"Eine Annahme kann empfohlen werden" - Andreas Georgi über den Satzungsprozess

04.05.2022, 07:30 Uhr | 2705 Aufrufe
Wenn am kommenden Freitag die ordentliche Mitgliederversammlung des CFC ansteht, so gibt es unter Punkt 14 ein ganz entscheidendes Thema für den "eingetragenen Verein" Chemnitzer FC - die Neufassung der Satzung, quasi dem Grundgesetz unseres Vereins. Bis in den Herbst letzten Jahres wurde intensiv um Inhalte und Formulierungen gerungen - im Spannungsfeld zwischen Interessen der im Amt befindlichen Vereinsfunktionäre und GmbH-Vertreter auf der einen Seite sowie den Vertretern des Fanszene e.V. und weiteren Vereinsmitgliedern, die sich das Thema "Wahrung der Mitgliederrechte" auf die Fahnen geschrieben hatten, auf der anderen.

Der Prozess startete Ende April 2021 als die neue Satzungskommission um die Vorsitzende Susanne Bilz, die mittlerweile vom Vorstand kooptiert wurde, den ersten Entwurf der neuen Satzung vorstellte und um Feedback von den Mitgliedern warb. Anfang Juni nahm der Fanszene e.V. Stellung und kritisierte insbesondere die Beschneidung der Mitgliederrechte im ersten Entwurf. Mitte Juli erfolgte die 2. Lesung und drei Monate später, seit Mitte Oktober, steht der Satzungsentwurf in seiner 3. und finalen Version bereit. In harten Verhandlungen zwischen dem Fanszene Chemnitz e.V. und der Satzungskommission konnten die Knackpunkte im Entwurf gelöst werden.
So konnte man sich u.a. über eine sinnvolle Begrenzung der Amtszeiten, die Durchführung der Wahlen zum Aufsichts- und Ehrenrat als Einzelwahl oder die Möglichkeit, Aufsichtsratskandidaten ohne explizite Zustimmung des Ehrenrates aufstellen zu können, einigen.

Wir sprachen mit Andreas Georgi, unserem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, der auf Seiten des Fanszene e.V. an den Verhandlungen teilnahm über den schwierigen Dialog rund um die Satzung.

Die Synopse zur Satzung und alle Dokumente, über die am Freitag abgestimmt werden soll, findet ihr unter dem Interview.

Hallo Andreas, ihr habt im letzten Jahr über Monate mit der aktuellen Satzungskommission um eine mitgliederfreundliche Satzung gerungen. Wie lief dieser Prozess ab? Wo waren die Schwierigkeiten und wo konnte man schnell Konsens erreichen?

Andreas GeorgiDer Prozess der Erarbeitung der neuen Satzung war ein ganz gutes Spiegelbild für die Probleme rund um unseren Verein. Das größte Problem bestand insofern tatsächlich darin, inhaltlich ins Gespräch zu kommen, denn das war von der Vereinsführung zunächst offensichtlich nicht gewollt. Bei der Besetzung der Steuerungsgruppe wurden die bereits 2017/2018 in der damaligen Satzungskommission tätigen Mitglieder bewusst nicht eingebunden. Auf Nachfrage wurde bei der Mitglieder- und Fan-Videokonferenz am 19.04.2021 sogar ernsthaft behauptet, man wisse überhaupt nicht, wer damals alles tätig gewesen sei. Dies ließ sich natürlich sehr leicht nachvollziehen oder bei dem bekannten damaligen Vorsitzenden der Kommission und Mitglied des Ehrenrates, Mario Lengtat, erfragen. Auch die jeweiligen kurzen Fristsetzungen sowie die Aufforderung der Steuerungskommission, nicht nur Kritikpunkte zu benennen, sondern konkrete alternative Regelungen einzureichen, führte im Ergebnis dazu, dass die Beteiligung von Mitgliedern an dem Prozess der Satzungsgestaltung von Beginn an gering gehalten wurde.

Logische Folge des Verzichts auf eine breiter aufgestellte Kommission und die damit einhergehenden Einflüsse und inhaltlichen Diskussionen war, dass sich der erste Entwurf der von der Steuerungsgruppe vorgelegten Satzung als sehr unausgewogen darstellte. Wesentliche Regelungen waren von einem erheblichen Misstrauen gegenüber Mitbestimmungsrechten der Mitglieder sowie einem unkontrollierten Ausbau der Macht des Vorstands geprägt. In Reaktion hierauf trafen sich mehrere Mitglieder der früheren Satzungskommission, prüften die einzelnen Regelungen, baten die Mitglieder des Fanszene Chemnitz e.V. um Mitarbeit und übersendeten eine erste Stellungnahme mit wesentlichen inhaltlichen Kritikpunkten an die Steuerungsgruppe. Selbst hiernach kamen die von uns angeregten gemeinsamen Gespräche über die Inhalte der Satzung jedoch nicht zustande. Da die Steuerungsgruppe ankündigte, nur konkrete alternative Regelungsvorschläge zu berücksichtigen, waren wir letztlich gezwungen, eine komplette alternative Satzung einzureichen und mit dem Antrag auf Beschlussfassung hierüber in der nächsten Mitgliederversammlung zu verbinden. Erst dies sowie das drohende Szenario einer erneut konfrontativen Mitgliederversammlung mit der Abstimmung über zwei Satzungen hat letztlich die inhaltlichen Gespräche über die Satzung erzwungen, die zu mehreren gemeinsamen Diskussionsrunden sowie letztlich einem Konsens führten. Ich möchte mich an dieser Stelle daher zunächst nochmals bei allen engagierten Mitgliedern, ganz besonders bei Mario Lengtat, Uwe Bauch, Markus Müller und Michael Nebel für ihr erneutes ehrenamtliches Engagement, ihre Geduld und Hartnäckigkeit im Umgang mit unserem Verein bedanken.

Das Hauptproblem des Verfahrens war aus meiner Sicht somit, dass der CFC zwar weiterhin als „Traditionsverein“ propagiert und vermarktet wird, eine Einbeziehung der Mitglieder in den Verein, in dessen Entwicklung und Entscheidungen jedoch nicht gelebt wird. Das Misstrauen gegenüber allem, was anderer Meinung, kritisch und unbequem sein könnte, ist immer noch größer, als die Fähigkeit und Bereitschaft, genau diesen sachlichen inhaltlichen Diskurs als Bereicherung zu verstehen und zu nutzen. Nachdem das jetzt infolge der gemeinsamen Diskussionen erzielte Ergebnis auch durch den aktuellen Vorstand als neue Qualität der Satzung gewürdigt wird, bleibt die Hoffnung, dass nunmehr endlich ein Umdenken einsetzt.

Als es die Beteiligten an den Gesprächstisch geschafft hatten, verliefen die Diskussionen tatsächlich im Wesentlichen sowohl sachlich, als auch ergebnisorientiert. Das, was man bei langjährigen Vereinsmitgliedern eigentlich von vornherein annehmen müsste, konnten wir glaube ich im Laufe der Gespräche auch nochmals vermitteln. Nämlich, dass Vereinsmitglieder ihre Freizeit und auch die vorhandene fachliche Kompetenz nicht nutzen, um dem Verein zu schaden – im Gegenteil.

Was waren für Dich die wichtigsten Punkte, wo ihr eine Änderung erreichen konntet?

Am schnellsten konnte man sich bei rein redaktionellen und fachlich bedingten Anpassungen einigen. Eine Reihe von Regelungen konnte ja auch inhaltlich unverändert bleiben. Die größten Diskussionen und Schwierigkeiten gab es bei den Punkten, an denen auch die wichtigsten Änderungen erzielt werden konnten.

Hierbei handelt es sich um folgende wesentliche Punkte:
  • Nachdem von der Strategiegruppe zunächst unterschiedlich lange Amtszeiten vorgesehen waren, die Bestelldauer des Vorstandes von 3 auf 5 Jahre verlängert werden sollte, wurden die Amtszeiten aller Gremien letztlich einheitlich auf vier Jahre festgelegt.
  • Die Kandidaten für den Aufsichtsrat und den Ehrenrat werden durch einen Wahlausschuss bestimmt. Vorgesehen war zunächst, dass der Vorstand die Mitglieder des Ehrenrates und der Ehrenrat die Mitglieder des Aufsichtsrates vorschlägt, der wiederum den Vorstand bestellt. Dieser Kreislauf des für die Wahl ausschlaggebenden Vorschlagsrechts konnte durch die jetzt vorgesehene Neuregelung durchbrochen werden. Die Mitglieder haben ein Vorschlagsrecht für die Kandidaten des Aufsichts- und Ehrenrates.
  • Die Wahlen der Mitglieder des Aufsichtsrats und des Ehrenrats werden grundsätzlich als Einzelwahl durchgeführt.
  • Die Rechte der Mitgliederversammlung werden durch ein Abberufungsrecht der Mitglieder des Aufsichtsrates, des Vorstands und des Ehrenrates sowie die Beschlussfassung über alle Ordnungen des Vereins gestärkt.
  • Die Mitgliederversammlung muss den letzten bestätigten Jahresabschluss und den Finanzplan des laufenden Geschäftsjahres der Tochtergesellschaften des Vereines, also der CFC Fußball GmbH, entgegennehmen.
  • Der Aufsichtsrat hat das Recht, den Vorstand abzuberufen. Bisher gab es dieses Recht nicht; dem ersten Entwurf zufolge sollte dieses Recht an das unsichere Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft werden, was aber das Risiko von rechtlichen Auseinandersetzungen und unklaren Vertretungsverhältnissen mit sich gebracht hätte.
  • Entgegen der zunächst vorgesehen Regelung dürfen die Mitglieder des Vorstands für den Verein keine Geschäfte mit sich selbst oder mit von Ihnen vertretenen Dritten abschließen. Derartige Geschäfte bedürfen in jedem Fall einer vorherigen Befreiung von dieser Beschränkung durch den Aufsichtsrat.
Damit sind die wesentlichen Punkte aus unserer Stellungnahme vom Juni 2021 in den jetzt vorliegenden Satzungsentwurf eingeflossen. Sowohl die Mitgliederrechte konnten gestärkt werden, als auch die von der Satzung zur Aufsicht über den Vorstand zur Verfügung gestellten Instrumente. Wir haben diesbezüglich auch immer wieder mit unserer Erfahrung aus den vergangenen Jahren argumentiert. Unser Verein ist nicht etwa in eine finanzielle Schieflage geraten, weil der Verein zu demokratisch geführt war, den Mitgliedern zu viele Rechte zustanden oder diese sich in die Geschäftsführung eingemischt hätten. Grund war vielmehr insbesondere eine mangelnde Kontrolle des Vorstandes. Nur so konnte eine Vertrags- und Kostenstruktur entwickelt werden, die mit den erzielten Einnahmen nicht mehr gedeckt werden konnte und schließlich in die Insolvenz führte. Daran mit Nachdruck zu erinnern war daher wichtig, um zumindest einen besseren satzungsgemäßen Rahmen dafür zu schaffen, dass diese Fehler nicht wiederholt werden.

Wie bewertest Du den letzten Stand der Satzung? Kannst Du den Mitgliedern empfehlen, diesem zuzustimmen?

Auch wenn der jetzt vorliegende Satzungsentwurf ein Kompromiss und nicht perfekt ist, bildet er nach unserer Überzeugung eine gute Arbeitsgrundlage, kann den Mitgliedern eine Annahme in der kommenden Mitgliederversammlung empfohlen werden. Dies bedeutet ja auch nicht, dass die Entwicklung abgeschlossen ist. Man sollte genau verfolgen, wie die Regelungen der Satzung mit Leben gefüllt werden und wie sie sich in der Praxis bewähren. Sofern sich weiterer Handlungsbedarf ergeben sollte, kann hierauf mit konkreten Anträgen auf Anpassung der Satzung reagiert werden.

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