Interview der CFC-Fanpage mit Neuzugang Jörg Emmerich
12.08.2008, 07:30 Uhr | 2587 Aufrufe
Mit Jörg Emmerich hat der CFC im Sommer 2008 wohl einen der bekanntesten Kicker des Erzrivalen Erzgebirge Aue verpflichtet. Der gebürtige Hallenser agierte unter Trainer Gerd Schädlich von 2004 bis 2008 als Kapitän und Leistungsträger des Ex-Zweitligisten. Zuvor spielte der 34-jährige Defensivspezialist für den VfL Halle und den FC Rot-Weiß Erfurt in der Regionalliga. Nach Schädlichs Entlassung sank auch der Stern von Emmerich in Aue. Im März 2008 wurde er unter dem 3-Monate-Trainer Roland Seitz im Lößnitztal auf die Bank gesetzt und eiskalt abserviert. Die CFC-Fanpage führte mit dem Routinier folgendes Gespräch:
CFC-Fanpage.de: Jörg, deine ersten fußballerischen Schritte lagen beim Halleschen FC. Von dort ging es zum SV Merseburg und dann zum VfL Halle. Warum hast du damals die Wiege des Lokalmatadors und jetzigen Regionalligisten HFC verlassen?
Jörg Emmerich: Das lag eigentlich weniger an mir. Das war noch zu A-Jugend-Zeiten und da hatte mir der Verein nahegelegt, dass ich beim HFC nicht die Möglichkeit bekomme, dort weiterzuspielen. Darum ging ich damals nach Merseburg und bin dort in eine gute Mannschaft, in der u.a. der auch hier in Chemnitz noch gut bekannte Silvio Meißner spielte, gekommen. Ich hatte dort eine richtig gute und auch erfolgreiche Zeit. So sind wir damals auch NOFV-Meister geworden.
Im Nachhinein muss man sagen, dass das für meine Entwicklung ein guter Weg war.
CFC-Fanpage.de: Nach dem Abstieg des VfL Halle aus der Regionalliga holte dich der FC Rot-Weiß Erfurt ins Boot, wo du in zwei Regionalliga-Spielzeiten auf 48 Einsätze und 1 Tor verweisen kannst. Allerdings wird unter Wikipedia auch berichtet, daß du bei RWE nie richtig überzeugen konntest? Wie siehst Du das?
Jörg Emmerich: Ja, das sehe ich genauso. In Erfurt lief es nicht wirklich rund, allerdings muss man auch die damaligen Umstände sehen. Erfurt hatte gerade die Qualifikation für die Regionalliga geschafft und versuchte mit aller Macht eine Mannschaft aufzubauen. In den zwei Jahren wo ich dort war, gab es eine riesen Fluktuation, ich habe bestimmt um die 60 Spieler und vier Trainer in dieser Zeit gesehen. Da liegt es auf der Hand, dass keine richtige Mannschaft zusammenwachsen und Teamgeist entstehen konnte. Bei mir persönlich kam noch Verletzungspech dazu, ich bin aufgrund einer Schulterverletzung fast ein halbes Jahr ausgefallen. Aber man lernt aus dieser Erfahrung und zum Glück war dann meine nächste Entscheidung ein bißchen weiser.
CFC-Fanpage.de: Dein richtig großer Erfolg stellte sich erst unter Trainer Gerd Schädlich in Aue ein, wohin du 2002 gewechselt bist. Im Aufstiegsjahr warst du dort einer der Leistungsträger. Woher kam diese plötzliche Leistungssteigerung? Hing das auch mit der Spielposition zusammen?
Jörg Emmerich: Mit der Position hing das sicherlich auch zusammen, obwohl ich die schon beim VfL Halle, als wir in die Regionalliga aufgestiegen sind, gespielt habe. Gerd Schädlich hatte mich da gesehen und wollte mich schon ein Jahr eher aus Erfurt holen, was aber nicht klappte. Ein Jahr später stand das Angebot immer noch und im Nachhinein erwies sich der Wechsel als gute Entscheidung. Dass es in Aue wesentlich besser lief, als noch in Erfurt, hing maßgeblich damit zusammen, dass ich dort auf Typen innerhalb der Mannschaft traf, mit denen man richtig gut Fußball spielen konnte.
CFC-Fanpage.de: Seit dem Sommer 2004 warst du im Erzgebirge Mannschaftskapitän. Wurdest du eigentlich von deinen Mannschaftskameraden gewählt oder wurde das von Schädlich festgelegt?
Jörg Emmerich: Das war damals genauso, wie es jetzt auch hier ist. Der Mannschaftsrat wird gewählt und daraus wird der Kapitän bestimmt. Gerd Schädlich macht das immer so. In Aue hat damals Peter Grund nicht mehr gespielt und so wurde ich sein Nachfolger.
CFC-Fanpage.de: Fünf Jahre als Stammspieler in der 2. Bundesliga sind für einen Fußballer ein großer Erfolg. An welche Erlebnisse mit Aue erinnerst du dich besonders gern?
Jörg Emmerich: Das waren insbesondere die Spiele am Anfang, wo man selber noch nicht weiss, wo man in der Liga steht . Plötzlich trifft man da auf Gegenspieler, die man vorher nur aus dem Fernsehen kannte. Emotional war das erste Jahr am höchsten einzuschätzen. Die Folgejahre waren auch sehr schön, aber dann pickt man sich die Highlights raus, wie die Spiele wie in der Köln-Arena, dem Aachener Tivoli oder in der Allianz-Arena. Und wenn man dazu aus diesen Stadien etwas Zählbares mit nach Hause nimmt, ist es natürlich sensationell.
CFC-Fanpage.de: Als Hallenser dürfte dir aus deiner Anfangszeit die Rivalität zwischen dem VfL und dem HFC bekannt sein. Das wiederum ist gegen die Feindschaft von Aue und Chemnitz reiner Kinderkram. Was weißt du über diese Rivalität und was hältst du als Spieler von solch beinhart gepflegten Fanritualen?
Jörg Emmerich: Das ich das weiss ist ja klar. Ich denke, dass diese Situation deshalb entstanden ist, weil zu DDR-Zeiten bestimmte Delegationen vorgenommen wurden und damit einige Leute nicht einverstanden waren. Was für einen als Spieler am meisten zählt ist, dass man bei einem Traditionsverein spielt. Und beide Vereine haben Tradition. Wechsel zwischen Vereinen sind an sich keine Besonderheit. Heutzutage gibt es kaum noch Spieler, die mit 18 Jahre in den Männerbereich hochkommen und dann ihre gesamte Karriere bei diesen Verein bleiben.
Dass es bestimmte Rivalitäten und auch Feindschaften unter den Fans gibt, halte ich, solange das Ganze im vernünftigen Rahmen abläuft, für völlig normal und ok. Irgendwo gehören diese Emotionen ja zum Fussball dazu.
CFC-Fanpage.de: Spielten diese Rivalitäten bei deinen Planspielen, zum CFC zu wechseln, irgendeine Rolle und was gab überhaupt für Dich den Ausschlag zu den Himmelblauen zu wechseln?
Jörg Emmerich: Sicherlich macht man sich Gedanken, wie einen die Leute hier aufnehmen werden. Aber entscheidend waren für mich andere Dinge. Nämlich dass es hier in Chemnitz eine junge, talentierte Mannschaft gibt, die Potential hat und die etwas reissen möchte. Daß sie den Aufstieg in die Regionalliga geschafft hat, ist in meinen Augen schon eine Leistung. Hinzu kam natürlich, dass Gerd Schädlich hier die Aufgabe als Trainer übernommen hatte. Zudem kenne ich schon einige Leute hier, wie Sek oder Bitti von den Duellen gegeneinander. So wußte ich ungefähr, was mich hier erwartet. Als ich dann noch gute Gespräche mit Dr. Hänel und Manfred Kupferschmied hatte, war es für mich eine recht einfache Entscheidung.
Dass ich mich in der Gegend hier recht wohl fühle war ein weiterer Grund, der für Chemnitz und gegen andere Angebote sprach. Schliesslich habe ich ja auch Familie hier.
CFC-Fanpage.de: Mit welchen Gefühle würdest Du jetzt im himmelblauen Dress in ein Derby gegen den FCE gehen? Theoretisch kann dies ja bereits diese Saison im Sachsenpokal passieren.
Jörg Emmerich: Schwere Frage. Wenn der Tag ran ist, wird man wissen welches Gefühl man da hat. Da gibt’s dann nur eins - das Spiel gewinnen. Ich bin schon in Sachsen-Anhalt und Thüringen Pokalsieger geworden, da wäre es nicht schlecht wenn ich Sachsen noch einreihen könnte.
CFC-Fanpage.de: Der ehemalige Nationaltorwart der DDR, Jörg Weißflog, seines Zeichens Kapitän von Wismut Aue, spielte nach der Wende kurze Zeit in Chemnitz. Trotz teils guter Leistungen hing ständig ein Transparent "Weißflog zurück in den Schacht" im Stadion. Was würdest du solchen Hardlinern gern mitteilen wollen?
Jörg Emmerich: Sicherlich verbinden die Leute mich mit Aue, da ich dort in den letzten Jahren große sportliche Erfolge gefeiert habe. Ich versuche aber jetzt hier meine Leistung zu bringen und mich in die Mannschaft einzufügen. Der Verein strukturiert sich gerade nach einer richtig langen Durstphase um und ich denke, dass ich meine Erfahrung, die ich im Profifussball gemacht habe, dabei einbringen kann.
Man muß dabei auch sehen, dass die Verantwortlichen des Vereins an einen Gerd Schädlich und mich herangetreten sind und uns gefragt haben, ob wir ihnen weiterhelfen können. In den Gesprächen hat sich herauskristallisiert, dass wir die gleiche Sprache sprechen. Die sog. Hardliner sollten somit zur Kenntnis nehmen, dass die Entscheidung über unser Engagement hier nicht nur von Gerd Schädlich und mir, sondern auch vom Vorstand ihres Vereins getroffen wurde.
Im Endeffekt muss ich hier meine Leistung bringen und mich einbringen. Nichts anderes habe ich vor. Ich möchte Freude am Fussball haben und im Endeffekt soll ja auch etwas "dabei rumkommen".
CFC-Fanpage.de: Neben den Stimmen, die mit deiner unblauen Vergangenheit grummeln, gibt es auch Fans, die wegen deines Alters Kritik anmelden. Der CFC hat tatsächlich mit älteren Spielern nicht immer Glück gehabt...
Jörg Emmerich: Ich denke, dass ich hier insbesondere meine Erfahrung einbringen kann. Dass ich nicht wie ein Neunzehnjähriger hoch- und runtersprinten werde, liegt sicherlich auch in der Natur der Sache. Aber eins möchte ich klar stellen - ich bin nicht hier, um "abzutrainieren".
CFC-Fanpage.de: Wie hat dich die junge Truppe des CFC eigentlich aufgenommen?
Jörg Emmerich: Sehr gut, muss ich sagen. Innerhalb der Mannschaft hatte ich überhaupt keine Probleme. Ich denke, so wie Du Dich integrieren lassen willst, wirst Du auch integriert und hier lief das reibungslos.
CFC-Fanpage.de: Auf dem Platz hast du in den Vorbereitungsspielen bereits versucht, Führungsstärke zu beweisen. Traust du dir als Neuling zu, in der jungen Truppe den Ton anzugeben?
Jörg Emmerich: Das ist eigentlich das, wofür ich hier bin. Es ist eben der Unterschied zwischen dem älteren und dem jüngeren Spieler, dass der jüngere Spieler die eine oder andere Situation nicht so einschätzt. Mit Hilfe meiner Erfahrung kann ich durch ein paar einfache Aktionen dem Spiel eine andere Richtung geben. Das war bisher so mein Spiel und so will ich es auch weitermachen.
CFC-Fanpage.de: Jörg, der jetzige Trainer von Aue, Heiko Weber, hatte Gerd Schädlich einmal vorgeworfen dass er veraltete Trainingsmethoden hätte. Was sagst Du zu dieser Aussage?
Jörg Emmerich: Man kann von dem Trainingsstil halten was man will, am Ende zählt die Bilanz, die man vorweisen kann. Und die ist bei Gerd Schädlich außerordentlich. Er hat immer Vereine unter schwierigen Bedingungen übernommen und sie in den bezahlten Fußball geführt. So etwas können nicht viele von sich behaupten.
Über Herrn Weber möchte ich überhaupt nicht reden. Das ist Zeitverschwendung.
CFC-Fanpage.de: In Aue bist du nach erfolgreichen Zeiten, dann unter Roland Seitz eher im Unfrieden gegangen. Ist der Schritt, nach Chemnitz zu gehen, sowohl als ein bewußtes Zeichen an deinen alten Verein sowie als ganz persönliche Herausforderung deinerseits zu verstehen?
Jörg Emmerich: Ich wollte auf keinen Fall aufs Abstellgleis. Wenn, dann hätte ich auch in Aue bleiben können, ne Liga höher, mit mehr Geld in der Tasche und insgesamt vielleicht etwas ruhiger. Aber so will ich nicht aufhören. Mir wäre es sehr recht, wenn ich dann in zwei Jahren meine Karriere hier in Chemnitz beende, dass dann noch in irgendeiner Form ein positives Ergebnis dasteht.
CFC-Fanpage.de: Welche persönlichen Ziele hast du mit dem CFC und was ist für Dich ein „positives Ergebnis“?
Jörg Emmerich: Ich denke, dass so etwas wie der Sachsenpokal für eine Mannschaft, die im Teilnehmerfeld nicht in der höchsten Spielklasse spielt, schon ein großer Erfolg ist. So spielt man im DFB-Pokal, und hat Einnahmen mit den man nicht von vornherein plant.
Oder man schafft den Schritt eine Etage höher. Aber hier muss man so realistisch sein, dass ein Aufstieg schon eine richtig große Nummer wäre. Schliesslich hat man in der neuen Liga acht ehemalige Drittligisten und der CFC ist erstmal nur Aufsteiger. Selbst den einstelligen Tabellenplatz mit dieser jungen Mannschaft - bis auf mich alten Sack - sehe ich da als ambitioniertes Ziel an. Aber ich sage mal, sauber bleiben im Kopf und Schritt für Schritt arbeiten, dann wird sich am Ende auch der Erfolg einstellen.
CFC-Fanpage.de: Jörg, wir danken dir ganz herzlich für dieses Interview und wünschen dir, daß alle deine Wünsche, Hoffnungen und persönlichen Ziele bei unserem Verein in Erfüllung gehen!