CFC-Mitgliederversammlung beschließt neue Satzung für den e.V.
06.05.2022, 20:42 Uhr | 5978 Aufrufe
Das Wetter meinte es gut mit den Mitgliedern des Chemnitzer FC. So konnte die Mitgliederversammlung des Chemnitzer FC e.V. bei frühlingshaftem Wetter im Stadion an der Gellertstraße auf der Haupttribüne und dem heiligen Rasen stattfinden. Einziges Manko des Austragungsort: bei der zugehörigen Präsentation die über die Anzeigetafel lief war vieles - insbesondere die Zahlen - kaum lesbar. 290 stimmberechtigte Mitglieder des CFC nutzten die Gelegenheit an der MV teilzunehmen. Bei aktuell 2.462 Vereinsmitgliedern hatte somit etwa jeder Zehnte den Weg an die Gellertstraße gefunden. Die Teilnehmer erwartete eine lange - 18 Punkte umfassende - Agenda, gab es doch einiges aufzuholen, da die regulären, sonst im Dezember stattfindenden Mitgliederversammlungen 2020 und 2021 coronabedingt ausgefallen waren.
Versammlungsleiterin Susanne Bilz, die erst kürzlich mit in den Vorstand aufgenommen wurde, startete mit Ehrungen für die Länge der Mitgliedschaften (48xBronze für 20 Jahre, 16xSilber für 25 Jahre, 30xGold für 9 Jahre). Auf den Listen befanden sich auch illustre Nahmen wie Ex-Physiotherapheut Burkhard Wind oder Meisterspieler Manfred Lienemann.
Rechenschaftsbericht des Ehrenrates
Den Rechenschaftsbericht des Ehrenrates trug FCK-Gründungsmitglied Eberhard Langer vor. Der Ehrenrat hatte seit seiner Wahl 2019 mit Jürgen Sager eines seiner Mitglieder verloren. Ein weiteres Mitglied, der bisherige Vorsitzende Jürgen Rotter, ist schwer erkrankt. Stefan Fritzsche wurde zwischenzeitlich in den Ehrenrat kooptiert. Langer sprach über die Arbeit des Ehrenrates und seine Schwerpunkte:
Bild des CFC in der Öffentlichkeit
Einflußnahme auf interne Auseinandersetzungen
Sicherung des Mitspracherechts der Mitglieder
Weitere wesentliche Themen waren und sind der Kontakt zur Fanszene, die Mitarbeit an der neuen Satzung, die Ehrenordnung, das Nachwuchsleistungszentrum und der Wiederaufbau des Traditionskabinetts.
Der 87jährige Ex-OB von Karl-Marx-Stadt Eberhard Langer sieht beim CFC mittlerweile eine gesunde Atmosphäre des demokratischen Dialogs.
Ehrenmitgliedschaften für Gerd Schädlich und Christoph Franke
Vorstandsmitglied Rümmler verkündete als nächstes, dass die beiden ehemaligen Spieler und Trainer des FC Karl-Marx-Stadt / Chemnitzer FC Christoph Franke und Gerd Schädlich zu Ehrenmitgliedern des CFC ernannt werden. Ersterer soll im Rahmen des letzten Punktspiels, gegen Tasmania Berlin, die Ehrung erhalten. Bei Gerd Schädlich, der mittlerweile verstorben ist, wird die Ehrung posthum vergeben.
Zu Gerd Schädlich verkündete Romy Polster später noch, dass man darüber nachdenke, wie man den Aufstiegstrainer von 2011 noch ehren könnte. Neben einer Namensgebung denke man mit Gerds ehemaligen Wirkungsstätten Schacht und Zwickau über ein gemeinsames Nachwuchsturnier zu Ehren der verstorbenen Trainerlegende nach.
Rechenschaftsbericht des Vorstands
Im Rechenschaftsbericht des Vorstandes ließ Vorstandschefin Romy Polster die Herausforderungen (Corona, Geisterspiele, Saisonabbruch, Sport- und DBF-Urteil zum 8. März) und Erfolge (Prozess zur Erstellung einer neuen Satzung, Leitbild, Rettung des NLZ unter dem Dach der GmbH) seit Bestellung im Dezember 2020 Revue passieren. Polster sprach auch über die Saisonunterbrechung 2020 in der 3. Liga mit Kurzarbeit und Geisterspielen - die unrühmliche Rolle des CFC, der sich erst für einen Saisonabbruch aussprach und kurze Zeit später dagegen positionierte, sparte sie jedoch aus.
Großen Applaus gab es, als Polster auf die Spendenaktion im Sommer 2020 zu sprechen kam. Über 500.000 Euro wurden damals von Fans, Sponsoren, Mitgliedern und Gesellschaftern gesammelt - die maßgebliche Grundlage, dass der CFC dann über einen eigenen Insolvenzplan die Insolvenz im März 2021 erfolgreich beenden konnte. Damit war der Club wieder "schuldenfrei, selbständig und rechtsfähig". Dass von der Spendenaktion überschüssige Geld wäre im Übrigen vollständig dem e.V. zugute gekommen, wie der anwesende Wirtschaftsprüfer André Schmidt später auf Nachfrage eines Mitglieds bestätigte.
Polster sprach dann über das Nachwuchsleistungszentrum, welches den Verein pro Jahr etwa 800.000 Euro kostet. Defizite im Jahr 2021 wurden über die GmbH ausgeglichen. Polster appellierte in dem Zusammenhang auch an die Mitglieder, ihre Beiträge zu zahlen. Etwas über die Hälfte der Mitglieder hätte aktuell nur ihren Beitrag gezahlt, damit fehlt dem e.V. ca. 100k€ im Gesamtbudget.
Der CFC wurde in den vergangenen Jahren auch in Sachen Styleguide/ Außendarstellung neu aufgestellt: Modernität, Kooperation (mit anderen Chemnitzer Vereinen), Nachhaltigkeit (wofür das umstrittene Grün stehen soll), Digitalisierung und soziale Verantwortung waren hier die Schlagworte für die der Club zukünftig stehen soll.
Die Zahlen: Sondereffekte durch Corona
Wirtschaftsprüfer André Schmidt führte durch die (auf der Anzeigetafel unlesbaren) Zahlen von e.V. und GmbH. Beim e.V. wurde betont, dass bis zum Ende der Insolvenz am 8.3.2021 einzig der Insolvenzverwalter für die Finanzen zuständig gewesen war.
Es zeichnet sich ein gemischtes Bild. Der e.V. hatte im Rumpfgeschäftsjahr 2021 ein negatives Saldo von ca. 30k€. Die Spielbetriebs-GmbH zeichnete in den ersten 6 Monaten nach ihrer Gründung ein sattes Minus von ca. 1 Mio €. In den von Corona geprägten Folgejahren in der 3. Liga und nach dem Abstieg in die Regionalliga wurde jeweils ein Überschuss von ca. 200k€ erwirtschaftet. Allerdings muss man dazu sagen, dass Sondereffekte wie Kurzarbeit, coronabedingte Unterstützungsleistungen und Leistungen der Gesellschafter zu den Überschüssen führten.
Am Ende der laufenden Saison wird, wie Marc Arnold in seinem folgenden Bericht betonte, ein sattes Minus von ca. 500k€ in der GmbH stehen, welches man aktuell noch über das Eigenkapital ausgleichen könne.
Es folgte der Rechenschaftsbericht des Aufsichtsrates, den Knut Müller vornahm. Müller nahm einen Abriß des Geschehens seitens der Wahl des aktuellen Aufsichtsrates im Jahre 2019 vor und betonte, "dass die Verzahnung der Gremien gelebt werde" (es gibt gemeinsame Sitzung zwischen Vorstand und AR) und es ein "gutes und vertrauensvolles Verhältnis gebe".
Müller appellierte an die Mitglieder, dass sie "Werbung für den CFC machen sollen" und in Blick auf das Sachsenpokalfinale, dass es ein "himmelblaues und kein grünes Stadion" geben solle.
Entlastungen - doppelte Abstimmung
In den Tagesordnungspunkten 11 und 12 ging es um die Entlastungen der Gremien. Entgegen der eigentlichen Tagesordnung liess Versammlungsleiterin Susanne Bilz bei beiden Gremien zweimal abstimmen: für die Zeit vor und nach Insolvenzbeendigung. Bei allen vier Abstimmungen stimmte jeweils die deutliche Mehrheit für eine Entlastung.
Vorstand
während der Insolvenz: 264xJA, 14xNEIN, 12xENTHALTUNG
Auffällig dabei war, dass Teile des Aufsichtsrates sich bei der Entlastung ihres eigenen Gremiums enthielten.
Sportliche Situation: Hui & Pfui
Sportvorstand Marc Arnold übernahm das Wort und sprach zunächst über den Nachwuchsbereich. Er betrachte die akuelle Situation (Zertifizierung + alle Mannschaften in der höchsten Spielklasse) als "Riesenerfolg", insbesondere da er die Bedingungen für den Nachwuchs als "eigentlich nicht konkurrenzfähig" ansieht. Arnold hob dabei die B-Junioren hervor, die vor Mannschaften wie RB Leipzig, Wolfsburg, Dynamo oder Werder Bremen, auf einen hervorragenden 4. Platz erreicht haben. Die A-Junioren hingegen sind leider abgestiegen. Zu den Erfolgen zählen auch die 3 Nationalkader, die man im Nachwuchsbereich hervorgebracht habe und dass die Anzahl der hauptamtlichen Mitglieder gestiegen ist. Das alles mit einem Budget von 800 k€. Arnold appellierte in dem Zusammenhang ebenfalls an die Mitglieder, ihre Beiträge zu bezahlen, damit die Finanzierung des Nachwuchses gesichert werden kann.
Bei der ersten Mannschaft zeichnete Arnold die Situation seit seinem Amtsantritt mit den Höhen (Pokal - Zwickau) und Tiefen (Pokalfinale, Abschneiden in der Hinrunde 21/22). Letzlich wären es zu viele Unentschieden gewesen und aufgrund der Gesamtbilanz hat er die Entscheidung getroffen mit Daniel Berlinski nicht zu verlängern und auf den Interims- und mittlerweile Chefcoach Christian Tiffert zu setzen. Die Finanzierung der kommenden Saison ist schwierig und hier arbeitet man daran, die Einnahmesituation zu verbessern. Was es nicht einfacher macht: die aktuell allgemein schwierige Situation trifft auch Sponsoren des Chemnitzer FC, wie auch Hauptsponsor Niles Simmons, wo aktuell nicht klar ist, ob die Firma auch in der kommenden Saison den CFC unterstützt. Arnold wünscht sich in der kommenden Saison deutlich mehr Zuschauer, was dem Club finanziell aber auch emotional helfen würde.
Was die Kaderplanung angeht, so wird es lt. Arnold auch "harte Entscheidungen" geben und so manche Verträge würden nicht verlängert werden können. Generell müsse man erst mal schauen, welches Budget für die nächste Saison aufgestellt werden kann. Die Gespräche mit dem aktuellen Kader, aber auch externen Spielern, würden jetzt intensiviert. Zum Saisonziel 22/23 äußerte sich der Sportvorstand maximal defensiv (siehe Zitat).
Neue Satzung - Kritik und Zustimmung
Tagesordnung 14 drehte sich um einen eminent wichtigen Punkt für den eingetragenen Verein Chemnitzer FC, die Beschlussfassung zur neuen Satzung. Kommissionsleiterin Susanne Bilz stellte den Mitgliedern vor, wie man an der neuen Satzung gearbeitet hatte, vor.
Dabei gab es von einigen Mitgliedern Kritik an Kapitel 2 der neuen Satzung, speziell dem Passus, dass sich der CFC in Tradition des Chemnitzer BC 1933 sehen würde, einem Verein der zu Nazizeiten (neu) gegründet wurde und auch eine zu der Zeit "passende" Satzung gehabt habe. CFC-Vorstand Rümmler entgegnete, dass man sich allein in der sportlichen Tradition der Vereine sähe und dass entsprechend auch so formuliert habe.
Für die neue Satzung bedurfte es einer 3/4 Mehrheit der anwesenden Mitglieder. Die gab es dann auch - nur 6 Mitglieder stimmten dagegen, 20 enthielten sich, 260 stimmten dafür. Damit hat der Chemnitzer FC e.V. eine neue Satzung.
Auch die zugehörigen Dokumente, für die es nur einer einfachen Mehrheit brauchte, gingen erwartungsgemäß ohne Probleme durch:
Wahlordnung: 288xJA, 2xEnthaltung
Geschäftsordnung: 289xJA, 1xEnthaltung
Beitragsordnung: 289xJA, 1xEnthaltung
Vorstellung Leitbild
13 Monate hatte das Team um den Leiter Norman Löster mit CFC-Fans und Mitglieder am neuen Leitbild des Chemnitzer FC gearbeitet. Heraus gekommen war ein 8 Punkte umfassendes Leitbild, was Löster den Mitgliedern Punkt für Punkt präsentierte. Ziel im Leitbildprozess war es verschiedene Meinungen in einem basisdemokratischen Prozess einzuholen.
"Über allem steht das Wohl des Vereins" war eine von Löster vorgelesene Kernbotschaft aus dem neuen Leitbild.
Antrag zur Wiedereinführung einer zweiten Mannschaft abgelehnt
Dann stand der Antrag zur Wiedereinführung einer zweiten Mannschaft auf der Tagesordnung. Den Antrag hatte Vereinsmitglied Marco Viol eingebracht und begründete ihn, durchaus nachvollziehbar, u.a. mit der Möglichkeit verletzten Spielern nach der Verletzung wieder Spielpraxis zu geben oder Nachwuchsspielern, die den sofortigen Sprung in die erste Mannschaft nicht schaffen würden, weiter an den Verein zu binden. Finanziert werden sollte das erste Jahr über eine Sonderumlage.
Marc Arnold entgegnete, dass eine Sonderumlage satzungstechnisch nicht vorgesehen wäre. Er wäre grundsätzlich Fan einer zweiten Mannschaft, sieht das aber in der aktuellen Situation des Chemnitzer FC weder strukturell noch finanziell (Kosten ca. 200k€) darstellbar. Sollte der CFC in die 3. Liga aufsteigen könne man darüber nachdenken. Weiteres Argumen: der Sprung von A-Jugend in die Regionalliga wäre nicht so groß, was man auch an Spielern wie Max Roscher oder Niclas Walther sehen würde. Arnold empfahl den Mitgliedern Antrag abzulehnen und so kam es auch - der Antrag wurde deutlich abgelehnt. (252xNEIN, 28xENTHALTUNG, 10xJA).
"Verschiedenes" - Möglichkeiten der Ehrung und Kritik an der Preisgestaltung
Unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" gab es von einem Mitglied die Anregung, im Stadion einen "Walk of Honor" zu schaffen (wie man es bspws. aus England kennt) um besondere Persönlichkeiten des Clubs zu ehren. Hier könnte man mit Gerd Schädlich beginnen.
Kritik gab es vom selben Mitglied an der aktuellen Preisgestaltung, wo - gerade im Vergleich zu den Niners, die immerhin 1. Bundesliga spielen - die Eintrittspreise beim Club als zu hoch angesehen werden. Vereinschefin Polster nahm hier Stellung und antwortete, dass sie - bei den aktuellen finanziellen Verhältnissen und hohen Spieltagskosten - keinen Spielraum für eine Preissenkung sehen würde. Aktuell seien die Mietpreise für das Stadion drastisch reduziert und sie wisse noch nicht, ob das auch im nächsten Jahr so sein würde.
Nach 3 Stunden beendete Romy Polster die Mitgliederversammlung mit der Hoffnung, dass man sich nun im Dezember regulär wiedersehen würde.