Spielbericht

17. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
0:3
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach

Heimspiel gegen M'gladbach nur weiterer Haltepunkt auf CFC-Abschiedstour

von Frank Neubert

Tja, irgendwie finden sich eben doch immer wieder mehr oder weniger gute Gründe, sich die Heimspielauftritte des Chemnitzer FC's livehaftig anzutun. Diesmal waren es solche bewegenden Dinge wie der vierte Coach in dieser Saison und der frisch gebackene Cotrainer, welche beide beim CFC das Himmel(blaue)fahrtskommando am Anfang der Woche übernommen hatten. Die Herren Karkuth und Schulz verbreiteten vornweg auch etwas gedämpften Optimismus, nicht nur zum Training einer zukünftigen Regionalligamannschaft angetreten zu sein, sondern schon noch den allerletzten Sprung auf den abgefahrenen Klassenerhaltsexpress versuchen zu wollen. Und natürlich war "Hansi" zu Besuch...

Die Fans sahen dies wohl ähnlich und füllten die Fischerwiese mit immerhin noch 6500 Zuschauern, davon gut 600 im Gästeblock. Allerdings wollten nicht alle Fans den Kick der Himmelblauen von Anfang an sehen - vor allem die Bielefeld-Auswärtsfahrer wollten der lahmen Truppe mal einen Denkzettel verpassen und aus Dank für die tollen himmelblauen Leistungen die Südkurve einfach einmal unbesetzt lassen.
Am Montag hatte es einen offiziellen Aufruf mehrer Fanclubs gegeben, welcher sogar in der örtlichen Presse abgedruckt war und sinngemäß aussagte, das die Fans einfach von vielen Spielern wegen ihrer ehrenlosen und vereinsschädigenden Arbeitseinstellung bitter enttäuscht sind und daher ein 45minütiger Boykott der traditionellen Heimat der Fans, der Südkurve erfolgen wird. Dieser Boykott lag schon seit langen in der Luft, sollte ursprünglich schon einmal im Heimspiel gegen St. Pauli erfolgen und wurde damals nur durch den Auswärtssieg in Aachen abgewendet.
Die Diskussionen im Vorfeld waren schwerwiegend, sowohl im Internet als auch beim Stammtisch im Vereinslokal "Erdenglück" wurde den aufrufenden Fans vorgehalten, das ja wohl durch die Neubesetzung des Trainerpostens und der Wiederwahl von Waszik als Präsident ein neuer Wind an der Gellertstrasse weht, und somit diese Aktion völlig verfehlt wäre. Gegenargument der Aufrufenden war aber die Meinung, das sich bei der Aktion einzig gegen die völlig lustlose Einstellung der Spieler gewandt werden soll, und nicht gegen Trainer oder Präsidium.
Wie auch immer, der Protest fand statt und dies merkte man bereits daran, das im Vorverkauf der Run auf die "freien" Blöcke einsetzte und diese bei Spielbeginn auch optisch gut gefüllt waren. Vor dem Stadion hatten die aufrufenden Fanclubs nochmals per Handzettel versucht, die Besucher des Spiels über ihre Aktion aufzuklären und vom Besuch der Südkurve abzuhalten. Das es hier gegenteilige Meinungen gegeben haben muß, konnte man daran erkennen, das bei Anpfiff trotzdem ca. 60 Fans die Blöcke 4 und 5 besiedelten und diese sogar versuchten, Stimmung zu verbreiten. Ansonsten hing nur ein großes Spruchband in der Südkurve, auf welchem stand: "Wir machen das Gleiche wir ihr: NICHTS".

Das Spiel begann und war zunächst ausgeglichen. Der CFC umständlich bemüht, die Borussia erstmal abwartend., aber irgendwie beweglicher. Während sich der CFC im Mittelfeld festrannte, probierte der Gegner schnelle Konterangriffe. So hatte auch van Lent die erste große Chance des Spieles, aber Süssner im Tor der Himmelblauen konnte parieren. In der 12. Minute dann wieder der typische Fall des Tabellenletzten - die Abwehr pennt vor sich hin, auf Oswalds Seite kommt Eberl völlig frei zum Flanken, der Ball segelt durch den Strafraum, Köhler versucht per Kopf zu klären und gibt eine wunderbare Vorlage für van Lent, der sich das 1:0 für seine Farben natürlich nicht entgehen lässt. Boah - toll - und wieder mal durch individuelle Abwehrschnitzer ein Gegentor in der ersten Viertelstunde, das Kartenhaus der Hoffnung wieder einmal früh zerstört.
Aber der CFC versuchte mit seinen sehr bescheidenen Mitteln dagegen zu halten. So kommt Muratovic nach Flanke von Kluge zu einem Lattenkopfball in der 17. Minute, wobei allerdings der nicht immer glücklich aussehende Schiedsrichter auf Abseits entscheidet.
Das Spiel nicht besonders gut, M'gladbach mit der durchweg besseren Spielanlage, mehr Ideen, und immer einen Schritt schneller als der nächste himmelblaue Gegenspieler. Engagement war beim CFC zwar vorhanden, aber der "echte" letzte Wille war nicht zu verspüren. Viele Abspielfehler und durchschaubare Aktionen prägten das Bild. Daher auch relative Stille im Rund, selbst die sangesfreudigen Tribünenstehplätze blieben eher stumm und beschränkten sich wie die restlichen Zuschauer auf das übliche Klatschen und Anfeuern bei Standardsituationen. Nach 20 Minuten dann Bewegung am Eingang der Südkurve - die Akteure des Boykotts zogen ein, volle 45min hält man es eben ohne die himmelblaue Droge doch nicht aus. Eine komische Situation, da sich ja wohl alle bereits im Stadion befindlichen Fans als "die Treueren" betrachteten. Zu allen Überfluß sangen dann die Einziehenden auch noch "Wir sind die wahren Fans" und zogen sich somit vereinzelte Pfiffe zu. Der absolute Hit war aber dann auch noch das Anstimmen der CFC-Hymne "Super-CFC, du bist niemals alleine..." - Kopfschütteln aller Orten, spätestens hier wurde die Aktion bei allen ehrlichen Überlegungen im Vorfeld der Lächerlichkeit preisgegeben. Kurios dann auch das Bild der Südkurve nach dem Einmarsch der Gladiatoren - es waren nicht mehr als ca. 350 Fans, welche dem Boykott gefolgt waren, die Anderen standen gut verteilt in den restlichen Blöcken. Und so blieb es bis zum Spielende bei der zu einem Drittel gefüllten Südkurve, naja...
Aber zurück zum Spiel. Es blieb dabei, der CFC umständlich bemüht und die Gladbacher mehr als einen Tick besser. So kamen die Schützlinge von Hans Meyer noch zu zwei tollen Chancen vor der Halbzeit, aber sowohl der knapp vergebende van Houdt und der an Süssner scheiternde van Lent konnten die verdiente Führung der Fohlen nicht weiter ausbauen.

Den Beginn der zweiten Halbzeit verbummelte die Tribüne mal wieder, da die Jungs tatenfreudig nach 10min schon wieder erschienen und die Lachsbrötchen wohl noch nicht alle ausgegangen waren. Das Spiel blieb erstmal dasselbe, der CFC vielleicht mit etwas mehr Elan und Gladbach noch mehr auf Konter lauernd. Dann die erste Auswechslung (53.) seitens der Himmelblauen - der einzige Stürmer auf dem Platz, Muratovic, wich dem einzigen Stürmer auf der Bank, Ronny Kujat. Muratovic hatte erneut nicht überzeugt, aber bei dem "genialen" Vorlieferanten namens CFC-Mittelfeld würde wahrscheinlich auch ein G.Elber in Tränen ausbrechen. Trotzdem blieb die Auswechslung unverständlich - jeder der anwesenden Hobbytrainer hätte bei diesem Rückstand wohl eher beide Stürmer agieren lassen, und lieber eine andere Positon aufgelöst. Das Spiel plätscherte weiter.
Echte Belebung kam dann mit der Einwechslung des wiedergenesenden Jendrossek auf (65.), der für richtigen Schwung sorgte. Er erkämpfte sich ernergischst den Ball und startete zu einem echten Flügellauf, motivierte bei einem Einwurf gleich mal die Zuschauer mit und gab somit das Signal zur Aufholjagd. Der himmelblaue Rest ließ sich sogar anstecken und fightete auf einmal mit. Renn erstrampelt sich im Mittelfeld den Ball, "nicht ganz fair - aber fain", Laude klärt in der Abwehr mit einem knallharten Durchzieher der Marke "Schienbeinbruch" - und das Stadion ging mit. "Chemnitz-Chemnitz" hallte es von allen Blöcken durch die Fischerwiese, wie schon lange nicht mehr. Kluge bombardierte Kamps mit 2 guten Schüssen - der CFC in seiner besten Phase seit langen. Der Ausgleich lag in der Luft.
Und dann kam das 0:2 - ein Befreiungskonter der Borussia endet mit einer Schwalbe am CFC-Strafraum - der Schieri gibt Freistoss (72.). Korzynietz läuft an und haut das Ding zum Entsetzen der Fans dem auf dem falschen Fuß stehenden Süssner in die lange Torwart-Ecke. Aus - Ende - Vorbei - Erledigt - 0:2, der Tabellenletzte war erlegt.
Die Südkurve glänzte in ihrem verständlichen Frust in Schmähgesängen über die Wessis, wahrscheinlich hatte es sich noch nicht überall herumgesprochen, das der neue Trainer aus Gelsenkirchen kommt. Was folgte, war Gammelfussball hoch drei - die Himmelblauen konnten nicht mehr und die Fohlen wollten nicht mehr. Gladbach wechselte noch zweimal aus, und der dunkelhäutige Spieler namens Aidoo nahm die tatenlose CFC-Abwehr in der 82. Minute noch einmal komplett auseinander und schob einen Kullerball aus 15m zum 0:3 ein. Feine Strafe für die gefrusteten Kaputtnicks, welche den Spieler mit Uh-Uh-Rufen begrüßt hatten. Aber auch die himmelblauen Spieler wollten wohl nochmal Dampf ablassen, Mehlhorn handelte sich jedenfalls eine Minute vor Schluß noch die rote Karte ein, als er einen Gladbacher mit dem Ellenbogen touchiert und dafür die rote Karte erhält. Schlußpfiff - die Fohlen-Fans feierten den Auswärtssieg, unterstützt von ostdeutschen Trittbrettfahren aus Aue und Dresden - die CFC-Fans nur mit vereinzelten Pfiffen, tja, man hatte ja (fast) nichts anderes erwartet. Ein paar Spieler begaben sich noch auf Abklatsch-Tour bei den Fans, so zum Beispiel ließen es sich Renn, Kluge, Schmidt und Kujat nicht nehmen, das Bad in der niederlagengewöhnten Fankurve wahrzunehmen.

Ein Fazit!? Dieses Spiel war nichts weiter als der nächste Haltepunkte des CFC-Bummelzuges in Richtung Regionalliga, welcher eben nochmal jede Station mitnimmt. Der Chemnitzer FC hat auch mit dem vierten Trainer der laufenden Saison in keinster Weise ein durchgehendes Niveau angeboten, was man mit den Anforderungen an die zweite Liga vergleichen könnte. Hans Meyer, Trainer der Borussia, als auch Freund und Mitglied des Chemnitzer FC (!!) äusserte sich dann auch in der Pressekonferenz ungewöhnlich lange zum Thema CFC, verbunden mit der dringenden Bitte, die Zeichen der Zeit zu erkennen und schon jetzt einen Neuanfang in der Regionalliga vorzubereiten, damit der Absturz ins Bodenlose vermieden werden kann. DANKE für diese Worte, Hans!!

Wertung: 4

Beste Himmelblaue: Renn, Kluge, Jendrossek

Pressestimmen

Chemnitzer Morgenpost
Auch unter Karkuth wurde's nicht gut - Fans protestierten [..] Am 17. September hatten die Chemnitzer Fans den letzten Heimsieg ihrer Mannschaft miterleben dürfen. Danach gab's nur noch Enttäuschungen. Deshalb zogen die Anhänger aus der "Südkurve" ihren angekündigten Protest durch, ließen auf einem großen Spruchband folgende Nachricht zurück: "Wir machen das Gleiche wie Ihr - nichts! [..] Die Himmelblauen, bei denen Jan Schmidt seit Ewigkeiten wieder ran durfte, bemühten sich zwar, aber die Gladbacher waren in allen Belangen überlegen - zweikampfstärker, ballsicherer, cleverer.

17. Spieltag - 2. Bundesliga - Saison 2000/2001
Mittwoch, 13. Dezember 2000, 19:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 6.500
Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen)
Chemnitzer FC
T Süssner
A Laudeley
A Franke
A SchmidtGelbe Karte
A MehlhornRote Karte
M RennGelbe Karte
M Köhler (65. Jendrossek)
M Oswald
S Muratovic (53. Kujat)
S KlugeGelbe Karte
S Skela

Trainer: Karkuth
Borussia Mönchengladbach
T Kamps
A EberlGelbe Karte
A Korell
A Pletsch
A Osthoff
M Nielsen
M Demo (64. Stassin)
M Hausweiler
S Korzynietz (84. Aidoo)
S van Lent (83. Auer)
S van Houdt

Trainer: Meyer
Tore
0:1 van Lent (12.)
0:2 Korzynietz (72.)
0:3 Aidoo (82.)