Neuer Aufsichtsrat ohne Dr. Hänel! CFC-Mitgliedersammlung endet nach 5 Stunden.
29.04.2025, 22:59 Uhr | 2.128 Aufrufe
Die Mitgliederversammlung 2025 am Dienstagabend war lang und emotional. Knapp 5 Stunden diskutierten und stritten 364 Mitglieder des Chemnitzer FC (davon 351 stimmberechtigt) in den VIP-Räumlichkeiten der Fischerwiese über die Zukunft unseres Vereins.
Der neue Aufsichtsrat: Ein enges Rennen und eine Überraschung

Das wichtigste Thema des Abends war die Wahl des neuen Aufsichtsrates. Insgesamt neun Kandidaten bewarben sich um die sieben Plätze für das neue Gremium, welches für vier Jahre gewählt wird. Was beim letzten Mal noch eine Blockwahl war, war diesmal eine Einzelwahl, was für eine besondere Spannung sorgte.
Bereits im Vorfeld hatte Stephan Ballack seine Kandidatur zurückgezogen, bleibt dem Verein jedoch weiterhin beratend verbunden.
Für besondere Spannung sorgte die Kandidatur von Dr. Mathias Hänel. Der langjährige Vereinschef wollte mit viel Erfahrung, einem guten Netzwerk und dem Versprechen wirtschaftlicher Stabilität zurückkehren. Überraschenderweise reichte es am Ende für den Doc nicht. Hänel landete auf dem achten Rang und wurde somit nicht in den Aufsichtsrat gewählt. Am Ende fehlten ihm 14 Stimmen.
In den neuen Aufsichtsrat wurden gewählt:
Jürgen Thomas (305 Stimmen), Norman Löster (256), Tino Kermer (239), Matthias Amlung (208), Thomas Georgi (191), Dr. Steffen Börner (179) und Thomas Brückner (178). Norman Löster bleibt Aufsichtsratsvorsitzender.
Dr. Mathias Hänel (165) und Sebastian Reichel (163) sind offizielle Nachrücker für das Gremium.
Beschlossen: neue Beitragsordnung und lebenslange Mitgliedschaft

Die Mitgliederversammlung beschloss dann mit großer Mehrheit (nur 10 Gegenstimmen) eine neue Beitragsordnung – inklusive einer lebenslangen Mitgliedschaft für 1.966 Euro. Hiervon soll es maximal 66 pro Saison geben dürfen. Die ersten, darunter Gesellschafter Olaf Pönisch und Aufsichtsratschef Norman Löster, schlossen diese exklusive Mitgliedschaft bereits während der Versammlung ab.
Neu ist auch, dass es keine kostenlosen Mitgliedschaften mehr für Kinder unter 7 Jahre geben wird.
So will der Verein die Einnahmenseite deutlich erhöhen.
Beschlossen: Auseinandersetzung des Vereins mit der Strafenpolitik der Verbände
Zum Antrag für die „für die proaktive Auseinandersetzung und veränderungsorientierte Kritik des Chemnitzer FC e. V. an der Strafenpolitik der Fußballverbände“ trat Philipp Uhlig, Mitglied der Fanszene, UC99 und des Wahlausschusses an das Rednerpult. Uhlig betonte, dass es in dem Antrag explizit um den „verantwortungsbewussten Umgang mit Pyrotechnik“ gehen würde und dass Böllerwürfe (wie beim Spiel gegen den Schacht) oder Raketen (Gruss nach Rostock) ganz klar rote Linien sein würden. 13 Vereine, u.a. Union, hätten solche Anträge bereits beschlossen, die den Vereinen das explizite Mandat ihrer Mitglieder geben würde sich aktiv gegen die Strafenpolitik der Verbände zu wehren. Uhlig erinnerte in dem Zusammenhang auch an den Chemnitzer Weg in Sachen Pyrotechnik.
Von Vereinsseite meldete sich Geschäftsstellenleiter Tommy Haeder zu dem Antrag zu Wort, den man trotz anfänglicher Skepsis mittlerweile voll unterstützen würde. U.a. aus wirtschaftlichen Gründen - letzte Saison musste der Verein 20.000 € Strafen zahlen.
Mit großer Mehrheit (nur 12 Gegenstimmen bei 36 Enthaltungen) wurde der Antrag angenommen.
Wirtschaftliche Konsolidierung eine Herkulesaufgabe
Besonders genau hörten die Mitglieder bei der Vorstellung der Finanzzahlen hin. Tommy Haeder, CFC-Prokurist und einer der zentralen Figuren im Hintergrund, zeichnete ein Bild von mühsamem, aber stetigem Fortschritt. Noch im Juni 2023 war die GmbH überschuldet – nun steht ein Plus von 90.375 Euro. Möglich wurde dies durch strikte Ausgabenkontrolle, massiver Reduzierung der Personalkosten (-500k€), anteilige Gesellschafterbeteiligungen, aber auch durch gestiegene Einnahmen bei Zuschauern und Fanartikeln. Eine echte Herkulesaufgabe, wie Haeder es nannte.
Für die Chemnitzer FC Fußball GmbH konnte das Defizit von -812.972€(2022/23) auf -237.999€ reduziert werden. In der laufenden Saison rechnet man sogar nur noch mit einem Minus von maximal 100.000€. Eine beachtliche Trendwende – trotz enormer finanzieller wie zeitlicher Belastungen durch die Rechtsstreite mit „Polster Catering“ und Ex-Sportchef Marc Arnold.
Haeder kam auch nochmal auf das Thema Catering zu sprechen. Die Blockade der Kioske und Versorgungsbereiche im VIP-Bereich durch Polster kosten den Club 6k€ - 10€ pro Spieltag. Haeder richtete einen Appell an die anwesenden Polsters die Räumlichkeiten endlich freizugeben. Ein Zurück für Polster zum CFC werde es definitiv nicht geben.
Der e.V., der 22/23 noch ein Plus aufwies, schloss die Saison 23/24 mit einem Minus von 8.000 € ab.
Helmut Brunhuber richtete in dem Zusammenhang einen Appell an alle Mitglieder: Mitgliedsbeiträge sind überlebenswichtig. Weil 322 Mitglieder trotz Mahnungen nicht zahlten, verlor der Verein rund 109.000 Euro. Der Verein schloss daraufhin diese Mitglieder zum 30.6.24 aus, konnte seitdem aber 251 neue Mitglieder gewinnen, so dass der Verein derzeit ca. 2500 Mitglieder hat.
Die Aussprache zu den Berichten kaperte Thomas Steger, Ex-Marketing-Vorstand unter Mathias Hänel, um für dessen Aufsichtsratskandidatur zu werben.
Haeder: Imagewandel im vollen Gange
Geschäftsstellenleiter Tommy Haeder dankte zu Beginn seiner Rede zunächst seinen Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle, die „mit voller Leidenschaft“ bei der Sache sind. Das Image des Vereins wandele sich durch die seriöse Arbeit weg vom Skandalverein.
Die Arbeit sei schwierig, weil den handelnden Personen Woche für Woche Steine in den Weg gelegt werden. Haeder ging auf die Initiative zur Reform der Aufstiegsregelung ein, wo man mit anderen Vereinen eine neuen Verein als Interessenvertretung gründen wird. An einer neuen Webseite wird gearbeitet, mit der man im Sommer an den Start gehen will. Außerdem verhandelt man viele Altverträge neu, die demnächst auslaufen.
Zum Zustand der GmbH betonte der Geschäftsstellenleiter, dass es „besser gehen könnte, wenn die Cateringthematik gelöst werden würde“.
Keine Entlastung für Vorstand um Romy Polster
Ein bedeutsamer Moment war die Abstimmung über die Entlastung der Vorstände. Der Vorstand um Romy Polster erhielt für das Geschäftsjahr 2022/23 keine Entlastung – mit einer einzigen Ausnahme: Ihr Ehemann Matthias Polster stimmte für sie.
Für das Geschäftsjahr 2023/24 hingegen wurde der neue Vorstand unter Helmut Brunhuber (1 Gegenstimme, 23 Enthaltungen) ebenso wie der Aufsichtsrat (4 Gegenstimmen, 28 Enthaltungen) mit deutlicher Mehrheit entlastet. Ein klares Vertrauensvotum der Mitglieder.
Klartext von Chris Löwe: Ehrlich, selbstkritisch, bewegend

CFC-Sportdirektor Chris Löwe trat ans Mikrofon und sorgte mit einer pointierten, selbstkritischen und aufrüttelnden Rede für Gänsehautmomente.
Löwe sprach von den wirtschaftlichen Zwängen, die man als Chemnitzer FC hat und wie er trotzdem mit klaren Zielen, Visionen und maximaler Motivation den Club sportlich nach vorne bringen will. Löwe ging auf die Highlights der Saison (Dynamo, Halle, Lok) aber auch auf die „schwer verdauliche Leistung gegen den Schacht“, die „unseres Vereins nicht würdig war“ ein. Die Langzeitverletzten Baumgart und Bozic waren als Schlüsselfiguren nicht gleichwertig zu ersetzen, nannte Löwe einen aus seiner Sicht wesentlichen Grund für die durchwachsene Saisonleistung.
Löwe dankte insbesondere Tommy Haeder und Uwe Hildebrand von Herzen für ihren Support und prangerte an, dass den Protagonisten immer wieder „Knüppel zwischen die Beine geworfen werden.“ Wenn diese Kultur nicht verschwinden würde, dann wird der Verein nicht auf Dauer erfolgreich sein können.
Löwe weiter: „Wir dürfen keine Luftschlösser bauen. Der Verein steht über allem.“ Es war ein ehrlicher Appell zur Realität, zu Demut – und zu verantwortungsbewusstem Handeln.
Dafür gab es Standing Ovations.
Eskalation um Polster Catering: Streit und laute Rufe

Nicht ohne Drama verlief die Debatte um die Firma „Polster Sport Catering GmbH“. Die gegenseitigen Vorwürfe – darunter sogar Anzeigen wegen Erpressung und Nötigung von Polster gegen Haeder und Hildebrand – führten zu einer lautstarken Auseinandersetzung im Saal. Als Matthias Polster ans Mikrofon trat, wurde es emotional – und laut. Zwischen Vorstand und Polster flogen die Wortfetzen, Mitglieder riefen „Polster raus“. Eine beantragte Prüfung zum Vereinsausschluss von Romy Polster erhielt nicht die nötige Dreiviertelmehrheit. Der Rechtsstreit wird im August vor dem Kartellsenat des OLG Dresden fortgesetzt.
Nachwuchsleistungszentrum: Kritik am Umbau
Ein weiterer Schwerpunkt des Abends war das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ). Der kooptierte Vorstand Franz Gebhart stellte die geplante Neustrukturierung vor – mit seiner Analyse der Defizite: Mangelhafte Scoutingstrukturen, fehlende Ausbildungsphilosophie, organisatorische, kommunikative und finanzielle Probleme. Sieben Trainer wurden vom Vorstand zum Saisonende entlassen, darunter auch der erfolgreiche U19-Coach Torsten Wappler. NLZ-Chef und Vereinslegende Ulf Mehlhorn wurde zum Trainer der U15 „weggelobt“.
Neue Trainer mit DFB-Lizenzen sollen nun kommen, Gespräche wurden geführt, so Gebhart.

Doch nicht alle teilten diese Sicht uneingeschränkt. Christoph Franke und Jens Seidel, Chef des Fördervereins, äußerten Zweifel, verwiesen auf die U19, die sich in der Bundesliga-Hauptrunde mit Topteams wie Bayern und Köln behauptete. Die sportliche Leistung sei ein Zeichen von Qualität – unabhängig von organisatorischen Problemen. Insbesondere die Entlassung einiger bestimmter Trainer hätte bei Seidel „für Schnappatmung“ gesorgt.
Während der Aussprache kam u.a. zu Tage, dass die Fortuna Chemnitz den Kooperationsvertrag gekündigt hatte. Ein Gesprächsangebot des Fördervereins hatte Vorstand Gebhart nach eigener Aussage aus „Zeitmangel“ nicht angenommen. Für Stirnrunzeln bei vielen Anwesenden sorgte Gebhart als er die herausragende Leistung der U19, die sich in der Vorrunde u.a. gegen Dynamo und RB durchsetzte, damit relativieren wollte, dass diese Vereine ja U17 Spieler einsetzen würde.
In der Causa NLZ bleibt somit weiterhin die drängende Frage offen, ob der radikale Umbau des Herzstücks des Vereins, des NLZ, wirklich notwendig war oder ob hier nicht auch persönliche Befindlichkeiten im Spiel sind.