiel um die Mitteldeutsche Meisterschaft (heute vergleichbar mit NOFV-Süd) besiegten die Grün-Weißen 1932 den ruhmreichen Dresdner SC mit 3:2 und brachten zum ersten Mal den Titel „Mitteldeutscher Meister“ nach Chemnitz.
Inmitten dieser aufregenden sportlichen Zeit muss es die Polizeisportler wie der Tritt eines Pferdes getroffen haben, als ihnen von der eigenen Dienststelle verkündet wurde, den Platz an der Hausenstraße nicht mehr nutzen zu dürfen. Das Gelände sollte wieder „als Reitbahn“ verwendet werden! Anmerkung dazu: In dieser politisch aufgeheizten Zeit setzte man viel auf berittene Polizeistaffeln, auch in Chemnitz. Weiterführende Literatur berichtet dazu passend, das ab 1933 eine „berittene Abteilung der Schutzpolizei“ an der Planitzstraße stationiert wurde. Wehmütig wurde sich am 5. Juni 1931 mit einem 5:2 gegen Wacker Halle vom alten Platz verabschiedet. Im Monatsheft des PSV (Juni 1931) schreibt man dazu:
Das letzte Spiel auf unserem Platze an der Hausenstraße. Ein wehmütiges Gefühl ergriff wohl alle, die das Wachsen und Gedeihen unseres PSV mit erlebt hatten. Der Verlust des Platzes, auf dem mancher Polizeibeamte freie Stunden bei körperlicher Leibesübung verbrachte und manches Spiel die langen Bereitschaftstage verkürzen half, ist ein schwerer Schlag für den aufstrebenden PSV, ein Schlag, der schwer zu verwinden sein wird. Noch einmal waren die Traversen an der Hausenstraße gut gefüllt, als sich der Saalemeister, Wacker Halle, den Unseren zum Kampf stellte.
Mit Beginn der Saison 1931-32 tingelte der zu diesem Zeitpunkt beste Verein der Stadt über die verschiedenen Chemnitzer Sportplätze. Bis Dezember 1931 pachtete man die Innenfläche in der Radrennbahn Altendorf (heute Areal der Handwerkskammer), gab das aber wegen fehlender Zuschauer schnell wieder auf. Man spielte auf der Jahnkampfbahn (Fürstenstraße), auf der Südkampfbahn (heute Sportforum), und fragte schließlich beim FC Preussen Chemnitz nach, dem damals das heutige Stadion an der Clausstraße gehörte. Dort fand man dankbaren Unterschlupf, konnte die Spiele austragen, und sich nebenbei um den Neubau eines eigenen Platzes kümmern.
Bereits 1928 hatte der städtische Konkurrent CBC einen neuen Platz an der Mittagleite in Reichenhain eröffnet (heute: Poststadion), und nun musste auch der PSV eine neue Spielstätte erschaffen. Die Vereinsleitung hatte sich derweil schon Gedanken gemacht. Eine Variante sah einen Neubau an der noch unbebauten Beethovenstraße vor, ganz in Nähe der Jahnkampfbahn, die zweite Variante zielte auf den „städtischen Spielplatz am Straßenbahndepot Planitzstraße“ ab, den heutigen Standort des Stadions. Nun musste man allerdings mit der Stadt über dieses Gelände verhandeln, und dies gestaltete sich äußerst zäh. Im Monatsheft des PSV (Juni 1932) schreibt man dazu:
Die mit dem Rat der Stadt Chemnitz um Überlassung des Geländes am Straßenbahndepot an der Planitzstraße geführten Verhandlungen waren bisher äußerst schwierig, doch stehen sie nunmehr vor dem Abschluß. Ein anderes Gelände kam für uns nicht in Frage, weil sonst keine Möglichkeit der Benutzung während der gewöhnlichen Bereitschaft gewesen wäre.
Bereits im nächsten Monatsheft des PSV (Juli 1932) konnte man endlich Erfolge vermelden:
Polizei-Sportplatz: Dicht hinter dem Straßenbahndepot an der Planitzstraße, idyllisch am Rande des Zeisigwaldes gelegen, entsteht jetzt eine neue Heimat des PSV. Der erste Spatenstich zu den Planierungsarbeiten an den über 25.000 qm großen Gelände wurde am 30.6.1932 getan.
In den nächsten Monaten wurde nun fleißig geackert, Erde ausgehoben, Ränge aufgeschüttet und Drainage verlegt. 95 Arbeiter (Höchstzahl) werkelten mit 20 Kippwagen und 600 m Gleis auf dem Gelände. Und dies alles unter der strengen Aufsicht von „Herrn Stadtbaudirektor Fischer“, einem PSV-Mitglied, welches schon in Dresden am Bau der modernen Ilgen-Kampfbahn beteiligt gewesen war. Nach den Entwürfen sollte der Platz - also die spätere Fischerwiese - einmal bis zu 30.000 Zuschauer fassen können. Mit der Eröffnung sei aber erst im Jahr 1934 zu rechnen, da „der Boden einmal überwintern muss“, teilte man dem PSV-Vorstand bei einer der vielen Besichtigungen der Baustelle mit. Am 15.11.1933 hieß es dann: Platz fertig! Als Eröffnungstermin wurde nun der 13. Mai 1934 ins Auge gefasst. Aber da sind wir schon beim zweiten Teil unserer Geschichte.
Bildquellen: SLUB-Kartenarchiv, Monatshefte des PSV Chemnitz, Privat
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