19.10.1989: FC Sion - FC Karl-Marx-Stadt 2:1 (0:1) 01.11.1989: FC Karl-Marx-Stadt - FC Sion 4:1 (3:0) |
Jörg Illing stand in allen 6 UEFA-Cup-Spielen der Saison 1989/90 über die volle Spielzeit auf dem Platz. Für die CFC-Fanpage erinnert er sich an den Herbst, der für die himmelblauen Fans nicht nur wegen der Maueröffnung ein ganz besonderer war...![]() Jörg Illing: …an das 1. Spiel gegen Boavista Porto. Endlich konnte der FC Karl-Marx-Stadt mal im UEFA-Cup spielen. Im Umfeld herrschte eine große Anspannung und in der Mannschaft eine riesige Begeisterung. CFC-Fanpage: Ihr hattet damals als Mannschaft noch keinerlei internationale Erfahrung. Wie hat Euch Hans Meyer auf die Uefa-Cup Spiele eingestellt? Jörg Illing: Er hat versucht, von uns den Druck und die Erwartungshaltung des Umfeldes fern zu halten. Wir waren eine junge Mannschaft und hatten nichts zu verlieren. CFC-Fanpage: Der erste Gegner hieß Boavista Porto, damals eine portugiesische Spitzenmannschaft. Was habt Ihr bei diesem Los gedacht, welche Chancen habt Ihr Euch ausgerechnet? Jörg Illing: Wir haben mit einem Glas Sekt auf die nächste Runde angestoßen (kleiner Spaß). Die Portugiesen waren klarer Favorit, aber eben auch keine Übermannschaft, die nicht zu knacken war. CFC-Fanpage: Beim Rückspiel führten die Portugiesen bereits mit 2:0 in der Verlängerung und wechselten ihren Star Joao Pinto aus. Was gab Euch damals die Kraft das Spiel doch noch zu drehen? ![]() CFC-Fanpage: Den FC Sion habt Ihr dann ja nach einer knappen Hinspielrunde regelrecht aus dem Sportforum geschossen. Wie kam's dazu? Immerhin waren die ja Tabellführer der Schweizer Liga. Jörg Illing: Der schweizerische Fußball hatte zur damaligen Zeit weder im Vereins- noch Auswahlfußball den Stand von heute. Sion hatte gute Offensivspieler, wir wussten aber, dass sie in der Abwehr verwundbar waren. Und wenn es einmal läuft, dann läuft's… CFC-Fanpage: In der dritten Runde war der Gegner dann kein Geringerer als die italienische Spitzenmannschaft Juventus Turin. Was waren Eure Gedanken bei diesem Los und wie hat Euch Hans Meyer auf dieses Spiel vorbereitet? Jörg Illing: Wohl die halbe Mannschaft hat um solch einen Gegner gebetet: Ein großer Name, eine volle Hütte und keiner reißt einem den Kopf ab, wenn man rausfliegt. Genau so hat uns Hans Meyer auch vorbereitet. CFC-Fanpage: Wie habt Ihr dann das Nebelspiel von Turin miterlebt? Hat man da auf dem Platz überhaupt was gesehen? Was habt ihr von den mitgereisten FCK-Fans mitbekommen? Jörg Illing: In der heutigen Zeit wäre ein Spiel unter solchen Bedingungen wohl abgebrochen wurden. Viel weiter als bis zur Mittellinie konnte man wirklich nicht sehen. Für uns Spieler war das aber ausreichend, so hatten die Turiner wenigstens nicht ganz so den Durchblick. Das „Stadio Comunale“ war eine richtige Betonschüssel. Dort hat man jeden Brüller vernommen. Deshalb haben die rund 500 himmelblauen Fans zur Stimmungsmache vollkommen gereicht. Zur Person: CFC-Fanpage: Wie verlief aus Deiner Sicht das Rückspiel gegen Juve?Jörg Illing (Jahrgang 1964) kam 1978 zum FC Karl-Marx-Stadt in die Nachwuchsabteilung. Nach einem Gastspiel bei Motor „Fritz Heckert“ (1983-1985) etablierte sich Illing in der Männermannschaft und spielte insgesamt 125x in der DDR-Oberliga, erzielte dabei 5 Tore. Der Höhepunkt dieser Zeit waren die 6 UEFA-Pokal-Spiele, in denen er durchgängig auf dem Platz stand. Danach bestritt Illing noch 70 Zweitligaspiele für den Chemnitzer FC, ehe er seine aktive Karriere bei Bayern Hof, dem VfB Chemnitz, SSV Brand-Erbisdorf, CFC II, FSV Grüna und bereits als Spielertrainer in Limbach-Oberfrohna ausklingen ließ. Nach Tätigkeiten als Fanprojekt- und Nachwuchsleiter beim Chemnitzer FC arbeitet Illing heute für die KOMSA-Gruppe in Hartmannsdorf. Jörg Illing: Wir hatten uns bestens präpariert; von neuen Trikots bis zu angespitzten Lederstollen. Der Schneeboden kam uns auch etwas entgegen. Aber Juve hat in diesem Spiel seine ganze Klasse ausgespielt: Defensiv wenig zugelassen und vorn haben sie ihre einzige (Zufalls-)Möglichkeit genutzt. CFC-Fanpage: 1989 war ja die Zeit der Wende, viele DDR-Bürger haben damals das Land verlassen. Ihr habt im "kapitalistischen Ausland" gespielt. Gab es irgendwann den Gedanken, ebenfalls der DDR den Rücken zu kehren? Jörg Illing: Die Mitteilung über die Grenzöffnung haben wir in Sion erhalten. Als Leistungssportler hattest du durch den Sport doch hier und da die Möglichkeit auch mal ins „kapitalistische Ausland“ zu reisen, weil der Staat den Leistungssport ja auch zu Repräsentationszwecken genutzt hat. Hinzu kam das eine oder andere Privileg. Auch wenn ich selbst ständig unter „besonderer Beobachtung“ stand, hatte ich zum damaligen Zeitpunkt nicht vor, die DDR zu verlassen. CFC-Fanpage: Was gab's eigentlich vom Verein damals für das Erreichen der 2. und 3. Runde? Jörg Illing: Es gab eine Prämie, aber nicht so viel, dass es haften geblieben ist. Es war wohl ein 3-stelliger Betrag und der auch erst ab Runde 2. |
Frank:
![]() Pierre: Für mich das Highlight der 89er Europacupspiele war das 4:1 gegen Sion. Die Schweizer wurden ja von unseren Jungs regelrecht aus dem Stadion geschossen. Es hat damals in Strömen geregnet und ich bin völlig durchnässt zu Hause angekommen. Meine Mutter hat damals nur die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und mich sofort in die Wanne gesteckt. Aber ich habe nur gegrinst – schliesslich hatten wir gerade 4:1 gegen den Schweizer Tabellenführer gewonnen! Timo: An das Hinspiel habe ich nur verschwommene Erinnerungen, vermutlich weil in diesen Oktobertagen zuviel passierte was mit dem FCK und Fussball allgemein wenig zu tun hatte. Der Optimismus vor diesem Match im Land der Uhren und Banken war schon ein wenig größer als vor Porto, der Schweizer Fußball war damals allenfalls zweitklassig. Also keine unlösbare Aufgabe. Jedenfalls erinnere ich mich an die 1:0-Führung zur Halbzeit und das wir entweder das 1:1 oder 1:2 dann ziemlich unglücklich bekommen haben. Keine Ahnung mehr wer es war. Köhley, Mehlo, Laude oder Lutz Wienhold. Einer von denen hätte das eine Tor verhindern können, müssen. Trat aber so unglücklich auf den Ball das es quasi ein halbes Eigentor war. Wenigstens konnte ein drittes Tor vermieden werden, das knappe 1:2 jedenfalls war noch umzubiegen. ![]() Nach dem Spiel wurde ich von "meinem Fahrer" wieder aufgelesen. Der war trocken geblieben, offensichtlich galten "drüben" andere Gesetze. Sei es drum, am nächsten Tag in der Lehrwerkstatt berichtete eine Azubi-Kollegin von ihrem Bruder der trotz Verbot durch die Eltern bei dem Sauwetter mit seinem S51 nach Karl-Marx-Stadt gefahren war und nach der Heimkehr komplett durchnässt war. ;-) ![]() Wenn man bedenkt, wie schwer sich nach uns andere deutsche Manschaften gegen Juventus Turin getan haben, kann man auch heute noch mächtig stolz auf die damalige tolle Mannschaft des FCK sein. Es wäre schön, wenn auch die heutige Generation junger CFC-Fans solche tollen Erlebnisse haben könnte. Da sollte man aber Realist sein und nach einem baldigen Aufstieg in die 3. Bundesliga auf einen späteren Aufstieg in die 2. Liga hoffen. Mehr, also 1. Liga oder gar Europacup dürfen wir wohl in absehbarer Zeit nicht erwarten. |