CFC-Mitgliederversammlung: Außer Spesen kaum was gewesen

14.12.2023, 23:13 Uhr | 2767 Aufrufe
Mitgliederversammlungen beim Chemnitzer FC e.V. waren einst relativ schnell durch. Für die ordentliche Mitgliederversammlung für 2023 am vergangenen Donnerstag mussten die CFC-Mitglieder hingegen Ausdauer beweisen. Insgesamt 5 Stunden dauerte die – nach den Turbulenzen im Sommer - mit Spannung erwartete Versammlung.

Insgesamt 315 der 2571 Mitglieder (12 Prozent) waren in die Messehalle Chemnitz gekommen, eine eher enttäuschende Zahl.

Dabei waren die erste Mannschaft samt Trainerteam und diverse himmelblaue Nachwuchskicker anwesend. Vom alten Vorstand und den zurückgetretenen Aufsichtsratsmitgliedern hingegen liess sich keiner blicken. Dafür waren Matthias Polster, Ehemann der ehemaligen Vorstandschefin und Susanne Bilz, die einst vom alten Vorstand beratend kooptiert wurde, anwesend.

Durch den Abend führte Ehrenratsmitglied Mario Lengtat als Versammlungsleiter, welche sich als anspruchsvolle Aufgabe entpuppen sollte.

Vereinschef betont Transparenz und Offenheit

Mitgliederversammlung 2023Die Mitgliederversammlung eröffnete der Vorstandsvorsitzende Helmut Brunhuber. Brunhuber, gebürtiger Saarländer und Chef von Burger King in Chemnitz, will den CFC wieder zu einem „städtischen Partner machen“ auf den Verlass ist. Der CFC will verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und Transparenz und Offenheit leben. Klar positionierte sich der Vereinschef auch gegen Hass, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. Brunhuber bedankte sich bei seinen Vorstandskollegen, der Geschäftsstelle, den Nachwuchs- und NLZ Mitarbeitern, den Sponsoren und Partnern. Explizit nannte er auch den nach den jüngsten Ergebnissen in die Kritik gekommenen Chefcoach Christian Tiffert, der „geblieben ist und die schwere Herausforderung angenommen hat.“ Die Mitglieder quittierten die Aussage mit Applaus.

Brunhuber betonte "Wir sind kein Nazi-Verein. Unser Verein lebt." und appellierte an Mitglieder und Fans den Weg gemeinsam zu gehen.

Kein Rechenschaftsbericht des Vorstands und keine Zahlen

Dann entschied die Mitgliederversammlung über die Zulassung von Medienvertretern und Gästen – beides mal mehrheitlich „Ja“. Wobei insbesondere die Teilnahme des MDR kritisch gesehen wurde und Stimmen über eine getrennte Abstimmung zu den einzelnen Medienvertretern laut wurden.

Danach ging es um die Tagesordnung.

Mitgliederversammlung 2023Matthias Polster ergriff das Wort und beantragte den Rechenschaftsbericht des alten Vorstands und die Zahlen durch den Steuerberater Andre Schmidt vortragen zu lassen. Formal gesehen hat Schmidt, da kein Mitglied, kein Rederecht, so der Versammlungsleiter. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt was Polster mit der Aussage "Möchte mich bedanken, es werden keine Zahlen vorgetragen und wünsche eine konstruktive Veranstaltung." quittierte.

Versammlungsleiter Mario Lengtat empfahl die Tagesordnungspunkte 15 und 16 (Entlastung Vorstand und Aufsichtsrat 22/23) aufgrund nicht endgültiger Jahresabschlüsse von Verein und GmbH zu streichen. Dem folgte die große Mehrheit der Mitglieder.

Von einem Mitglied wurde beantragt, beide Rechenschaftsberichte von der Tagesordnung zu streichen, was abgelehnt wurde und so bekamen die Mitglieder später zumindest den Bericht des Aufsichtsrates zu hören.

Auch die Vorstellung der beiden vorläufigen Jahresabschlüsse von Verein und GmbH sollten lt. der Mehrheitsmeinung der Mitglieder auf der Tagesordnung bleiben, doch aufgrund eines Vetos aus Gesellschafterkreisen wurden diese am Ende nicht präsentiert.

Bericht des Ehrenrates durch Eberhard Langer

Eberhard Langer sprach dann über die Arbeit des Ehrenrates, wo er der 89jährige seit Ende 2022 den Vorsitz hat. Seit der neue Vorstand am Werk ist, sei vieles besser geworden und man trifft sich jetzt auch regelmäßig gremienübergreifend. U.a. sähe man den Ehrenrat als Vermittler und Streitschlichter, so auch in der Causa Georgi/Bauch vs. alter Vorstand, wo dafür gesorgt wurde, dass das Betretungsverbot, welches einst von Siemon verhängt wurde, aufgehoben wurde. Langer sprach sich für die Verjüngung des Ehrenrates und für Frauen im Ehrenrat aus.

Abstimmungsmarathon über Satzungsänderungen

Dann startete Tagesordnungspunkt 7 zur Änderung der Satzung, welcher in einen zweistündigen Abstimmungsmarathon mündete. Der Grund waren teils verschiedene Varianten der Formulierungen und zusätzliche Änderungsanträge durch Mitglieder. Für eine Satzungsänderung war eine Zustimmung von ¾ der Mitglieder notwendig.

Nachfolgend die wichtigsten Ergebnisse.

Die Erhöhung der Zahl der Gesellschafter im Aufsichtsrat –abgelehnt.

Begründet wurde dieser Antrag aus Sicht der Gesellschafter damit, dass man so besser neue Gesellschafter für die GmbH gewinnen könne. Hier ergriff Jürgen Thomas das Wort. Einzelne Mitglieder argumentierten in der Aussprachen dagegen: „Es gäbe aktuell keinen Grund die Zahl der Gesellschafter zu erhöhen“.

Auch nicht die erforderliche Mehrheit fand der sinnvolle Änderungsantrag, dass im Aufsichtsrat mindestens 2 Gesellschafter sein sollen, statt müssen.

Recht des Mitglieds auf Zugänglichkeit zur Bilanz (+Versand) – zugestimmt

Sicherstellung des richtigen Verhältnis von GmbH-Vertretern im Aufsichtsrat zu den sonstigen Aufsichtsräten und unmittelbares Ausscheiden von Aufsichtsräten, die keine Gesellschafter mehr sind- zugestimmt

Grundsätzlich keine Rechtsgeschäfte von Vorstandsmitgliedern mit eigener Begünstigung („Causa Polster Catering“) – abgelehnt

Keine Kooptierungsmöglichkeit von Vorstandsmitgliedern – zugestimmt

Keine Kooptierungsmöglichkeit von Ehrenratsmitgliedern – zugestimmt

Durchführung der ordentlichen Mitgliederversammlung innerhalb von 10 statt 6 Monaten nach Geschäftsjahresende – zugestimmt

Hier führte Uwe Hildebrand detailliert auf, wie lange es jeweils in GmbH und Verein dauert, bis die Zahlen zusammengetragen, validiert und veröffentlicht werden können und das es unmöglich ist, diese bis Dezember vorliegen zu haben.

Standing Ovations für Ehrenmitglied Karl-Heinz Sarfert

Mitgliederversammlung 2023Auf Tagesordnungspunkt 8 standen die Ehrungen verdienter Mitglieder mit Ihren Jubiläen und Geburtstagsglückwünsche auf dem Programm. Bei den Jubiläen waren bekannte Namen wie Rico Steinmann und Meisterspieler Fritz Feister zu lesen. Höhepunkt war die Ehrung des ehemaligen Schatzmeisters vom Club nach der Wende, dem 95jährigen Karl-Heinz Sarfert. Sarfert erhielt die Ehrenmitgliedschaft des CFC und darf ab sofort kostenfrei in den VIP-Bereich. Der Rentner nahm die Glückwünsche und Standing Ovations strahlend entgegen.

BTW… Sarfert ist der Beweis, dass man auch mit dem Club alt werden kann. ;-)

Danach startete die Wahl zum Ehrenrat. (Bis zu) 7 aus 14 Kandidaten konnten die Mitglieder auf dem Wahlzettel ankreuzen, der 89jährige Ex-OB Eberhard Langer hatte kurzfristig zurückgezogen.

Bericht des Aufsichtsrates Norman Löster

Dann stand der Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden Norman Löster auf dem Programm. Löster war nach dem Rücktritt von Ex-AR-Chef Knut Müller und dem Ausscheiden von Grit Hofmann zum Vorsitzenden gewählt worden. Beide hatten keine Lust auf die Veranstaltung und auch nicht auf den Rechenschaftsbericht. So hätte Norman Löster diesen zusammen mit den verbliebenen Aufsichtsräten (Kermer, Ballack, Illing) erstellt.

Norman Löster schilderte detailliert die Ereignisse rund um das Aufdecken der für den Club nachteilhaften Cateringverträge die in Folge zu einem absoluten Vertrauensverlust und folgerichtigen Rücktritt der Führungsriege geführt hatten. Zu dem Defizit in der vergangenen Saison führte Löster aus, dass dem Aufsichtsrat mehrfach ein Budget mit einer Unterdeckung vorgelegt wurde, welches man erst im dritten Anlauf mit der Auflage, Kosteneinsparungen vorzunehmen, genehmigt hätte. Löster kritisierte die Doppelpositionen, die nachweislich zu Interessenkonflikten geführt hätten.

Die Förderung und Weiterentwicklung des Nachwuchsleistungszentrums sieht der Aufsichtsratschef nach wie vor als Schwerpunkt und betonte wie schwer diese Aufgabe mit dem aktuellen Budget ist, insbesondere im Vergleich zur wesentlich besser ausgestatten Konkurrenz. Umso bemerkenswerter sind die sportlichen Erfolge.

Zum Schluss betonte Löster, dass es darum ginge, sich auf Basis von Verlässlichkeit und Ehrlichkeit nachhaltig weiterzuentwickeln.

Positive Signale vom Nachwuchs

Uwe Juds, in Vertretung von NLZ-Chef Ulf Mehlhorn, verbreitete dann gute Stimmung als er über die Erfolge des Nachwuchses berichtete. Bis auf die A-Junioren spielen alle Mannschaften in der jeweils höchsten Spielklasse und die B-Junioren waren auf Platz 2 in der Hinrunde und haben den Landespokal gewonnen. Auch finanziell sieht es im NLZ gut aus, so hat man in der vergangenen Saison einen Überschuss von 94.700 € erzielt, in der laufenden Saison rechnet man mit einem Überschuss von 2000 €. Zudem hätte man mit dem Transfer von Aaron Riedel und Stephen Tabuaa zu Union Berlin sogar Transfererlöse erzielen können.

Juds betonte in dem Zusammenhang die essentielle Bedeutung, dass die Mitglieder ihre Beiträge bezahlen.

Auf dem Weg zur schwarzen Null

Zum Tagesordnungspunkt 17 „Informationen und Aussprache zur sportlichen Bilanz der Saison 2022/23 und zum bisherigen Verlauf der aktuellen Saison“ schritt Geschäftsstellenleiter Tommy Haeder ans Pult. Haeder, der im Sommer die Unregelmäßigkeiten in Sachen Catering ins Rollen gebracht hatte, schilderte die immens schwierige Situation im Mai, insbesondere vor dem Sachsenpokalfinale gegen Leipzig, wo viele Spieler überhaupt nicht gewußt hätten, ob und wie es für sie weiter geht. Hier würdigte Haeder nochmals Chefcoach Tiffert, der trotz der schwierigen Umstände weitergemacht hat.

Haeder nannte an dem Abend erstmals auch Zahlen, so hätte die GmbH am Ende der Saison 22/23 eine knappe Million Nasse gemacht und die Situation war dramatisch. Nur durch eine halbe Million Zuschuss durch die Gesellschafter hätte man überlebt. Und dass trotz dass der CFC Sondereinnahmen von ca. 350k€ durch die beiden Spiele gegen Union und den Schacht generieren konnte.

Zukünftig wolle man „gesund wirtschaften und nie mehr ausgeben, als man einnimmt“. Diese Saison zählt allein die Konsolidierung und der Klassenerhalt. Man wolle ein „gesundes Fundament bauen“, so dass man nächste Saison auch wieder ambitioniertere sportliche Ziele anvisieren könne. Gleichzeitig nahm Haeder auch die Mannschaft in die Pflicht: „Spiele wie in Erfurt sollen sich nicht wiederholen“.

Erste Erfolge verzeichnet man mit der positiven Sponsoren-Entwicklung und den der Erhöhung der Spieltagseinnahmen. Die Personalkosten wurden um 50% reduziert. Diese Saison strebe man eine „Schwarze Null“ an. Aktuell steht man in der (Worst-Case-)Prognose bei -270k€. Dann hätte man 700k€ Altlasten (u.a. Schulden bei der SAB) abgebaut.

Geplant sind weiterhin Kooperationen im Rahmen der Sportstadt Chemnitz, namentlich den Niners und Crushers.

Liebesgrüsse gab’s vom Geschäftsstellenleiter noch an den alten Vorstand und die anwesenden Polster und Bilz mit den Worten „es ist ein grausames Bild, dass der alte Vorstand sich nicht stellt, und das hinter den Kulissen falsche Stimmung gemacht wird."

Haeder schloss mit den Worten „Niemand ist größer als dieser Verein“ – Applaus.

Ehrenratswahl ungültig

Als Wahlleiter Günther Schneider gegen Ende der Veranstaltung ans Pult schritt und erklärte, dass die Wahl des neuen Ehrenrates ungültig war, hielt das viele zuerst für einen schlechten Scherz. Doch es war so, nur vier Kandidaten hatten die einfache Mehrheit erhalten und wären damit gewählt gewesen, mindestens fünf hätten es laut Satzung sein müssen. So muss die Wahl wiederholt werden und da bei der nächsten Mitgliederversammlung der Aufsichtsrat neu zu wählen ist, läuft es auf eine außerordentliche Mitgliederversammlung im nächsten Sommer hinaus.

Versöhnliche Worte zum Abschluss

Zum Abschluss gegen 23 Uhr übernahm Helmut Brunhuber das Wort und betonte, dass er trotz aller Differenzen dem alten Vorstand die Hand reicht. Dann war eine mal wieder denkwürdige Mitgliederversammlung beendet.

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