1966-67: Letztes FCK-Spiel mit Verspätung und Buspanne
15.05.2017, 16:55 Uhr | 3729 Aufrufe
Nach den ganzen Feierlichkeiten rund um den
Meistertitel des FCK stand am letzten Spieltag der Saison die Reise zur BSG Chemie Leipzig auf dem Programm. Die Leutzscher brauchten noch einen Punkt, um auch rechnerisch dem Abstieg zu entgehen, zudem sollte deren verdienter Trainer Alfred Kunze, der mit dem „Rest von Leipzig“ 1964 sensationell DDR-Meister geworden war, mit diesem Spiel verabschiedet werden. Bereits nach vier Minuten stand es 2:0, allerdings profitierte der Gastgeber vom Verletzungspech des FCK (Erler, Vogel, A. Müller) und einer abenteuerlichen Busfahrt der Himmelblauen nach Leipzig (Umleitung und Buspanne), die jede Konzentration auf das Spiel zu nichte machte. Chemie siegte am Ende mit 2:1 und feierte den Abgang des Meistertrainers Alfred Kunze. Es konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand wissen, aber eigentlich standen beide Vereine für das Ende einer DDR-Ära, nämlich die, wo es noch unvorhersehbare und echte Meister gab. Ab 1968 gingen in den nächsten 22 Jahren alle Meistertitel dank staatlicher Lenkung nur noch nach Berlin (11x), Dresden (7x), Magdeburg (3x) und Jena (1x).
26. Spieltag der Saison 1966-67
BSG Chemie Leipzig – FC Karl-Marx-Stadt 2:1
FCK-Aufstellung: Hambeck - Rüdrich, Feister, P. Müller, Benes - Hüttner, Schuster, Steinmann - Lienemann, Posselt, Matyschik
Torschützen: 1:0 Schmidt (2.), 2:0 Lisiewicz (4.), 2:1 Steinmann (55.)
Zuschauer: 10.000 im Georg-Schwarz-Sportpark
Fuwo-Bericht vom 17.05.67:
Schmidt war die treibende Kraft
Schiedsrichter Fritz Köpcke war sichtlich nervös, als der FCK um 15.00 Uhr, dem normalen Spielbeginn, noch immer nicht im Georg-Schwarz-Sportpark in Leutzsch eingetroffen war. "Das würde mir gerade noch fehlen", lachte er, "daß ausgerechnet heute, wo ich mein letztes Oberligaspiel pfeife, noch etwas Unliebsames dazwischen kommt." Er hatte es noch nicht richtig ausgesprochen, da wurde er von seinen Befürchtungen befreit. "Tut uns leid, so spät zu kommen", entschuldigte sich FCK-Cheftrainer Horst Scherbaum, "aber wir wurden durch eine beträchtliche Autobahn-Umleitung und einen Omnibusdefekt über Gebühr aufgehalten." [..]
Allerdings - und das lag auf der Hand - selbst wenn dem FCK Erler (Blasenentzündung), Vogel (Muskelfaserriß) und Albrecht Müller (er wurde am vergangenen Mittwoch nach dem Spiel gegen den FC Carl Zeiss Jena durch einen auf den Platz rennenden Zuschauer schmerzhaft am Knie verletzt!) nicht zur Verfügung standen, dafür Hüttner, der frühere UEFA-Juniorenauswahlspieler Benes und Matyschik aufgeboten wurden, seine spielerische Überlegenheit war vor allem in der zweiten Halbzeit so offensichtlich, daß die Leipziger sich wahrscheinlich noch weitaus schwerer getan hätten, als das ohnehin schon der Fall war. [..] (Günter Simon)
Freie Presse:
Entscheidung schon nach vier Minuten
Ein Unglück kommt selten allein, sagt ein Sprichwort. Gegenüber dem FCK schien es sich zu bestätigen. Nach der Verletzung von „Matz“ Vogel mußte sich auch Dieter Erler wegen einer Erkrankung in ärztliche Pflege begeben, und zu allem Übel fiel auch noch Albrecht Müller aus, den ein Zuschauer (!) nach dem Mittwochspiel gegen Jena im Überschwang der Begeisterung am Knie verletzte. Damit aber nicht genug. Durch eine mächtige Umleitung und eine Fahrzeugpanne kam der FCK verspätet in Leipzig an und mußte förmlich aus dem Bus aufs Spielfeld. Diese doch etwas widrigen Umstände nutzten die Gastgeber eiskalt. Die Karl-Marx-Städter hatten sich noch nicht formieren können, waren zu noch keinem Zusammenspiel gekommen, da lagen sie schon mit zwei Treffern im Rückstand. Der Anfangsspurt der Chemiker führte zum Erfolg und sollte am Ende sogar zwei Punkte einbringen. [..]
Sportecho:
Abschiedsgeschenk für Alfred Kunze
[..] Der FCK hatte dann vor allem in der zweiten Halbzeit deutliche spielerische Vorteile. Das verdient um so mehr hervorgehoben zu werden, als die Gäste nicht nur auf die verletzten A. Müller und Vogel verzichten mußten, sondern auch auf den erkrankten Erler. Ungeachtet dieser Ausfälle, ging der Meister wesentlich variabler zu Werke, kaum einer seiner Spieler fühlte sich an eine Position gebunden, in der Lauffreudigkeit stachen die Karl-Marx-Städter ihre Kontrahenten klar aus. Daß es dennoch nicht mehr zu einem Unentschieden reichte, basierte im wesentlichen auf der Temperamentlosigkeit von Lienemann und Matyschik. Der kleine quirlige Mittelstürmer hielt sich sichtlich zurück, schien auch nervlich nicht mehr in bester Verfassung zu sein, nachdem er in der 21. Min. nach schöner Vorarbeit von Posselt das Leder, fünf Meter frei vor dem Tor stehend, nicht traf. [..] (Günter Simon)Surftipp:»
Zum Spielplan des FC Karl-Marx-Stadt in der Meister-Saison 1966-67