Voigtländer und Lienemann öffnen Anekdotenkiste für himmelblaue Fans

16.02.2004, 17:41 Uhr | 1129 Aufrufe
Der 125. CFC-Stammtisch stand wieder einmal unter dem Motto "Treff der Generationen" und von den geladenen Gästen waren mit Herbert Voigtländer und Manfred Lienemann zwei echte Ikonen des Chemnitzer Fußballs im Erdenglück erschienen. Trotz eisglatter Strassen war der Stammtisch gut besucht und so mussten neben den erwähnten Urgesteinen auch die aktuellen Himmelblauen namens Daniel Göhlert, Sebastian Klömich und Nico Stein viele Fragen der Fans beantworten.

Der Kapitän der A-Jugend, Nico Stein, wusste zu berichten, daß er seine ersten Ballübungen in seinem Heimatverein Dommitzsch (in der Nähe von Torgau) absolviert hatte. Später habe er dann in der Kreisstadt Torgau gekickt und schließlich sei er von den Talentespähern des FC Sachsen gesichtet und nach Leipzig gelotst worden. Allerdings habe sein Fanherz bis dahin keinem der beiden Leipziger Vereine gehört und er hätte auch mit einem Wechsel zum VfB keinerlei Problem gehabt. Auch die scharfe Rivalität zwischen beiden Vereinen sei ihm eher fremd gewesen. Das Angebot, nach Chemnitz zu wechseln, habe er vor allem deshalb angenommen, weil er bei den Himmelblauen die besseren Chancen sieht, sich sportlich entwickeln zu können. Sein Wunsch ist es, sich für den Kader der ersten Mannschaft anzubieten und möglichst mit dem CFC in die zweite Bundesliga aufzusteigen. Immerhin hat es der sympathische junge Bursche schon in die erweiterte DFB-U15-Mannschaft geschafft und zählt zu den Kreis der A-Junioren, welche zusammen mit dem RL-Team des CFC unter Rohde zum gemeinsamen Training einberufen worden.

Sebastian Klömich: Auf den Spuren Herbert Voigtländers...?Daniel Göhlert und Sebastian Klömich stöhnten gemeinsam über das knüppelharte Vorbereitungsprogramm von "Wuschi" Rohde. Wahrscheinlich, so beide Kicker scherzhaft, habe der CFC-Coach das ehemalige Trainingsprogramm des DDR-Dauermeisters BFC Dynamo 1:1 auf die Himmelblauen übertragen. Dies wäre doch gut, meinten wiederum die anwesenden Fans, wenn nunmehr die Himmelblauen ebensolche Erfolge wie die damaligen unbeliebten Weinroten erzielen würden. Göhlert war sogar der Meinung, daß das jetzige Programm sogar noch einen Zahn schärfer als jenes von "Schleifer" Karkuth war. Klömich erzählte schmunzelnd, daß Rohde auch einmal Ananiew als Torwartrainer vertreten hat und er noch nie soviele Bälle halten mußte, wie zu jener Lehrstunde. Beide Kicker sprachen trotz des harten Programmes mit großem Respekt von Rohde, der in vielen Dingen ein tatsächliches Vorbild wäre und unter den Spielern eine hohe Achtung geniessen würde. Von den Fans neugierig befragt, äußerte sich Klömich auch zur aktuellen Torwartsituation beim CFC. Vorsichtig ausgedrückt, sieht es wohl so aus, daß Hiemann nach seiner Verletzung im Sommer 2004 eventuell die Handschuhe an den Nagel hängen könnte, was wiederum heißt, daß er und Süssner als Nummer 1 des CFC im Duell stehen. Natürlich habe ihn die späte Vertragsunterzeichnung von Süssner um "Hiemanns Erbe" gebracht, aber Klömich sieht diese Sache sportlich und möchte diesen Wettstreit ohne große Worte auf dem Platz entscheiden. Bezüglich He-Man gebe es wohl im Verein auch Gedanken, daß die langjährige Nummer 1 den Posten des Torwarttrainers von Ananiew übernehmen könnte.

Herbert Voigtländer entpuppte sich als hochinteressanter Gesprächspartner, dem man seine 84 (!!) Lebensjahre in keinster Weise anmerkte. Nahezu wie ein Wasserfall schwätzte der Chemnitzer Veteran über alte Zeiten, als von vielen Stammtischlern noch nicht einmal die Eltern (!) geboren waren. Ausgestattet mit einem dicken Foto-Album, in welchem viele Bilder und Berichte aus der Vor- und Nachkriegszeit schlummerten, schwärmte der Oldie von der guten alten Zeit, als Fußball noch blanker Enthuiasmus war und man sich nach einem Sieg mit dem Mitspieler einen Sack Kartoffeln als Prämie teilte. Die ersten fußballerischen Meriten holte sich die Torwart-Legende beim VfB Chemnitz, welcher in der Vorkriegszeit hinter dem legendären PSV und dem CBC die Nummer 3 in der Stadt war. Aufgrund seines Talentes zum Fangen des Balles, gab man ihm damals den Ratschlag, zur Perfektionierung seiner Fangkünste zum Großfeld-Handball zu wechseln, was Voigtländer auch tat. Der zweite Weltkrieg unterbrach seine sportliche Laufbahn und er wurde in der Uniform der deutschen Wehrmacht in den Krieg geschickt. Dabei hatte er viel Glück, da er sowohl die Stalingrader Front als auch die sowjetische Gefangenschaft überlebte und nach 3,5 Jahren Lagerhaft in die damalige Ostzone zurückkehrte. Sofort stand er wieder im Tor - diesmal für die SG Nord (dem Vorläufer des späteren FC Karl-Marx-Stadt), da alle früheren bürgerlichen Vereine (so auch der PSV und der CBC) verpönt und indirekt verboten wurden. Nun kam seine Zeit im Handballtor voll zum Tragen, denn Voigtländer besaß die hohe Kunst, ohne Handschuhe (!) einen Ball mit einer Hand aus der Luft zu pflücken und sicher an die Brust zu nehmen. Zum Beweis streckte der rüstige Alte seine Hand über den Tisch - und tatsächlich - keiner der anwesenden Fans hatte auch nur annähernd eine so große Handfläche wie Voigtländer. Das lebende Fußballdenkmal erzählte dann auch vom Training mit Erwin Helmchen, welcher ebenfalls nach dem Krieg in der SG Nord spielte. Bei dessen unglaublicher Schußgewalt, wäre er fast nie zum Ball, sondern zum Fangen mit dem Ball mitgegangen. In der damaligen Landesauswahl Sachsens (im damaligen Sinne hatte dies die Dimension eines "Länderspiels") war er die unumstrittene Nummer 1 im Tor. Als zum damaligen Zeitpunkt über eine "Ostzonenauswahl", oder gar über eine gesamtdeutsche Mannschaft (Ost+West) orakelt wurde, fiel stets sein Name. Selbst Abwerbeversuche habe es gegeben - so zum Beispiel habe ihn 1948 der VfB Stuttgart verpflichten wollen, für 150 Mark Auflaufprämie und die Versorgung einer Arbeit als Tankstellenpächter, bei der er für damalige Verhältnisse immerhin 300 Mark im Monat zuverdienen konnte. Voigtländer entschied sich trotzdem, in Chemnitz zu bleiben. Vielleicht war dies die richtige Entscheidung, denn bereits 1 Jahr später zwang ihn eine Wirbelsäulenverletzung zum Ende seiner Laufbahn. In der Folgezeit stellte er seine Erfahrungen dem jungen, aufstrebenden Chemnitzer Verein zur Verfügung, bei welchen er bis 1956 in der Chefetage saß. Unter dem damaligen Name Chemie Chemnitz (vorher SG Nord / BSG Fewa) qualifizierte sich man sich 1952 für die DDR-Liga (höchste Spielklasse). Als jedoch im Jahre 1956 die nächste Umbenennung in SC Motor Karl-Marx-Stadt anstand, wurde über Nacht das alte Präsidium nicht mehr gebraucht und somit Voigtländer aus dem Verein geschaukelt. Prompt stieg der beste Chemnitzer Verein in den Folgejahren 57 bis 59 aus der Oberliga bis in die II.Liga ab und packte erst im Jahr 1963 die Rückkehr ins ostdeutsche Oberhaus. Voigtländer gestikulierte bei der Schilderung dieser Ereignisse noch heute heftig mit den Händen am Tisch, redete sehr viel über Heimatverbundenheit und Treue zum Verein, und daß seiner Meinung nach der heutige Fußball nix mit seinem Weltbild zu tun hätte. Und überhaupt, würden die heutigen Torleute viel zu wenig aktiv am Spiel teilnehmen, und den Ball mit einer Hand fangen, könnten eh die Wenigsten. So in Rage geredet, brach der rüstige Veteran gleichwohl auf, um seine Erkenntnisse und Erfahrungen sofort an den anwesenden Klömich im direkten Gespräch weiterzuvermitteln.

Die himmelblaue Frohnatur Manfred Lienemann öffnete ebenso wie Voigtländer seine reich gefüllte Anekdotenkiste rund um den Chemnitzer Fußall und begann direkt bei der 67'er Meisterschaft für den FCK, wo er in Rostock den vorentscheidenden Treffer zur damaligen Meisterschaft markieren konnte. Nach dem Meistertitel des Jahres 1967 sei allerdings etwas der Schlendrian eingekehrt - heutzutage auch als unprofessionelle Lebensweise bekannt, so daß man eben im Überschwang des Erfolges die Grundlagen des Höhenfluges vergaß und bereits im Jahre 1969 aus der Oberliga abstieg. Die damalige Misere hatte viele Väter, unter anderem die Suspendierung des damaligen Kapitäns der DDR-Nationalmannschaft - Dieter Erler - aus seinem Amt, der mit seinen himmelblauen Kameraden einen fröhlichen Zechabend mit weiblicher Umrahmung feierte und prompt seines Amtes enthoben wurde. Aber auch andere Ursachen trugen zum Zerfall der 67'er Meistermannschaft bei - so zum Beispiel, daß der damalige FCK zwei Spieler vom Erzrivalen aus Aue holte und diese Kicker mit einer Neubauwohnung und einem neuen Auto mehr materielle Anreize bekamen, als die ehemaligen Meisterspieler des 67'er FCK. Stunk war somit vorprogrammiert. Lienemann räumte auch mit der These auf, daß der FCK Zulieferstation für talentierte Fußballer gewesen wäre, wie dies seitens des FSV Zwickau und des FCE Aue heutzutage gern noch behauptet wird. Fakt ist und bleibt, daß der FCK niemals Spieler aus anderen DDR-Bezirken verpflichten durfte und noch dazu die BSG-Vereine aus Zwickau und Aue durch ihre finanzielle Förderung des Bergbaus mehr Geld zahlen konnten, als die Karl-Marx-Städter Schwermetall-Industrie. Als Lienemann in den Jahren 1981-84 als FCK-Coach fungierte, sei unter seiner Zeit z.B. Stürmerstar HansRichter zum 1.FC Lok Leipzig gezwungen worden, da dieser Club als sogenannter "Schwerpunktverein" auch das Recht besessen habe, Spieler außerhalb seines eigenen Bezirkes (Leipzig) zu transferieren. Befragt nach seiner Tätigkeit als Co-Trainer unter Christoph Franke in der Zeit der Zugehörigkeit zur 2.Bundesliga im Jahre 1999 bis 2001, meint Lienemann noch heute, daß der CFC mit Franke wahrscheinlich die Klasse gehalten hätte. Aus heutiger Sicht schätzt er zwar ebenso die Personalpolitik des Sommers 2000' als Krebsschaden ein, trotzdem verbleibt ein bitterer Geschmack, da die damalige Truppe seiner Meinung nach am Finden war und unter Frankes Regie ein Sieg in Osnabrück durchaus möglich gewesen wäre. Nach der Heimniederlage gegen Saarbrücken wäre sich Franke der eskalierenden Situation um seinen Trainerposten durchaus bewußt gewesen und habe daraufhin eine "Gnadenfrist" von 2 weiteren Spieltagen aushandeln wollen. Der Club gestand ihm aber lediglich 1 Spiel zu (Osnabrück - CFC), woraufhin Christoph sofort das Handtuch warf. Lienemann glaubt heute noch daran, daß der CFC unter damals in Osnabrack gesiegt hätte (unter Kuze erreichte man ein 1:1), und somit die Wende zum Klassenerhalt eingesetzt hätte. Mit den Schlußworten von Lienemann schloß sich dann auch der Kreis von 67'er Meisterschaft und den Zeiten der 2.Liga, da sich "Liene" sehr kämpferisch dafür aussprach, in den nächsten 2-3 Jahren unbedingt aufsteigen zu wollen, da man ansonsten in Gefahr laufe, in der dritten Liga zu versacken.

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