Mitgliederversammlung beim CFC: Waszik neuer Präsident, Menz gefeuert
28.11.2000, 08:18 Uhr | 1021 Aufrufe
Schon vor Beginn der ordentlichen Mitgliederversammlung des CFC war klar, daß diese Versammlung nicht so beschaulich ablaufen würde, wie es sonst der Fall war. 189 der insgesamt 1086 Mitglieder des Vereins waren im Dorint-Hotel erschienen, um zu erfahren wie es mit dem Verein weitergehen soll. Da vom alten Präsidium nur noch Schatzmeister Lorenz und Vize Langer übriggeblieben waren, leitete Interimspräsident Langer die Versammlung. Ex-Präsident Nofri war übrigens ebensowenig anwesend wie Sigmar Menz. Beide befanden sich angeblich auf Dienstreise. Von der Mannschaft waren nur die verletzten Spieler anwesend, alle anderen waren ins Trainingslager nach Werdau gefahren.
In seiner Rede legte Langer zunächst Rechenschaft über das Spieljahr '99/2000 ab. Ausdrücklich lobte er dabei die Arbeit des alten Präsidiums unter Nofris Vorgänger Waszik. Deren Mitglieder hatten sich bei der Inthronisierung von Nofri stark beleidigt gefühlt, da diese vom CeBaG-Chef einfach ignoriert wurden. Langer ging hier also auf Versöhnungskurs.
Langer stellte fest, daß der CFC durch den Klassenerhalt im Sommer eine hervorragende Ausgangsbasis gehabt hatte, um den CFC dauerhaft von anderen Vereinen in Mitteldeutschland abzusetzen. Die katastrophale Entwicklung in den letzten Monaten hätte seiner Meinung nach aber auch das alte Präsidium nicht verhindern können.
Dann kam Langer auf das zu sprechen, was wohl die meisten Mitglieder im Saal am stärksten interessierte: die Lage der Bundesligamannschaft. Hier versuchte Langer erst gar nichts zu beschönigen. Keines der vor der Saison gestellten Ziele sei erreicht worden, weder das schnelle Entfernen aus der Abstiegsregion, noch die Umstrukturierung und Verjüngung der Mannschaft. Auch die Spielkultur hätte sich in keinster Weise verbessert. Vier wesentliche Gründe für das katastrophale Abschneiden der Mannschaft machte Langer aus:
1. Fehler, die weit in die letzte Saison und in die Vorbereitungsphase zurückreichen. Die Mannschaft ist definitiv nicht austrainiert, spätestens in der zweiten Halbzeit baut die Mannschaft regelmäßig physisch und psychisch ab. Weiterhin sind katastrophale Fehler bei den Spielerverpflichtungen gemacht worden, was auch auf das unprofessionelle Sichtungssystem des CFC zurückzuführen ist.
Indirekt also massive Kritik von Langer an den Herren Franke und Menz.
2. Die Mannschaft reduziert systematisch den Anspruch an die eigenen Leistungen. Insbesondere die ausländischen Spieler können oder wollen? ihr Leistungsvermögen nicht abrufen.
3. Der pure Egoismus einiger Spieler, Langer bezeichnete es als "falsches Verständnis von einem Führungsspieler" und nannte mit Krupnikovic und Skela auch Namen. Anstatt die Mitspieler in Szene zu setzen würden diese nur für sich selber spielen (oder die Spielerbeobachter auf der Tribüne?), was mit zum desolaten Spiel des CFC beiträgt.
4. Die Spieler, welche akuell in den himmelblauen Trikots auf grünen Rasen stehen, sind alles - nur keine Mannschaft. Zudem merke man nicht, daß die himmelblauen Balltreter auch mit dem Herzen bei der Sache sind. Hierin sah Langer das derzeitige Hauptproblem des CFC. Als erste Maßnahmen wurden Einzelgespräche geführt und die Mannschaft ins Trainingslager geschickt. Ein weiteres Trainingslager vor der Winterpause wurde auch schon angesetzt.
Im Saal sah man bei Langers Ausführungen viele zustimmend nicken. Anscheinend hatte der Präsident mit seinen Ausführungen der Mehrheit aus der Seele gesprochen. Dann geriet Langers Rede in ruhigeres Fahrwasser. Es wurde auf die Jugend-, Amateur- und Damenmannschaften, derzeit insgesamt 14 Teams, eingegangen. Dieser personelle Unterbau der Bundesligamannschaft und die derzeit 209 Sponsoren sind das Fundament, auf dem der Verein steht. Interessant dabei war die Aussage, daß die Sponsoren auch in schweren Zeiten die zugesagten Leistungen einhalten sollten. Ohne daß Namen gennant wurden, war jedem klar, daß diese Botschaft insbesondere auch in Richtung Nofri gerichtet war. Dann dankte der Präsident der Marketing GmbH, welche im vergangenen Spieljahr 2 Millionen Mark für den Verein erwirtschaftet hatte. Auch den Fans wurde gedankt, insbesondere für ihren großen Einsatz beim Stadionumbau.
Damit hatte Langer den Rechenschaftsbericht für die Saison '99/2000 abgeschlossen und er kam auf die Arbeit des zwischen Juli und November amtierenden Präsidiums zu sprechen. Langer beteuerte daß Nofri und sein Präsidium engagiert gearbeitet hätten. Aber er gab auch Fehler zu. So kamen einige Spielerverpflichtungen zu spät und auch die "Abbügelung" des alten Präsidiums durch Nofri wäre falsch gewesen. Schockiert war er über die Grabenkämpfe zwischen Verwaltungsrat, Sponsoren, dem Waszik- und dem Nofri-Präsidium. So wären auch Gespräche auf sachlicher Ebene nur schwer möglich gewesen.
Zum Abschluß seiner einstündigen Rede präsentierte Langer einen 8-Punkteplan zum weiteren Vorgehen des Clubs:
1. Abbau des Kaders nach sportlichen Gesichtspunkten
2. Analyse aller Spielerverträge und danach Prüfung der Haltbarkeit der aktuellen Finanzplanung
3. Es wird auch für den Fall des sportlichen Abstieg geplant, damit es kein Chaos wie '96 gibt. Allerdings erst dann, wenn der Abstieg wahrscheinlicher als der Klassenerhalt ist.
4. Der Nachwuchs soll wieder stärker gefördert, das Nachwuchszentrum ausgebaut und talentierte Spieler von anderen Vereinen geholt werden.
5. Der CFC will wieder verstärkt auf seinen Nachwuchs setzen, talentierte Spieler sollen auch in Chemnitz gehalten werden.
6. Der Verein soll umstrukturiert, ehemalige FCK-Spieler, Fanprojekt und Sponsoren stärker einbezogen werden. Die Marketing GmbH und der Fanshop ziehen demnächst ins Stadtzentrum auf die Augustusburger Straße.
7. Die Bedingungen im und rund um das Stadion sollen verbessert werden. Es ist die Installation fester Toiletten in den Blöcken und die Schaffung zusätzlicher Parkmöglichkeiten geplant.
8. Der Verwaltungsrat wird einen neuen Präsidenten bestellen.
Der einstündige Rechenschaftsbericht von Langer endete in der Kampfansage, das Ruder rumzureissen und nocheinmal alles zu versuchen um das (himmel)blaue Wunder Klassenerhalt doch noch zu schaffen. Am Ende seiner Rede gab es großen Beifall für Langer. Sicherlich hatte er vielen von den Anwesenden aus der Seele gesprochen.
Nach einem Bericht des Kassenprüfers, welcher keine Unregelmäßigkeiten in der Finanzführung des Clubs feststellen konnte, übernahm Verwaltungsratschef Schüngel das Wort. Und dieser ließ um exakt 20.03 Uhr die Katze aus dem Sack. Unter starkem Beifall der meisten Anwesenden verkündete er, daß Lutz Waszik erneut zum Präsidenten des CFC gewählt wurde. Dieser stellte dann sein neuen Präsidiumskollegen vor, unter denen interessanterweise keiner aus Wasziks alter Führungsmannschaft dabei ist. Eberhard Langer bleibt auch unter Waszik Vizepräsident, die weiteren Mitglieder des Präsidiums sind:
Schatzmeister: Thomas Keussen (Steuerberater)
Marketing-Verantwortlicher: Karsten Fluhr (Immobilienhändler)
Uwe Barthel (Chef der Stadtwerke)
Nach der Pause wurden die Präsidien unter Waszik und Nofri einstimmig entlastet - bis auf Manager Sigmar Menz. Hier will man die Prüfung der Unterlagen zwischen Mai und September durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abwarten.
Dann ergriff Waszik das Wort und kündigte einschneidende Änderungen an. Noch-Manager Menz legte er den Rücktritt nahe, dessen Posten wird er selbst übernehmen. Über Josip Kuzes Position als Trainer werde nachgedacht, zwischen den Zeilen wurde klar, daß auch der Kroate seinen Hut nehmen dürfte. Als eine der nächsten Maßnahmen kündigte Waszik die Verkleinerung des derzeit 30 Mann starken Spielerkaders an. Bei 8 bis 10 Spielern werde eine Vertragsauflösung angestrebt. Außerdem werden man sich auf dem Spielermarkt noch einmal umschauen um den Kader noch mit einem oder zwei deutschsprechenden Spielern verstärken. Am nächsten Tag will Waszik zudem ins Trainingslager fahren und mit Mannschaft und Trainer sprechen. Das Unmögliche will man möglich machen, damit der Club den Vorsprung den er sich gegenüber Vereinen wie Dresden oder Leipzig hart erkämpft hat nicht aus der Hand gibt.
In der darauf folgenden Diskussion wurde von einigen Mitgliedern noch einmal scharf die Leistung der Mannschaft und die Querelen in der Führungsmannschaft kritisiert. Karl-Heinz Gärtner, 80jähriges Mitglied kritisierte den Rücktritt Nofris: "Der Kapitän sollte als letzter das sinkende Schiff verlassen". Und auch die Schönfärberei in der Führungsetage wurde immer wieder hart angegriffen. Zumindest an diesem Abend war dies nicht der Fall. Zudem wurde die Doppelfunktion von Waszik als Präsident und Manager kritisch hinterfragt. Auf die Frage, welche Erfahrungen Waszik schon als Manager aufzuweisen habe, antwortete dieser, daß er in seiner Zeit als Präsident zusammen mit Franke und Menz über Transfers entschieden habe. Ob das schon ausreicht, um einen Bundesligaverein professionell zu managen, dürfte zumindest fraglich sein.
Mit drei Zitaten von Eberhardt Langer endete eine denkwürdige Mitgliederversammlung, die zumindest ein wenig Aufbruchsstimmung verbreitete. Ob das himmelblaue Schiff mit Waszik am Ruder noch rumgerissen werden kann hängt davon ab wieviel der neue/alte Präsident in kurzer Zeit bewegen kann. Denn entscheidend is auffm Platz und da geht's am Freitag gegen die starken Duisburger. Bis dahin sollte Langer der Mannschaft nocheinmal einen seiner letzten Sätze auf der Versammlung einbläuen, der da lautete "Der Wille öffnet die Türen zum Erfolg".