Chemnitzer FC trennt sich von Haller-Security

28.02.2007, 22:01 Uhr | 1569 Aufrufe
Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur ddp vom heutigen Abend verzichtet der Chemnitzer FC ab sofort auf die Dienste der Sicherheitsfirma Haller-Security, welche bisher bei sogenannten "Schwerpunktspielen" im Stadion an der Gellertstrasse zum Einsatz kam. Als Grund gab Geschäftsstellenleiter Peter Müller an, dass der Chef der Haller-Security in einem Artikel des Fussballmagazins "RUND" vereinsschädigende Äusserungen getätigt habe.

In der Februar-Ausgabe des Magazins bekennt sich der Securitychef in einem Interview dazu, Gründer der Vereinigung "Hoonara" zu sein, welche sich durch diverse Aktivitäten in den 90'er Jahren, zu den Hochzeiten der deutschen Hooligan-Szene, einen bundesweiten Namen gemacht hat. Diese Erkenntnis ist in der Chemnitzer Fanszene allerdings keine wirkliche Neuigkeit. Im besagten Interview wird noch dazu vermittelt, dass die Aktivitäten der "Hoonara" nur noch sporadisch stattfinden, und das deren Gründer mit seinem Sicherheitsdienst mittlerweile dafür sorgt, dass "..ältere Zuschauer ..jetzt mit ihren Söhnen und Enkeln ohne Angst ins Stadion gehen können".

Neben der Haller-Security beschäftigt der CFC noch einen zweiten Ordnungsdienst, der je nach Gegner mit 30 bis 40 Ordnungskräften im Stadion aktiv ist. Beide Ordnungsdienste waren bisher vom DFB konzeptionell bestätigt. Bei den Einsätzen der Haller-Security im Rahmen der "Schwerpunktspiele" kamen bis Ende 2006 nie mehr als fünf Ordner aus deren Kreis zum Einsatz. Neben den als Trennungsgrund aufgeführten vereinsschädigenden Äußerungen dürfte auch die aktuelle Haltung des DFB, aktiv gegen Rassismus und Rechtsextremismus in den Stadien vorgehen zu wollen, eine wichtige Rolle gespielt haben. Beim Landesamt für Verfassungsschutz wird nach Aussagen eines dortigen Sprechers die "Hoonara" nach wie vor als aktive rechtsextreme Szene aufgeführt.

Das vakante Interview aus der Februarausgabe des Fussballmagazins "RUND":

"Ich bin nicht irgendein Wichser, den man anlachen kann"

HooNaRa-Gründer Thomas von Mühlstedt* über die Hooliganszene in Chemnitz, die Aktivitäten von HooNaRa und die Zusammenarbeit mit dem Chemnitzer FC.

RUND: Was bedeutet HooNaRa? Thomas von Mühlstedt: "Hooligans - Nazis - Rassisten". Das ist ein Relikt aus alter Zeit. Eine Anfang der 90er-Jahre in Chemnitz gegründete Hooliganbewegung, um Klarschiff zu machen. Wir waren oft im eigenen Stadion nur Gast, da habe ich HooNaRa gegründet. Wir sind Fußballleute, die in den 90ern Deutschland und Europa mal gezeigt haben, dass es Sachsen gibt. Hätten wir uns damals nicht so genannt, wären wir auch nicht in die Schlagzeilen gekommen.

RUND: Was hat HooNaRa gemacht? Thomas von Mühlstedt: Wir haben allen, die in den alten Bundesländern einen Namen hatten, ein Angebot gemacht. Einige haben zugesagt, sind aber nicht erschienen. Bei den Kölnern, die sich als Nummer eins in der Hooliganszene propagieren, waren wir in den letzten zwölf Jahren ganze fünfmal. Tja, fünfmal Köln, fünfmal Leerfahrt. Dabei haben wir nicht mal verlangt, dass wir uns auf halber Strecke treffen wie es üblich ist. Wo wir hingefahren sind, haben wir alle geschlagen. In den 90ern hatten wir pro Monat ein Ding. Insgesamt gab es nur gegen BFC Dynamo Berlin Niederlagen.

RUND: Verstehen Sie die Schlägereien als eine Art Sport? Thomas von Mühlstedt: Ja, genau so, als wenn du Bungeejumping oder eine andere Extremsportart machst. Du wirst nirgends eine Aktennotiz finden, in der steht, dass HooNaRa einen Unbeteiligten in Mitleidenschaft gezogen hat. Auch im Stadion passiert nichts. Das ist alles Wald und Wiese.

RUND: Ist HooNaRa heute noch aktiv? Thomas von Mühlstedt: Eigentlich nicht mehr. Andererseits sind wir in einer halben Stunde da. Wir sind gelegentlich mal präsent. Es gibt halt gewisse Heimspiele. Die Menschen dürfen nicht vergessen, wer wir sind. Die jungen Leute verstehen ja nur eine Sprache. Wenn wir nicht präsent wären, würden die Fans irgendwann sagen: "Was willst du von mir, du Wichser." Wenn der weiß, wer ich bin, wagt der das niemals. Die Leute müssen wissen: Der macht keinen Spaß. Der holt mich noch drei Wochen später ab, auch von Zuhause, auch vom Nachtschrank. Ich bin nicht irgendein Wichser, den man anlachen kann. Wir gehören zur Stadt. Wir gehören zum Verein.

RUND: Wie organisiert sich HooNaRa? Thomas von Mühlstedt: Man kennt sich halt. Eine Telefonnummer hast du immer. Wenn etwas ansteht, wird angerufen: Pass auf, wir machen zwei Busse, kann ich mit dir rechnen? Eine Website haben wir nicht, die wird doch nur vom Verfassungsschutz angeschaut. Die haben uns ja als rechte Organisation eingestuft, fast als Terrorgruppe.

RUND: Welchen Einfluss haben rechte Kameradschaften auf HooNaRa? Thomas von Mühlstedt: HooNaRa ist keine Organisation, die in eine Burschenschaft oder Kameradschaft mündet. Die Seelenfänger von NPD oder DVU gibt es hier auch nicht. Ich weiß nicht, ob einzelne zu Kameradschaftstreffen gehen, aber der geschlossene Mob geht nicht nach dem Spiel zur NPD.

RUND: Wie ist das Verhältnis zu anderen CFC-Fans und -Zuschauern? Thomas von Mühlstedt: Einige finden uns scheiße, andere sagen, dass es gut ist, dass es uns gibt. Wir haben Chemnitz in einer gewissen Szene zu hohem Ansehen verholfen. Viele von den älteren Zuschauern wissen, wie es früher war und dass wir großen Anteil daran haben, dass sie jetzt mit ihren Söhnen und Enkeln ohne Angst ins Stadion gehen können.

RUND: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Chemnitzer FC? Thomas von Mühlstedt: Ich will die Leute nicht schlecht machen, aber die sind undankbar und dumm. Ich habe wenige Leute im Stadion, damit verdiene ich fast kein Geld. Es gibt eine Firma, die das Offizielle für den DFB macht, und uns. Beide Firmen haben einen Vertrag mit dem Verein. Die sind mit 30 oder 40 Leuten da, ich nur mit fünf. Aber durch meinen Namen und meine Firma wissen sich alle zu benehmen, weil wir sehr nachtragend sind. Wir machen das Grobe, die anderen verdienen nur Geld. Die stehen rum, ohne dass was passiert. Wir stehen im Block, da, wo es eine gewisse gewaltbereite Fanklientel gibt. Chemnitz hat lange gegen den Abstieg gespielt, da haben wir viele kritische Momente beruhigt. Aber ich muss das nicht machen. Wenn man sich meiner Person gegenüber undankbar zeigt, können die mal eine Saison ohne uns machen. Da würden sich eine Menge Leute bei mir dafür bedanken, dass wir nicht mehr da sind.

Interview Steffen Dobbert

* Name von der RUND-Redaktion geändert

Quelle: RUND-Magazin vom 19.02.2007


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