Herbstschock: Der CFC taumelt am finanziellen Abgrund!
24.11.2016, 22:06 Uhr | 2013 Aufrufe
Der heutige Tag wird wohl als "Schwarzer Donnerstag" in die Geschichte des Vereins eingehen. Genau vier Wochen vor Weihnachten 2016 platzte beim Chemnitzer FC die bisher leise tickende finanzielle Bombe. Gerüchte gab es schon lange, aber aus dem "Raumschiff CFC" drangen lange Zeit keine Signale bis zur Erde vor. Bodenkontakt Fehlanzeige. Bis heute - gegen 10 Uhr - mit den ersten Zeilen in der Chemnitzer Morgenpost, plötzlich die himmelblaue Super-Nova explodierte! Über drei Millionen Euro Defizit, eine äußerst prekäre Finanzlage, himmelblaue Bittgesuche im Rathaus und sogar eine drohende Einstellung des Spielbetriebs! Derart schlechte Nachrichten hatte es seit dem Abstieg im Jahr 2006 nicht mehr gegeben. Damals trat Dr. Hänel als Sanierer und Bewahrer an, führte den Verein in die 3. Liga und stemmte zusammen mit OB Barbara Ludwig sogar das Stadion-Projekt Fiwi 2.0! Und nun? 10 Jahre später alles für die Katz!?
13.00 Uhr gab es heute im Rathaus eine Pressekonferenz zur aktuellen Lage. Im Geschäftsjahr 2015-16 hat der Verein ein Defizit von 1,2 Mio € angehäuft, und in der laufenden Saison schon wieder 800.000 € rot schimmernde Münzen. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Hänel und der erst seit wenigen Monaten im Amt befindliche Dr. Kall beichteten dies heute im Beisein von OB Barbara Ludwig im Rathaus. Als Gründe wurden u.a. der krankheitsbedingte Ausfall von Geschäftsführern, schlechte Zuschauerzahlen und zu hohe Kosten an den Spieltagen benannt. Das überzeugte im Rathaus aber nicht wirklich. Geschäftsführer Dr. Kall deutete noch ein anderes Problem an: Viel zu hohe Kosten bei der Transferpolitik und beim letzten Trainer-Wechsel. Zitat aus der Mopo: „Die Neuverpflichtung diverser Spieler und der Trainer-Wechsel waren die Hauptgründe für das Defizit. Da wurde im Verein zu optimistisch geplant.“
Neben Kopfschütteln und Schelte gab es im Rathaus aber auch Lösungsangebote. Für die abgetretene Erbpacht des Fiwi-Areals und dessen Aufwertungen (u.a. Flutlicht & Rasenheizung) hatte ein Gutachter bei den Stadionverträgen eine Entschädigung an den CFC in Höhe von 1,26 Mio € ausgerechnet, die eigentlich über 20 Jahre auslaufen sollte, aber nun reaktiviert und bar ausgezahlt werden soll. Darüber muss der Stadtrat auf seiner letzten Sitzung des Jahres 2016 am 7. Dezember entscheiden. Im Paket gibt es auch noch ein Darlehen von der Eins Energie über 1,5 Mio Euro. Allerdings fordert die Stadt dafür Einblick in die Bücher des CFC und den Aufbau eines professionellen Controllings - und zwar unter den Fittichen von Eins Energie. Der CFC wird am kommenden Montag seine Reue, Buße und Pläne bei den Fraktionen des Stadtrates vortragen dürfen - und kann dann nur noch die Daumen drücken, dass bei der Abstimmung am 7.12. genügend Stimmen für die Unterstützung seitens des Stadtrates zusammenkommen. Es wurde auch bereits Kontakt zum DFB gesucht, um böse Einschläge aus Richtung Frankfurt möglichst zu vermeiden.
Der Verlauf des "Schwarzen Donnerstags" im Ticker der
Chemnitzer Morgenpost aus dem Rathaus:
12.05 Uhr: Um 13 Uhr hat Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig ins Rathaus zu einer Pressekonferenz eingeladen. Außerdem werden dort CFC-Präsident Dr. Mathias Hähnel und der kaufmännische Geschäftsführer, Dr. Dirk Kall, anwesend sein. Wie der Beschlussvorlage B-296/2016 für den kommenden Stadtrat zu entnehmen ist, soll die Stadt Chemnitz dem Verein 1,26 Millionen Euro auszahlen, die dem Verein noch aus dem Abkauf des Erbpacht-Vertrags zustehen. Offenbar hat der CFC nur noch finanzielle Mittel bis Jahresende. In der Beschlussvorlage für den Stadtrat spricht OB Ludwig von einer "ernsten wirtschaftlichen Schieflage Der Verein ist dringend auf finanzielle Hilfen von außen angewiesen. Ohne diese besteht das Risiko weitreichender Auflagen und Strafen des DFB bis hin zur Gefahr für den Profispielbetrieb". Das wäre das Aus für den Verein und den Profifußball in Chemnitz. Nach TAG24-Informationen beträgt das komplette Defizit beim CFC rund 3,1 Millionen Euro.
13.00 Uhr: OB Barbara Ludwig: "Ende Oktober kam CFC-Präsident Dr. Hänel auf mich zu. Das Ausmaß hat mir die Sprache verschlagen. Aber wir wollen helfen."
13.02 Uhr: CFC-Präsident Dr. Mathias Hänel: "Es ist aktuell eine sehr angespannte Lage. Man muss sagen, dass der CFC bei einer Nicht-Lösung gefährdet wäre. Wir hatten zuwenig Zuschauer, Kosten an den Spieltagen - da sind uns Fehler unterlaufen. Strukturell waren wir unterbesetzt, im Frühjahr sind beide Geschäftsführer monatelang krankheitsbedingt ausgefallen."
13.05 Uhr: Auf Facebook äußert sich auch die Fanbeauftragte des Chemnitzer FC, Peggy Schellenberger, die außerdem für die SPD im Stadtrat sitzt, erstaunlich offensiv: "Bei Allem, was jetzt beim CFC aufgerollt wird, bleibt ein Wunsch: Dass die ewige Symptombekämpfung endlich durch eine umfassende Diagnose und eine Therapie mit Heilungsaussicht ersetzt wird! Wichtig wäre, wenn die Fans jetzt nicht schadenfroh mit Verbalkeulen durch die Straßen ziehen, sondern das tragende und wichtige Fundament des Vereines bleiben! Fällt schwer, aber wir haben keinen Plan B!"
13.08 Uhr: CFC-Präsident Hänel rechtfertigt sich weiter: "Der neue kaufmännische Geschäftsführer Dr. Kall ist erst im Juli gekommen. Die Probleme wurden im September be- und erkannt. Ich sehe mich zentral in der Verantwortung, kann aber im Tagesgeschäft nur mittelbar eingreifen. Auf der Suche nach Lösungen hatten wir gute Gespräche mit der Stadt. Die Zahlung der 1,26 Millionen Euro würde Probleme kurzfristig lösen. Die Ursache für die Misere muss langfristig behoben werden. Das darf sich nicht wiederholen. Ich stehe erstmals in meiner Amtszeit vor solch gravierenden Problemen."
13.10 Uhr: Dr. Dirk Kall: "Wir hatten in der vorigen Saison ein Minus von 1,2 Millionen Euro zu verzeichnen. Insgesamt haben wir mit den Zahlen aus der aktuellen Saison ein Liquiditätsproblem von rund zwei Millionen Euro."
13.13 Uhr: OB Ludwig begründet die Hilfsbereitschaft der Stadt: "Es gibt kaum jemand anderen, der jetzt dem Verein noch helfen kann."
13.18 Uhr: Dr. Kall: "Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um die Kosten zu senken und die Einnahmen zu erhöhen. Die Personalkosten müssen runter, sollen erfolgsabhängig ausgezahlt werden."
13.21 Uhr: Dr. Hänel nennt einen weiteren Grund für das Dilemma: "Es war ein Zuschauerschnitt von 7.500 geplant, wir sind jetzt bei 6.200."
13.27 Uhr: OB Ludwig verkündet: "Die städtische Tochter Eins Energie will einen Kredit über 1,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen."
13.29 Uhr: Dr. Hänel greift den Aufsichtsrat an: "Ich will die Arbeit der Aufsichtsräte genauestens hinterfragen." Chef des Aufsichtsrats ist Uwe Reißmann, der Chemnitzer Polizeipräsident.
13.31 Uhr: Dr. Hänel setzt weiter auf die Mannschaft: "Wir wollen im Winter keine Spieler verkaufen, da wir uns auch keine großen Ablösesummen erwarten."
13.33 Uhr: Dr. Kall kritisiert die Politik des Vereins im vergangenen Winter: „Die Neuverpflichtung diverser Spieler und der Trainer-Wechsel waren die Hauptgründe für das Defizit. Da wurde im Verein zu optimistisch geplant.“ Unter anderem wurde im Winter Stürmer-Star Daniel Frahn verpflichtet.
13.39 Uhr: Dr. Hänel will den Spielern ans Geld. "Wir müssen über Kürzungen reden, auch bei den Prämien."
13.41 Uhr: Dr. Kall hat leise Hoffnung: "Eine Insolvenz droht derzeit nicht."
13.43 Uhr: OB Ludwig weiß, welch hitzige Diskussionen am 7. Dezember ab 15 Uhr im Stadtrat auf sie warten: "Es ist schwer zu sagen, wie der Stadtrat entscheidet. Eine Abwägung wird sehr schwierig sein." Sie hofft aber auf eine Zustimmung: "Alle Fraktionen haben aber zugestimmt, dass der CFC auf die Tagesordnung kommt. Das ist sehr bemerkenswert. Der erste Schritt ist getan. Ich habe Hoffnung, weil der CFC eine große Bedeutung hat."
13.46 Uhr: Laufende Kosten kann die Stadt dem Verein aber nicht ersparen. OB Ludwig: "Die Pacht von 180.000 Euro im Jahr kann nicht gestundet werden. Die Pacht ist Bedingung." Damit wäre die vereinbarte Pacht, um die Baukosten des Stadions abzubezahlen, weiterhin für das Stadtsäckel gesichert.
13.48 Uhr: Ende November soll das Sanierungskonzept stehen, um den Chemnitzer FC vor dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit zu retten.