Fussball-Historie: Chemnitzer Duelle gegen den Dresdner Sportclub
14.11.2024, 09:38 Uhr | 1165 Aufrufe
Am Freitagabend ist es seit langer Zeit wieder einmal soweit - der Chemnitzer FC trifft auf die Schwarz-Roten aus Dresden, den traditionsreichen
DSC. Vor 19 Jahren standen sich beide Teams zuletzt gegenüber, der CFC siegte im
August 2005 unter Chefcoach Dietmar Demuth in der ersten Runde des Sachsenpokals mit 3:0 im Heinz-Steyer-Stadion. An ein gleichlautendes Ergebnis dürften sich die noch älteren himmelblauen Semester erinnern, denn mit einem 3:0 wurde vom CFC im
Mai 1997 zum ersten Mal der
Sachsenpokal gewonnen. Der Gegner an der Gellertstraße waren damals die Elbestädter, die Treffer erzielten Amir Osmanovic, Ilja Aracic und Michael Ballack, auf dem Trainerstuhl saß Christoph Franke. Aber auch in sechs Punktspielen wurde bisher die Klinge mit den Dresdnern gekreuzt. In der himmelblauen Aufstiegssaison 1998/99 gingen beide Partien an den Club (H 3:0, A 4:0), auch 2002/03 sahnte Chemnitz alle Punkte ab (H 1:0, A 2:1). Im Spieljahr 2001/02 jubelten allerdings die Landeshauptstädter zweimal, denn beide Begegnungen in der damaligen RL Nord gewann der Sportclub (H 1:2, A 0:1), der damals sogar eine Spielklasse über den Dresdner Dynamos rangierte.
Die Historie bietet aber noch ganz andere Perspektiven auf das Duell zwischen Chemnitz und dem Dresdner SC. Bekanntlich feierten wir in diesem Jahr
„90 Jahre Fischerwiese“, denn das Stadion an der Gellertstraße wurde 1934 vom
PSV Chemnitz zu Ende gebaut (Baubeginn 1932) und feierlich eröffnet. Der Polizeisportverein (PSV) hatte zu diesem Zeitpunkt den CBC als Nummer Eins in der Stadt abgelöst und schickte sich an, um den Titel des Sächsischen Meisters - damals Gaumeister genannt - mitzuspielen. Heißester Anwärter auf diesen Titel war natürlich der DSC aus Dresden. Wollte man
Landesmeister werden, musste man den „Mohnroten“ Paroli bieten können. In der Saison 1933/34 klappte das noch nicht ganz, denn das Heimspiel im Oktober 1933 verlor der PSV vor 18.000 Zuschauern im Stadion an der Clausstraße knapp mit 2:3 gegen die Dresdner. Dafür schockten die Chemnitzer Grünröcke den DSC aber im Rückspiel - im Februar 1934 siegte der PSV sensationell mit 4:1 (drei Tore durch Erwin Helmchen) im Ostra-Gehege und zeigte somit an, dass er zu Höherem befähigt war. Der Sächsische Meister 1934 hieß trotzdem DSC. Der PSV Chemnitz landete vier Punkte hinter den Dresdnern.
In den Spieljahren 1934/35 und 1935/36 machte der PSV Chemnitz aber Nägel mit Köpfen und sicherte sich zweimal den Titel des Sächsischen Meisters, womit
Polizei Chemnitz auch zweimal an der deutschen Meisterschafts-Endrunde teilnehmen durfte (u.a. Spiele gegen Schalke 04 und Hertha BSC). Der Dresdner SC wurde 1935 und 1936 jeweils Vizemeister hinter der Helmchen-Elf aus Chemnitz. Blicken wir einmal auf die einzelnen Partien zwischen dem DSC und dem PSV aus diesen beiden Meister-Jahren:
11. November 1934, PSV Chemnitz - Dresdner SC 1:0, PSV-Stadion an der Gellertstraße
Polizei Chemnitz „Herbstmeister“
28.000 Zuschauer hatten sich im Polizei-Stadion in Chemnitz eingefunden, um dem entscheidenden Kampfe zwischen den Chemnitzern und dem Dresdner SC beizuwohnen, den die Chemnitzer wieder Erwarten nur knapp mit 1:0 zu ihren Gunsten entscheiden konnten. Der entscheidende Treffer fiel in der 59. Minute. Mädler erwischte eine Vorlage von Helmchen vor dem herausstürzenden Kreß und sandte an ihm vorbei ein. Der Dresdner Verteidiger hielt zwar den Ball noch, jedoch hinter der Linie, so daß der Schiedsrichter trotz der Reklamationen bei seiner Entscheidung blieb.
(Riesaer Tageblatt vom 12. November 1934)
10. Februar 1935, Dresdner SC - PSV Chemnitz 2:2, DSC-Stadion am Ostragehege
Polizei Chemnitz wird Meister
Die sächsische Fußballmeisterschaft ist entschieden. Der Titel ist dem Polizeisportverein Chemnitz nicht mehr zu nehmen, nachdem es den Chemnitzern am Sonntag gelang, in Dresden dem DSC durch ein 2:2 einen wichtigen Punkt abzutrotzen. 25.000 Zuschauer hatten sich zu dem wichtigen Spiel im Dresdner Ostragehege eingefunden, unter ihnen eine überraschend große Zahl Chemnitzer Schlachtenbummler, die ihrer Mannschaft eine starke Stütze waren. Helmchen war stark gedeckt, konnte aber zwei schöne Tore schießen.
(Riesaer Tageblatt vom 11. Februar 1935)
20. Oktober 1935, PSV Chemnitz - Dresdner SC 3:2, PSV-Stadion an der Gellertstraße
Dresdner Niederlagen in der Fußball-Gauliga
Vor 20.000 Zuschauern errang der Polizeisportverein einen knappen und nicht unverdienten Sieg nach einem äußerst dramatisch verlaufenen Spiel, zu dem beide Gegner in bester Besetzung antraten. Die Elf der Polizei erinnerte an alte Zeiten. Sie verdankt den Sieg der größeren Durchschlagskraft der Angriffsreihe und derem größeren Schußvermögen, nicht zuletzt aber der ausgezeichneten Leistung ihres Mittelläufers Reichert, der den Dresdener Angriffsführer Schön völlig kaltstellte. Die Polizisten gingen bereits in der 5. Min. durch Helmchen in Führung.
(Riesaer Tageblatt vom 21. Oktober 1935)
2. Februar 1936, Dresdner SC - PSV Chemnitz 1:2, DSC-Stadion am Ostragehege
Um die entscheidenden Punkte in der Fußball-Gauliga
Wenn nicht alles trügt, ist am Sonntag in der Fußball-Gauliga die Entscheidung zugunsten des Polizeisportvereins gefallen. Die Chemnitzer besiegten in Dresden vor der Rekordzuschauerzahl von 35.000 den Dresdner SC mit 2:1 und dehnten damit ihren Vorsprung auf vier Punkte aus. Da nicht anzunehmen ist, daß die Chemnitzer in den noch ausstehenden Spielen diese vier Punkte wieder einbüßen, darf man die Polizisten schon jetzt als Meister ansehen. Mit lautem Jubel begrüßten die mindestens 6.000 Chemnitzer Schlachtenbummler den Sieg ihrer Elf, der schwer genug erkämpft werden mußte.
(Riesaer Tageblatt vom 3. Februar 1936)
Nach der zweimaligen Meisterschaft des PSV rückte in Sachsen ein Emporkömmling in den Fokus. Der bis dato eher glanzlose BC Hartha sollte 1937 und 1938 die Gauliga als Erster abschließen. Ab 1939 hieß der Sächsische Meister dann wieder dreimal in Folge DSC. Der PSV schaffte es nicht noch einmal zu Meisterehren und wurde 1945 - wie alle einstigen bürgerlichen Vereine in der Sowjetzone (später DDR) - von den Sowjets per Dekret aufgelöst.