Anfang Mai ist die Zeit der Störche. Sie kehren aus dem Süden zurück, bauen sich ein Nest und sorgen für die Zukunft. Aus dem Süden erschien diesmal der Chemnitzer FC. Er überreichte den abstiegsgefährdeten Norddeutschen als Gastgeschenk drei Tore und Punkte und half den Storchen-Fußballern bei der Zukunftsplanung kräftig mit. Auf der Baustelle Holstein-Stadion, wo der legendäre Pflaumenbaum leider gefällt wurde, fiel der CFC nämlich wieder in alte, unselige Zeiten zurück. Mehr als ein Trainingsausflug wurde es nicht, und besser wäre es, den 125 mitgereisten Anhängern bereits vorher mitzuteilen, daß es zumindest in dieser Saison keinen Zweck mehr hat.
Holstein Kiel nahm dieses Spiel sehr ernst. Nach einem zweitägigen Trainingslager und getankter hoher Moral lief der Ball zügig durch die Kieler Reihen. Zwar erspielte sich der CFC gewisse Feldvorteile, diese waren jedoch ein Muster ohne Wert. Auch die erste gefährliche Aktion des Spiels, ein direkter Eckball von Taljevic (10.min), brachte keinen zählbaren Erfolg. Während sich die Schindler, Zivic und Göhlert gefällig im Mittelfeld den Ball zuschoben, machte die Störche kurzen Prozeß. Der Ex-HSVer Tornieporth spielte den sehr müde wirkenden Fillinger am rechten Flügel schwindlig, passte in den Rücken der Abwehr und bevor man sich dort orientieren konnte, drehte ein Daniel Teixeira bereits jubelnd ab (13.min). Und da dies so gut klappte, wiederholten die Rotstelzler diese Gaudi in der 38. Minute noch einmal. Wieder Sprottenalarm von rechts, Eingabe und es stand 0:2. Damit war das Spiel entschieden, und mit dem Pausenpfiff konnte sich die Zuschauer dem schönen Wetter, dem Imbißstand und den frühlingshaft gekleideten Damen widmen.
Ab der 46. Minute zogen sich die Holsteiner zurück und überließen den Gästen den Platz. Chemnitz hatte nun mehr vom Spiel und arbeitete viel nach vorn, während Kiel abwartete und sich bei fast sommerlichen Temperaturen aufs Kontern verließ. Als in der 64. Minute das 3:0 fiel (Wojcik-Kopfball nach Ecke Nadj), blickten die hochzufriedenen Zuschauer noch einmal kurz auf. Danach passierte nicht mehr viel. Zwei erwähnenswerte Höhepunkte gab es dennoch aus Chemnitzer Sicht. In Minute 50 prallte ein Süßner-Abstoß von Göhlerts Brust soweit ab, daß sich daraus ein Kieler Konter entwickelte, der nur mit Mühe zur Ecke geklärt werden konnte. Und in der 83. Minute lief Stefan Meißner allein halblinks auf den Torwart der Störche zu. Aber auch hier zeigte er seine hundertprozentige Chancenverwertung, nämlich daß er zu hundert Prozent das Tor nicht trifft und wohl endlich etwas für seinen Arbeitsplatz tun sollte. Auch der anfangs agile Ifet Taljevic fiel am Ende ab und sorgte mit übertriebenen Dribblings gegen teilweise 3 Kieler für Unmut bei den sich frei laufenden Mitspielern. Zumindest Prymulla sorgte nach seiner Einwechslung noch einmal für Druck und beschäftigte die rechte Abwehrseite der Störche. Dies reichte aber nicht mehr, und nach einer bedrückenden 2. Halbzeit erlöste der gut pfeifende Schiri Hagen die Zuschauer, von denen die meisten mit einem Ohr schon längst beim Handball waren.
Fazit: Kiel spielte zielstrebig, effektiv und siegte verdient, während die Himmelblauen sich auf dem 40-Punkte-Polster ausruhten. Nach den HSV/A., Braunschweig und St.Pauli wurden die Chemnitzer wieder ihrem Ruf als Aufbauhelfer West gerecht. Der schiffbrüchige CFC trieb auf den 8. Tabellenplatz hinab und benötigt noch dringend 3-4 Punkte, um nicht wieder den Rechenstab herausholen zu müssen. Und ein Knipser für den schwachen Sturm wäre nicht schlecht, damit im kommenden Jahr der Storch endlich erlegt werden kann.