20 Jahre Europapokal - 2. Runde im Uefa-Cup 1989: FCK vs. FC Sion

19.10.2009 von Frank Neubert & Pierre Schönfeld
Das Interview mit Hans Meyer in der 'Jungen Welt'Nach dem äußerst respektablen Weiterkommen gegen Boavista Porto wurde zur Freude der himmelblauen Fans und der FCK-Spieler für die 2. Runde des Uefa-Pokals der Schweizer Vertreter FC Sion aus dem Lostopf der Uefa gefischt. Freude deshalb, weil man als in der DDR aufgewachsener Fan stets die Nase rümpfte, wenn es international gegen Mannschaften aus dem Ostblock ging. Aber ein Team aus der Schweiz - das war ok, auch wenn man als Fan nach wie vor auswärts nicht dabei sein konnte. Es sei denn, man gehörte in diesen wirren Zeiten zu den Leuten, die die DDR zu diesem Zeitpunkt bereits über die offene ungarische Grenze oder per Zuflucht in die bundesdeutsche Botschaft in Prag verlassen hatten.

Einer dieser möglichen Zuschauer in der Schweiz wäre der FCK-Stürmer und DDR-Nationalspieler Hans Richter gewesen, der unmittelbar vor diesen Spielen gegen Sion dem FCK und der DDR den Rücken kehrte. Er zählte zu den Botschaftsflüchtlingen in Prag, welche am 4. Oktober 1989 per Zug ihre Fahrt über Prag, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Plauen die Reise in den Westen antraten. Die Freie Presse brachte darüber eine verächtliche Randnotiz, in der gegen Richter verbal nachgetreten wurde. Die "Junge Welt" hatte damals den Mut zu einem offenen Interview mit FCK-Trainer Hans Meyer, in dem sich herauskristallisierte, daß Richter bei Meyer seit Saisonbeginn nicht mehr erste Wahl war. Seine spärlichen Einwechslungen in der Oberliga und im EC gegen Porto belegen dies und lassen Richters damaligen Entschluß heute in ganz anderem Licht erscheinen.

Er war Mr. Europacup in der DDR: Hans MeyerAuch die FCK-Spieler sahen das Schweizer Los mit Freude, denn hier galt ebenso, daß Reisen ins nicht-sozialistische Ausland wesentlich beliebter waren, als etwaige Reisen nach Moskau, Sofia oder Bukarest. Für den Cheftrainer Hans Meyer sollten diese beiden Spiele auch ein kleines Jubiläum mit sich bringen, denn das FCK-Heimspiel gegen die Fußballer aus dem Wallis war gleichzeitig das 60. EC-Spiel für den Erfolgstrainer, der 1981 mit Carl Zeiss Jena sogar im Finale des Cups der Pokalsieger stand. Auch der Herbst 1989 sprach für das erfolgreiche Händchen von Meyer, denn nach der 2. Runde des Europapokals war der FCK plötzlich der einzig verbliebene DDR-Vertreter im europäischen Geschäft. Nachdem in der ersten Runde bereits Dynamo Dresden und Hansa Rostock ausschieden, mußte in Runde 2 auch Dauermeister BFC Dynamo gegen den AS Monaco die Segel streichen. Der FCK "allein zu Haus".

Rückspiel: Fournier und Wienhold im DuellDas gezogene Los sorgte neben dem Wohlwollen über ein westeuropäisches Team auch für ein gewisses Aufatmen bei den himmelblauen Fans. Man hätte ja auch die Hammerlose Rapid Wien, SSC Neapel oder den FC Porto erwischen können, die ebenfalls im Lostopf schlummerten. Sion war in den Vorjahren bereits an den DDR-Vertretern 1. FC Lok Leipzig und 1. FC Magdeburg gescheitert, zudem hatte der FCK im Intertoto-Cup 1984 dem Schweizer Vertreter FC Luzern mit 2:2 (in Luzern) und 5:0 (Fischerwiese) ganz klar die Grenzen aufgezeigt. Frohen Mutes ging es in die Schweiz und zu Hause drückten die Fans an den TV-Geräten feste die Daumen. Großen Jubel gab es, als Laudeley den FCK in Sitten (dt. Bezeichnung für Sion) sogar in Führung brachte! Doch die Schweizer drehten durch eine taktische Umstellung nach der Halbzeit noch die Partie und gewannen mit 2:1.

Zwei Wochen später wollten 20.800 Zuschauer im Ernst-Thälmann-Stadion sehen, wie der Club in die dritte Runde des Uefa-Cups einzieht. Vielleicht wären es sogar noch ein paar mehr geworden, wenn an diesem Tag nicht prasselnder Dauerregen vorgeherrscht hätte. Den FCK-Akteuren schien das Wetter zu behagen, denn bereits zur Pause hatte man die Schweizer mit 3:0 nach allen Regeln der Kunst "abgeschossen". Am Ende zog der FCK mit 4:1 in die nächste Runde des Europapokals ein, und die Spieler mußten im Sportforum eine Ehrenrunde laufen. Fairerweise sollte ergänzt werden, daß an jenem Abend die Eidgenossen auf einige Stammspieler verzichten mußten und auch ihre (wenigen) mitgereisten Fans erst zur Halbzeit auf der Tribüne eintrafen. Den himmelblauen Anhängern konnte dies herzlich egal sein, sie feierten ihre EC-Helden und warteten nun gespannt auf die Auslosung des Achtelfinales im Uefa-Cup...

Das Heft zum legendären 4:1 im Regen von Karl-Marx-StadtAuch die Chemnitzer Freie Presse erinnerte in der Lokalausgabe vom 12.09.09 an den legendären EC-Herbst des FC Karl-Marx-Stadt und führte dazu ein Gespräch mit dem damaligen FCK-Torwart Jens Schmidt. Hier seine Erinnerungen an die beiden Spiele gegen den Schweizer Vertreter FC Sion:

"[..] Der Europapokaltraum ging weiter. Die FCK-Kicker durften als nächstes in die Schweiz zum FC Sion reisen, wo man 1:2 verlor, diese Niederlage mit einem 4:1 bei strömendem Regen im Rückspiel jedoch locker wettmachte. An die Auswärtspartie denkt Schmidt besonders gern zurück. "In Sion habe ich eines meiner besten Spiele gemacht, auch wenn es Hans Meyer anders sah. Er hatte bei mir immer was zu meckern", bemerkt der 46-Jährige. Meyer hatte ihm eines der beiden Gegentore angekreidet. "Was er nicht sehen konnte und was auch im Fernsehen nicht zu erkennen war: Thomas Laudeley hatte den Ball abgefälscht, was er später in der Sauna auch zugab", war Schmidt rehabilitiert. [..]"

(Quelle: Freie Presse, Chemnitz, 12.09.09)



Hin- und Rückspiel im Fanpage-Archiv:
19.10.1989: FC Sion - FC Karl-Marx-Stadt 2:1 (0:1)

01.11.1989: FC Karl-Marx-Stadt - FC Sion 4:1 (3:0)


Interview mit einem der '89er Helden: Jörg Illing
Jörg Illing stand in allen 6 UEFA-Cup-Spielen der Saison 1989/90 über die volle Spielzeit auf dem Platz. Für die CFC-Fanpage erinnert er sich an den Herbst, der für die himmelblauen Fans nicht nur wegen der Maueröffnung ein ganz besonderer war...

Jörg Illing heute CFC-Fanpage: Jörg, Du standest bei allen Europapokalspielen 1989 die volle Spielzeit auf dem Platz. An welches Spiel erinnerst Du Dich besonders gern und warum?

Jörg Illing: …an das 1. Spiel gegen Boavista Porto. Endlich konnte der FC Karl-Marx-Stadt mal im UEFA-Cup spielen. Im Umfeld herrschte eine große Anspannung und in der Mannschaft eine riesige Begeisterung.

CFC-Fanpage: Ihr hattet damals als Mannschaft noch keinerlei internationale Erfahrung. Wie hat Euch Hans Meyer auf die Uefa-Cup Spiele eingestellt?

Jörg Illing: Er hat versucht, von uns den Druck und die Erwartungshaltung des Umfeldes fern zu halten. Wir waren eine junge Mannschaft und hatten nichts zu verlieren.

CFC-Fanpage: Der erste Gegner hieß Boavista Porto, damals eine portugiesische Spitzenmannschaft. Was habt Ihr bei diesem Los gedacht, welche Chancen habt Ihr Euch ausgerechnet?

Jörg Illing: Wir haben mit einem Glas Sekt auf die nächste Runde angestoßen (kleiner Spaß). Die Portugiesen waren klarer Favorit, aber eben auch keine Übermannschaft, die nicht zu knacken war.

CFC-Fanpage: Beim Rückspiel führten die Portugiesen bereits mit 2:0 in der Verlängerung und wechselten ihren Star Joao Pinto aus. Was gab Euch damals die Kraft das Spiel doch noch zu drehen?

Der Wimpel zum Sion-Spiel Jörg Illing: Porto hatte besonders in der 1. Halbzeit sehr druckvoll gespielt. Wir wussten, irgend so ein Ding kann immer ins gegnerische Tor reinrutschen und würde unsere Situation schlagartig verbessern. Dieser Moment kam und wir haben ihn eiskalt ausgenutzt.

CFC-Fanpage: Den FC Sion habt Ihr dann ja nach einer knappen Hinspielrunde regelrecht aus dem Sportforum geschossen. Wie kam's dazu? Immerhin waren die ja Tabellführer der Schweizer Liga.

Jörg Illing: Der schweizerische Fußball hatte zur damaligen Zeit weder im Vereins- noch Auswahlfußball den Stand von heute. Sion hatte gute Offensivspieler, wir wussten aber, dass sie in der Abwehr verwundbar waren. Und wenn es einmal läuft, dann läuft's…

CFC-Fanpage: In der dritten Runde war der Gegner dann kein Geringerer als die italienische Spitzenmannschaft Juventus Turin. Was waren Eure Gedanken bei diesem Los und wie hat Euch Hans Meyer auf dieses Spiel vorbereitet?

Jörg Illing: Wohl die halbe Mannschaft hat um solch einen Gegner gebetet: Ein großer Name, eine volle Hütte und keiner reißt einem den Kopf ab, wenn man rausfliegt. Genau so hat uns Hans Meyer auch vorbereitet.

CFC-Fanpage: Wie habt Ihr dann das Nebelspiel von Turin miterlebt? Hat man da auf dem Platz überhaupt was gesehen? Was habt ihr von den mitgereisten FCK-Fans mitbekommen?

Jörg Illing: In der heutigen Zeit wäre ein Spiel unter solchen Bedingungen wohl abgebrochen wurden. Viel weiter als bis zur Mittellinie konnte man wirklich nicht sehen. Für uns Spieler war das aber ausreichend, so hatten die Turiner wenigstens nicht ganz so den Durchblick. Das „Stadio Comunale“ war eine richtige Betonschüssel. Dort hat man jeden Brüller vernommen. Deshalb haben die rund 500 himmelblauen Fans zur Stimmungsmache vollkommen gereicht.

Zur Person:
Jörg Illing (Jahrgang 1964) kam 1978 zum FC Karl-Marx-Stadt in die Nachwuchsabteilung.
Nach einem Gastspiel bei Motor „Fritz Heckert“ (1983-1985) etablierte sich Illing in der Männermannschaft und spielte insgesamt 125x in der DDR-Oberliga, erzielte dabei 5 Tore. Der Höhepunkt dieser Zeit waren die 6 UEFA-Pokal-Spiele, in denen er durchgängig auf dem Platz stand. Danach bestritt Illing noch 70 Zweitligaspiele für den Chemnitzer FC, ehe er seine aktive Karriere bei Bayern Hof, dem VfB Chemnitz, SSV Brand-Erbisdorf, CFC II, FSV Grüna und bereits als Spielertrainer in Limbach-Oberfrohna ausklingen ließ.
Nach Tätigkeiten als Fanprojekt- und Nachwuchsleiter beim Chemnitzer FC arbeitet Illing heute für die KOMSA-Gruppe in Hartmannsdorf.
CFC-Fanpage: Wie verlief aus Deiner Sicht das Rückspiel gegen Juve?

Jörg Illing: Wir hatten uns bestens präpariert; von neuen Trikots bis zu angespitzten Lederstollen. Der Schneeboden kam uns auch etwas entgegen. Aber Juve hat in diesem Spiel seine ganze Klasse ausgespielt: Defensiv wenig zugelassen und vorn haben sie ihre einzige (Zufalls-)Möglichkeit genutzt.

CFC-Fanpage: 1989 war ja die Zeit der Wende, viele DDR-Bürger haben damals das Land verlassen. Ihr habt im "kapitalistischen Ausland" gespielt. Gab es irgendwann den Gedanken, ebenfalls der DDR den Rücken zu kehren?

Jörg Illing: Die Mitteilung über die Grenzöffnung haben wir in Sion erhalten. Als Leistungssportler hattest du durch den Sport doch hier und da die Möglichkeit auch mal ins „kapitalistische Ausland“ zu reisen, weil der Staat den Leistungssport ja auch zu Repräsentationszwecken genutzt hat. Hinzu kam das eine oder andere Privileg. Auch wenn ich selbst ständig unter „besonderer Beobachtung“ stand, hatte ich zum damaligen Zeitpunkt nicht vor, die DDR zu verlassen.

CFC-Fanpage: Was gab's eigentlich vom Verein damals für das Erreichen der 2. und 3. Runde?

Jörg Illing: Es gab eine Prämie, aber nicht so viel, dass es haften geblieben ist. Es war wohl ein 3-stelliger Betrag und der auch erst ab Runde 2.



Fans erinnern sich:
Frank: Zu jeder EC-Runde das passende GlasEs mag kurios klingen, aber damals habe ich zum ersten Mal gemerkt, daß Frauen und Männer völlig anders ticken. Ich saß als Nervenbündel vor der Glotze, Sion hatte eben das 2:1 erzielt und der Club war drauf und dran, sich in der Schweiz aus dem EC zu verabschieden. Mitten in mein Bibbern und Bangen fiel die blöde Anmerkung meiner damaligen Freundin, daß ich mich mal nicht sooo aufführen solle, das Ganze sei ja schließlich bloß ein Spiel. Hallo!!?? Sie ist später nicht meine Frau geworden. Für das Rückspiel hatte ich mir extra ein paar Karten mehr besorgt, denn schließlich ging man in Karl-Marx-Stadt von 30.000 Zuschauern aus. Sollte das Thälmann-Stadion tatsächlich ausverkauft sein, hätte man sich als Student ein paar nette Münzen dazuverdienen können. Leider kam es anders - es regnete in Strömen und es kamen nur knapp über 20.000 Zuschauer. Die Tickets habe ich zum Normalpreis an Wartende an den Kassen verkaufen können. In Erinnerung ist mir auch noch eine Art Gebälk mit aufsitzender Rundumleuchte und Sirene, mit denen in der Halbzeit die Fans des FC Sion auf die Haupttribüne des Sportforums einzogen. Zum diesem Zeitpunkt stand es schon 3:0 für den Club und die Jungs aus der Schwyz hatten die weite Anreise quasi für umsonst in Angriff genommen. Für die gesamten 90 Minuten des Rückspiels hatte Petrus seine Schleusen geöffnet - aber angesichts des mitreißenden Spielverlaufes und der fetten himmelblauen Führung interessierte das keine Sau. Es wurde gefeiert und gejubelt, als ob es kein Morgen gäbe. Ich möchte nicht wissen, wie die "Planerfüllung" am nächsten Tag beim VEB "Fritz Heckert" oder dem VEB "Numerik" aussah ;-)...

Pierre: Für mich das Highlight der 89er Europacupspiele war das 4:1 gegen Sion. Die Schweizer wurden ja von unseren Jungs regelrecht aus dem Stadion geschossen. Es hat damals in Strömen geregnet und ich bin völlig durchnässt zu Hause angekommen. Meine Mutter hat damals nur die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und mich sofort in die Wanne gesteckt. Aber ich habe nur gegrinst – schliesslich hatten wir gerade 4:1 gegen den Schweizer Tabellenführer gewonnen!

Timo: An das Hinspiel habe ich nur verschwommene Erinnerungen, vermutlich weil in diesen Oktobertagen zuviel passierte was mit dem FCK und Fussball allgemein wenig zu tun hatte. Der Optimismus vor diesem Match im Land der Uhren und Banken war schon ein wenig größer als vor Porto, der Schweizer Fußball war damals allenfalls zweitklassig. Also keine unlösbare Aufgabe. Jedenfalls erinnere ich mich an die 1:0-Führung zur Halbzeit und das wir entweder das 1:1 oder 1:2 dann ziemlich unglücklich bekommen haben. Keine Ahnung mehr wer es war. Köhley, Mehlo, Laude oder Lutz Wienhold. Einer von denen hätte das eine Tor verhindern können, müssen. Trat aber so unglücklich auf den Ball das es quasi ein halbes Eigentor war. Wenigstens konnte ein drittes Tor vermieden werden, das knappe 1:2 jedenfalls war noch umzubiegen.

20.000 Tickets wurden gegen Sion verkauftNa, das Rückspiel, wer kann sowas vergessen. Für mich bzw. uns, d. h. meinen alten Herren und mich begann es allerdings recht unerfreulich. Damals noch ohne Auto, das miese Wetter und die noch nicht vorhandene Lizenz zum Fahren eines PKW - also ab in den Wartburg den eben mein Vater damals steuerte. Beide hatten wir Stehplatzkarten für den späteren Gästeblock im Thälmann-Ground erworben. Kann nicht mal mehr sagen wo oder ob wir die Tickets erst am Spieltag geholt hatten. Jedenfalls rein in den Eingang Tor 2 an der Kreuzung Reichenhainer Strasse - Werner Seelenbinder Strasse und gemütlich Richtung Sprecherturm getrabt. Auf halbem Weg sprach uns dann ein forscher junger Bursche an, der uns 2 Sitzplatzkarten für die Gegengerade anbot. Schlappe 20 Ostmark wurden verlangt die wir nach kurzer interner Beratung auch löhnten. Geld hin, junger Mann weg und statt der 2 hielt ich nur 1 Ticket in der Hand. Tolle Wurst, mein alter Herr, jetzt schon reichlich angefressen verzog sich Richtung Sprecherturm und überliess mir das Billet. Der Platz war für die Kohle reichlich "überbezahlt". Ich durfte auf der 2. Reihe von unten an der Grenze zur FCK-Fankurve Platz nehmen. Also nicht gerade berauschend, aber was solls. Das Geschehen auf dem Platz entschädigte. Die Meyer-Truppe von Anfang an Chef auf dem Rasen. An den Regen kann ich mich noch gut erinnern, jeder der es wagte einen Schirm aufzuspannen wurde niedergebrüllt bis sich keiner mehr traute. Nach dem 2:0 war die Stimmung unbeschreiblich, ein paar Reihen hinter mir tobte ein betagter Bürger dieser Stadt oder wo er auch immer herkam und feuerte die anderen Besucher an. Die hatten sich schon wenige Minuten vor dem Anpfiff diebisch gefreut, als durch den Stadionsprecher bekannt gegeben wurde, daß der BFC Dynamo im EC der Pokalsieger gegen Monaco rausgeflogen war und der FCK mit einem Weiterkommen der erfolgreichste Verein der DDR in dieser Cup Saison werden kann. Auf der Tribüne sassen wohl ein paar Fans des FCS die ihre Fahnen schnell ernüchtert einrollten und ziemlich enttäuscht gewesen sein dürften.

Nach dem Spiel wurde ich von "meinem Fahrer" wieder aufgelesen. Der war trocken geblieben, offensichtlich galten "drüben" andere Gesetze. Sei es drum, am nächsten Tag in der Lehrwerkstatt berichtete eine Azubi-Kollegin von ihrem Bruder der trotz Verbot durch die Eltern bei dem Sauwetter mit seinem S51 nach Karl-Marx-Stadt gefahren war und nach der Heimkehr komplett durchnässt war. ;-)

Bittermann vor F. Rey, dahinter HeidrichHendrik: Am besten kann ich mich noch an das Klassespiel in der 2. Runde des UEFA-Cups gegen Sion erinnern. Ich meine das Heimspiel, dass der CFC im strömenden Regen mit 4:1 nach einer 3:0 Halbzeitführung gewann. Zu dieser Zeit fuhr ich noch mit dem Moped (S51) zum CFC. Ich war schon auf der Hinfahrt total durchgeweicht. So eine Stimmung wie bei den 3 UEFA-Cup-Heimspielen dieser Saison gegen Boavista Porto, Sion und natürlich Juventus Turin habe ich danach lange nicht mehr erlebt, erst wieder beim Aufstieg im Jahre 1999 in die 2. Liga gegen Osnabrück.
Wenn man bedenkt, wie schwer sich nach uns andere deutsche Manschaften gegen Juventus Turin getan haben, kann man auch heute noch mächtig stolz auf die damalige tolle Mannschaft des FCK sein.

Es wäre schön, wenn auch die heutige Generation junger CFC-Fans solche tollen Erlebnisse haben könnte. Da sollte man aber Realist sein und nach einem baldigen Aufstieg in die 3. Bundesliga auf einen späteren Aufstieg in die 2. Liga hoffen. Mehr, also 1. Liga oder gar Europacup dürfen wir wohl in absehbarer Zeit nicht erwarten.


» Zum EC-Special Teil 1: Das Wunder von Porto

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