Start der "Berliner Wochen"
von Timo Görner
...mit einem uns weitestgehend unbekannten Verein. SV Lichtenberg 47, Berliner AK, Hertha BSC II und VSG heißen die kommenden Gegner. Die Rot-Weißen aus Berlins Nordosten mit ihrem Stadion an einer geschichtsträchtigen wie berüchtigten Umgebung fordern uns erstmals heraus.
Kleiner Streifzug durch die Geschichte unseres Gegners:
Die Wurzeln reichen bis 1923 als "LSC Germania 1923", 1947 war auch hier Schluss mit dem bürgerlichen Sportverein. Es entstand der "SC Lichtenberg 47". 1950 rutschte man durch die Spaltung des Berliner Fußballs nach oben in die DDR-Oberliga, aus der man prompt abstieg. Ab 1952 hieß man dann "SG Lichtenberg 47", bis 1990 bewegten sich die Berliner zwischen DDR-Liga und Bezirksliga. 1979 wurde wieder umbenannt zur "BSG EAB Berlin 47". Ab 1990 als "SV Lichtenberg 47" ging es runter bis in die Landesliga, 2012 aber der Aufschwung mit dem Aufstieg in die Oberliga, 2019 folgte der Sprung in die Regionalliga.
Das letzte Spieljahr unseres Gegners:
2019/2020 gelang dem Aufsteiger ein respektabler 11. Platz in der 18er Liga mit 25 Punkten aus 22 Begegnungen. Letzte Saison erneut aufgrund der Quotientenregel war es Rang 13 bei 20 Mannschaften mit 16 aus 13. Auch diesmal wäre es der Klassenerhalt gewesen.
Grundlage die recht ordentliche Heimbilanz mit nur 1 Niederlage in 7 Begegnungen (9.). Auf Reisen hingegen waren gleich 16 besser, konnte nur 1 Sieg bei 6 Reisen verbucht werden und wurde 4x verloren. Abstiegsreif die Offensive bei 2:10 Treffern.
Den einzigen Sieg in der Fremde holte der SV ausgerechnet zum Auftakt in Cottbus, schockten die Gastgeber mit Doppelschlag in Min. 87 und 92. Es wurde aber keine Tendenz, 5 sieglose Spiele später sahen sich die Rot-Weißen auf Platz 18 wieder. 3 Ortsderbys gingen verloren. 2:4 gegen die VSG, dazu 0:2 bei TeBe und Aufsteiger Viktoria.
Bis zur Unterbrechung Spätherbst 2020 strafften sich die Mannschaft. Holte die Zähler um sich aus dem Keller zu spielen. Basis dafür die Heimstärke mit einer Serie von 3 Siegen in Folge gegen Auerbach und überraschend Vorjahresmeister Lok (je 3:2), Babelsberg (3:0). Es tröstete über die Negativserie gegen die Lokalrivalen. Auch beim BFC (0:3) und gegen Hertha BSC II (1:1) gab es keinen Sieg.
Im Berliner Landespokal kam das Aus bereits in Runde 2 gegen Ligakonkurrent Tennis Borussia (1:2). Ein Wermutstropfen in einer ansonsten soliden zweiten Spielzeit als Regionalligist. Ein Jahr zuvor musste man in der 3. Hauptrunde beim FC Viktoria (0:3) Abschied aus dem Wettbewerb nehmen.
Delegierungen für diese Saison bislang:
Mit 5 Ab – und 8 Neuzugängen hat sich beim SVL vergleichsweise wenig getan.
Im rechten Mittelfeld verließ Marcel Rausch (25/Babelsberg) den Club, mit 2 Toren und 2 Vorlagen bei 13 Spielen torgefährlich und feste Größe. Der einzig erwähnenswerte Abgang.
Bei den Neuen finden sich 2 aus anderen Regionalligen sowie Spieler unterklassiger Berliner Vereine.
Im Tor kam Domenic Riedel (28/SV Schmöckwitz-Eichwalde) aus der Berlin-Landesliga. Für die rechte Abwehrseite wurden Leon Gaedicke (19/Aachen), Oliver Maric (19/Viktoria Berlin U19) verpflichtet. Links war es von der Insel Rügen David Hausen (23/VfL Bergen 94), auch Landesliga. Im Mittelfeld gab es die Personalie Lionel Salla (24/Rot-Weiß Koblenz) auf Rechts, wie Gaedicke aus Liga 4. Dort ohne Perspektive nach Verletzung (Schulter). Im Angriff gab es den “Doppelpack” von Sechstligist Berliner SC mit dem libanesischen Linksaußen Hussein Chor (20) und Mittelstürmer Max-Fabian Wölker (22) sowie Marcel Bremer (22/SC Staaken 1919) aus der Oberliga. Er mit der gleichen Position wie Chor.
Die sportliche Leitung:
Uwe Lehmann (39) geht in seine 8. Saison als Chef der 1. Mannschaft. Als Spieler ausschließlich in Berlin unterwegs, Stationen u. a. der BFC Dynamo (2002 – 2005). Der Abschied 2013 nach 7 Jahren auf dem Platz für den SVL. Somit seit über 15 Jahren für die Rot-Weißen tätig.
Ihm zur Seite stehen im Trainerstab der Bosnier Zeljko Ristic (48) und Rajko Fijalek (47), weiterhin Co-Trainer Fabio Corghi (36). Die Keeper betreut Riccardo Ventura (39), als sportlicher Leiter fungiert mit Benjamin Plötz (34) ebenfalls ein ehemaliger Kicker des SVL.
Das Kollektiv:
Viele Teams haben ihren Kader verkleinert, der SVL hingegen hat nunmehr 26 statt 23 Akteure. Mehr haben nur die Lokalrivalen von Tasmania, Hertha BSC II und der VSG.
Im Tor genießt Niklas Wollert (26) auch diese Saison wohl das Vertrauen, seit über 6 Jahren im Club. Dahinter kommt Domenic Riedel (29). Torwart Bjarne Rogall Nr. 3 (31) verließ vor wenigen Tagen den SV. Möglich das man hier angesichts der möglichen weiteren 35 Punktspiele nachlegt.
In der Innenverteidigung haben Jonas Schmidt (28) und Kapitän David Hollwitz (32) beste Karten. Links agiert Richard Ohlow (28), mit Vorzug zu David Hausen (23). Oliver Hofmann (28) ist der Mann für Rechts. Stationen zuvor der BAK, Viktoria, Fürstenwalde. Die Viererkette hieß auch in allen bisherigen Partien O. Hofmann – Schmidt, Hollwitz – Ohlow. Bei 3 Gegentoren dürfte es kaum Änderungen geben. Rechts wäre der Deutsch-Libanese Ali Sinan (32) die eine Alternative.
Im System gab es nach Spieltag 1 den Wechsel vom 4-1-4-1 zum 4-2-3-1. Im Mittelfeld defensiv setzten die Verantwortlichen auf Nils Fiegen (27) und den Türken Tarik Gözüsirin (19). Offensiv zentral gilt Christian Gawe (28) als feste Größe, im Vorjahr 4 Tore und 2 Vorlagen. Linke Seite soll Marcel Bremer (22) wirbeln. Dahinter muss sich u. a. Philip Einsiedel (26) anstellen, von 2012 bis 2015 in der CFC-Jugend. Rechts kämpft vor allem Kevin Owczarek (27) um seinen Platz. Lionel Salla (23) spielt hier keine Rolle.
Ein Fixpunkt im Angriff ist Mittelstürmer Hannes Graf (24), in der Vorsaison in allen 13 Punktspielen gesetzt mit 3 Toren nach dem Wechsel aus Bischofswerda. November 2018 Torschütze für den BFV beim 2:1 gegen den CFC. In Babelsberg nach 27 Min. verletzt raus. Ebenfalls zentrale Spitze ist Philipp Grüneberg (29/1). Nr.3 das Talent Marius Ihbe (19). 23 Minuten kann er verbuchen. Max-Fabian Wölker (22) wartet noch auf Praxis.
Einige stammen aus den Nachwuchsabteilungen von Union wie Hollwitz, Salla, O. Hofmann und Hertha BSC. Konnten sich nach der "Lehrzeit" nicht durchsetzen. Stießen teilweise über andere Vereine zum SV. Von den 26 Kickern kamen bislang 15 zum Einsatz. Nur 1 Neuer hat sich etablieren können.
Damit ist die Mannschaft zum Vorjahr im Gerüst kaum verändert worden.
Krankenlager / Strafbank / Parteistrafen:
Auch beim SVL gibt es Sorgenfalten. Wenn auch etwas weniger als bei uns.
Innenverteidiger Sebastian Reiniger (28) muss noch bis mindestens Ende des Jahres pausieren, Grund: Kreuzbandriss. Philip Einsiedel (26) fällt bereits seit Ende Juni aus. Dazu ist der Einsatz der beiden erfolgreichsten Stürmer für den Sonntag ungewiss. Hannes Graf (24) laboriert seit dem Babelsberg-Spiel an einer Muskelverletzung, ebenso Philipp Grüneberg (29). Man ist aber optimistisch, das mindestens 1 der beiden auflaufen kann oder zumindest im Kader steht.
Die aktuelle Saison bislang:
Sieht den Aufsteiger von 2019 in der Abstiegszone nach den beiden Auswärtspleiten in Meuselwitz und Babelsberg, jeweils knapp mit 0:1 wobei in beiden Begegnungen mehr drin war. Im "eigenen Stadion" reichte es zum 1:1 im Ortsderby gegen Neuling Tasmania, wobei Stammkeeper Wollert das 1:2 verhinderte in dem er einen Elfmeter parierte. Für den Sonntag peilen die Rot-Weißen den ersten Sieg an, um nicht in der Kellerregion zu verweilen. Saisonübergreifend wartet man seit 5 Spielen auf einen Dreier bei 2:7 Toren. Signifikant die Torausbeute auf Reisen. Nimmt man auch hier die Spiele des Vorjahres dazu, stehen nur 2 Treffer in 8 Spielen. Hier muss sich gesteigert werden.
Ziel ist neben dem vorzeitigen Klassenerhalt auch der Berlin-Pokal, am 12.08.2021 geht es nach dem Duell mit dem CFC in der 1. Hauptrunde zu Bezirksligist FSV Fortuna Pankow. Die Konkurrenz ist stark mit Titelverteidiger BFC Dynamo, Drittligist Viktoria, dem BAK 07 und der VSG.
Perspektive für das Spieljahr:
Es gab nur 1 Abgang eines Leistungsträgers, der Kader ist groß genug um Ausfälle zu verkraften. Dürfte zudem eingespielt sein. Kompensiert man die eigentlich fehlenden Heimspiele bis Jahresende sollte der Klassenerhalt wieder realistisch sein. Vorzeitig zudem. Tipp: Platz 12 bis 15.
Die Bilanz gegen den SV Lichtenberg 47:
Sieht noch keine Daten. Das erste Duell war für den 13.12.2020 angesetzt, der vorletzte Spieltag der Hinrunde 2020/2021. Daraus wurde bekanntermaßen nichts. Zu DDR-Zeiten gab es keine Berührungspunkte, die Vorgänger unseres Kontrahenten spielten maximal DDR-Liga und wenn dies nicht im Bereich des FCK.
Das Umfeld / Stimmung / Wirtschaft:
Wenn der CFC am Sonntag erstmals zum SV Lichtenberg 47 reist, wird er seine interessante Spielstätte nicht kennenlernen und stattdessen wieder im “Poststadion” des BAK 07 in Moabit antreten. Zum Einstand dieses Jahr gegen Tasmania kamen 575. Weil die heimische “Howoge-Arena Hans Zoschke" erst frühestens Dezember die geforderte Flutlichtanlage bekommt. Das reine Fußballstadion wurde 1952 damals als “Stadion an der Normannenstraße” errichtet. Später in Gedenken an Hans Zoschke in “Hans-Zoschke-Stadion" umbenannt. Sein Status als Antifaschist im Dritten Reich bewahrte die Anlage dann auch vor dem Abriss zugunsten der räumlichen Ausdehnung des MfS. Dem einen oder anderen ist vielleicht der Ausdruck “der lästige Pickel am A.... des MfS” noch geläufig. Für den SVL zählt aktuell die Etablierung in der Viertklassigkeit. Der Gesamtsportverein beherbergt insgesamt 9 Sportarten, Hauptsponsor und Namensträger der heimischen Spielstätte ist mit der "HOWOGE" eine von sechs kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin, 63.000 Mietwohnungen machen die Gesellschaft zu einem "Big-Player" im deutschen Vermietungsspektrum. Daneben engagieren sich eine Reihe kleinerer Unternehmen, vornehmlich aus dem rund 260.000 Einwohner zählendem Stadtteil beim erfolgreichsten Club in diesem Revier vor den Lokalrivalen vom TSV und Sparta.