Vorbericht

Achtelfinale - Sachsenpokal - Saison 2001/2002
Bischofswerdaer FV 08
Bischofswerdaer FV 08
1:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Der CFC gegen die "Schiebocker" aus Ostsachsen ...

von Timo Görner (Vorbericht) & Erik Büttner (Reisetipps)

...denn so werden die Kicker des Bischofswerdaer FV 1908 von nicht wenigen eigenen Fans tituliert und der Schlachtruf "Schiebock !" ist dem einen oder anderen vielleicht ja auch noch in Erinnerung. Dies rührt wiederum daher, dass in Bischofswerda eine Schubkarre mit diesem Titel versehen wurde und sich darum eine bemerkenswerte Tradition rankt, welche ihren Höhepunkt in den alljährlichen "Schiebocktagen" mit der Weltmeisterschaft in verschiedenen Disziplinen hat. Vielleicht hat der eine oder andere von Euch auch ein solches Gefährt in seinem Keller stehen. Das aber mal nur am Rande.

Der Gegner heißt wie oben schon mal angesprochen Bischofswerdaer FV 08, zu Zeiten des eigenständigen DDR-Fußballs besser bekannt als BSG Fortschritt Bischofswerda. Die kickenden Ostsachsen am Fuß der Oberlausitz spielten vor 1945 bereits als FV 08, dann folgte wie bei den meisten Vereinen der Ex-DDR eine regelrechte "Namens-Irrfahrt", bis 1951 trat man wechselnd als "Einheit", "Stahl" und "Motor Süd" an. Bis 1970 schloss man sich mit einem anderen Bischofswerdaer Verein zur "BSG Motor" zusammen und ab 1970 dann firmierte man schließlich unter "BSG Fortschritt Bischofswerda". Bis 1977 trat man für den "Mainstream-Fußball-Konsumenten" der DDR weiter nicht in Erscheinung und fristete sein Dasein in der Bezirksklasse Dresden, damals nach Oberliga, Liga die dritthöchste Spielklasse des DFV der DDR. 1977 gelang dann der Aufstieg in die damalige fünfgleisige DDR-Liga mit ihrer Unterteilung von je 3 Bezirken pro Staffel (die DDR hatte ja insgesamt 15 Bezirke). Somit gelangte man in die Staffel D, in der hauptsächlich die Vereine aus den Bezirken Dresden, Cottbus und Karl-Marx-Stadt beheimatet waren und trat gegen Vereine wie den heutigen VfB Chemnitz (Motor "Fritz Heckert") oder den heutigen FC Energie Cottbus an den Ball. 1986 dann eine kleine Sensation im DDR-Fußball, denn mit der BSG Fortschritt Bischofswerda stieg nach der BSG Motor Steinach (4.000 Einwohner) die seitdem "kleinste Stadt" in die DDR-Oberliga auf. Bischofswerda zählt heute offiziell 13.840 Einwohner inkl. der einen oder anderen Eingemeindung im Zuge der sächsischen Reform vor ein paar Jahren. Rechnet man den auch hier zwangsläufigen Abwanderungsstrom Richtung Westen ein, so dürfte die Stadt damals rund 16.000 Einwohner gehabt haben. Wie schon gesagt, eine kleine Sensation im DDR-Fußball, zumal die Ostsachsen in ihrer Staffel B (Süd-Staffel) ambitionierte Vereine wie den Halleschen FC oder Chemie Böhlen hinter sich ließen.
Zum damaligen Zeitpunkt hatte man die unsinnige fünfgleisige Liga mit je 12 Mannschaften abgeschafft und in eine zweigleisige Staffelung umgewandelt. In der Staffel A (Nord) spielten seitdem Vereine wie Union Berlin oder Motor Babelsberg, in der Süd-Staffel tummelten sich je nach sportlichem Verlauf der Hallesche FC, Sachsenring Zwickau oder Chemie Böhlen. Also eine durchaus bemerkenswerte Leistungskonzentration. Fortschritt nahm das "Abenteuer Oberliga" in Angriff und lieferte eine damals wie ich fand durchaus ordentliche Saison ab, stieg am Ende lediglich mit nur 1 Zähler Rückstand auf die mit Platz 12 gerettete BSG Stahl Riesa ab, gemeinsam übrigens mit der BSG Energie Cottbus, dem heutigen Erstligisten. Dabei hatte man den FC Karl-Marx-Stadt am 22.11.1986 an der Gellertstraße am Rand einer Blamage, denn der FCK rettete damals mit "Zeitspiel" (FuWo Berlin) ein mühsames 2 : 1 gegen einen "bienenfleißigen und engagierten Gegner" (wieder die FuWo Berlin) über die Runden. Das Rückspiel wurde dann sogar mit 1 : 2 verloren, als der FCK nach einem guten Saisonstart schon längst wieder im tristen Mittelmaß fernab des angestrebten UEFA-CUP-Platzes versunken war, die BSG aber weiter auf den Klassenerhalt hoffen durfte. 2 Wochen zuvor hatte man im "Stadion der Jugend" vor proppenvollem Haus (10.000) für eine mittlere Sensation gesorgt und den DDR-Serienmeister und damaligen Tabellenführer BFC Dynamo mit 2 : 0 besiegt. Gegen Dynamo Dresden gelang am 1. Spieltag ebenfalls ein sehr gutes Ergebnis ( 0 : 0 ), verhindern konnte das den postwendenden Abstieg damals nicht, betrauert von durchschnittlich fast 8.000 Zuschauern, doppelt soviel wie der FC Carl Zeiss Jena. Ein gewisses Maß an Begeisterung für den Fußball war also durchaus gegeben. In der folgenden Liga-Saison spielte man auch aufgrund von ein paar Abgängen zu Oberliga-Vereinen keine wesentliche Rolle, kam aber dann schon in der nächsten Saison wieder zurück, nicht ohne in der Staffel B wiederum Vereine wie Chemie Leipzig oder Chemie Böhlen hinter sich zu lassen. Anlauf Nr. 2 in der Oberliga also für die BSG Fortschritt, wieder sollte es nicht reichen, denn nach 26 Spieltagen hatte man die "Rote Laterne" inne und stieg wiederum recht knapp ab, denn vom geretteten 12. Stahl Eisenhüttenstadt trennten nur 2 Zähler. Dies in einer Saison, in der die politische und teilweise auch schon wirtschaftliche Wende reinplatzte.

Gegen den FCK wurden übrigens beide Spiele mit 1:2 verloren.

Man stieg damals übrigens gemeinsam mit dem FC Wismut Aue ab. Es sollte aber nicht das letzte Achtungszeichen der "Schiebocker" sein, denn 1993 nahm man als Staffelsieger eines der drei Amateur-Oberligen des NOFV an der Relegation zur 2. Bundesliga gegen den 1. FC Union Berlin und Tennis Borussia Berlin teil, scheiterte deutlich, aber immerhin. 1994 schaffte man dann die Qualifikation für die neue viergleisige Regionalliga, aus der man dann 1996 aber abstieg und in die Viertklassigkeit abwanderte. Somit kam es nicht zu weiteren Aufeinandertreffen mit dem abgestiegenen CFC in der Regionalliga Nordost. Bis zur letzten Saison konnte sich der FV dann in der Viertklassigkeit behaupten, ehe auch hier wirtschaftliche Turbulenzen maßgeblich für den Abstieg verantwortlich waren. Am 26.05. 2001 wurde bekannt, dass der Verein Insolvenz-Antrag stellen muss, da es erhebliche Nachzahlungsforderungen der Landesversicherungsanstalt Sachsen in angeblich sechsstelliger Höhe gab, halb offiziell war es aber schon seit Wochen. Die drohende Insolvenz vor Augen wurde der sportliche Klassenerhalt in dieser Saison letztendlich noch verspielt, in jedem Falle hätte sich der Verein aber sowieso freiwillig aus der Oberliga Süd zurückziehen müssen. Ein Umstand, welcher auch den VfB Chemnitz am Ende rettete. Damit war man in der Landesliga Sachsen angelangt, wo man noch 1991 in der höchsten Spielklasse der Ex-DDR aktiv war. Wurde der erste Oberliga-Abstieg 1987 noch von 8.000 Zuschauern im Schnitt begleitet, so interessierten sich 2001 noch rund 400 Aufrechte im Schnitt für den FV 08.

Nun tritt man also nur noch fünftklassig an den Ball und misst seine Kräfte künftig nicht mehr mit Dynamo Dresden, sondern dem BSC Rapid Chemnitz. Wenigstens konnte man sich für den Sachsenpokal qualifizieren, den man 1992 gegen den FSV Hoyerswerda bereits einmal gewinnen konnte, als daran allerdings Vereine wie der CFC, Dynamo Dresden, VfB Leipzig nicht dran teilnahmen. In der bisherigen Landesligasaison droht erneut ein sportlicher Überlebenskampf, denn nach 9 Spieltagen belegt man mit Platz 14 wiederum einen Platz, der theoretisch am Saisonende den Abstieg bedeuten könnte, je nachdem wie viele Regionalligisten aus der Nord-und Südstaffel absteigen und es entsprechende "Wanderungsbewegungen wegen Überbevölkerung der Amateur-Oberliga" gibt. Die "Generalprobe" für das "Spiel des Jahres" ging gegen den VfL Pirna-Copitz vor knapp 200 Zuschauern in die Hose, gewonnen wurde zweimal, darunter mit 2 : 1 beim BSC Rapid Chemnitz. Somit ist die sportliche Lage außerordentlich kompliziert, was uns natürlich noch mehr in die absolute Favoritenrolle bringt. Bekannte Namen gibt es beim FV nur für "alte Oberliga-Hasen", mit Roci Schiemann ist ein ehemaliger Oberliga-Kicker als Physiotherapeut tätig. Ansonsten ein kleiner, relativ junger Kader mit mehreren Spielern aus Tschechien und Polen, u. a. der vom ehemaligen Ligakonkurrenten VfB Zittau gekommene Pavel Dolezal. Gespielt wird natürlich im ehemaligen "Stadion der Jugend", welches sich heute "Wesenitzsportpark" nennt und was 1992 wohl mit den Spielen im DFB-Pokal gegen den VfB Oldenburg und Karlsruher SC zum letzten Mal so richtig "Pokal-Feeling" verströmte.

Vielleicht lassen wir am Mittwoch die Zuschauerzahl mal auf über 1.000 explodieren. Soweit weg wie man meinen könnte ist Bischofswerda ja nicht und einen netten Feiertagsausflug a la Bad Lausick ist es allemal wert.

In diesem Sinne uns einen schönen Nachmittag am Rand der Oberlausitz mit einem zünftigen Weiterkommen Richtung Berlin. ;-)

Das Stadion

... hat seinen Namen von dem hinter dem Stadion entlang fließendem Rinnsal "Wesenitz". Zuvor war dieses Multifunktionsstadion auch unter "Stadion der Jugend" bekannt.
Errichtet wurde die Arena mit dem Aufstieg der Schiebock-Elf anno 1986. Damals war der Ground nicht viel mehr als ein Kleinstadt-Sportplatz. Schnell wurden auf den Längsseiten ein paar Wälle aufgeschüttet und diese betoniert. Immerhin faßte die Arena nun 10.000 Leute, 1000 davon durften auf den Sitzschalen vor dem Sporthotel sogar sitzen.
Seit dieser Zeit hat sich aber fast nichts mehr getan. Wie gesagt, fast. 1996 wurde nämlich eine neue Turnhalle auf dem Stadiongelände erbaut und an deren Hinterseite hat man eine steil aufragende Tribüne gesetzt. Diese ist allein den Gästen vorbehalten und bietet ca. 1000 Mitreisenden einen Stehplatz.

Die Route

In Chemnitz auf die Autobahn A4 und ab geht's Richtung Dresden. Nach dem man die Landeshauptstadt fast passiert hat, am Dreieck Dresden (82/23) immer schön links halten, damit man auf der A4 weiter Richtung Görlitz fahren kann.
An der Anschlussstelle Burkau (87) verläßt man die A4 und bringt sein Vehikel auf Kurs gen Rammenau bzw. eben Bischofswerda. Vorbei an Rammenau und nach der Durchfahrt von Geißmannsdorf biegt man nach einer laaangen Rechtskurve, gegenüber einem Renault-Autohaus in die Carl-Maria-von-Weber-Straße ein. Diese fährt man bis zum Ende durch und dann rechts auf die B6 Richtung Zentrum. Vor einem kleinem Park halblinks in die Lindenstraße einbiegen und an der 2. Straße rechts in die Clara-Zetkin-Straße. Dort gibt es direkt gegenüber dem Stadion einen Parkplatz, zeitiges Kommen empfiehlt sich allerdings schon. Dann noch am Sporthotel vorbei Richtung Turnhalle laufen und ab in den Gästeblock.

Bahnreisende laufen, kommend aus dem Bahnhofsgebäude, rechts die Hohe Straße bis zum Busbahnhof durch und biegen dann links in die Bischofstraße ein. Nach Querung der Wesenitz geht's gegenüber einer kleinen Parkanlage in die Clara-Zetkin-Straße. Diese dann nur noch bis zum Stadion entlang laufen.
Achtelfinale - Sachsenpokal - Saison 2001/2002
Mittwoch, 31. Oktober 2001, 14:00 Uhr
Wesenitzsportpark, Bischofswerda
Zuschauer: 700
Schiedsrichter: Wehnert (Reichenbach)


Tore

Die Bilanz

 ZahlSUNTore
Alle Spiele54019:6
Heimspiele22004:2
Auswärtsspiele32015:4
Ligaspiele43017:5
Pokal-/Relegationsspiele11002:1

Der Ergebnisrückblick

1985/1986FDGB-Pokal2. RundeBSG Fortschritt Bischofswerda - FC Karl-Marx-Stadt1:2 (1:1)
1986/1987DDR-Oberliga11. SpieltagFC Karl-Marx-Stadt - BSG Fortschritt Bischofswerda2:1 (1:0)
1986/1987DDR-Oberliga24. SpieltagBSG Fortschritt Bischofswerda - FC Karl-Marx-Stadt2:1 (1:1)
1989/1990DDR-Oberliga9. SpieltagBSG Fortschritt Bischofswerda - FC Karl-Marx-Stadt1:2 (0:0)
1989/1990DDR-Oberliga22. SpieltagFC Karl-Marx-Stadt - BSG Fortschritt Bischofswerda2:1 (1:0)