Aufsichtsratswahl beim CFC: Die Kandidaten im Interview! Teil 2.
23.04.2025, 08:00 Uhr | 2.104 Aufrufe
Am 29. April steht die nächste ordentliche Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC e.V. an. Und auf dieser steht ein äußerst wichtiger Punkt auf der Agenda, die Wahl des neuen Aufsichtsrates, welcher die nächsten vier Jahre für den Club agieren soll. Das Besondere diesmal - die Mitglieder haben eine echte Wahl, denn neun Kandidaten bewerben sich in einer Einzelwahl auf (bis zu) 7 Plätze im neuen Aufsichtsrat. Realistisch gesehen ist es jedoch eine Auswahl von 7 ür 5 Plätze, da die beiden Gesellschaftervertreter Jürgen Thomas und Thomas Georgi, insofern sie mindestens eine Stimme erhalten, lt. Satzung bereits gewählt sind. Stephan Ballack, der ursprünglich auch auf der Liste stand, hat seine Kandidatur am Ostermontag aus persönlichen Gründen offiziell zurückgezogen.
Damit ihr einschätzen könnt, wen ihr da wählt, haben wir die Kandidaten für den Aufsichtsrat für Euch befragt. Die Antworten präsentieren wir in einer dreiteiligen Serie.
Im zweiten Teil unserer Serie beantworten Prof. Dr. Mathias Hänel, Tino Kermer und Jürgen Thomas unsere Fragen.
Prof. Dr. Mathias Hänel, Chefarzt im Klinikum Chemnitz, ehemaliger Vorstandsvorsitzender
Wie ist ihre Verbindung zum Chemnitzer FC?

Ich bin seit fast 53 Jahren Fan des damaligen FCK bzw. jetzigen CFC, dieser Verein ist für mich absolute Herzenssache und es geht mir schlecht, wenn es unserem CFC schlecht geht. Ich habe im Mai 1972 erlebt, wie wir uns am letzten Spieltag der Saison 1971/1972 mit einem 2:0 gegen Vorwärts Stralsund vor dem sofortigen Wiederabstieg gerettet haben. Im Sommer 1972 gewannen wir dann den FuWo-Pokal, darauf folgte eine sehr positive Saison mit dem 5. Tabellenplatz, wegen des schlechteren Torverhältnisses verpassten wir leider die Teilnahme am UEFA-Cup. Im weiteren Verlauf erlebte ich Höhepunkte wie Platz 3 in der Saison 1988/1989, danach super Europapokalspiele gegen Boavista Porto, den FC Sion und Juventus Turin sowie die Vizemeisterschaft 1989/1990. Highlights waren auch der Aufstieg in die 2. Liga (1999 nach Relegation gegen den VfL Osnabrück) sowie der Drittligaaufstieg 2011 (als „David“ gegen „Goliath“ RB Leipzig). Es gab aber auch viele Tiefschläge, wie die Zweitligaabstiege 1996 (komplett unnötig!) und 2001, der aus meiner Sicht vermeidbare Drittligaabstieg 2020 und natürlich die Insolvenz 2018.
Was sehen Sie als Ihre wichtigste Aufgabe, wenn Sie in den neuen Aufsichtsrat gewählt werden?
Ich war bereits zwischen 2003 und 2017 in Vorstand und Aufsichtsrat des CFC tätig (davon 11 Jahre als Vorstandsvorsitzender). Daher glaube ich ziemlich gut zu wissen, wie Profifußball funktioniert und habe auch noch immer viele Kontakte in die entsprechende Szene. Parallel dazu leite ich als Chefarzt seit über 22 Jahren eines der größten hämatologisch-onkologischen Zentren in Deutschland, und zwar auf universitärem Niveau. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass ich zu verschiedenen Ansprechpartnern in Politik und Wirtschaft gut vernetzt bin. Diese Verbindungen möchte ich für unseren CFC nutzen sowie parallel verschiedene Dinge strategisch vordenken.
Welche Vision haben Sie für den Chemnitzer FC? Wohin soll sich der CFC entwickeln?
Der CFC hat derzeit überhaupt nicht die wirtschaftlichen Voraussetzungen, um einen Aufstieg in die 3. Liga realistisch planen zu dürfen. Angesichts der aktuellen finanziellen Basis wäre das Phantasterei, so klar und nüchtern muss man das formulieren! Des Weiteren ist es leider so, dass wir – trotz der außerordentlich erfreulichen Entwicklung bei den Zuschauerzahlen – unsere ehemals zentrale Position in der Chemnitzer Stadtgesellschaft verloren haben. Dies wiederum ist teils Ursache, teils aber auch Auswirkung unserer wirtschaftlichen und der damit verbundenen sportlichen Schwäche. Daher betrachte ich es gleichermaßen als Vision und Aufgabe, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit so zu entwickeln, dass wir in den nächsten 2-3 Jahren die 3. Liga ernsthaft angehen können – und zwar ohne finanzielles Harakiri! Zugehörigkeit zur 3. Liga und damit die Rückkehr in den Profifußball hätten zur Folge, dass der CFC in Chemnitz wieder eine zentrale Rolle spielen und damit die wirtschaftliche Entwicklung vielleicht auch selbsttragend werden könnte. Im Gegensatz dazu erscheint mir der Gedanke einer mehrjährigen Konsolidierung in der viertklassigen Regionalliga – angesichts einer ersten Mannschaft mit Profibedingungen und dem ambitionierten NLZ – weder als kompetent noch als ehrlich. Langfristig kann sich, wenn wieder Vertrauen in den CFC gewachsen ist und alle – Politik, Wirtschaft und Verein – an einem Strang ziehen, vieles entwickeln, da würde ich auch die 2. Liga nicht ausschließen wollen. Warum soll in Chemnitz nicht möglich sein, was bei anderen Ostvereinen (mit teils schwierigeren Wirtschaftsstandorten) schon mehrfach gelungen ist …? Aber wie gesagt, das ist „Musik von übermorgen“, erstmal müssen wir unsere Hausaufgaben seriös erledigen.
Was war das bisher prägendste Erlebnis in Ihrer Fanhistorie?
Das schönste Erlebnis war sicher der Aufstieg 2011, denn das hatte uns gegen RB Leipzig niemand zugetraut. Wahrscheinlich hat sich da fast ganz Deutschland mit uns gefreut … Mit Gerd Schädlich und Manfred Kupferschmied durfte ich in dieser Zeit eine phantastische Zusammenarbeit und Freundschaft erleben, wo es sicher auch mal Streit gab – aber immer nur der Sache wegen, weil wir unser Ziel Aufstieg unbedingt erreichen wollten. Ganz bitter fand ich den komplett unnötigen Abstieg 1996, das war für mich die „Urkatastrophe“ des CFC nach der Wende. Nach diesem Abstieg begann die Fernsehvermarktung der 2. Liga und als wir 1999 wieder aufstiegen, waren die „ehemaligen armen Verwandten“ durch die Fernsehgelder relativ vermögend und wirtschaftlich konsolidiert geworden. Seit diesem Zeitpunkt laufen wir permanent hinterher, weil wir – so wie auch 2006 und 2020 – immer dann aus einer finanziell schwierigen Liga absteigen, wenn sich danach deren Lage eher verbessert. Dass die finanziellen Schwierigkeiten 2016 und die Insolvenz 2018 mir an die Nieren gegangen sind, ist völlig klar. Man kann aber eine Kuh nicht schlachten, wenn man sie hinterher noch melken will …
Nennen Sie 3 Begriffe, die sie mit dem Chemnitzer FC in Verbindung bringen. Erklären Sie kurz warum.
Tradition – ich sehe den CFC nicht nur als Nachfolger des FCK meiner Kindheit und Jugend, sondern eben auch des Chemnitzer Ballspielclubs (CBC) von 1899. Wir hätten damit die – in unserer Region einmalige (!) – Chance, uns als DFB-Gründungsmitglied zu verstehen und dies auch so zu vermarkten. Insofern fand ich es schade, dass im letzten Jahr das 125-jährige Jubiläum so wenig wahrnehmbar verlaufen ist.
Understatement – der CFC sollte ein Verein sein, der weder groß redet noch Dinge ankündigt, sondern einfach liefert. Das passt zur Region mit bodenständigen Menschen und einer in Ostdeutschland recht starken Wirtschaft. Finanziell solide, sportlich erfolgreich und dabei sympathisch bescheiden – so sollten wir auftreten.
Optimismus – auch wenn wir in unserer Historie schon mehrfach hingefallen sind, wir sind – auch dank unserer Fans – immer wieder aufgestanden. Insofern bin ich optimistisch, dass wir aus der aktuellen Konstellation gestärkt hervorgehen und Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen werden.
Sie waren bereits zwischen 2006 und 2017 Vorstandsvorsitzender des Chemnitzer FC. Wie bewerten Sie diese Zeit und was motiviert Sie, wieder ein Amt beim CFC zu übernehmen?
Ich habe das Amt 2006 übernommen, da war der CFC bis in die Amateuroberliga abgestürzt. Von 2006 bis 2008 haben wir von der Hand in den Mund gelebt, täglich um das wirtschaftliche Überleben gekämpft und verschiedene Menschen (auch ich) haben viel eigenes Geld in die Hand genommen, damit es überhaupt weitergehen konnte. Dann kamen drei Jahre, in denen wir den Drittligaaufstieg geplant und 2011 gegen RB Leipzig auch erreicht haben. Von 2011 bis 2017 schafften wir mit einem Profietat von durchschnittlich 3.272 T€ (bzw. 3.460 T€ in den letzten drei Jahren 2014 bis 2017) fünfmal einen einstelligen Tabellenplatz, viermal waren wir in dieser Zeit im DFB-Pokal. Der Etat war – um das klar zu sagen – oberer Drittligaschnitt, nicht mehr! Parallel wurde der Stadionbau gegen erbittertste Widerstände durchgesetzt, ich habe mich da sehr exponiert und später meine persönliche Quittung bekommen. Ab 2016 traten dann die finanziellen Probleme auf. Die vermeintlichen Insolvenzursachen (Profietat, Infront) kann ich nicht bestätigen, wegen der Falschbehauptung mit Infront musste ich sogar vermitteln (die Fanpage berichtete 09/2018), sonst wäre das für den CFC eventuell noch problematisch geworden.
Was sagen Sie denen, die Ihnen aufgrund ihrer Rolle bei der Insolvenz skeptisch gegenüberstehen?
Ich habe Verständnis für diese Menschen, muss aber darauf hinweisen, dass weder Profietat noch Infront die Ursachen waren. Auch auf die Gefahr hin, dass ich nicht gewählt werde, ich lasse mich nicht verbiegen. Wie ich bereits in den Rechenschaftsberichten erwähnte, waren die Spielbetriebskosten für den CFC von 640 T€ (2013/2014) auf 2.414 T€ (2016/2017) explodiert und der Stadionbau bei laufenden Spielbetrieb (mit entsprechenden Mindereinnahmen und Mehrausgaben) dauerte insgesamt 30 Monate. Zum Vergleich, der Umbau des mehr als doppelt so großen Stadions in Duisburg dauerte lediglich 16 Monate.
Tino Kermer, Geschäftsführer und kaufmännischer Leiter bei der KPM-Baugruppe, Aktuelles Aufsichtsratsmitglied
Wie ist ihre Verbindung zum Chemnitzer FC?

Ich bin in Karl-Marx-Stadt geboren und aufgewachsen und gehe seit ca. 1990 regelmäßig ins Stadion, sowohl zu Heim- als auch zu Auswärtsspielen. Die KPM-Gruppe ist seit 1998 Sponsor des CFC, seit 2018 Trikotsponsor.
Was sehen Sie als Ihre wichtigste Aufgabe, wenn Sie in den neuen Aufsichtsrat gewählt werden?
Die Aufgaben des Aufsichtsrates sind in der Satzung ziemlich klar definiert. Sicherlich ist die weitere finanzielle Gesundung des Vereins und der Spielbetriebs-GmbH ein wesentliches Ziel, erneute unbeherrschbare Schieflagen sind zu vermeiden. Sowohl meine beruflichen Kenntnisse als auch die mannigfaltigen Erfahrungen der letzten Amtsperiode bring ich hier gern ein.
Welche Vision haben Sie für den Chemnitzer FC? Wohin soll sich der CFC entwickeln?
Der CFC soll finanziell stabil aufgestellt und wieder fest in der Stadtgesellschaft verankert sein. Als ein Aushängeschild der Stadt gehört er in den Profifußball. Das NLZ bildet gute Spieler und starke Persönlichkeiten aus, es besteht eine hohe Durchlässigkeit zur Profimannschaft.
Was war das bisher prägendste Erlebnis in Ihrer Fanhistorie?
In der langen Zeit ist es schwer, sich auf ein Erlebnis festzulegen aber sicherlich war der Aufstieg unter Gerd Schädlich in die 3. Liga für mich besonders prägend.
Nennen Sie 3 Begriffe, die sie mit dem Chemnitzer FC in Verbindung bringen. Erklären Sie kurz warum.
Traditionsverein - Der CFC definiert sich über seine Historie und ist in der Stadt stark verwurzelt.
Nachwuchsförderung - Die gute Jugendarbeit bildete über Jahrzehnte das Fundament für eine erfolgreiche Profimannschaft. Daran gilt es zukünftig wieder anzuknüpfem.
Identifikation - Fans und Fankultur sind ein wesentlicher Grund, warum der Fußball in Deutschland die beherrschende Volkssportart ist.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse in Ihrer abgelaufenen Amtszeit als Aufsichtsrat?
In dieser Amtsperiode ist soviel passiert, dass es sich in diesem Rahmen zusammenfassen kaum lässt. Ich glaube jedoch, dass der Aufsichtsrat bei der Neubesetzung des Vorstandes eine hervorragende Wahl getroffen hat und möchte die Gelegenheit nutzen, den Personen an dieser Stelle für ihr außerordentliches Engagement zu danken!
Jürgen Thomas, Geschäftsführer Fliesen Thomas, Gesellschafter, aktuelles Aufsichtsratsmitglied
Wie ist ihre Verbindung zum Chemnitzer FC?

Von Kindheit an, bin ich Fußballer. Lange Zeit habe ich mich auf die Arbeit konzentriert. Ich bin erst seit 2015 aktiv im CFC-Stadion. Es hat mir sofort großen Spaß gemacht, die himmelblauen Spiele zu sehen. Unsere Loge ist ein perfekter Treffpunkt für unsere Kunden und Mitarbeiter. Unabhängig davon habe ich mich sofort intensiv für die Struktur / Organisation und finanzielle Situation interessiert. Dieser insgesamt sportliche Bezug hat mir lange Zeit gefehlt.
Was sehen Sie als Ihre wichtigste Aufgabe, wenn Sie in den neuen Aufsichtsrat gewählt werden?
Hört sich vielleicht etwas platt an: Einfach den Laden zusammenhalten. Kontrolle und Unterstützung auszuüben, mit dem mittelfristigen Ziel einen finanziell gesunden, unabhängigen, gut organisierten und sportlich erfolgreichen CFC zu schaffen. Am besten in der 3. Liga. Durch die Arbeit der Gremien und Geschäftsstelle noch mehr Sponsoren vom CFC zu begeistern.
Welche Vision haben Sie für den Chemnitzer FC? Wohin soll sich der CFC entwickeln?
Von meiner CFC Zeit 2015 bis heute, war leider wenig Platz für Visionen, es ging immer nur ums Überleben. Ich bin Realist. Mein Ziel war immer, den CFC „handwerklich“ gesund zu organisieren und finanziell und sportlich auf gesunde Füße zu stellen. Die 3. Liga sollte das Ziel sein. Von der 2. Liga sollten wir momentan nicht reden.
Was war das bisher prägendste Erlebnis in Ihrer Fanhistorie?
Der letzte Abstieg in die Regionalliga im Juli 2020 wegen 1 fehlenden Tor.
Nennen Sie 3 Begriffe, die sie mit dem Chemnitzer FC in Verbindung bringen. Erklären Sie kurz warum.
Leidensfähigkeit: JA, iss leider so ! Gilt wohl für viele CFC-Mitglieder und Fans.
Freundschaft: Ich habe einige tolle Menschen kennengelernt.
Malik das Maskottchen: Einfach sehr sympathisch und verbindend.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse in Ihrer abgelaufenen Amtszeit als Aufsichtsrat?
Ich bin erst seit 1,5 Jahren im Gremium. Weiterhin bin ich ein Freund von Transparenz, gerade beim CFC. Ich freue mich sehr, wie dieses Thema gelebt wird. Die verzahnte, intensive Arbeit zwischen AR / Vorstand / Gesellschaftern und der Geschäftsstelle funktioniert vertrauensvoll. Wichtige Entscheidungen werden nahezu immer gemeinsam getroffen. Der Weg ist sehr gut. Wir haben viel erreicht. Aber noch nicht genug.
Im dritten und letzten Teil unserer Serie beantworten morgen Dr. Steffen Börner, Thomas Brückner und Thomas Georgi unsere Fragen.