Stammtisch-Notizen: Meyers taktischer Fehler in Turin
10.02.2010, 16:47 Uhr | 3278 Aufrufe
Klein, aber fein - so könnte man den gestrigen Stammtisch im Gartenheim Erdenglück beschreiben. Nur wenige Interessenten waren erschienen - vielleicht weil die Rückrunde noch gar nicht begonnen hat, oder vielleicht auch, weil der Weg durch die Stadt völlig vereist und gefährlich glatt war. So saß man nur an drei Tischen eng beisammen und die FCK-Kämpen von einst, Jens Schmidt und Mario Neuhäuser, inspirierten sich gegenseitig bei so mancher Anekdote. Bevor Neuhäuser auf die Frage, was er als Videotechniker beim FCK denn überhaupt gemacht habe, antworten konnte, schoss es aus Schmidt schon heraus: "Nüscht!" Beide lachten und "Häus'l" erklärte, dass er nach seiner Knieverletzung in der Saison 85/86, als er die Schuhe an den Nagel hängen musste, selbstverständlich froh war, beim Club diesen Job zu bekommen. Als Videotechniker nahm er sowohl Spiele des FCK auf, damit die Trainer Werner - später Meyer - Fehleranalysen betreiben konnten, aber auch zur Gegnerbeobachtung rückte Neuhäuser mit seiner Kamera aus. Verschmitzt meinte er, dass es manchmal auch nette Kollegen vom DDR-Fernsehen gegeben habe, die ihm eine Kopie des zu beobachtenden Spiels zugesteckt hätten - Schmidt fühlte sich bestätigt ;-). Zurück in die erste Mannschaft fand Neuhäuser unter Trainer Hans Meyer. Als Nachwuchs-Übungsleiter trat er desöfteren noch gegen den Ball, und als 1992 Meyer für ein Trainingsspiel händeringend einen Linksaußen suchte, wurde Trainer Neuhäuser auf den Rasen geschickt. Dabei bewährte er sich so gut, dass ihn Meyer spontan mit ins Trainingslager nahm. Und so kam es, dass der Blondschopf noch 20 Partien in der 2. Bundesliga für den CFC absolvierte.
FCK-Torhüter Jens Schmidt, seiner Zeit bei den EC-Spielen im himmelblauen Kasten, legte bereits in seiner Jugend eine bewegte "Karriere" hin. Nach der Auflösung seines ersten Vereins, der BSG Chemie Karl-Marx-Stadt, ging es zur BSG Wismut Karl-Marx-Stadt, und von dort zum großen FCK. Dort wurde er aber bei einer Torhüter-Musterung mit 1,76 cm für seine Altersklasse als zu klein bewertet und ausgesondert. Aber Aue brauchte Nachwuchs, und irgendwann saß "Schmidt'l" tatsächlich hinter Weißflog auf der lilanen Bank. Am Nationaltorhüter gab es für ihn aber kein Vorbeikommen, und so führte der Weg 1988 wieder nach Karl-Marx-Stadt, wo er sich mit dem FCK-Talent Hiemann um die Nummer Eins im Kasten stritt. Schmidt gewann, stand bei den EC-Spielen im Tor, und kam 1990 sogar zu der Ehre, beim allerletzten Spiel der DDR-Auswahl (Belgien - DDR 0:2) im Kasten stehen zu dürfen. Neben vielen Anekdoten aus der Meyer-Zeit ging der Blick auch auf die legendäre Nebel-Partie in Turin zurück. Seiner Meinung nach hatten die Italiener den FCK völlig unterschätzt und reagierten nach dem Führungstor durch Wienhold fast panisch. Der Torschütze wurde danach dreifach gedeckt. Aus heutiger Sicht wäre es daher ein Fehler von Meyer gewesen, Wienhold in der 78. Minute auszuwechseln. "Den hätte man lieber drin lassen sollen, dann hätten sich die Juve-Spieler weiter um den gekümmert." So aber kassierte der Club in den letzten zehn Minuten noch zwei Gegentreffer. Heute geht Schmidt, der als Verkäufer in (Joachim) Müllers Sportgeschäft in der Innenstadt arbeitet, nur noch selten zum Ballsport - er zieht das ruhige Familienleben vor.
Viele Fragen, vor allem zum aktuellen Geschehen rund um den CFC, bekam auch Hendrik Liebers gestellt. Den "Oldie" plagt noch immer seine im Pokalspiel zwischen dem CFC I und dem CFC II lädierte Patellasehne. Als Realist sieht er im Sommer 2010 seine endgültiges Karriere-Ende vor den Augen. Und er weiß auch schon, was nach dem Fußball kommen soll - er wird für eine Berliner Spieleragentur als Scout tätig werden. Traurig ist für ihn nur, dass er dem CFC sportlich nicht weiter helfen kann, seine Ambitionen auf die dritte Liga zu verwirklichen. Mit der Rückkehr nach Chemnitz hat sich für ihn zwar der sportliche Kreis seiner Laufbahn geschlossen, aber dies hätte er schon gern mit einem Erfolg auf dem Rasen verbunden. Im Nachhinein sieht "Henne" auch seinen 1999'er Wechsel zu Bayer Leverkusen kritisch. Er hätte, so seine heutige Ansicht, wohl besser mit dem wiederaufgestiegenen CFC in der zweiten Liga gespielt. Unter Manager Rico Steinmann hätte es im Übrigen Kontakte wegen einer eventuellen Rückkehr gegeben - Liebers wollte gern, aber der Club zierte sich. Daher bedeutete die Rückkehr in die Heimat den Gang nach Aue, wo er Schädlich als Coach kennenlernte. Nachdem er in den ersten Tagen schon aufgeben wollte, biss er sich aber bei den Unblauen und deren knorrigen Trainer durch. Den Club sieht "Henne" derzeit mit einem Drittliga-Kader ausgestattet. Leider gäbe es aber in der Liga noch 2-3 Vereine, auf die das zuträfe. Trotzdem könnte man, wenn man sich Ausrutscher wie gegen Plauen und in Meuselwitz nicht geleistet hätte, dicke um die Spitze mitspielen.
Einen interessanten Ausblick in die himmelblaue Zukunft gewährten die C-Junioren Christian Mauersberger und Yuri Moraes, die noch ihren Torwart Tommy Meyer und ihren Coach Jens "Bodo" Heinrich im Gepäck hatten. Erst vor wenigen Tagen hatten sich die drei Kicker mit der himmelblauen U15 bei der sächsischen Hallenmeisterschaft den Titel gesichert. Dabei wurde u.a. Aue und Dresden mit jeweils 4:0 und Lok Leipzig mit 2:1 geschlagen. Mit Christian Mauersberger und Yuri Moraes hat der CFC zwei junge Talente, die bereits zur deutschen U15-Auswahl eingeladen wurden. Mauersberger kann dabei sogar auf ein Länderspiel (gegen Lettland) zurückblicken. Alle drei Talente stammen vom VfB Annaberg, von dem sie vor drei Jahren nach Chemnitz an die Sportschule und ins hiesige Internat gewechselt sind. Dort haben sie u.a. beim ehemaligen CFC-Kicker Matthias Großmann Sportunterricht. Alle drei träumen davon, später einmal Profi zu werden, und genau deshalb drücken sie auch der ersten Mannschaft die Daumen, dass die in naher Zukunft den Aufstieg schafft. Der nächste Blick gilt aber auch den B-Junioren, für die man sich den Aufstieg in die Regionalliga wünscht. Trainer Jens Heinrich bescheinigte seinen Schützlingen einen guten Weg und einen guten Charakter. Yuri Moraes läge seiner Meinung nach der Fußball sowieso im Blut, da der Junge brasilianische Wurzeln habe. Einmal am Tisch, wurde "Bodo" auch nach der zweiten Mannschaft des CFC befragt, für die er jahrelang die Töppen geschnürt hatte. Heinrich glaubt, dass die Jendrossek-Elf durchaus bis zum Schluß um die Spitze mitspielen könnte - die vielen ehemaligen A-Junioren, die in der Junioren-Bundesliga Staub gewischt hätten, wären der Garant dafür. Zum überraschenden Wechsel von Rolleder zur Fortuna befragt, zuckte Heinrich nur die Schultern und meinte lakonisch: "Wenn jemand glaubt, dafür Geld ausgeben zu müssen..."