Nach dem schicken Auswärtssieg in Leipzig und der nachfolgenden Nullnummer gegen die Kölner Amateure schienen die Zweifler recht zu behalten, daß dem CFC die Sache mit der Spielgestaltung wohl etwas schwer fällt und es deshalb in diesem Jahr auswärts ein paar Pünktchen mehr als sonst üblich sein könnten. Grund genug, mal fix den Fahrradträger vom Autodach zu holen, den Kofferraum von Urlaubsresten und Leergut befreien - damit genügend Platz für die anvisierten 3 Punkte blieb - und auf ging's im sanften Gleitflug Richtung Hansestadt Bremen.
Unterwegs schnappte kurz vor Walsrode die Staufalle zu, da natürlich wieder niemand damit rechnen konnte, daß ein paar ganz Oberschlaue schon den Samstag als Ferienrückreisetag auserkoren hatten, anstatt brav auf den Sonntag zu hoffen. Nach 4 Stunden Fahrt trudelte man zielsicher in Bremen ein und nutzte die verbleibenden 2 Stunden für einen ausgiebigen Stadtbummel. Sehr nett das Ganze, vor allem das Rathaus inklusive Altstadt. Einzig bemängelswert war die Größe der in Bronze gegossenen Bremer Stadtmusikanten, die nach einem abendlichen Umtrunk eine böse Stolperfalle darstellen können. In Fragen Stadt-Denkmal daher klarer Punktsieg für C-Town. Am Bahnhof konnte man aus gebührender Nähe schon 7-8 Sixpacks in Erwartung der wilden Horden aus dem Osten (letztlich kamen genau 47 höchstgefährliche Zugfahrer) beobachten.
Angekommen am Weserstadion, führte ein kleiner Weg zu den Nebenplätzen, zwischen denen auch eben jener mit der Nr.11 lag, auf dessen Geläuf die Akteure des Tages ihre Künste zeigen sollten. Dem Durchreisenden präsentiert sich jener "Platz 11" immerhin mit einer baufälligen Tribüne, einer Laufbahn, zwei Imbissständen und einem Gästekäfig samst Zaun - von dem später noch die Rede sein wird. Das Ordnungspersonal zeigte sich ziemlich freundlich - mehrere Ordner halfen sogar beim Anbringen der Fahnen, und als die Fahne der "Uns Ulfer" aus Platzgründen etwas zerknufft am Zaun hing, durfte diese sogar an eine ziemlich exklusive Stelle gleich neben dem Sixpack-Platz aufgebammelt werden.
Zum Einlaufen der Teams vor dem tobenden Mob der 320 Zuschauer präsentierten die Chemnitzer Fans mal wieder die bewährte Mülltüten-Choreo - bestehend aus weißen und himmelblauen Recycling-Tütchen. Immer wieder hübsch anzusehen. Auch die wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt in Deutschland einmalige Regenwolke verzog sich nunmehr in südlicher Richtung. Auf dem Rasen hatte sich Trainer Frank Rohde dafür entschieden, den verletzten Schindler durch Meyer zu ersetzen, der in den letzten Spielen stark nach vorn agiert hatte. Die weitere Aufstellung des himmelblauen Betonmischers blieb logischerweise unverändert.
Die hochgewachsenen Amateure des SV Werder namen mit dem Anstoss erst einmal das Heft des Handelns in die Hand. Die CFC-Abwehr um Eisen-Karl sah den Wogen jedoch gelassen entgegen und wie bereits im Away-Kick in Leipzig gesehen, stemmte sich das gesamte himmelblaue Team, bei den Stürmern beginnend, mit viel Einsatzfreude gegen den Gegner. Außer einer lausigen Ecke nach 6 Minuten sprang für Werder nix heraus. Nach der Anfangsviertelstunde befreite sich der CFC etwas und spielte nun selbst gut mit. Der sehr fleissige Zivic und der diesmal erstaunlich starke Göhlert knüpften im Mittelfeld den Spielfaden und bemühten sich redlich um Aufbauarbeit nach vorn. Echte Torchancen gab es aber auch auf Chemnitzer Seite nicht. Der Club wurde immer stärker und vollführte im Strafraum der Bremer ein wahres Eckenfestival. Leider zeigte sich hier eine der bekannten Schwächen, daß der CFC bei Standards zu wenig Gefahr ausstrahlt. Nach einer halben Stunde zieht Teichmann auf halblinks unvermittelt ab und ballert das Leder zum Schrecken der Bremer an den Pfosten - schade, dies hätte das durchaus verdiente 1:0 sein können!
Im Gästeblock beste Stimmung - die Ultras stimmten viele neckige Lieder an und vollführten eine lustige Krebs-Krabbel-Einlage in Richtung maroder Tribüne. Der nächste Lacher sollte dann eine Häschen-Hüpf-Einlage hinter den Chemnitzer Zaunfahnen werden, bevor es jedoch soweit war, wurde der Zaun einem kurzen DIN-Test ob seiner Wackelfestigkeit unterzogen - und - er bestand ihn nicht. Schon beim ersten Wackelkontakt gab die verrostete Naht am Bodeneinlass nach und erfreute sich ihrer plötzlichen Bewegungsfreiheit. Im Nachhinein gab es dann durch die Ordner wieder einmal Personalienfeststellungen und sogar die Beschlagnahme einer Chemnitzer Handycam, auf der eventuelles "Beweismaterial" vermutet wurde.
Das Spiel schleppte sich mit leicht überlegenen Gästen in Richtung Halbzeit. Kurz vor dem Pausenpfiff spielt sich der agile Meyer auf rechts noch einmal geschickt durch und steht nach einer Drehung fast frei vor dem Tor - sein überhasteter Schuß faucht jedoch über die Querlatte ins Toraus. Dann pfiff der erwähnenswert gute Herr Plaggenborg in sein Pfeifchen und bat die Teams zum Pausentee.
Die zweite Halbzeit begann, wie die erste endete - der CFC bestimmte mit Einsatz und klugem Stellungsspiel das Geschehen auf dem Rasen. Keeper Hiemann, diesmal wieder mit schwarzem Haarschopf ausgestattet, hatte bis auf einen gefährlich getretenen Freistoß, den er mit Mühe zur Ecke klären konnte, erstaunlich wenig zu tun. Trotzdem - gute Torchancen blieben auf beiden Seiten Mangelware. Bremen zwar offensiv bemüht, aber ohne jedes Mittel, die gute Chemnitzer Deckung ernsthaft gefährden zu können. Die Himmelblauen wiederum verstanden es nicht, die Freiräume der anrennenden Amateure für eigene Konter auszunutzen. Trainer Rohde nahm den zwar fleissigen, aber wirkungslosen Meissner vom Platz und schickte Youngster Rolleder ins Rennen. Kurze Zeit später ereilte Biermann dasselbe Schicksal und er durfte seinen Platz mit dem Doktor aus Zwickau tauschen. Aber die Sturmkombination Rolle&Arzt erwies sich an diesem Tage als nicht durchschlagskräftig genug, um ein Auswärtstor zu erzielen.
Zum Ende des Spieles nahmen die Hanseaten noch einmal Fahrt auf, um irgendwie doch noch ein entscheidendes Loch in den Chemnitzer Beton zu pickern. Bemühungen von Stallbaum per Fernschuß und Schierenbeck's Kopfball wurden jedoch zur sicheren Beute von Routinier Hiemann. Der Schieri pfiff die Partie pünktlich ab und die CFC-Spieler kamen noch an den Zaun, um sich bei den ca. 70 mitgereisten Fans für die Unterstützung zu bedanken.
Fazit: Die Abwehr steht. Wenn ein anerkannt spielstarkes Team wie die Werder-Amateure im ganzen Spiel nur eine richtig gute Chance hat, spricht dies auf jeden Fall für die Qualität der CFC-Abwehr und des gesamten Abwehrverhalten des Teams. Wann hat es dies zuletzt gegeben, daß der CFC 270 Minuten kein Gegentor bekommen hat? Negativ bleibt anzumerken, daß selbst in Spielphasen, wo man dem Gegner überlegen ist, zuwenig Torchancen erarbeitet werden. Natürlich weiß jeder, daß ein Ersin und Tchipev nicht ersetzbar waren, und daß die Youngster sich noch entwickeln müssen - trotzdem muß der Club versuchen, seine Offensivbemühungen zu verstärken. Eine gute Möglichkeit bietet dafür das nächste Heimspiel gegen den Aufsteiger aus Neumünster - bereits ab dem 5. Spieltag kommen dann die ersten wirklichen Brocken auf den CFC zu.
[..] Nach der Nullnummer bei den Werder-Bubis konnte CFC-Chefcoach Frank Rohde immerhin resümieren: „Es war die beste Mannschaft, gegen die wir bisher in der Liga antraten.“ [..] Der 43-jährige Rohde: „Diese halbe Stunde war das Beste, was wir in dieser Saison bisher boten. Doch meine Männer müssen in letzter Konsequenz noch kälter und cleverer sein.“ Dabei denkt „Wuschi“ Rohde nicht nur an seine Stürmer: „Wir müssen mehr Torgefahr aus allen Reihen bringen.“ [..] Dennoch: Rohde konnte mit dem kompakten Auftreten seines Teams in Bremen zufrieden sein. Und der Trainer, dessen Team bisher noch kein Gegentor zuließ, schaut voraus: „Wir werden nun gegen Neumünster nachwaschen. Da müssen drei Punkte her.“
[..] Hinten drin ließen Steffen Karl und Co. nichts anbrennen. Vorn passierte jedoch herzlich wenig. Das Umschalten von Abwehr auf Angriff funktionierte nicht, der CFC rückte bei seinen Kontern – wenn überhaupt – meistens viel zu spät nach.