Spielbericht

12. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2001/2002
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
5:0
Rot-Weiß Essen
Rot-Weiß Essen

Gala-Diner des CFC: Essen eiskalt (ab)serviert

von Frank Neubert

Nachdem der CFC-Siegeszug in Leverkusen einen jähen und unerwarteten Halt einlegen mußte, stellte sich nun mit Rot-Weiss Essen ein sehr spielstarker Kontrahent vor, der dieses Jahr ein Wörtchen an der Spitze mitreden will. Es blieb abzuwarten, ob der himmelblaue Express wieder zum Anrollen kam, denn erstens stellte sich die Frage betreffs Nachwirkungen zur Niederlage bei den Amas, und zweitens erwiesen sich die Essener als bisher auswärtsstärkstes Team der Liga. Der CFC war also gewarnt, noch dazu plagten Coach M.Schulz wieder erhebliche Personalsorgen. Vor allem der Ausfall von Goalgetter Meissner schmerzte. Der Cheftrainer bewies aber Mut und ließ den jungen Rolleder (A-Jugend) von Beginn an neben Krieg stürmen. Auch die Essener mußten mehrere Stammkräfte ersetzen, so daß hier ungewollt ein fairer Wettbewerbsausgleich erfolgte.
Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite und somit strahlte über den 4000 Chemnitzern und den 120 RWE-Fans die Sonne am himmelblauen Firmament über der Fischerwiese.

Beim Einlaufen der Mannschaften gab es von beiden Fanblöcken eine nett anzuschauende Intro mit Dutzenden Doppelhaltern. Die miteinander sympathisierenden Ultra-Gruppen boten alles auf, was sich hochhalten ließ - am Ende siegte das Fahnenmeer aus C-Town. Dafür hatten die Gäste ein mutiges Plakat mit der Aufschrift "Weltpokalsieger 2010" im Block hängen - auch nicht schlecht.

Auf dem Rasen legte der CFC los wie die Feuerwehr. Getreu dem alten Erzieherspruch "Mit Essen spielt man nicht", zeigten die Himmelblauen sofort wo der Hammer hängt und erkämpften sich schon nach 2min die erste gute Möglichkeit, welche aber durch Podzus vergeben wurde. Aber es ging sofort weiter - beim nächsten Großangriff schaltet sich auf der linken Seite bereits Abwehrstratege Jan Schmidt mit ein, geht über die Mittellinie und schlägt einen weiten Ball in Richtung Essener Strafraum. Keeper Müller zögert kurz, läuft dann doch heraus und kommt zu spät - die Fußspitze von Rainer Krieg war schneller und nach zwei weiteren Schritten ballert das quicklebendige KSC-Denkmal den Ball zum 1:0 in die Maschen. Freudetrunkener Trubel auf den Rängen - und endlich das erste Punktspieltor für den sympathischen Ex-Bundesligahelden. Was für ein geiler Auftakt!!
Essen jetzt mit wütenden Angriffen und bestrebt, den Nimbus der Auswärtsstärke zu demonstrieren. Dies gelang auch ziemlich gut, immer wieder tauchte man vor dem CFC-Strafraum auf, wo man aber zum Glück für die Himmelblauen meist mit seinem Latein am Ende war. Nach einer Ecke schießt Chylla gefährlich aus dem Hinterhalt, doch Hiemann ist auf dem Posten. Es entwickelte sich nun ein munteres Spielchen, mit leichten Vorteilen im Mittelfeld für die Essener. Das himmelblaue Mittelfeld stand heute einfach nicht so kompakt wie gewohnt, durch den Einbau des wiedergenesenen Hauptmann's für Tchipev wurde zwar die Offensive gestärkt, dafür aber defensiv zu wenig gearbeitet. Nach gut 20min setzt sich Ratkowski gegen die halbe Essener Hintermannschaft durch und zieht ab - gehalten. Dann wieder die Essener, die in Karp ihren quirligsten Antreiber hatten. Schmidt kann ihn nur auf Kosten eines Freistoßes an der Strafraumgrenze stellen. Das Leder fliegt in die Mauer, bleibt aber weiterhin gefährlich, da es partout nicht aus dem Strafraum will. Nach einigen Hin- und Her kommt Winkler frei vor Hiemann zum Schuß, vergibt aber kläglich die Riesenchance zum Ausgleich.
Nach einer knappen halben Stunde wieder ein schneller Vorstoß der Chemnitzer über das Mittelfeld - Mehlhorn drückt ab, doch der Ball wird abgefälscht. Krieg steht goldrichtig und angelt sich die Kugel, stürmt zur Grundlinie und schießt scharf Richtung kurzer Ecke. Der RWE-Keeper kann nur abklatschen, der junge Rolleder ist zur Stelle und staubt zum 2:0 für die Himmelblauen ab. Grenzenloser Jubel und Freude pur unter Fans und Spielern, jeder wußte um die Wichtigkeit des Treffers, da die Gäste leider immer besser ins Spiel gefunden hatten. Die Chemnitzer Fans legten nun auch (nach dem Doppelhaltersieg) in puncto Kreativität das 2:0 nach, in dem man in der Südkurve ein fettes Transpi mit der Aufschrift "Essen ist fertig" am Stadionzaun aufhing. Ein echt gelunger Ablacher.
Auf dem Rasen passierte nicht mehr allzuviel, Essen war sichtlich beeindruckt und der CFC schaukelte das Spiel auf die wohlverdiente Pause zu. Mehlo schoß noch einen Freistoß knapp neben das Tor, und auf der anderen Seite durfte Karp noch einmal demonstrieren, wie weit man den Ball über's Tor knallen kann. Dann war Halbzeit und die Platzbesitzer durften den lobenden Beifall ihrer Fans über sich ergehen lassen.

Die zweite Halbzeit begann mit den alten Vorzeichen - Essen durfte sich bis an den himmelblauen Strafraum heranspielen, um dann an sich selbst oder der Verteidigung zu verzweifeln. Altstar "uns Ulf" Mehlhorn wurde dabei zwar einige Male überlaufen, aber die Ruhrpottelf wußte dies im Endeffekt nicht zu nutzen. Auf der anderen Seite wurde wieder fleißig gekontert - Ratkowski läuft mit dem erkämpften Ball nach vorn und bedient Krieg mit einem langen Pass - doch diesmal bleibt der Essener Torhüter gegen den Schußversuch von Krieg einmal Sieger.
Nach genau einer Stunde stand jedoch dem Keeper das Glück nicht mehr zur Seite. Der CFC hatte fleißig gewechselt und das Mittelfeld mit Walther und Tchipev verstärkt - der Bulgare tritt eine Ecke von Links, die vom Schlußmann klassisch untersegelt wird. Darauf hat das nach vorn geschlichene Kopfballungeheuer namens Jan Schmidt nur gewartet und köpft den Ball platziert zum 3:0 in die Maschen. Jetzt wurde auf den Rängen endgültig abgefeiert und freudige Erinnerungen an das letzte Heimspiel gegen Wattenscheid (5:0) kamen auf. Die Südkurve war nun auch in bester Stimmung und ließ eine Uffta steigen.
Nur 6 Minuten später - Walther erstrampelt sich das Leder in der Abwehr, bedient Tchipev, welcher sofort nach vorn geht. Rechts läuft Podzus mit, welcher von Tchipev mustergültig bedient wird. Der umfunktionierte Stürmer geht noch ein paar Meter und zieht aus 25m trocken ab - zischratsch - und die Kugel schlägt zum Entsetzen der Gäste zum 4:0 für die Sachsen ein. Die Fans tobten sich die Seele aus dem Leib, kollektiver Wahnsinn in Himmelblau. Konsternierte Essener, die eiskalt vom CFC abserviert wurden. Der Slogan "Essen ist fertig" wurde nun auch verbal über die Fischerwiese geschmettert und nach einer Weile schwappte eine feine Laola-Welle mehrmals durch die Fischerwiese.
Erstaunlicherweise beschränkten sich die Gäste aber nicht auf Schadensbegrenzung, sondern versuchten weiterhin, wenigstens den Ehrentreffer zu erzielen. Es sollte ihnen nicht gelingen, obwohl ein Drehschuß knapp neben das Tor ging und Karp noch einen Freistoß gefährlich auf Hiemanns Kasten abfeuerte. Insgesamt hinterließen die Rot-Weißen einen technisch gefälligen Eindruck, nur im Sturm und bei der Chancenverwertung präsentierte sich das Team erschreckend schwach.
Aber das Spiel war noch nicht zu Ende - bei so wohlbekömmlichen "Essen" hatte der CFC immer noch Appetit. Oder besser gesagt, "Kampfschwein" Ingo Walther hatte noch nicht genug. Mehlhorn produziert vor dem Strafraum mit Fröhlich einen Doppelpass, und schiebt die Kugel dann gekonnt auf den durchstartetenden Walther. Der Ex-Fürther steht auf einmal völlig frei vor Müller, täuscht total abgezockt 2-3mal einen Schuß an, der Keeper fällt, und Walther versenkt obercool zum 5:0-Endstand. Einfach Wahnsinn - der CFC mal wieder auf heftigen Schmusekurs mit seinen treuen Fans - sonntägliches Stimmenkrächzen inclusive. Kurz vor Abpfiff dann die allerletzte Chance für die Gäste zum Ehrentor, aber es blieb beim gewohnt lauen Schüßchen, welches Hiemann locker entschärfte. Dann pfiff der gute Schieri die Partie ab und Stadionsprecher Kadner ließ noch einmal von allen Fans die Torschützen feiern.

Die Mannschaft selbst feierte mit jeder Stadionseite eine Laola-Welle und kam natürlich komplett zum Abklatschen am Zaun vorbeimarschiert. Besonders viele Hände mußte dabei Rainer Krieg schütteln, den man sein erstes Tor von ganzen Herzen gönnte. Als Letzter kam Trainer Schulz, der wohl bald den Ehrennamen Schulle-Fivepack verliehen bekommen wird.

Fazit: Der CFC hat die Niederlage von Leverkusen ohne mentale Nachwirkung weggesteckt - der Siegesexpress ist wieder in voller Fahrt. Der Ausfall von Meissner (und anderen Stammspielern) wurde hervorragend kompensiert und mit dem ersten Saisontor ist hoffentlich auch der Knoten bei Rainer Krieg geplatzt. In dieser Form können die Himmelblauen bedeutend mehr erreichen als bloß den anvisierten 6. Tabellenplatz. Was jetzt noch fehlt, ist die Bestätigung dieser guten Heimleistungen in den Auswärtsspielen. Wenn der CFC diese Saison noch "etwas vor hat", dann müssen aus den nächsten Partien in Paderborn und Verl unbedingt Punkte mitgebracht werden. Nur Mut - ihr Himmelblauen, ihr könnt es doch!!

Wertung: 2+

Beste Himmelblaue: Krieg, Hauptmann, Schmidt

Pressestimmen

Chemnitzer Morgenpost
Perfektes Timing und Torgefahr von überall

Freie Presse
Eiskalter CFC begeistert mit fünf heißen Kisten"
"[...]Aus wenig machten die Sachsen viel. [...]

Freie Presse-Lokalsport
Chemnitz: Und wieder waren’s fünf"
"[...] Die Himmelblauen scheinen sich auf dieses Heimergebnis langsam einzupegeln[...]

Westdeutsche Allgemeine Zeitung - Lokalsport Essen
Harry Pleß: Diese 0:5-Klatsche tut weh, wirft uns aber nicht um

Kieler Nachrichten/SID
RW Essen kam in Chemnitz unter die Räder

12. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2001/2002
Samstag, 13. Oktober 2001, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 4.120
Schiedsrichter: Thomßen (Jever)
Chemnitzer FC
T Hiemann
A Göhlert
A Bittermann
A SchmidtGelbe Karte
M Podszus
M Fröhlich
M RatkowskiGelbe Karte
M Hauptmann (57. Walther)
M Mehlhorn
S KriegGelbe Karte
S Rolleder (56. TchipevGelbe Karte)

Trainer: Schulz
Rot-Weiß Essen
T Müller
A Hahn (53. Raschke)
A Fischer
A Tutas
A Bonan
M Chylla
M Karp
M Winkler
M Koen (56. Ilecic)
S Wojcik
S Bilgin

Trainer: Pleß
Tore
1:0 Krieg (5.)
2:0 Rolleder(24.)
3:0 Schmidt (60.)
4:0 Podszus (66.)
5:0 Walther (81.)