Mitgliederversammlung: Aufstieg oder weg vom Fenster
26.03.2007, 22:59 Uhr | 912 Aufrufe
Mit einem reichlichen Vierteljahr Verspätung fand am Montag im Beruflichen Schulzentrum an der Lutherstraße die ordentliche Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC statt. Verantwortungsvoll und realistisch wollte der Vorstand des CFC seine Mitglieder über die sportliche sowie speziell wirtschaftliche Lage informieren und hatte daher die Versammlung, die eigentlich stets Mitte Dezember stattfindet, verschoben. Nach der Begrüßung der ca . 115 anwesenden Mitglieder (davon ein nicht unerheblicher Teil Spieler, Trainer sowie Vereinsführung, etc.) und dem Gedenken an die verstorbenen Mitglieder Hanno Griesbacher sowie Winfried Meier nahm sich Vorstandschef Dr. Matthias Hänel dieser informatorischen Aufgabe an.
Dr. Hänel begann mit einem Rückblick auf die Erfolge des FCK/CFC, der mit dem „Scheitern jeglicher sportlicher Ziele“ ab dem Jahr 2000 endete. Deckungsgleich habe sich die wirtschaftliche Lage entwickelt, fuhr er fort. Die Ursachen dafür umriss er knapp: Investitionen beim Bundesligaaufstieg 1999 und zum Teil aus dieser Zeit stammende enorme Personalkosten (u.a. aus 8 vorzeitigen Trainerentlassungen) würden den Verein noch heute belasteten. Die oft drohenden Insolvenzen sowie häufige Wechsel in den Vereinsorganen (29 verschiedene Vorstandsmitglieder in 6 Jahren) hätten keine kontinuierliche Arbeit zugelassen. Diese Fakten, die aber eigentlich nicht sonderlich überraschend waren, hätten die Vereinführung 2006 zu einer Änderung der Vereinsphilosophie veranlasst. Fortan sollte mehr auf Leute aus der eigenen Nachwuchsriege gesetzt werden, um die Identifikation mit dem Verein hoch zu halten.
Dann schwenkte Dr. Hänel in die Gegenwart und nannte zunächst die Zahl von 721 Mitgliedern als Stand der Dinge. Die schon einmal erreichte 1.000 zu überschreiten schrieb er im gleichen Atemzug als Ziel aus.
Es folgte ein Anriss der sportlichen Situation fast jeder CFC-Mannschaft. Im Fokus stand natürlich die Oberligaelf. Der Vorstand sei sehr unzufrieden mit dem bisher Erreichtem in der Rückrunde und die Situation sei ernst, beschrieb Dr. Hänel die aktuelle Lage, um anschließend an Spieler und Trainer der Mannschaft zu appellieren, sich ihrer Verantwortung für den Gesamtverein im Klaren zu werden.
Nach dem sportlichen Überblick ging es an die Kasse. Dr. Hänel berichtete, dass das Geschäftsjahr 2005/06 mit einem Bilanzminus von 613.000 EUR abgeschlossen wurde – ein Verlust, der unter anderem aus der Abwertung der Immobilie Carolastraße und einer Rückstellung für eventuelle Nachforderungen des Finanzamtes für das Spieljahr 1999/2000 gründet. Dazu käme noch eine Unterdeckung von etwa 300.000 EUR für die aktuelle Saison. Unter dem Bilanzstrich ergäbe das eine Überschuldung von 403.000 EUR. Die aus diesen Zahlen eigentlich resultierende Insolvenz hätte nur durch eine positive Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung des Vereins abgewendet werden können. Außerdem hätten durch Zusatzzahlungen von Sponsoren sowie einen durch persönliche Bürgschaften von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern abgesicherter Kredit von 200.000 EUR die Zahlungsfähigkeit für die aktuelle Saison erhalten.
Dr. Hänel benannte auch an dieser Stelle noch einmal Ursachen: Negative Einflüsse seien die Zugkraft finanzstarker Bundesligavereine für Nachwuchsspieler, fehlende Großsponsoren, kaum Planungssicherheit für folgende Spielzeiten, oft wenig kompetente Besetzungen der Vereinsorgane, mangelnde Mitglieder- und Sponsorenpflege, unzureichendes Vereinsleben sowie brachliegende Kontaktpflege zu Vereinen in und um Chemnitz.
Nach diesen wenig erfreulichen Daten, deren Ernsthaftigkeit Dr. Hänel in seinem monotonen Vortrag wohl noch nicht einmal richtig unterstreichen konnte, erläuterte er den Anwesenden das Konzept aus der Krise. Die wesentlichen Eckpunkten dessen lauten: Aufstieg in die Regionalliga 2006/07, Qualifikation für die 3. Liga 2007/08 und Sicherung dieser im Folgejahr. Diesem äußerst optimistischen Plan gehört auch der Ausbau des Nachwuchses unter anderem mit der Erreichung internationaler Zertifikate für das Nachwuchszentrum und die Sicherung der jeweils höchsten Spielklassen aller Altersstufen an. Des weiteren sieht das Konzept die Schaffung einer sicheren wirtschaftlichen Basis vor. Auch das Stadion des CFC soll bis 2009/10 bundesligatauglich sein. Dr. Hänel appellierte dann noch einmal an die Mannschaft, dass die aktuelle Situation (mit dem noch möglichen Aufstieg) eine einmalige Chance sei, die der CFC unbedingt nutzen müsse, denn sonst sei der Club weg vom Fenster. Diese Aussage setzte Dr. Hänel noch einmal mit anderen Worten an den Schluss seines Berichtes, in dem er auch noch Eckdaten zum möglichen Regionalligaspieljahr 2007/08 nannte: Ein Etat von 2,6 Mio. EUR (der geringste aller Regionalligisten im NOFV-Gebiet) bei einer Erweiterung des Kaders von aktuell 20 auf 22 bis 24 Spielern und einem Zuschauerschnitt von 3.500.
Die kurzen Berichte von Aufsichtsratschef Uwe Reißmann und Kassenprüfer Schmidt boten dann wenig Gesprächsbedarf, so dass die Diskussionsrunde sich auf 2 Wortmeldungen und da auch nur auf mehr oder weniger Banalitäten aus dem Ligaalltag beschränkten. Zumindest entlockten diese Meldungen Dr. Langer, dass es am kommenden Montag mit Chemnitz’ Bürgermeisterin Barbara Ludwig Gespräche über ein Fanprojekt, in dem auch ein Dr. Schuler von der Arbeiterwohlfahrt eine Rolle spielen soll, geben wird.
Nach der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat ohne Gegenstimme, sowie den Ehrungen (Hans-Jürgen Beckert, Daniel Wölfel mit Ehrennadel in Bronze; Erwin Trageser mit Ehrennadel in Silber; Uwe Reißmann mit Ehrennadel in Gold) wünschte Dr. Langer nicht nur Uwe Reißmann ein gemeinsames tolles Fest auf dem Marktplatz. Dem schloss sich in der Minischlussbemerkung Dr. Hänel an: „Auch ich würde diese Juni-Veranstaltung gerne mitnehmen.“