Spielbericht

20. Spieltag - 3. Liga - Saison 2017/2018
FSV Zwickau
FSV Zwickau
3:2
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Nightmare before Christmas

von Pierre Schönfeld

FSV Zwickau - CFC 3:2Gedanklich war das Fazit schon geschrieben:
  • Der Club stößt den Bock endlich um und gewinnt das Sechspunktespiel gegen desolate Zwickauer.
  • Frahn's Gammelelfer bleibt ohne Folgen.
  • Wir überwintern auf einem Nichtabstiegsplatz.
Das Problem - zum Zeitpunkt des Fazit waren erst 60 Minuten gespielt, just in dem Moment als Trapp in der Frostkammer Zwickau-Stadion den vermeintlichen himmelblauen Auswärtssieg mit seinem Treffer zum 2:0 besiegelte.

Was folgte, löste blankes Entsetzen bei den über tausend mitgereisten Fans aus der Bezirkshauptstadt aus, während die Zwickauer ihr Glück nicht fassen konnten. Am Ende stand ein geradezu unfassbares 3:2 für den Gastgeber auf der leuchtend roten Anzeigetafel.

Doch der Reihenfolge nach. Die Vorzeichen vor dem Derby waren klar. Beide Mannschaften brauchten nach jüngsten Negativserien dringend einen Sieg gegen den Abstieg. Ein Sieg für den Club und man würde die Rot-Weißen in der Tabelle überholen und über dem ominösen Strich überwintern. Was nach den am Montag bei der MV erlebten Querelen im Verein sicherlich auch ein gutes Signal nach außen gewesen wäre. Beim CFC gab's nur eine Änderung - Mr. Auswärtstor Myroslav Slavov kam für den verletzten Trinks. Bei Zwickau durfte ein gewisser Eisele für den gesperrten Garbuschewski von Beginn an ran. Eine Umstand der später noch eine Rolle spielen sollte.

FSV Zwickau - CFC 3:2Die in ihren schwarzen Auswärtstrikots auflaufenden Himmelblauen starteten mit Schwung in die Partie. Gleich nach fünf Minuten drang Hansch von rechts in den Strafraum ein, bediente Frahn, der am Fünfmeterraum in Bedrängnis das Leder nur knapp neben den Pfosten setzte. Kurz darauf war es Slavov, der von Frahn schick in Szene gesetzt wurde, dann aber freistehend den Ball an Brinkies und Kasten vorbei kickte. Der CFC war in den Anfangsminuten klar besser, insbesondere Slavov bildete den Dreh- und Angelpunkt in den Offensivaktionen.
Dann, die Stadionuhr zeigte die 17. Minute, wurde Hansch an der Strafraumgrenze gefoult - Freistoß. Reinhardt trat das Leder in den Strafraum, am langen Pfosten setzte sich Slavov gegen König durch und schoß zum vielumjubelten 1:0 ein.  Für Slavov war es bereits sein siebter Treffer, allesamt hatte er in der Fremde erzielt.
Der FSV kam erst nach einer halben Stunde zu seiner ersten Chance. Ex-CFCer König setzte sich im Strafraum gegen Mbende durch, doch sein Flachschuß wurde zur sicheren Beute von Kunz. Der CFC spielte weiter attraktiven Offensivfußball und Frahn hatte fast im Gegenzug die Chance auf das 2:0, doch sein Seitfallzieher nach Kopfballablage von Slavov ging über das Tor.
Dann die 37. Minute. Foul von Lange an Hansch im Strafraum. Schiri Lossius zeigte sofort auf den Punkt. Frahn schnappt sich die Kugel.
FSV Zwickau - CFC 3:2Was dann passierte, dürfte bei jedem Clubfan auch noch Tage später für Schnappatmung sorgen. Statt das Leder platziert in die Ecke zu wuchten oder unter die Latte zu dreschen, versuchte es DF11 mit einem Chip a la Panenka in die Tormitte. Mit dieser Nummer kann man entweder zum Helden oder Volldepp werden. Da Brinkies einfach stehen blieb und das Leder "mit der Mütze" fing ist nun eindeutig letzteres der Fall.
Entsetzen beim himmelblauen Fanblock, die sich das Drama aus nächster Nähe ansehen mussten.
Doch die Himmelblauen zeigen sich zum Glück nur kurz geschockt, kurz vor der Pause bewahrte Brinkies gegen Hansch seinen FSV vor dem 0:2.
Dann der Halbzeitpfiff. Zwischenfazit - der Club offensiv klar besser, hätte höher führen müssen. Frahn gehört für seinen Elfer auf die stille Treppe.

Zwei Szenen zu Anfang der zweiten Halbzeit schienen die Partie endgültig in die richtige Richtung zu drehen. Erst hatte der CFC Glück, als ein Handspiel des für Koch eingewechselten Mlynikowski übersehen wurde, dann erhöhte der Club auf 2:0. Eine Ecke verlängerte Mbende auf  Trapp, der am langen Pfosten zu seinem Premierentor für den Club einnetzte.

FSV Zwickau - CFC 3:2An dieser Stelle möchte man den Bericht als himmelblauer Autor eigentlich am liebsten beenden, denn was dann kam spottete jeder Beschreibung und gehört eigentlich ins Gruselkabinett unter Verschluß. Es begann die Show von Zwickaus Nummer 9, Fabian Eisele. Eine Flanke von Göbel konnte dieser in Minute 64 unbedrängt in den Winkel einköpfen, Kunz dabei ohne Chance. Mlynikowski stand so  teilnahmslos daneben, dass man auch eine Pappfigur mit ähnlicher Wirkung hätte hinstellen können. Schlimm!
Im Gegenzug hätte Frahn umgehend den alten Abstand wieder herstellen können, doch freistehend aus 11 Metern vergab er die Chance auf dilettantische Art und Weise. Zwickau machte das besser. Freistoß von Lange auf der Gegenseite, das Leder segelte in den Strafraum und wieder hielt Eisele den Nischel ran. Das Leder sprang vor Kunz auf, der ins Leere springt - ein haltbares Ding. 2:2 innerhalb von nicht mal vier Minuten!
Und es war noch nicht Schluss. Eine böse Vorahnung beschlich einen und sollte recht behalten. Wenn es dicke kommt, dann richtig. Und so sollte es auch passieren. 78. Minute -  Eckball Zwickau. Diesmal hielt Bahn den Kopf hin und das Leder segelt über den Kopf von Kunz ins lange Eck. Keeper und der außen (!) neben dem Pfosten stehende Baumgart schauten nur dumm aus der Wäsche.
Steffen schickte in den Schlussminuten nochmal Breitfelder und von Piechowski für Frahn und Reinhardt aufs Feld und tatsächlich gab es noch eine Großchance. Doch die vergab Trapp, als er aus Nahdistanz über den Kasten der Zwickauer schoß.
Dann war Schluß und das Stadion Zwickau wurde zum Tollhaus. Ein verloren geglaubtes Spiel innerhalb von 15 Minuten gedreht - das sind Geschichten die zu Legenden werden oder eben zum absoluten Albtraum. Je nach Schalfarbe.
Endres, Trapp, Frahn und Tittel waren dann am Ende die Einzigen die sich nach dem Spiel noch zu den Fans trauten.

FSV Zwickau - CFC 3:2Fazit: Es ist immer noch nicht wirklich faßbar was in Zwickau passiert ist. Eine Stunde lang war der CFC die klar bessere Mannschaft im Stadion Zwickau, ließ von den Hausherren kaum Offensivaktionen zu. Gut und gerne hätte man nach einer Stunde mit vier, fünf Toren Unterschied führen können. Doch Zwickau, spielerisch limitiert, kämpfte sich zurück und hatte dabei auch das Glück das beim ersten Tor Mlynikowski durch Arbeitsverweigerung glänzte und beim zweiten Treffer Kunz ins Leere griff. Und warum Baumgart beim dritten Tor am Außenpfosten stand, wird auch nur er wissen. Wer solche Spiele noch her schenkt, der steigt normalerweise ab und der vorletzte Tabellenplatz ist - so bitter die Erkenntnis sein mag - berechtigt.
Guter Rat ist nun teuer. Eins sollte klar sein - ein "Weiter so" kann es nicht geben. Personelle Konsequenzen sind dringend notwendig, will man in der Rückrunde wenigstens noch ne kleine Chance auf den Klassenerhalt haben. Objektiv gesehen, werden nun die Gesetze des Profifußballs greifen und es wird höchstwahrscheinlich mit dem jetzigen Übungsleiter nicht weitergehen. Auch einige Spieler, insbesondere im Defensivbereich, haben ihre fehlende Drittligatauglichkeit nachgewiesen. Herr Ziffert, Sie sind am Zug!

Wertung: 1,5 aus objektiver Sicht: ein tolles Derby. 6,0 aus CFC-Sicht: ein Albtraum vor Weihnachten.

Beste Himmelblaue: Slavov, Mbende

Pressestimmen

Freie Presse

FSV Zwickau mit Köpfchen auch ohne König

[..] Irgendwas muss wohl dran sein an dem Spruch mit den Totgesagten. Es war die 60. Minute im Sachsenderby der 3. Fußball-Liga. Der Chemnitzer FC führte vor nur 5750 Besuchern im Stadion Zwickau mit 2:0 nach Toren von Myroslav Slavov und Maurice Trapp. Und nach Spiel- und Chancenanteilen war der Gastgeber mit diesem Resultat noch gut bedient. Demzufolge hätten in dem brisanten Jahresfinale wohl nur noch jene FSV-Sympathisanten auf ihre Mannschaft gewettet, die Optimismus mit der Atemluft inhalieren. Auch Trainer Torsten Ziegner beschrieb die Gefühlslage nach einer Stunde Spielzeit später so: "Beim 0:2 war das Spiel für uns eigentlich tot. Da kann man auch mal auseinanderbrechen." Das allerdings passierte nicht. Und es war nicht das erste Mal, dass die Rot-Weißen - ziemlich haarscharf am Abgrund stehend - noch die Kurve bekamen. [..]

Freie Presse

[..] Dem Team reichte in Zwickau sogar eine 2:0-Führung nicht für Punkte. Die Fehler beim Verteidigen waren erneut eklatant. Es waren aber nicht die diesmal sehr aufmerksamen Innenverteidiger Trapp und Mbende, die patzten. Der eingewechselte Marcus Mlynikowski verweigerte beim Zwickauer Anschlusstreffer das Kopfballduell mit dem Schützen Eisele, beim Ausgleich schätzte Torhüter Kevin Kunz die Flugbahn des aufsetzenden Eisele-Kopfballs falsch ein. Beim dritten FSV-Tor binnen 14 Minuten pennte vor allem Tom Baumgart. Eine "Ewigkeit" war Bahns Kopfball-Bogenlampe unterwegs, ehe sie sich ins lange Eck des CFC-Kastens senkte. Der Chemnitzer Youngster schaute sich das neben dem Pfosten verharrend an - dem Trainer an der Seitenlinie stand dasEntsetzen ins Gesicht geschrieben. Wie schon eine knappe Stunde zuvor, als Daniel Frahn zur Ausführung eines dem CFC zugesprochenen Elfmeters angetreten war. Der Torjäger hatte viel Zeit, über die Ausführung nachzudenken. Zu viel Zeit. Was ihm einfiel, war ein Rohrkrepierer. Frahn lupfte den Ball in die Tormitte - in die fangbereiten Arme von Johannes Brinkies. [..]

MDR-Online

FSV dreht irres Westsachsenderby

[..] Im dritten Anlauf brachte Miroslav Slavov seine Chemnitzer in Führung (18.). Einen weiteren Aufreger gab es dann in der 37. Minute. Nachdem es einen umstrittenen Elfmeterpfiff gab, trat Frahn an und wollte den Ball lässig ins Tor lupfen. Brinkies blieb aber stehen und konnte den Ball locker aufnehmen. [..] Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit enttäuschte der FSV und Chemnitz war überlegen und baute die Führung nach einer Ecke durch Maurice Trapp aus (59.). Doch daraufhin wurden die Gastgeber wachgerüttelt und erzielten per Doppelschlag innerhalb zwei Minuten den Ausgleich durch Eisele, der heute sein Startelf-Debüt gab (64. und 66.). Der CFC war daraufhin völlig verunsichert, sodass Zwickau durch ein kurioses Tor von Bahn nach einer Ecke sogar noch der Führungstreffer gelang (78.). In den letzten Minuten hatten die Gäste nichts mehr entgegenzusetzen, sodass es beim 3:2-Sieg des FSV blieb. [..]

www.tag24.de

16 Punkte, 37 Gegentore, Vorletzter! CFC-Trainer denkt nicht an Rücktritt

[..] TAG24 fragte den Fußball-Lehrer, ob er nach dem bitteren 2:3 in Zwickau an Rücktritt denkt? „Nein, um Gottes willen. Zum Leben gehören auch Schattenseiten. Ich kann nicht sagen: Ich lebe nur dann gut, wenn Friede, Freude, Eierkuchen ist. So ist das Leben nicht. Es stellt Aufgaben und Herausforderungen, die dich als Persönlichkeit reifen lassen“, antwortete Steffen und ergänzte: „Du musst in einer Krise standhaft bleiben, weiter Vertrauen schenken - bei allem, was passiert ist. Es ist meine Aufgabe, die Mannschaft zu führen und wieder zum Erfolg zu bringen. Das kann ich, so schätze ich das ein.“ Steffen gibt sich kämpferisch. Die nackten Zahlen sprechen allerdings nicht erst seit Sonnabend deutlich gegen ihn. Mit einem Sieg - und danach sah es bis zur 64. Minute aus - wäre der Club über den Strich gesprungen. Doch innerhalb von 15 Minuten kassierten die Himmelblauen drei Kopfballtore - unfassbar! Bereits vor der Pause hatte Daniel Frahn kläglich einen Foulelfmeter vergeben - passt irgendwie ins Bild dieser Tage. [..]

Spielerstimmen

Julius Reinhardt (CFC) bei freiepresse.de:
"Es ist unfassbar, wie wir dieses Spiel noch auch der Hand geben können. So eine 2:0-Führung muss man mit aller Macht verteidigen, wir können das nicht. Vor uns liegen nun 18 Endspiele - Hoffnung, dass es im neuen Jahr besser wird, macht mir aktuell aber nichts."

Maurice Trapp (CFC) bei freiepresse.de:
"Ein bitterer Tag. Wir hatten das Spiel über eine Stunde lang komplett im Griff, haben uns dann selbst um den Lohn unserer Arbeit gebracht."

Johannes Brinkies (FSV) bei freiepresse.de:
"Vom Loslaufen des Schützen bis zum Ball bleibt nicht so viel Zeit zum Überlegen. Der Instinkt spielt eine große Rolle. Ich bin einfach stehengeblieben. Nur die letzte halbe Stunde war stark von uns."

Toni Wachsmuth (FSV) bei freiepresse.de:
"Das war eine Stunde lang kein gutes Spiel von uns. Der Keeper hat uns am Leben gehalten. Aber wir haben uns auch als Mannschaft da rausgezogen. Es ist immer wichtig, nicht den Glauben zu verlieren. Jetzt freue ich mich auf das Fest mit meiner Familie."

Trainerstimmen

Horst Steffen (CFC) bei mdr.de:
"Wir sind richtig gut ins Spiel gekommen. Bis zur 65. Minute haben wir nur eine Chance des Gegners zugelassen. Doch dann nahm das Unheil seinen Lauf. Kuriose Szenen bei den Gegentoren sorgten dann für ein ganz unglückliches Gefühl bei uns. Nach dem Anschlusstreffer haben wir begonnen zu überlegen. Echt enttäuschend und traurig."

Torsten Ziegner (FSV) bei mdr.de:
"Chemnitz war von Beginn an besser im Spiel. Sie waren uns um Einiges voraus und sind zurecht in Führung gegangen. Mit viel Glück lagen wir zur Pause nur 0:1 zurück. Dann mussten wir den nächsten Rückschlag hinnehmen und waren eigentlich tot. Es spricht aber für mein Team, dass wir, nachdem wir kurz vor dem Abgrund standen, wieder zurückgekommen sind. Wir haben eine geile Mentalität. Am Ende steht das 3:2 und wir sind überglücklich. Mit diesem positiven Ergebnis geht es nun in die Winterpause. Trotz alledem haben wir sehr viel Arbeit vor uns."

20. Spieltag - 3. Liga - Saison 2017/2018
Samstag, 16. Dezember 2017, 14:00 Uhr
Stadion Zwickau, Zwickau
Zuschauer: 5.750
Schiedsrichter: Lossius (Sondershausen)
FSV Zwickau
T Brinkies
A Barylla
A Wachsmuth
A Antonitsch
A GöbelGelbe Karte
M Bahn
M LangeGelbe Karte
M Könnecke (90. Ferfelis)
M Miatke (60. Mauersberger)
S Eisele (87. Hodek)
S König

Trainer: Ziegner
Chemnitzer FC
T Kunz
A LeuteneckerGelbe Karte
A Mbende
A Trapp
A Koch (39. MlynikowskiGelbe Karte)
M Hansch
M Reinhardt (85. von Piechowski)
M Grote
M Baumgart
S Frahn (85. Breitfelder)
S Slavov

Trainer: Steffen
Tore
0:1 Slavov (18.)
0:2 Trapp (59.)
1:2 Eisele (64.)
2:2 Eisele (67.)
3:2 Bahn (79.)

Besondere Vorkommnisse:
Brinkies hält Foulelfmeter von Frahn (38.)